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Das Schwinden


Nakago

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Da wurden die Chaos Anhänger ja ziemlich überrumpelt, sehr beeindruckend. Ich nehme an mit später auftretenden Feinden wird sie nicht so leichtes Spiel haben. :D

Hat Gabriel eigentlich eine Art Stellvertreter? Ich meine wenn sie durch einen dummen Zufall stirbt, beispielsweise in der Szene wo der Titan von Lazerlanzen beschossen wird, dann gucken ihre Anhänger ja wohl äußerst dumm aus der Wäsche.

Die Anwesenheit von Soldaten ist immer verdächtig.

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Einen Stellvertreter?

Naja ich denke mal das dafür nur 2 Personen in Frage kommen, Lope als Admiral der Flotte und General Jäger, der Oberkommandierende der Bodentruppen.

Bestimmt wird sie stärkere Gegner bekommen, in der Stadt gibt/gab es ja ziemlich viele mächtige Tzeentch Hexer, das wäre doch was:).

Aber Abbadonpolis, ich hab mich weggeschmissen;D

Wieder ein sehr guter Teil, weiter so!!

Der Tod hat einen Plan!Und die Orks sind ein teil davon!

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Na, ich denke, einen echten Stellvertreter könnte es für sie nicht geben, alleine, weil keiner ihre Kräfte hat. Sie hat Lucius besiegt, und wir sind uns wohl einig, dass der alle ihre potentiellen Stellvertreter zusammen abfertigen könnte, mit einer Hand auf dem Rücken.

@DerVertrauter6

Gabriel ist halt Psioniker Alpha Plus, solange da nicht Typen wie Ahriman oder Kairos im Publikum sitzen, dürfte sie kaum ebenbürtige Gegener haben.

Aber ich denke mal, sie wird noch ebenbürtige gegner bekommen, sonst würds ja langweilig :D Bei Khorne dürfte sie ja langsam aber sicher zum Hassobjekt Nr.1 werden, Psioniker mag der ja eher nicht. Und Tzeentch sollte bei nem Alpha Plus auch neugierig werden.;)

Die Chaosstadt fand ich auch gut getroffen, besonders die unterschiedlichen Stile. Wobei es schwierig ist, sich eine ,,typische" Stadt von jemandem vorzustellen, der Chaos anbetet - aber doch, deine Interpretation hier hat was für sich und ist sehr gelungen. Passt zu jemandem wie Abbadon, vor allem auch der Name.:ok:

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Da wurden die Chaos Anhänger ja ziemlich überrumpelt, sehr beeindruckend. Ich nehme an mit später auftretenden Feinden wird sie nicht so leichtes Spiel haben. :D

Hier und da dürfte sie durchaus ihre Probleme bekommen. :lach:

Hat Gabriel eigentlich eine Art Stellvertreter? Ich meine wenn sie durch einen dummen Zufall stirbt, beispielsweise in der Szene wo der Titan von Lazerlanzen beschossen wird, dann gucken ihre Anhänger ja wohl äußerst dumm aus der Wäsche.

Nein, die kompllete Konföderation des Lichtes steht und fällt mit ihr.

Einen Stellvertreter?

Naja ich denke mal das dafür nur 2 Personen in Frage kommen, Lope als Admiral der Flotte und General Jäger, der Oberkommandierende der Bodentruppen.

Das sind ja nur ihre Militärischen Anführer, die Bewegung braucht eine Gallionsfigur und das ist nun mal Gabriel.

Bestimmt wird sie stärkere Gegner bekommen, in der Stadt gibt/gab es ja ziemlich viele mächtige Tzeentch Hexer, das wäre doch was:).

Lass dich vom übernächsten Kapitel überraschen.

Aber Abbadonpolis, ich hab mich weggeschmissen;D

Ja, da muss jemand ziemlich etwas kompensieren. ;)

Wieder ein sehr guter Teil, weiter so!!

Danke schön!

Na, ich denke, einen echten Stellvertreter könnte es für sie nicht geben, alleine, weil keiner ihre Kräfte hat. Sie hat Lucius besiegt, und wir sind uns wohl einig, dass der alle ihre potentiellen Stellvertreter zusammen abfertigen könnte, mit einer Hand auf dem Rücken.

Eigentlich hat sie ihn nicht besiegt, er ist übergelaufen, bevor sie abhauen konnte, da sie gegen ihn kein Land gesehen hat. Und ja, Lucius könnte sich durch alle anderen durchmetzeln.

Gabriel ist halt Psioniker Alpha Plus, solange da nicht Typen wie Ahriman oder Kairos im Publikum sitzen, dürfte sie kaum ebenbürtige Gegener haben.

Aber ich denke mal, sie wird noch ebenbürtige gegner bekommen, sonst würds ja langweilig :D Bei Khorne dürfte sie ja langsam aber sicher zum Hassobjekt Nr.1 werden, Psioniker mag der ja eher nicht. Und Tzeentch sollte bei nem Alpha Plus auch neugierig werden.;)

Gabriel ist mehr als Alpha Plus, nur kann sie momentan nicht mehr durch Gavri kanalisieren, weil ihre Wirtin eben stärkeren Limitierungen unterworfen ist und Gabriel deswegen nur einen Bruchteil ihrer Kräfte ausschöpfen kann. Khorne hasst jeden und alles, da braucht man sich nicht anzustrengen. Tzeentch wird bestimmt schon neugierig zusehen und das eine oder andere schon angeleiert haben, um ihr schon aus Prinziep das leben schwer zu machen.

Die Chaosstadt fand ich auch gut getroffen, besonders die unterschiedlichen Stile. Wobei es schwierig ist, sich eine ,,typische" Stadt von jemandem vorzustellen, der Chaos anbetet - aber doch, deine Interpretation hier hat was für sich und ist sehr gelungen. Passt zu jemandem wie Abbadon, vor allem auch der Name.:ok:

Yup, habe mir viele Gedanken darüber gemacht. Aber nun geht es weiter.

Persona Dramatis

Kommando Hughes "der Witwer" Broman - Ist nun bei den Kommandos gelandet.

Jenna Broman - Seine verstorbene Frau

Chaos Jenna - junge Frau, die Hughes an seine Frau erinnert

Gad "der Denker" Varner - Hughes ehemaliger Vorgesetzter

Macharius Metaxa - gewissenhafter Beamter des Administratums

Kapitel 5

Position:

Konföderation des Lichtes

Segmentum Pacificus

System Verräterstern

Orbit über Fabrik

Provisorisches Flaggschiff

Zeit: 2 847 996.M41

Person: Hughes "Witwer" Broman

Korporal Hughes Broman von der 1. Kommandokompanie starrte konzentriert auf die Anzeigen im Teleporterraum aus Silber und Emaile. Das letzte Licht erlosch und der Schmerz setzte ein, als sein Körper durch das Immaterium auf die andere Seite des Planeten geschleudert wurde. Er hatte schon beinahe wieder vergessen, wie unglaublich weh das tat. Alles wurde schwarz um ihn und der Schmerz badete ihn. Und noch etwas anderes badete ihn, denn er war in einer Flüssigkeit herausgekommen. Für einen kurzen Moment überkam ihn der Anflug von Panik, die er aber sofort niederkämpfte. Normalerweise hätte seine Einheit aus zwölf Kommandos der neu geschaffenen Kommandokompanie auf einer unterirdischen Straße landen müssen, die zu einer der Bastionen mit Raumabwehrlasern führte. Laut ihrer Aufklärung waren diese gigantischen Komplexe durch ein unterirdisches Straßensystem verbunden, dessen Zugangstore im Normalfall immer offen standen, da die Besatzungen ein Großteil ihres Warenverkehrs und Nachschubes über dieses System abwickelten. Offensichtlich war diese kein Straßentunnel, da diese im Normallfall nicht unter Wasser standen. In seiner schweren Kommandorüstung zu schwimmen war illusorisch. Also sank er zum Grund, was nicht allzu lange dauerte. Mit seinen komplexen Systemen versuchte er sich zu orientieren. Die Kommandorüstung war hermetisch versiegelt, besser gepanzert als die regulären Rüstungen der Sturmtruppen, getragen von einem Exoskelett und das Fortschrittlichste, auf das die Menschheit wohl im allgemeinen Zugriff hatte. Diese Rüstung war auf dem Höhepunkt des technologischen Fortschritts entwickelt worden. Nicht einmal die Servorüstung der Astartes kam an dieses Wunderwerk der Technologie heran. Und Hughes gehörte zu den wenigen Auserwählten, die eine solche Rüstung tragen durften. Dabei fühlte er sich eher strafversetzt. Nach den Kämpfen um die Werft war sein Leutnant Varner zu ihm herangetreten.

"Ich kann in meiner Einheit niemand gebrauchen, der ohne vernünftigen Grund Unbewaffnete über den Haufen schießt und meine Befehle ignoriert. In der Imperialen Armee wird man für Befehlsverweigerung augenblicklich exekutiert, auch wenn man dort dem Leben von Mutanten sicherlich einen noch geringeren Stellenwert einräumt. Wie auch immer, ich will dich hier nicht länger haben, Witwer! Aber du hast Glück, man sucht für die "Kommandos" fähige Leute und da geht es darum, ohne nachzudenken Leute umzubringen. Das ist doch genau das Richtige für dich, Witwer. Also, ich vergesse die Sache, wenn du dich bei dieser Einheit meldest und dich bemühst, auch die Tests zu besehen. Abgemacht?" Hughes verstand nicht, was Denker auf einmal gegen ihn hatte. Nur wegen ein paar Mutanten einen solchen Aufstand zu machen. Aber vielleicht würde man seine Talente bei den Kommandos besser zu schätzen wissen, also hatte er Varners Ratschlag befolgt und hatte sich für diese Einheit beworben, die zwar nicht mehr zum Regiment gehörte, aber zur Luftlandedivision, die so langsam immer mehr Gestalt annahm. Nach einem Haufen Tests hatte man ihn dort angenommen und ihn gleich zur Fortbildung eingeteilt. Normalerweise war der Lehrgang noch nicht abgeschlossen, aber dieser Krieg war nun in die letzte entscheidende Phase getreten und sie waren vorzeitig in den aktiven Status versetzt worden. Ein anspruchsvolles Manöver unter nichtsimulierten Gefahren, wie es ihr Ausbilder formuliert hatte.

Der Kommando richtete sich auf und versuchte mit seinen mannigfaltigen Sensoren etwas zu erkennen. Dass er von Flüssigkeit umgeben war, merkte er auch so. Laut Analyse befand er sich in einer Art Nährflüssigkeit. Jedenfalls wurde dies in sein Sichtfeld eingeblendet. Er stand auf industriell hochwertigem Plaststahl mit geringer Rauheitstiefe und dieses Material schien ihn zylinderförmig zu umgeben, was den Schluss zuließ, dass er sich in einem aufrechtstehenden Vorratstank für Nährflüssigkeit befand. Tanks wie auch Silos hatten die Tendenz zu verschmutzen und deswegen wurden sie in bestimmten Wartungsintervallen gelehrt und von innen gesäubert. Was wiederrum bedeutete, dass sich im Innenraum eine Leiter befinden musste, mit der Wartungspersonal auf den Boden klettern konnte, um dort Reinigungsarbeiten vornehmen zu können. Und natürlich war dann am Ende der Leiter mit einer Luke zu rechnen. Also schritt Hughes zur Außenwand und begann sie entlang zu laufen. Schließlich konnte er eine Leiter erkennen.

"Thron! Imperator sei Dank!", murmelte Hughes, der nach wie vor zu den wenigen gehörte, welche dem Gottimperator die unabdingbare Treue hielten. Die Lichtbringerin war sicherlich ein mächtiges Wesen, aber göttlich, wie viele seiner Kameraden sie sahen, war sie für ihn nun mal nicht.

"Rufe Ito eins. Hier Ito zwo eins. Kommen!", sendete Hughes und versuchte den Leutnant seines Trupps zu erreichen. Schon auf niedriger Ebene waren bei den Kommandos die Posten höhergradig besetzt, als es bei absoluten Eliteeinheiten Gang und Gäbe war. In seinem Funk kam nur Rauschen, wahrscheinlich dämpften die Flüssigkeit und der Plaststahl der Wandung seinen Funk herab, da er auch nichts Relevantes empfangen konnte, weder von Freund noch Feind. Nachdem Broman sich von der Festigkeit der primitiven Leiter überzeugt hatte, seine Eigengewicht samt Rüstung und Waffen war sicherlich höher als die eines normalen Wartungsservitors, Sklaven oder Mutanten, begann er mit dem Aufstieg aus dem Tank. Der Behälter war fast randvoll mit der Flüssigkeit und kein halber Meter Luft befand sich zwischen Decke und der grünlichen, klebrig zähen Flüssigkeit. Die Luke über ihn hatte einen recht großen Durchmesser, sodass auch er dort herauskommen würde. Lauschend hielt er inne und versuchte etwas mit seinen Sensoren zu erfassen. Deutlich waren rhythmische Maschinengeräusche wahrzunehmen. Wahrscheinlich befand sich der Tank in einer Halle mit mehreren Behältern und weiteren Maschinen. Es war davon auszugehen, dass sich Personal darin befand. Also hieß es sie schnell und lautlos auszuschalten, sprich, sie zu töten, bevor sie Alarm geben konnten.

Vorsichtig begann er, das Rad der Luke zu drehen, und konnte den Mechanismus einschnappen hören, als die Sperren sich entriegelten. Er wartete einige Sekunden, aber niemand kam, um nachzusehen. Langsam öffnete er die Luke spaltbreit und fuhr eine flexible Kameraantenne aus seiner Schulter, die für ihn die Umgebung ausspähte. Er war tatsächlich in einem hallengroßen Gewölbe aus Ferrobeton, dessen Decke einen dringenden Anstrich benötigt hätte. Einige blasphemische Zeichen waren an den verwitterten Wänden eingemeißelt und mit dunkelroter Farbe, wahrscheinlich Blut, beschmiert worden. Die Zeichen lösten in ihm den Wunsch aus, die Verursacher schnellstmöglich in Stücke zu schießen. Sein Tank stand in einer Reihe von acht Stück und war wohl der letzte. Links und rechts erstreckten sich weitere Tanks und es war keine Überraschung, dass es sich wohl um insgesamt vierundsechzig Stück handelte. Man hatte sie instruiert, dass der Feind auf dieser Welt einen ziemlich großen Spleen mit der Ziffer Acht hatte. Das war für diese verblendeten Götzendiener eine unheilige Zahl.

Laufgitter mit Geländern verbanden die Tanks miteinander, ebenso ein komplexes System aus Rohren und Kabeln mit verschiedenen Durchmessern. Ein großes Rohr kam aus einer Wand und verzweigte sich dann. Hier und da waren Handräder zu sehen, die wahrscheinlich Ventile schlossen oder öffneten. Unter jedem Tank waren weitere Rohre angebracht, die zu der Wand zurückliefen und dort im Boden verschwanden. Personal jedweder Art war momentan keines auf seiner Sensoren auszumachen.

"Rufe Ito eins. Hier Ito zwo eins. Kommen!", sendete Hughes ein weiteres Mal, da er hier nun wohl einen besseren Empfang haben dürfte.

"Hier Ito eins. Status? Kommen!", rauschte die Stimme des Leutnants in seinen internen Lautsprechern.

"Volle Einsatzbereitschaft, unbekannte Position! Kommen!"

"Sende Koordinaten von Sammelpunkt. Begeben Sie sich dorthin. Mission ist abgebrochen. Pflaume übernimmt. Kommen!"

"Verstanden. Kommen!" Hughes empfing ein komprimiertes Datenpaket mit hoher Verschlüsselung, was er in sein System einspeiste. Auf seiner Karte erschien ein Punkt, die Lokalität war wohl eine Art Wiederverwehrtungssammelstelle.

"Verstanden und aus!"

Hughes öffnete nun gänzlich den Deckel der Luke und kletterte vorsichtig heraus. Bahnen von Leuchtstoffröhren primitiver Bauart sorgten für eine dämmrige Beleuchtung, da viele der Röhren nicht mehr leuchteten. Ein paar flackerten und projizierten Lichteffekte, die seine Sensoren teilweise als Bewegung deuteten. Andauernd blendete sein internes Computersystem Zieldaten in sein Helmdisplay. Er regulierte die Empfindlichkeit der Sensoren herunter und die Phantomziele erloschen. Leise schloss er die Luke hinter sich und orientierte sich zur nächsten Tür, die etwa fünfzig Meter von ihm entfernt war. Er zog seine schallgedämpfte und fast lautlose Nadelpistole, während er sein Plasmakombigewehr schulterte. Seine Tarnbeschichtung funktionierte zurzeit nicht, da die Oberfläche seiner Rüstung mit der Nährflüssig besudelt war. Die elektronischen Rezeptoren auf seiner Rüstung vertrugen keine Flüssigkeit mit hoher Viskosität, Staub und Niedrigviskoses wurde abgestoßen, aber zähflüssiges war die Nemesis dieser Tarnvorrichtung, die ihn für ein normales Auge eigentlich unsichtbar machte. Die Rüstung war obendrein versiegelt, sodass kaum Abwärme entstand, was aber jetzt keine Rolle spielte. Mit der Waffe schussbereit vor sich ausgestreckt arbeitete er sich über einen Boden aus rostigem geriffeltem Ferrobelag in Richtung Tür vor. Es handelte sich um ein feuerfestes Schott aus Ceramit mit einem mechanischen Rad. Ohne Zwischenfälle erreichte er den Ausgang und blieb kurz stehen, um zu lauschen. Seine Sensoren übertrugen einzelne Wortfetzen und ein lautes Schlagen. Offenbar befanden sich lebendige Wesen hinter diesem Schott.

"Gottimperator, führe meine Hand und lass mich dein Werk verrichten!", betete der Kommando und öffnete so leise wie möglich die Tür. Dahinter lag eine deutlich kleinere Halle mit einer komplexen Maschine im Zentrum. Auf einem blut- und dreckverkrusteten Tisch aus verdreckten uraltem Stahlplast davor lagen mehrere Frauenleichen, die von zwei mit blutigen Schürzen bekleideten Mutanten zerlegt wurden und stückchenweise in das Mahlwerk der Maschine geworfen wurden. Das Ganze hatte die Atmosphäre von einem Schlachthaus. Ohne zu zögern visierte Hughes den ersten Mutanten an, der einen Buckel mit einem zweiten Kopf hatte, der aber keinerlei Funktion zu haben schien. Der primäre Kopf war eine aufgequollene Masse an Fleisch und Knochenwülsten, das eine Auge war kinderfaustgroß, das andere viel zu klein und hing an einem Stil. Das Ding hatte zwei übereinanderliegende Mäuler voller schiefer kariöser Stummel. Seine Waffe hauchte den Tod heraus und der Mutant sackte getroffen zusammen. Der zweite dunkelhäutige Mutant war weniger gedrungen und hatte vier Arme, wobei das eine Paar in Scheren auswuchs, die ihm bei dieser Arbeit zugutekamen. Ein großes Auge glotzte ihn auf der Brust sitzend an, in das er kurzerhand schoss. Auch dieses Ziel sackte kraftlos zur Seite. Er schoss jedem von ihnen noch einmal in den Kopf, nur um wirklich sicher zu sein, dass diese Dinger auch tot waren. Das Ganze hatte keine zwei Sekunden gedauert.

"Den Mutanten musst du töten! Denn das ist seine Bestimmung!", flüsterte er von reinem Glauben an den Gottimperator erfüllt und arbeitete sich geduckt tiefer in den Raum hinein. Der Imperator sah alles und Hughes war davon überzeugt, dass seine Taten mit großem Wohlwollen registriert worden waren. Die Frauenleichen waren seltsam, große Brüste, breite Hüften, aber verkümmerte dünne Arme und Beine, die den Eindruck vermittelten, als wären sie seit Jahren total verkümmert und unbenutzt. Die Körper waren mit technischen Anschlüssen übersät. Ein blutiger Eimer aus vergammeltem Plast war voll von diesen seltsamen Dingern, deren Funktion Hughes nicht klar war. Aber dieser Raum hatte ein vergittertes Fenster, welches trübes Sonnenlicht hinein ließ und endlich konnte er seine Position bestimmen. So wie es aussah befand er sich in einem sehr hohen Gebäude, etwa dreihundert Meter über Straßenniveau. Er konnte auf die Straße nach unten sehen, in der keinerlei Verkehr herrschte. Allerdings standen einige Fahrzeuge auf Parkplätzen am Straßenrand. Das reichte von klobigen Zweiachsern bis hin zu einem Zehnachser. In fünf Klicks Entfernung erhob sich die gigantische Bastion mit dem Raumschiffabwehrlaser, den er über dem Dach des gegenüberliegenden Gebäudes gut erkennen konnte. Der Sammelpunkt befand sich in vier Klicks Entfernung in der entgegengesetzten Richtung zur Festung. Wahrscheinlich war dies der Sicherheitsabstand, wenn die Bombardierung mit Raumschiffwaffen begann. Es war bedauerlich, dass die Mission durch einen Fehlsprung schon im Vorfeld gescheitert war.

Zwei weitere Ausgänge führten aus diesem Raum nach draußen, einer war ein Lastenaufzug, der andere führte in ein Treppenhaus. Aufzüge waren enge Todesfallen, also musste er sich wohl zu Fuß nach unten bewegen. Leider führte das Treppenhaus nicht auf Straßenniveau, sondern endete nach kurzer Zeit wieder vor einer weiteren Stahltür aus feuerfestem Ceramit. Wahrscheinlich war er jetzt unter dem Bereich der Tanks. Schritte oder Gespräche konnte er durch die Tür keine wahrnehmen. Vorsichtig öffnete er die Tür und spähte durch einen dünnen Spalt hindurch. Dahinter schien sich ein spärlich beleuchteter Gang zu befinden. Das Säuseln von Maschinen war zu hören, keine gesprochenen Worte. Leise drückte er sich in den Gang und nutzte den Rahmen als Deckung, um sich einen Überblick zu verschaffen. Alles machte einen heruntergekommen Eindruck und er war froh, dass er diese Luft nicht riechen musste. Die Sensoren des Luftfiltersystems zeigten ihm eine äußerst ungesunde Mischung an, die bestialisch stinken musste. Links und rechts des Ganges schienen sich Nischen zu befinden. An jeder Nische befand sich ein Monitor mit einer Anzeigentafel mit Diagrammen und Textzeilen, deren Bedeutung er aber nicht erfassen konnte. Auch waren weitere Abzweigungen in die Tiefe des Raumes auszumachen. Vielleicht war der Lastenaufzug doch eine Alternative, auch wenn man ihn in der Ausbildung im Stadtkampftraining immer vor der Benutzung eines solchen eindringlich gewarnt hatte. Flog er auf, war es das. Schaffte er den Weg ohne Probleme nach unten, hatte er wahrscheinlich eine halbe Stunde gewonnen. Allerdings war er neugierig, was für ein seltsames Gebäude das war. Also schlich er vorsichtig zu einer der Nischen.

Der Kommando erstarrte, als er begriff, was er da sah. In der Nische hinter der Monitorkonsole mit einigen Stellrädern lag eine nackte Frau mit dem aufgeblähten Bauch einer Hochschwangeren auf einem verschmutzten Gittergestell. Ihre Gliedmaßen waren verkümmert, ihr Gesicht eingefallen, die Augen geschlossen. Offensichtlich war die Frau schwanger. Von oben herabhängende Schläuche schienen sie mit Nährstoffen versorgen, die in den Tanks über ihnen gelagert wurden. Wahrscheinlich wurden auch die Leichen zu Nährstoffen verarbeitet. Andere Schläuche schienen ihre Ausscheidungen abzuführen. Am Ende der Nische war ein Chaosstern aus Bronze an der Wand als einziger Schmuck angebracht.

Dieses Gebäude war wohl das, was man eine Gebärgrube nannte. Frauen wurden in ein künstliches Koma versetzt, geschwängert und so mit Wachstumshormonen vollgepumpt, dass sie nach viel kürzerer Schwangerschaft als normal gebaren. Danach wurden sie sofort wieder befruchtet und der Zyklus wiederholte sich bis zum Tod der Frau oder bis sie nicht mehr gebären konnte, was wohl auch das Todesurteil war, da sie nun dem Nahrungskreislauf zugeführt wurde, wie er oben gesehen hatte. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis Hughes sich vom Anblick der Frau mit dem dicken Bauch und den viel zu vielen dicken Schläuchen losreißen konnte. Eine Fabrik, die Babys herstellte. Ein grauenvoller Gedanke. Angeblich sollten auch Welten des Maschinengottes so ihre Bevölkerung heranzüchten, aber die Anhänger des Maschinengottes waren für ihn nichts weiter als Ketzer, die den wahren reinen Glauben an den einzigen wahren Gott im Universum ablehnten.

Mit einem heftigen Ruck wandte er sich ab und lief tiefer in das Gebäude. Alle zwei Meter befand sich eine Nische mit einer schwangeren Frau. Allein auf diesem Stockwerk mochten sich über tausend von ihnen befinden und das Gebäude war über dreihundert Meter hoch. Er durchquerte die Halle, ohne auf eine weitere Person zu treffen. Mit seinen Sensoren konnte er mehrere Bewegungen in einigen der parallelen Gänge ausmachen, kümmerte sich aber nicht darum, da es sich nach dem Bewegungsmuster und der Signatur um Servitoren zu handeln schien. Auf der anderen Seite gab es einen weiteren Aufzug und ein Treppenhaus, das hoffentlich nach unten führte. Ein mechanischer Zeiger in der Form eines Dämonenkopfes bewegte sich über der Aufzugstür und rastete mit einem lauten Klicken auf die oberste Position ein, diesem Stockwerk. Deutlich war die Mechanik der Fahrstuhlkabine zu vernehmen, die geräuschvoll nach oben fuhr. Wahrscheinlich waren es nur noch wenige Sekunden, bis die Kabine hier oben war und die Absperrung bestand nur aus einem Gitter aus Messing. Mit einer fließenden Bewegung zog er sich in eine der Nischen zurück, quetschte sich an der Liege aus Plast mit der darauf geschnallten Frau vorbei und hockte ab. Das war nicht gerade das Beste aller Verstecke, aber die Nischen waren unbeleuchtet und nur der kleine Monitor mit den Zustandsanzeigen im geschlitztem Messinggehäuse sorgte für etwas Licht, dass aber einen Beobachter eher behinderte, wenn er die Tief der Nische spähen wollte.

Die Kabine kam oben an. Er konnte das Schluchzen einer jungen Frau hören, die mit der abgehackten harten Sprache der Chaosanbeter wohl um Gnade flehte. Eine raue Stimme antwortete ihr äußerst grob und das Klatschen von Leder auf nackter Haut, gefolgt von einem spitzen Schmerzensschrei war zu vernehmen. Das Gitter wurde aufgefahren und mehrere Personen verließen die Kabine. Als erster trat ein Chaos Techpriester in sein Blickfeld. Er trug eine schwarzrote Robe mit einem Chaosstern. Seine sichtbaren Gliedmaßen waren alle ersetzt worden und sein Kopf war überdimensioniert und hatte acht verschieden große Augen, die an einem Kranz rotierend in alle Richtungen zu starren schienen. Auch hatte er sehr viele kleine Beine. Es war, als würde ein grotesker Tausendfüßler an ihm vorbeilaufen. Dahinter kamen zwei stämmige Wachen mit geringer Mutation. Beide trugen eiserne Masken mit dämonenartigen Fratzen. In Holstern aus Groxleder trugen sie bullige Revolver mit einem überdimensionierten Kaliber und lange Messer mit breiter Klinge. Ihre vor Muskeln überquellenden Oberkörper waren nackt, aber mit unzähligen Brandzeichen, rituellen Narben, Ringen mit bösartigen Amuletten und geschmacklosen Tätowierungen verunstaltet. Ihre Hosen waren aus speckigem Leder, ebenso die Stiefel. Durch Flecken und Abrieb war die ursprüngliche Farbe der Beinbekleidung nicht mehr genau zu definieren. Einer zog ein nacktes dürres Mädchen mit knospenden Brüsten mit sich, das in Ketten gelegt war. Sie konnte durch ihre Fußschellen nur kurze trippelnde Schritte machen. An den Stellen, wo die Frauen Buchsen hatten, waren bei ihr Markierungen mit dunkler Farbe aufgemalt. Ihr Kopf war kahlgeschoren und auch sonst hatte man jede Art von Körperbehaarung entfernt. Ihr Körper war von Hämatomen, Striemen und alten Narben übersät. Auf ihrem Bauch hatte man einen achtzackigen Stern geritzt, deren Narbenwülste schon älter waren. Auch auf der Wange hatte sie einen Chaosstern, während auf der Stirn eine Zeichenfolge eines ihm unbekannten Alphabetes tätowiert war. Für einen kurzen Moment blickte sie in die Nische, aber sie zeigte keinerlei Reaktion, dass sie ihn gesehen haben könnte.

Im ersten Augenblick glaubte er Jenna vor sich zu haben, wie er sie zum ersten Mal gesehen hatte, als sie ihrem Vater auf den Docks einen Henkelmann mit Essen brachte, den dieser zu Hause vergessen hatte. Nur war sie damals natürlich nicht nackt und in Ketten gelegt gewesen. Aber die äußere Ähnlichkeit des Gesichtes war frappierend. Der Wache folgte ein äußerst seltsamer Servitor, der eher einem mechanischen Insekt mit viel zu vielen Armen ähnelte, welcher die notwendigen Utensilien für eine Einbettung dabei hatte. Die Bagage passierte ihn und normalerweise hätte er jetzt einfach nur zu gehen brauchen. Das Mädchen tat ihm leid, furchtbar leid, auch wenn ihre erbärmliche Existenz schon bald beendet sein würde. Das Gebäude und sein gesamter Inhalt würde in spätestens zwei Stunden nichts weiter als eine in sich zusammengestürzte ausgebrannte Ruine sein. Aber er hatte in ihre Augen gesehen, ihre unglaubliche Angst vor dem Bevorstehenden erblickt. Und sie sah aus wie Jenna. Seine über alles geliebte Jenna.

Position:

Imperium

Segmentum Pacificus

Sektor Jyoti

System Yekoh

Planet Cres

Sektor XXIV

Zeit: 2 324 995.M41

Person: Hughes "Witwer" Broman

Von Adeptus Administratum Jyoti Sektor

Außenstelle Cres

Amt XXIV

Abteilung Gesundheitswesen

Schachbearbeiter Adept Stufe III Macharius Metaxa

An Herr Hughes Broman

Sektor XXIV

Raumhafenstraße 978W

Hab LXXXVI

Stock XXIII

Flur IV

Sehr geehrter Herr Broman,

wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass die Kur zur Behandlung der Staublunge für Herr Broman, Hughes Junior, im Kurheim MMCCIX bewilligt wurde. Füllen Sie beiliegenden Formulare in dreifacher Ausführung aus und bringen Sie diese Dokumente umgehend in korrekter Form zurück zu Schalter MMMCLXXII, Stock CXXIII, Flur VI von Amt XXIV.

Mit freundlichen Grüßen

Macharius Metaxa

Sacharbeiter K.V

Das Papier dieses Dokumentes war wellig, weil es im Wasser gelegen hatte, die Schrift teilweise verlaufen und mit Blut vermischt, trotzdem hatte sich die Tinte der Thermofeder tief genug ins Papier gefressen, um selbst jetzt noch lesbar zu sein. Hughes hatte den Brief unzählige Male gelesen, als ob sich damit etwas ändern würde. Vor acht Jahren, einer halben Ewigkeit, hatte Broman einen Antrag auf eine Kur für seinen damals zwei Jahre alten Sohn Hughes Junior gestellt. Das arme kleine Würmchen hatte sich die Seele aus dem Körper gehustet und die Diagnose des Medicus war Staublunge gewesen. Ausgelöst durch die vielen Schmutzpartikel in der Atmosphäre von Cres. Viele Kinder litten an Staublunge und für einige verlief die Krankheit tödlich. Vor vier Jahren hatte Klein Hughes den Kampf dagegen verloren, das so unendliche tapfere Kerlchen war schließlich daran jämmerlich verreckt, abgemagert bis auf die Knochen. Seine kleine Urne aus gehämmertem Messing stand auf dem Tisch vor Broman, auch die zwei Urnen seiner beiden Jüngsten, die vor wenigen Monaten ebenfalls an Staublunge gestorben waren. Die vierte Urne war größer, denn die war die seiner Frau. Er hatte sie in der Badewanne vor einer Woche gefunden. Der Brief hatte vor der Wanne auf dem Boden in einer Pfütze aus Wasser und Blut gelegen. Seine Frau hatte sich nach Erhalt des Briefes ein Bad gemacht, alle ihre teuren Salze und Öle hinein geschüttet, welche ihr Brogan im Laufe der Jahre zu Geburtstagen und dem Jahrestag ihrer Hochzeit geschenkt hatte. Die Wanne aus Kupfer war Brogans Hochzeitsgeschenk für seine Frau gewesen, von der er wusste, dass sie gerne badete. Die Wanne hatte ihm einige Gefallen und zwei Jahresgehälter gekostet, aber dafür war sie von guter Qualität und Kunstfertigkeit gewesen. Die vier Füße waren wie Tatzen von Löwen gestaltet. Und wenn er sich nicht täuschte, war wohl Hughes Junior darin gezeugt worden.

Seine Frau hatte sich in die Wanne gelegt, dann mit dem uralten Kampfmesser aus dem Erbe ihres Vaters ihre Pulsadern geöffnet und war im warmen duftenden Wasser ausgeblutet. Einen Abschiedsbrief hatte sie nicht hinterlassen, dieses Antwortschreiben des Adeptus Adminstratums vor der Wanne war Hinweis genug gewesen. Alle ihre Kinder waren an Staublunge gestorben, alle hätten sie mit einem Kuraufenthalt auf dem abgelegenen Südkontinent geheilt werden können, wo die Luft nicht so belastet war wie im industriell vollständig erschlossenen Nordkontinent. Wenn denn die Bürokratie schneller gearbeitet und die Freigabe der Gelder nicht erst Jahre nach Tod des Jungen veranlasst hätten. Als er sie so gefunden hatte, war etwas in ihm gestorben, so wie mit jedem seiner drei Kinder etwas in ihm gestorben war. Der Schädel seiner Frau grinste ihn nun entbeint aus dem neuen Schrein an, den er hatte fertigen lassen. Schönes schwarzes Holz von Kneita III. Beschläge aus Messing, der Aquila war sogar mit Blattgold überzogen. Dafür waren seine letzten Ersparnisse drauf gegangen, der Notgroschen. Er brauchte das Geld nicht mehr, denn noch heute würde er sterben.

Er stimmte das Trauerlied an, wie es zu Bestattungen gesungen wurde und hob nach und nach die Urnen seiner Familie in den noch nach der frischen Farbe duftenden Schrein. Mit einem weiteren Gebet an den Gottimperator schloss er die handbemalten Türchen des Schreines. Als letztes führte er die seinen Zeige- und Mittelfinger an den Mund, küsste sie und legte sie dann liebkosend auf die grinsenden Züge des Schädels im Giebel des kleinen tragbaren Schreines.

"Sie werden dafür büßen!", versprach Hughes. Er überprüfte den Sitz seiner Kleidung, nahm das Kampfmesser und betrachtete es. Ein Familienerbstück aus der Familie seiner Frau. Die Klinge war dolchförmig, angeblich mit richtigem Silber überzogen und scharf geschliffen. Einer der Ahnen seiner Frau hatte bei den Sabbathfeldzügen teilgenommen und war angeblich Mitglied des legendären 1. Tanith gewesen. Jedenfalls stand dies auf der Klinge. Vielleicht war das auch nur ein teure Replik oder eine gute Fälschung. Es spielte keine Rolle, wahrscheinlich würde das Messer bald in einer Asservatenkammer liegen oder würde von einem korrupten Justicar Prälat einfach weiter veräußert werden. Letztendlich war dies Hughes alles gleich. Es kam nur darauf an, dass es heute noch einmal seinen ureigensten Zweck erfüllte. Er steckte das Messer in seine Manteltasche und schulterte den Schrein.

Es schneite, als er sein Hab verließ. Ein schwer beladener Achtachser der Marke AMM donnerte vom Raumhafen kommend vorbei. Normalerwiese arbeitete er an den Docks, steuerte eine der großen Entlademaschinen. Aber wegen dem Trauerfall hatte er frei bekommen. Eine Tragödie, wie sein Chef meinte. Nein, eher ein Skandal. Seine Kinder waren tot, weil die Bürokraten ihre Unterlagen verschlampten, jahrelang liegen ließen und dann noch die Frechheit besaßen, nach dem Tod des Kindes die Kur zu genehmigen. Dafür würden sie bluten, zumindest diesen Sacharbeiter Macharius Metaxa würde er lebendig ausweiden, ihm die Augen ausstechen und ihm zeigen, was Schmerzen waren. Alles in Hughes zog sich vor Hass zusammen. Zielstrebig stampfte er durch den grauen Schnee. Nur zweihundert Meter weiter stieg er mehrere Treppenstiege hoch zur Hochbahn, löste eine Fahrkarte und reihte sich in die Wartenden ein. Es war noch vor dem Ende der Normalschicht und deswegen war hier wenig los. Die Erde fing an zu beben, als ein kleines Raumschiff vom Raumhafen startete und dann über sie hinweg donnerte. Er hatte sich inzwischen so daran gewohnt, dass er dies nur am Rande registrierte. Ein Zug, der vorne das zweigeteilte Antlitz des Mechanikus trug, fuhr mit funkensprühenden Rädern in den kleinen Bahnhof ein. Die Türen öffneten sich und nach Schweiß und ungewaschener Kleidung stinkende Luft kam ihm entgegen. Er betrat den Wagen und suchte sich einen freien Haltegriff. Sitze gab es hier nicht.

Er fuhr zwölf Stationen, dann ragte vor ihm das gigantische Verwaltungsgebäude in Form von zwei Zwillingstürmen auf. Auf der Spitze des einen stand der Imperator höchst selbst als über einhundert Meter hohe Statue mit Lorbeer gekröntem Haupt. Auf der anderen stand, nur einen Meter kleiner, die des amtierenden Senators des Administratums in seiner Amtsrobe. Die Gebäude wurden in zwölf Stufen immer etwas kleiner und jede Ecke war mit der Statue eines Aquilas mit wie zum Abflug ausgebreiteten Flügeln gekrönt. Diese Hoheitszeichen der imperialen Macht waren vergoldet und erstrahlten frei von allen Verschmutzungen golden im Licht der untergehenden Sonne. Dieses gigantische Gebäude war noch kein Sternenkratzer, trotzdem sollten dort mehrere hunderttausend Beamte des Administratums dort arbeiten.

- Arbeiten? Wahrscheinlich haben sie den ganzen Tag den Finger im Arsch ihrer Vorgesetzten und schleimen sich ein. - dachte Hughes verbittert. Nun, bald würde wohl die Stelle eines Sacharbeiters neu besetzt werden müssen. Er war pünktlich, denn das Administratum öffnete gerade seine Tore und Legionen von Schreibern strömten heraus. Eigentlich war es ein Unding, in diesem Heer eine einzelne Person ausmachen zu wollen. Aber Hughes war groß und er hatte gute Augen. Dreimal war er diesem minderwertigen Schreiberling begegnet, der hinter einer Absperrung aus Gusseisen an einem Schreibpult stand und immer etwas an den ausgefüllten Formalen zu mäkeln hatte. Der Bahnhof wurde von einer Welle aus Grau überschwemmt, da die Beamten alle graue Roben trugen. Metaxa war schon etwas älter, musste jetzt auf die Fünfzig zugehen, die Haare gingen ihm aus und seine Platte schimmerte wie poliert. Es war wohl der Wille des Imperators, dass Broman ihn in dem Gewusel entdeckte und sich an ihn hängen konnte. Gemeinsam drängelte er sich mit Metaxa in einen der überfüllten Waggons der Hochbahn. Nur wenige Meter stand er hinter diesem verabscheuungswürdigen Wesen, das für den Tod seiner Kinder und Frau verantwortlich war. Während er sich mit der linken Hand an der Halteschlaufe festhielt, umfasste seine andere Hand den rauen Griff des Kampfmessers. Das fühlte sich gut an, als würde das Messer nur darauf warten, weiter Blut vergießen zu können. Für einen kurzen Moment zog der Witwer es in Erwägung, diesen Scheißkerl gleich hier im überfüllten Wagen abzustechen und dann weitere Beamte abzuschlachten, bis Wachmänner ihn über den Haufen schossen. Nein, Rache sollte kalt serviert werden. Und er wollte sich Zeit lassen, Metaxa spüren lassen, was er von dessen minderwertiger Arbeit hielt. Ihm erklären, warum Hughes ihn ausweidete. Ihn nur einfach so abzustechen war einfach zu wenig. Er sollte leiden, so wie seine Kinder gelitten hatten. Er sollte den unendlichen Schmerz erfahren, der in Hughes Herz tobte, bevor dieser Mistkerl ein weiteres Mal vom Imperator gerichtet wurde.

Sie fuhren sechs Stationen und waren dann die einzigen, die am Kathedralsplatz ausstiegen. Hier gab es nur sakrale Gebäude, unter anderem die größte Kirche von Sektor XXIV. Der Platz war mit einem gigantischen Mosaik mit dem Antlitz des Imperators bedeckt, dessen Bild man aber nur von einer kostenpflichtigen Aussichtsplattform auf der halben Höhe des Hauptturmes der Kathedrale wirklich erfassen konnte. Hier auf dem Boden war es nur eine Ansammlung bunter, wild zusammengewürfelter Steine. Der Platz wurde von einer Kloster Schola, einem großen Kloster, einem Seminar und der Nekropole eingerahmt. Metaxa schritt zügig zur Nekropole.

- Wie passend! - dachte Hughes grimmig und folgte dem kleinwüchsigen, gebeugt gehenden Mann in sicherem Abstand. Die Nekropole war ein gigantisches Gebäude mit der Fassade einer Basilika. In gigantischen Alkoven standen Helden der Vergangenheit, deren Gesichter von Umweltgiften schon vor Jahrzehnten zur Unkenntlichkeit entstellt und von einer Schicht Taubendreck verklebt worden waren. Der Eingang wurde von zwei halbverhüllten Engeln mit Totenschädeln flankiert, die ihre brennenden Schwerter über Kreuz erhoben hatten und so einen gigantischen Torbogen bildeten. Aus den Klingen der Schwerter traten wirklich brennende Flammen heraus, die von dort durch Düsen gepumptes Petrochem erzeugt wurden. Gleich hinter dem Torbogen war eine Personenvereinzelungsanlage und man musste Eintritt bezahlen, um diesen Ort betreten zu dürfen. Eine uralte Nonne mit knöchern wirkendem Gesicht saß hinter dem Schalter und reichte ihm wortlos seine graue Karte, nachdem er mit einer fünfzig Scheckelmünze bezahlt hatte. Dahinter war ein Gang, von dem Türen zu kleineren Sälen abgingen, wo die Trauerfeiern abgehalten wurden. Momentan war aber keine Zeremonie in Gange. Der Schreiber schlurfte geradeaus, wo es zu den Urnengräbern ging. Hughes musste näher aufschließen, da er wusste, dass dieses Gebäude ein wahres Labyrinth war. Über viele Stockwerke zogen sich die Urnennischen, während sich in den Untergeschossenen die Grüfte der Besserbegüterten befanden. Wer es sich auf Cres leisten konnte, einen Verstorbenen zu beerdigen, gehörte zu den reicheren Bürgern der Stadt. Die ärmeren verbrannten ihre Toten im Krematorium, den Schädel zu entbeinen war schon beinahe ein unerhörter Luxus.

Schließlich blieb Metaxa stehen, murmelte was vor sich hin und zündete vor einer Nische eine Kerze an. Hughes sah sich um, sie waren alleine. Seitdem er das Häuschen mit der Nonne passiert hatte, war ihm kaum jemand mehr begegnet. Wahrscheinlich würde es keine bessere Gelegenheit mehr geben. Der Griff des Messers war inzwischen warm und von seinem Schweiß verklebt. Er zog die Hand aus der Tasche und wischte sie sich ab. Er wollte nicht abrutschen, wenn er diesem Schwein den Bauch aufschlitzte, zuerst längs und dann ein Kreuzschnitt nach oben. Sein Herz raste, sein Mund war trocken und seine Beine fühlten sich an, als würden sie Tonnen wiegen.

- Reiß dich zusammen! Jenna ist wegen diesem Schwein tot, alle deine Kinder sind wegen diesem Nichtsnutz tot! Richte ihn im Namen des lebendigen Gottes der Menschheit für seine Sünde der Unfähigkeit! Imperator! Sieh mein Werk der Gerechtigkeit! - befahl sich Hughes selbst und trat näher. Die Kerze beleuchtete die Grabnische und er konnte das Bild einer fünfköpfigen Familie sehen. Metaxa war deutlich jünger, vielleicht dreißig Jahre, die Frau, wahrscheinlich seine Ehefrau, war in dem gleichen Alter wie er. Drei Kinder, zwei Jungs und ein Mädchen standen vor ihren Eltern. Selbst auf dem Bild konnte Hughes erkennen, dass die ausgemergelten Kinder an Staublunge erkrankt waren. Inzwischen hatte er einen Blick für diese Krankheit. Er las die Namen und Sterbedaten auf der Grabnischeninschrift neben dem Bild. Metaxas ganze Familie war ebenfalls tot, das ließ Hughes zögern. Der Schreiber schien ihn zu spüren und drehte sich ruckartig zu ihm um. Ihre Blicke begegneten sich.

"Dem Imperator zum Gruße, kann ich helfen?", fragte Macharius Metaxa, nachdem sie sich schier eine halbe Ewigkeit gegenseitig betrachtet hatten.

"Eure Familie ist auch an Staublunge gestorben?", brach es aus Hughes hervor.

"Ja, leider, diese verdammten Umweltgifte."

"Aber Ihr seid doch Sachbearbeiter, warum habt Ihr nicht dafür gesorgt, dass Eure Familie bevorzugt behandelt wird?", fragte Broman unverblümt.

"Glaubt ja nicht, dass Familien von Adeptusangehörigen bevorzugt werden. Es dauert eben seine Zeit, bis die Anträge bearbeitet sind. Ihr glaubt gar nicht, was das für ein Aufwand ist. Manchmal ist dann eben zu spät, das ist bedauerlich, aber nun mal mit unseren Mitteln nicht zu ändern."

"Nicht zu ändern?", schnaubte Broman.

"Ich kenne Sie irgendwoher? Sind sie ein Antragsteller?" Metaxa kniff die Augen zusammen und musterte ihn konzentriert.

"Ja, Ihr seid mein Sachbearbeiter, meine Name ist Hughes Broman und Ihr könnt meine restlichen Anträge in den Papierkorb werfen, denn von meiner Familie ist niemand mehr übrig, um noch eine Kurbehandlung antreten könnte.", antwortete Hughes und die Wut kehrte in ihm zurück. Aber nicht auf Macharius Metaxa, den scheinbar unfähigen Sachbearbeiter, der auch nur ein kleines Rädchen in einer gigantischen Bürokratenmaschine war, die sich nur im Schneckentempo bewegte. Diesen Mann zu töten würde nichts ändern. Rein gar nichts. Er ließ das Messer in der Tasche los und kam sich ziemlich dämlich vor.

"Mein Beileid, Herr Broman, wenn Ihr mich nun entschuldigen würdet? Ich würde gerne meine Gebete zu Ende sprechen."

"Verzeihung!", meinte Hughes doppeldeutig und drehte sich ohne ein weiteres Wort um. Er konnte den fragenden Blick von Metaxa ihm Rücken spüren. Dieser Mann war gerade dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen und fragte sich wohl gerade nur, was dieses seltsame Gespräch zu bedeuten hatte. Broman spürte, wie Tränen über seine Wangen liefen. Er war so dumm gewesen, zu glauben, mit dem Tod von Metaxa würde sich irgendetwas ändern. Nein, das war der falsche Weg. Aber welches war der richtige? Einfach so zu tun, als ob alles seine Richtigkeit gehabt hätte? Den Tod von Jenna und den Kindern als imperatorgegeben zu akzeptieren? Sich eine neue Frau suchen und nochmal von vorne anfangen? Noch war er nicht zu alt dafür, er war kräftig, hatte ein vollständiges Gebiss, eine gut bezahlte Arbeit und eine schöne Wohnung mit einer guten Badewanne aus Kupfer. Aber für was? Um seinen Kinder wieder beim Sterben zusehen zu müssen? Wieder Anträge stellen, die jahrelang auf einen Stapel kamen, bis sie abgearbeitet wurden? Sinnlos!

Broman stapfte auf den Platz, wo gerade eine kleine Armee dunkelberobter Gestalten den inzwischen vom Himmel gefallenen schmutzigen Schnee vom Antlitz des Imperators fegte. Die Kathedrale ragte schon beinahe drohend vor ihm auf, der Turm wirkte wie ein drohender Zeigefinger. Oder wie ein Mittelfinger, der ihn und sein Leben verhöhnte. Dort würde er keinen Trost finden. Er löste eine neue Fahrkarte und betrat einfach den nächsten Zug. An der Station "Sanginiusbrücke" stieg er aus. Hier überspannte die mächtige Hängebrücke, die nach dem Primarchen Sanginius benannt wurde, den schwarzen Fluss. Eine gigantische Statue stand im Mittelpfeiler, welche den Imperatorsohn darstellte. Einst sollte sein Haar vergoldet und seine Rüstung rot angemalt gewesen sein, inzwischen war die ganze Statue schwarz angelaufen. Am Ufer gab es eine Aussichtsplattform. Unbewusst hatte es ihn zu dem Ort getrieben, wo er einst Jenna zum ersten Mal richtig geküsst hatte.

Hier hatte man einen schönen Blick auf den breiten Fluss, konnte die Lichter der vorbeifahrenden Frachtschiffe sehen, welche die industriellen Erzeugnisse zum Raumhafen schafften oder Rohstoffe von dort zu den ewig hungrigen Manufakturen von Cres beförderten. Angeblich war das ein romantischer Ausblick. Er sah sich selbst in der feschen Ausgehuniform der Gildenmiliz auf der Bank sitzen. Damals war neunzehn Jahre jung gewesen. Seine siebenjährige Ausbildungszeit zum Entlader war beendet, darunter auch die zwei Jahre Wehrdienst in der Gildemiliz. Er war der Mann für die schwere Waffe in seinem Trupp gewesen. Die Zeit der Gildenkriege war zwar schon lange vorbei, aber Cres hatte keine wirkliche PVS, sondern die Gilden waren für die Verteidigung des Planeten zuständig. Damals war er am Überlegen gewesen, ob er sich für die Imperiale Armee bewerben sollte. Jedes Jahr wurde als Tribut ein Regiment motorisierter Infanterie ausgehoben und für zwanzig Jahre in den Dienst des Imperiums gestellt. Welcher junge Mann träumte nicht vom Dienst für den Imperator zwischen den Sternen? Um in seinem Namen zu töten und zu sterben, um sich einen Platz neben seiner Rechten zu sichern. Aber dann hatte er Jenna kennengelernt. Die Tochter eines Gildenmitgliedes, hübsch, wenn auch etwas dürr. Vielleicht für eine Frau etwas zu intelligent und belesen. Kleiner Naseweis hatte er sie immer in Gedanken genannt. Aber Hughes mochte sie auf dem ersten Blick und bald war er sich klar, dass er sie von ganzem Herzen liebte.

Er hatte sie eines schönen Abends in ein Lichtspielhaus eingeladen, sie hatten sich "Held von Höhe 495" angesehen. Anschließend waren sie zu diesem Aussichtspunkt gelaufen, welcher als romantischer Treffpunkt für Verliebte galt. Jenna hatte ein grünes Kleid getragen, der Farbe ihrer Augen, auch wenn sie keine Rothaarige gewesen war. Ihre schwarzen Haare waren in Wellen über ihre nackten weißen Schultern geflossen, die vielleicht etwas zu knochig waren. Sie hatten sich auf die Bank gesetzt und hatten über belanglose Sachen geredet. Hughes hatte den Arm um ihre Schultern gelegt, um sie etwas zu Wärmen, da auch eine Sommernacht doch kühl sein konnte. Sie hatte es anstandslos zugelassen. Draußen auf dem Fluss waren die Schiffe vorbeigefahren und ihre Positionslampen spiegelten sich im Wasser. Schließlich schwiegen sie, sahen sich an und dann berührten sich wie von selbst ihre Lippen. Es war wie ein elektrischer Schlag gewesen, den ein schlechtgelaunter Maschinengeist verteilen konnte. In dem Moment hatte er gewusst, dass er Jenna heiraten würde. Dass er mit dieser Frau Kinder in die Welt setzen und mit ihr alt werden würde. Aber das war nun Geschichte, seine Kinder waren alle an Staublunge verreckt und Jenna an der grausamen Wirklichkeit zerbrochen.

Das Tuten eines Schiffshorns riss ihn zurück in die Gegenwart. Die traurige Realität hatte ihn wieder und er starrte zu der Brücke. Etwa um die hundert Meter waren es zum kalten Wasser. Eine Höhe, die niemand überleben konnte. Und falls doch, das kalte Wasser würde den Rest erledigen. Hier hatte es begonnen, hier würde es enden. Er drehte sich um und wollte loslaufen. Da fiel sein Blick auf eine Litfaßsäule, die mit verschiedenen Plakaten zugekleistert war. Eines davon stach bei all der bunten Reklame durch seine Einfachheit ins Auge. Es war nur schwarz weißer Text. Darüber stand LEGION, im Text ging es um eine Söldneranwerbung. Eigentlich wollte er den Blick schon abwenden, aber dann begann der Text zu zerfließen und bildete einen leibhaftigen Engel. Keinen der normalen Imperialen, die immer eine Kapuze oder Totenschädel trugen, sondern einen mit einem weiblichen Gesicht.

"Selbstmord ist keine Lösung, Hughes Broman", sagte der Engel zu ihm und das Gildenmitglied fing an seinen Verstand in Frage zu stellen. Plakate redeten nicht und sprachen einen schon gar nicht mit vollem Namen an.

"Das wird nichts ändern. Aber es gibt eine Möglichkeit, alles zu ändern, auf dass keine Kinder mehr sterben, weil eine veraltete überforderte, von inneren und äußeren Machtkämpfen geschwächte Bürokratie zu lange braucht, um lebenswichtige Anträge zu bearbeiten. Kämpfe für mich, auf dass die Menschheit eine Zukunft hat." Die Stimme klang beinahe wie die von Jenna.

"Ich bin verrückt geworden!" stieß Hughes aus und schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, starrte er auf ganz normales Plakat. Einige Passanten sahen ihn kurz befremdlich an, gingen dann aber ohne weiteren Kommentar weiter. Konzentriert las er zum ersten Mal bewusst den Text des Plakates. Es ging um die Anwerbung eines Söldnerregiments. Es überraschte ihn nicht wirklich, dass er in das gesuchte Raster passte, wie wohl so ziemlich jeder gesunde Erwachsene auf diesem Planeten auch.

- Soll ich mich da wirklich vorstellen? Ich, ein Söldner? - fragte sich Hughes und blickte zurück auf die Bank, wo er Jenna zum ersten Mal geküsst hatte. Niemand saß darauf und die Bank war mit schmutzigem Schnee bedeckt. Von dieser Richtung würde er keine Hilfe bekommen. Dann blickte er hoch zur Brücke und überlegte wie lange man wohl fiel, bis man auf das eisig kalte Wasser aufschlug. Zehn Sekunden? Mehr? Weniger? Broman zuckte mit den Schultern, er würde es wohl nie herausfinden. Er merkte sich die Adresse und stapfte zur Hochbahnstation zurück. Er hatte eine weite Fahrt vor sich.

Position:

Konföderation des Lichtes

Segmentum Pacificus

System Verräterstern

Fabrik

Gebärgrubegebäude

Zeit: 2 847 996.M41

Person: Hughes "Witwer" Broman

Und da war sie nun, eine junge Frau, die aussah wie seine geliebte Jenna. Ohne zu überlegen, beschloss Broman, die Sklavin zu retten. Mit dem Nadler hatte er keine Chance, den Techpriester auszuschalten, da musste er schon was Stärkeres auffahren. Also zog er aus seinem zweiten Halfter eine kompakte Infernopistole. Im restlichen Imperium waren diese Waffen unglaublich selten und wertvoll genug, um sie mit reinem Elektrum aufzuwiegen. In der Konföderation wurden diese unglaublich effektiven Waffen am Fließband hergestellt. Jeder Kommando trug eine als überschwere Seitenwaffe, welche in der Lage war, einen Kampfpanzer mit einem Schuss aus kurzer Distanz zu erledigen. Er nahm die entsicherte und feuerbereite Infernopistole in die linke, behielt den Nadler in der rechten Hand. Beide Pistolen waren nun mit ihm vernetzt. In seinem Visier konnte er die Zielkreuze beider Waffen sehen, auch wurden links und rechts die Zustandsanzeigen der Waffen angezeigt. Behutsam arbeitete er sich wieder aus der Nische heraus und huschte der Gruppe so lautlos wie möglich hinter her.

Die feindliche Gruppe befand sich etwa vierzehn Meter hinter der nächsten Biegung. Mit einer fließenden Bewegung trat um die Ecke, da er nur so beidhändig schießen konnte. Das Zielkreuz der Infernopistole kam auf den Rücken des Adepten zur Ruhe, die des Nadlers auf den hinter stehenden Schergen. Ein Gedankenimpuls reichte und beide Waffen spien den Tod aus. Der Nadler war nahezu lautlos, die Infernopistole machte dagegen einigen Krach. Diese Waffe war nicht für subtile Überfälle gebaut, sondern um schwer gepanzerte Ziele mit einem Treffer einzuschmelzen. Der Schwarze Adept schien ihn noch wahrzunehmen, aber die angefangene Ausweichbewegung wurde nie zu Ende geführt. Das ultraheiße Geschoss traf den künstlichen Leib des Adepten und schmolz lebenswichtige Segmente davon einfach ein. Der Scherge sank getroffen zu Boden, ein kleines Loch im Rücken auf der Höhe des Herzens war der einzige Hinweis auf die sofort tödliche Wunde des Nadlers. Der verbleibende Scherge griff sofort nach seiner Waffe und wollte sich umdrehen, während er mit einem Schritt in eine der Nischen Deckung nehmen wollte. Die schnelle Reaktion überraschte Hughes, der eher damit gerechnet hätte, dass der Kerl erst mal dumm aus der Wäsche glotzte. Aber der Nadler traf den Chaoten seitlich in den Hinterkopf und er sackte tot in sich zusammen. Der Servitor blieb stehen und verwandelte sich in einen Haufen Schrott, als das Infernogeschoss wichtige Elemente im Torso einfach wegschmolz. Als letzte stand das Mädchen da, das zuerst auf den Boden mit den Überresten ihrer Peiniger glotzte und sich dann ihm zuwandte. Ihre Augen waren riesengroß, als sie ihm ansichtig wurde. Und dann begann sie zu schreien. Was genau, konnte er nicht verstehen.

Broman begann zu laufen, steckte die Infernopistole zurück in ihr Holster und überwand die Distanz zu der Frau. Panisch drehte sie sich um, versuchte wegzulaufen, stolperte über die Ketten um ihre Fußknöchel und knallte der Länge nach auf den industriell geriffelten Boden aus Plaststahl hin. Dann war er bei ihr. Sie drehte sich auf den Rücken und versuchte ihn mit beiden Füßen zu treten.

"He, ich will dir nichts tun, verdammt noch mal!", herrschte er sie an. Sie antwortete in ihrer kehligen abgehackten Sprache und es hörte sich nicht sehr freundlich an. Wahrscheinlich verkannte sie seine ehrenhaften Absichten vollkommen. Wobei die Frage war, was waren eigentlich seine Absichten? Bis jetzt hatte er sich auf den Umstand der Rettung der Chaos Jenna vor der Einbettung in eine Gebärgrube fokussiert. Um das Danach hatte er sich bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Gedanken gemacht. Er hatte eine nackte gefesselte Frau vor sich, deren Haut mit einem Geflecht aus kleineren und größeren Narben überzogen war. Ihre Hände machten trotz ihrer Jugend schon einen abgearbeiteten Eindruck. Die Fingernägel waren kurz, die Ränder schwarz und rissig. Ihre Handflächen waren schwielig. Ihren Füßen sah man an, dass sie wohl noch nie Schuhe getragen hatte. Die Gelenke waren von den Schellen wundgescheuert. Offensichtliche Mutationen waren keine zu sehen, allerdings hatte sie einige Brandzeichen und Tätowierungen. Ob diese rein ritueller Natur oder einfach nur Besitzmarkierungen waren, konnte er nicht unterschieden. Jedenfalls wurde ihm bei ihrem Anblick nicht schlecht. Panisch fluchend rutsche das Chaosmädchen immer noch vor ihm weg. Er trat auf ihre Kette und hielt sie so fest. Dann hob er sie mit der freien Hand an ihrem Halsring hoch. Ihre Beine zuckten wild hin und her und sie versuchte sich an ihm festzuhalten. Mit einem Gedankenbefehl setzte er seine freie Hand unter Strom. Der Stromschlag war nur kurz und nicht im tödlichen Bereich, trotzdem verkrampfte sie sich, bevor sie erschlaffte. Das war jetzt sicherlich keine vertrauensfördernde Maßnahme gewesen, aber anders hatte sich Broman nicht zu helfen gewusst. Kurzerhand warf er sich den leblosen Körper der jungen Frau über die Schulter, nachdem er sein Kombigewehr heruntergenommen hatte. Den Abschuss der Infernopistole war bestimmt über mehrere Stockwerke zu hören gewesen. Die Zeit für Subtilität war vorbei.

- Und nun? - fragte er sich selbst und bekam natürlich keine Antwort. - Erst mal weg hier, der Rest wird sich aus der Situation heraus ergeben. - dachte er und rannte los. Eigentlich hatte er gerade alles falsch gemacht, was man in dieser Situation nur falsch machen konnte.

"Thronverdammt!", fluchte er in sich hinein.

Also lief er in Richtung des nach unten führenden Treppenschachtes. Von unten waren kehlige Sprachfetzen zu vernehmen. Zwar hatte er eine Sprachschulung über rudimentäre Chaosbegriffe erhalten, aber diese hier hatten einen Dialekt, mit dem er nichts anfangen konnte. Aus seinem Kragen ließ er eine seiner kleinen Spähsonden aufsteigen, welche kleiner als ein Hühnerei waren. Die kleine Sonde mit einem lautlosen Antigravantrieb schwebte nach unten und klärte für ihn auf. Fünf Stockwerke tiefer liefen zwei Männer die Treppe mit gezogenen Revolvern hoch. Sie waren so bekleidet wie die zwei Schergen des Techpriesters. Wahrscheinlich waren das die Uniformen der Wachen für diesen Komplex. Mit diesen primitiven Waffen konnten sie ihm im Normalfall nicht gefährlich werden und er bezweifelte, dass sie Zugriff auf eine Munitionsart hatten, die seine Rüstung durchschlagen konnte. Allerdings war das Mädchen auf seiner Schulter gänzlich ungeschützt. Ein Umstand, den er nicht ändern konnte. Also lief er den Männern mit dem Gewehr in Vorhalte entgegen, nahm es dann in Anschlag und wartete. Sein Tarnfeld funktionierte immer noch nicht, aber der Schacht war auch nicht besonders gut ausgeleuchtet und die Masken engten sicherlich das Sehfeld ihres Trägers beträchtlich ein. Der erste der Wächter kam in sein Sichtfeld und ein Schuss aus ultraheisem Plasma fuhr in seinen Schädel, verdampfte sein Gehirn und ließ den Hinterkopf aufplatzen. Die Wand dahinter wurde mit brennendem Knochenfetzen besudelt. Der zweite Scherge prallte reaktionsschnell zurück und schoss. Ein Projektil heulte ihm vorbei und Hughes richtete sich auf, machte zwei schnelle Schritte und erschoss den Mann mit zwei Schuss in die Brust. Die Wundränder dampften und eine Flamme züngelte heraus. Ohne den die Treppe tiefer herunter rutschenden Toten weiter zu betrachten, lief der Kommando an ihm vorbei. Mit der linken Hand hielt er das Mädchen fest, mit der anderen sein Gewehr. Eigentlich hatte man ihm bei seiner Ausbildung vieles anders beigebracht, aber da war das Thema Gefangenentransport von bewusstlosen Mädchen nie erörtert worden. Thematiken wie Geiselbefreiung standen erst für später auf dem Ausbildungskalender.

Eine Sirene begann zu heulen, als er etwa das erste Drittel des Schachtes hinter sich gelassen hatte. Ob auf Reaktion auf die von ihm ausgelösten Ereignisse oder weil der Feind bemerkte, dass eine ganze Flotte sich auf die Stadt zubewegte war ihm nicht ganz klar. Aber da er nicht gerade leise gewesen war, tippte Broman, dass wohl er der Grund für die Sirene war. Er begann schneller zu laufen und übersprang immer gleich mehrere Stufen auf einmal. Hier zu stürzen konnte fatal enden, aber hier weiter zu bleiben ebenfalls. Ihm wurde immer mehr klar, in welchen Schlamassel er sich gebracht hatte, als seine Drohne ihm die Bilder einer ganzen Horde von Wächtern brachte. Der Großteil kam von unten, aber nun machte er auch Bewegungen von oben aus. Er bremste ab, kam an einer der Ecken zu stehen, die immer eine kleine Plattform bildete und ließ die immer noch bewusstlose Chaos Jenna zu Boden gleiten. Dann trat er an den Rand und blickte über das Geländer herunter. Der Feind formierte sich dreißig Meter unter ihm in eine Kolonne. Diese hatten hier Repetierschrottflinten im Kaliber 8, also ein ziemlich großes Kaliber. Solche Waffen waren bei der imperialen Flotte sehr populär und wurden bei Entermanövern oder deren Abwehr bevorzugt von Matrosen und Marineinfanteristen eingesetzt. Er beorderte seine Minidrohne nach oben, speiste die notwendigen Daten in seine Microaersolgranaten im Unterlaufgranatwerfer seiner Waffe. Der Werfer im Kaliber 20mm hatte sechs Revolverkammern, die mit drei verschiedenen Sorten geladen waren. Zwei der Granaten waren kleine Aerosolgranaten. Die Kammer rotierte und das erste Geschoss verließ, sofort gefolgt von dem zweiten, den Lauf. Beide Granaten entließen gleichzeitig ihre hochkomprimierte Ladung und verbrannten alles auf einer Höhe von zehn Meter im Schacht. Eine immense Hitze strömte nach oben und der Hauch der Hölle streifte auch noch ihn. Chaos Jenna lag zum Glück ungefährdet in der Ecke, auch wenn sich ihre Haut sofort anfing zu röten und sich ein Schweißfilm auf der Oberfläche sammelte. Seine Drohne hatte inzwischen die anderen Angreifer ausgemacht und er richtete die Waffe nach oben. Der Zielcomputer errechnete anhand der Daten der Drohne die optimale Position und eine 20mm Splittergranate detonierte zwischen den von oben kommenden Angreifer. Die Wirkung der Waffe war nicht so verehrend wie die der Aerosolwaffe. Der Großteil der Männer wurde getroffen und verwundet, wenn auch nicht getötet. Allerdings reichte die Wirkung aus, um sie zu demoralisieren und durch das nächste Schott flüchten zu lassen. Wahrscheinlich würden sie nachstoßen, sobald sie sich wieder gesammelt hatten, aber bis dahin wollte er weg sein. Leider hatte er keine weiteren Aerosolgranaten mehr vorrätig, da die Waffensysteme in dieser kompakten Größe sehr teuer und aufwendig in der Herstellung waren.

Dort wo die Aerosolgranaten eingeschlagen waren, brannte es. Leichen und Ausrüstung. Munition fing an hoch zu gehen und Querschläger heulten ungezielt durch den Schacht. Diesen Nebeneffekt hatte er nicht bedacht.

"Thron! Lern endlich denken, Hughes!", fluchte er auf sich selbst und sah sich den Schaden an. Die Treppe bestand zwar aus Stahlplast, aber die Mischung schien wohl eher in Richtung Plast zu gehen, denn er konnte sehen, wie ganze Stufensegmente brannten. Gerade brach eines ein, wo mehrere Leichen übereinander gelegen hatten und Trümmer wirbelten in die Tiefe. Seine Aktion war definitiv ein Griff in das Klo gewesen, besonders da nun auch starke Rauchentwicklung einsetzte. Ihm machte das in seiner voll versiegelten Kommandorüstung nichts aus, der armen Chaos Jenna schon. Er drehte sich zu ihr um, warf sie über die Schulter und rettete sich durch das nächste Schott. Und nun? Zum Glück hatte er ja jede Menge Sensoren und eine Minidrohne, die er vorausschickte. In diesem Stockwerk waren keine Frauen in Nischen untergebracht. Dafür sah er tausende von vergitterten Boxen, die etwa vier auf vier Meter groß waren und in denen sich viele kleine Mehrstockbetten standen. Hier wurden Kleinkinder im Krabbelalter bis etwa drei Jahre aufgezogen. Er konnte viele Frauen mit weißen Schürzen ausmachen, die sich um den Nachwuchs kümmerten. Selbst hier waren die Schürzen noch mit dem Allgegenwärtigen Achtstrahligen Stern verunstaltet. Eine von ihnen, etwa eine Frau von vierzig Jahren kam resolut auf ihn zugeschritten, mit einem Löffel in der Hand und schüttelte ihn drohend in seine Richtung. Dabei brüllte sie etwas in ihrem unverständlichen Dialekt.

"Schnauze!", brüllte er zurück und richtete sich auf einer der langen Wände hin aus, die von einer breiten Fensterfront durchbrochen wurde. Leider waren die Fenster vergittert, aber er hatte die notwendigen Mittel, da ohne Probleme durchzukommen. Die Frau brüllte ihn immer noch ihren dämlichen Löffel schwenkend an, aber ignorierte sie einfach, da Löffel nun wirklich keine furchteinflößenden Waffen waren. Er lief zu der Fensterfront und gab zwölf Schüsse ab, genug um das Gitter aus dem Fenster zu sprengen und ihm einen Durchgang zu ermöglichen. Er schlug mit den Gewehrkolben das Glas aus dem Rahmen, da seine Plasmaentladung nur kleine Löcher in das Glas geschmolzen hatte.

"Intelligente Leute hätten einfach den verdammten Fenstergriff benutzt!", schalt er sich selbst, als er sich in den Fensterrahmen wuchtete. Er sah sich kurz die Straße unter ihm an, zwei Wachleute, die aufgeregt in einen Kasten schrien, der auf der einen Seite eine Antenne hatte, was ihm zu dem Schluss verleitete, dass sie über Funk Verstärkung riefen. Zwei gut gezielte Schuss setzten ihrem unverständlichen Sprachschwall ein endgültiges Ende. Zum Glück war keine weitere Opposition zu sehen. Er schulterte seine Waffe, löste die Bremse von seinem Zugseil, welches in seinem Gürtel untergebracht war und führte einen Karabinerhaken in das Gitter ein. Er zog mit aller Kraft daran, das Metall knirschte, aus den Verankerungspunkten rieselte Ferrobetonstaub. Das Gebäude war alt und marode. Wahrscheinlich diente es schon seit Jahrtausenden als Brutgrube und Millionen von Babys waren hier produziert worden, um wohl entweder selbst Babys zu produzieren oder in den umliegenden Manufakturen zu arbeiten. Oder in Servitoren umgewandelt zu werden. Er drosselte sein Seil und schwang sich auf die Außenseite des Gebäudes. Die Frau hatte inzwischen aufgehört ihn zu beschimpfen, als ihr wohl klar geworden war, dass er ihren Schutzbefohlenen nichts tun würde. Diese Frau hatte einen ziemlichen Mut, sich so für diese Kinder einzutreten. Oder fürchtete sie nur die Bestrafung ihres Meisters, wenn der Ernte in ihrer Obhut etwas geschah?

Er begann sich abzuseilen und stemmte sich an der Wand ab. Mit der einen Hand hielt er Chaos Jenna fest, mit der anderen das Seil. Zum Boden war es zum Glück nur etwa fünfzig Meter, länger war das kleine Stahlseil in der Winde auch nicht. Als er auf der Hälfte war, lösten sich die ersten Verankerungspunkte des Gitters und er stürzte unkontrolliert etwa zwei Meter ab, dann hielten weiter entfernte Bolzen dem Druck noch stand. Er gab mehr Seil frei und beeilte sich mit Abstieg. Unter ihm befand sich ein Vierachser in einem sehr erbärmlichen Zustand. Farbe hatte das Gefährt schon lange nicht mehr. Die Karosserie wurde nur noch durch den guten Willen des Maschinengeistes zusammen gehalten. Auch wenn es angeblich keine Maschinengeister geben sollte. Aber wer wusste das schon genau?

Als er noch etwa fünf Meter über Straßenniveau befand, brach das Gitter auf der ganzen Länge der Front nach und er befand sich für einen kurzen Moment im freien Fall. Gerade so konnte er Chaosjenna noch auf sich platzieren, dann knallte er mit dem Rücken auch schon auf die Ladefläche des Lastwagens. Rost wallte in einer roten Wolke auf und es schepperte gewaltig. Das Gitter schien genau auf ihn zuzustürzen. Es war zu spät, sich über Jenna zu rollen, aber zum Glück erreichte es ihn gar nicht, da die Führerhäuser der abgestellten Fahrzeuge höher als die Ladefläche dieses Vehikels waren. Es knallte ein weiteres Mal, als das Gitter aufschlug. Mehrere Runen in seinem Display blinkten auf und mehrere Schadensmeldungen wurden eingeblendet. Sein ganzer Oberkörper schmerzte, aber er schien sich nichts gebrochen zu haben. Hoffentlich traf das auch auf Chaos Jenna zu. Allerdings war jetzt nicht die Zeit, um sie zu untersuchen.

Der Kommando stemmte sich hoch, nahm Jenna wieder mit sich und begab sich zum Führerhaus, das verschlossen war. Mit der freien Hand schlug Hughes das Fenster ein und entriegelte die Tür. Drinnen stellte er fest, dass Chaosfahrzeuge den Führerstand auf der anderen Seite hatten. Er rutschte auf der langen Sitzbank rüber, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Er legte Jenna in den Fußraum vor der Sitzbank. Die Armaturen aus Messing hatten verschnörkelte Zeiger, welche verschiedene Zustände im Gegenuhrzeigersinn anzeigten. Hughes hatte in der Gilde gelernt, mit schweren Fahrzeugen umzugehen. Ein Vierachser war da schon eher ein leichtes Fahrzeug für ihn. Ein kleineres als das hatte er noch nie bedient und deshalb wählte er dieses Vehikel aus. Es gab mehrere Knöpfe, einer davon ziemlich groß und abgegriffen. Alles war zwar beschriftet, aber diese Zeichen waren für ihn nichts weiter als unleserliche Runen. Er trat die verschiedenen Pedale durch und fand das der Bremse. Wie auch bei imperialen Fahrzeugen musste er die Bremse drücken und konnte dann erst den Startknopf mit Erfolg betätigen. Mit einem satten Geräusch sprang der Verbrennungsmotor auf Petrochembasis an und die vier Auspuffrohre hinter dem Führerhaus aufragend spien Flammen aus. Da musste die Einspritzung dringend nachgestellt werden. Er drückte die schwergängige Kupplung und prügelte den ersten Gang in das knirschende Getriebe. In dem Moment sprangen die Tore zur Babyfabrik auf und weitere Schergen gingen am Türrahmen in Deckung. Er ließ die Kupplung kommen und drückte sachte das Gaspedal durch. Mürrisch setzte sich das Vehikel äußerst behäbig in Bewegung, während die ersten Garben aus vollautomatischen Sturmgewehren und Maschinenpistolen in das Chassis des Fahrzeugs prasselten. Aber die Chaoten schienen der Meinung zu sein, mehr Material bring mehr Stabilität, so dass dieser Vierachser dem Kugelhagel standhielt. Jedenfalls beschleunigte das behäbige Fahrzeug brav trotz der abbekommenen Treffer und Hughes schaltete kontinuierlich hoch, während der Wagen immer mehr beschleunigte. Er hielt sich grob in die Richtung des Sammelpunktes.

Links und rechts ragten gewaltige Manufakturgebäude hoch. Die Außenwände waren mit bunten Bannern mit den obligatorischen Runen und äußerst hässlichen Symbolen versehen. Dabei schien es sich um Spruchbänder mit Parolen zu handeln. Jedenfalls ließ der Anblick der Zeichen ihn kalt. Er bog um die nächste Ecke und war so keinem weiteren Feuer mehr ausgesetzt. Für den Moment hatte er Ruhe. Mit einem kurzen Blick nach unten überzeugte er sich, dass Chaos Jenna noch lebte. Blut sickerte aus einem ihrer Mundwinkel.

"Thron! Lass das keine innere Blutung sein!" Irgendwie war es wohl nicht angebracht, den Imperator um das Leben einer Chaosdienerin zu bitten, trotzdem betete er eine kurze Litanei herunter. Der Imperator sah schließlich alles und vielleicht hatte er ja Erbarmen mit Hughes Broman. Von überall begannen nun Sirenen zu heulen. Laut Zeitplan zerlegte die Lichtbringerin nun gerade das Zentrum dieser Festungsstadt. Gleichzeitig würde die Flotte über den Ereignishorizont fluten und wortwörtlich Flammen vom Himmel regnen lassen. Er orientierte sich und legte eine Route fest, die ihn in die Nähe des Sammelpunktes bringen würde. Dank intensiver Satellitenaufklärung hatte er einen präzisen Umgebungsplan des Einsatzgebietes, welcher ihm in sein Helmdisplay eingeblendet wurdet.

"Rufe Ito eins. Hier Ito zwo eins. Kommen!", nahm Hughes ein weiteres Mal Kontakt mit seinem Truppführer auf.

"Hier Ito eins. Status? Kommen!", rauschte die Stimme des Leutnants in seinen internen Lautsprechern.

"Bin auf dem Weg zum Sammelpunkt mit einem Vierachser. Habe eine Gefangene dabei, die medizinische Hilfe benötigt. Kommen!"

"Eine Gefangene? Bitte bestätigen, kommen!", fragte sein Leutnant überrascht.

"Bestätige verletzte Gefangene. Kommen!"

"Eine Geisel? Kommen!"

"Bestätige. Kommen!"

"Verfolger? Kommen!" Hughes sah in die Rückspiegel in Messingfassungen, die auf der Vorderseite wie Dämonenfratzen geformt waren. Die Chaosanhänger schienen ein Faible für diese Art von Kunst zu haben.

Tatsächlich tauchten hinter ihm mehrere Fahrzeuge voll mit Bewaffneten im Rückspiegel seines Fahrzeuges auf. Und diese Modelle waren schneller als sein behäbiger Vierachser. Vielleicht hätte er ein schnelleres Fahrzeug auswählen sollen. Vielleicht hätte er Chaos Jenna einfach ihrem Schicksal überlassen sollen. Hatte er ihr mit ihrer Rettung einen Gefallen getan? Er wusste es nicht und für tiefgreifende philosophische Überlegungen blieb ihm keine Zeit, da die wendigen Zweiachser schnell aufschlossen.

"Bestätige Verfolgung, zwei Fahrzeuge! Kommen!"

"Werden Sie die Verfolger aus eigener Kraft los? Kommen!"

"Denke schon. Kommen!"

"Ende und aus!"

Die bullig wirkenden Zweiachser waren inzwischen Näher gekommen und versuchten, ihn zu überholen. Auf den Ladeflächen standen jeweils sechs mit Sturmgewehren im gängigen Kaliber 8,25mm bewaffnete Kämpfer mit Eisenmasken. An den Schäften der Sturmgewehre hingen kleine Bilder von Chaosheiligen und an der Schulterstütze waren Messingsterne mit den obligatorischen acht Pfeilen aufgenagelt. Damit eröffneten sie das Feuer auf sein Fahrzeug. Kugeln schlugen ins Führerhaus ein und die Frontscheibe überzog sich mit Einschlägen und einem Spinnennetzmuster.

Der linke Zweiachser war blau lackiert und auf seiner Motorhaube war ein Tzeentchsymbol aufgemalt, das ihm die Galle hochkommen ließ. Angeblich sollte das einen Meteor darstellen, der um die Ecke flog. Er lenkte plötzlich nach links und drückte das Fahrzeug gegen die Wand einer Manufaktur. Funken sprühten, Plaststahl verformte sich knirschend und der Putz wurde von der Fabrikmauer gerissen. Die Straße war hier so eng, dass mit drei Fahrzeugen nebeneinander die Straßenschlucht ausgefüllt war.

Auf der rechten Seite schloss nun das rot lackierte Fahrzeug mit einer Khornerune auf. Die Passagiere schossen ebenfalls mit ihren Sturmgewehren auf sein Fahrzeug. Die hinteren Reifen auf der rechten Seite seines Vierachsers platzte auf. Das linke Fahrzeug war nur noch ein Wrack und zwei der Passagiere hatten inzwischen seine Ladefläche geentert. Der Vierachser brach nun schlingernd aus der Spur, krachte gegen die linke Wand und stellte sich halb quer, so dass er die ganze Straßenbreite blockierte. Der rote Zweiachser wurde mit Wucht zur Seite geschleudert, knallte gegen die Wand und die Passagiere auf der Ladefläche des Zweiachsers purzelten vom Wagen herunter. Der LKW kam schließlich zum stehen. Dem Kommando war etwas schwindelig zumute und er hatte Probleme sich zu orientieren.

Hughes schnappte sich sein Plasmagewehr und sprang aus der Fahrerkabine und schoss auf die Maskenträger vom Pickup, bevor diese sich wieder aufrappeln konnten. Dann traf ihn eine Garbe aus einem Sturmgewehr von hinten und beschädigte sein Rückenmodul mit dem Energiespeicher und Kraftwerk. Einer der Kugeln gelang es, die geschichtete Panzerung des Tornisters zu durchschlagen, da auf einmal eine ganze Batterie roter Runen aufleuchtete und sein Display erlosch. Für einen kurzen Moment war er komplett ohne Energie. Offensichtlich war es einem Gegner gelungen, nicht von dem LKW herunter geschleudert oder von den Kugeln seiner wild herumballernden Kameraden zersiebt zu werden.

Er war nun ein Gefangener seiner eigenen Rüstung und der Gnade von Gegner ausgeliefert, welche nicht mal das Wort in ihrem Sprachschatz hatten. Zum ersten Mal in diesem Einsatz bekam Hughes es richtig mit der Angst zu tun. Seine unglaublich fortschrittliche Rüstung hatte ihn arrogant werden lassen und nun bekam er die Quittung für seinen Hochmut. Dann flammte das Display wieder auf. "Selbstreparatur erfolgreich!", stand in großen roten Lettern auf seinem Sichtfeld, das gleich darauf erlosch und von einem Warnhinweis ersetzt wurde. "Reaktor außer Betrieb! Notstrom für 97 Minuten! Aufsuchen einer Wartungseinheit wird dringend empfohlen!", flimmerte über das Display. Siebenundneunzig Minuten hatte er Energie, dann waren die Zellen erschöpft. Normalerweise war die Notreserve größer, aber der Glückstreffer schien einige Zellen in Mitleidenschaft gezogen zu haben. Er wirbelte zu den Schützen herum und erfasste sie mit seinem Visor. Zwei kurze Feuerstöße später hatte er das Problem erledigt.

Momentan waren keine weiteren Ziele sichtbar. Sein Auspex war ausgefallen und so konnte er keine Diagnose über weitere Opposition in unmittelbarer Umgebung machen. Obwohl er sich mitten in einem dichtbebauten Manufakturgebiet befand, war er praktisch allein. Das Ganze hatte etwas Gespenstisches und Surreales an sich. Angeblich war heute ein hoher Feiertag auf dieser Welt und offensichtlich ruhte die normale Arbeit an diesem Tag trotz des Kriegszustandes. So was wäre im Imperium nur bei Imperator Himmelfahrt denkbar gewesen, dem höchsten Feiertag des imperialen Glaubens. Trotzdem war es seltsam, da stand ein Raumangriff bevor und keine Massen bewegten sich zu den Bunkersystemen, wie es bei einer imperialen Welt der Fall gewesen wäre. Entweder hatten die Manufakturen für ihre Belegschaft eigene Bunker in den Kellern der Fabriken oder es war schlicht keine Evakuierung für Sklaven und Personal, was wohl dasselbe war, vorgesehen. Wie auch immer, er hatte von hier zu verschwinden. Er lief zurück zum Vierachser und holte die verletzte Chaos Jenna heraus.

"Halt durch, Mädchen!", flüsterte er und schultere die junge Frau. Er fing an zu traben. Der Treffpunkt mit seinen zwei Kameraden war nur zwei Häuserblocks entfernt auf dem Gelände einer weitläufigen Recyclinganlage. Er hatte gerade einen Block hinter sich gebracht, als mehrere Häuserblöcke hinter ihm zwei Radpanzer um die Ecke bogen. Und sie waren definitiv wegen ihm hier, denn das führende Fahrzeug eröffnete das Feuer mit einer 37mm Autokanone auf ihn. Gerade so konnte er sich in eine mit Unrat gefüllte Gasse retten. Normalerweise hielt sich in so einer Gasse der wohnsitzlose Abschaum auf, aber auf Chaoswelten schien es keine Obdachlosen zu geben, denn hier war nichts Lebendes außer ihm und Jenna. Das brachte ihn von seinem Treffpunkt ab, gab ihm aber Deckung. Wenn die Besatzungen der Fahrzeuge sich auskannten, würden sie ihn hier in der Zange nehmen können. Er überdachte seine taktische Situation und lud eine panzerbrechende Granate in seinen Werfer. Vorsichtig ließ er Jenna zu Boden gleiten und startete eine Drohne. Tatsächlich raste nur einer der kleinen Radpanzer auf ihn zu, der andere war schon nicht mehr zu sehen. Das Fahrzeug brauste mit mehr als achtzig Stundenkilometer auf seine Position heran. Zwei dicke schwarze Rauchfahnen stiegen aus den Auspufftöpfen auf, der Motor war ziemlich laut. Wahrscheinlich ein sehr starkes Triebwerk mit hohem Verbrauch an minderwertigem Petrochem. Das Fahrzeug war wohl auf Geschwindigkeit ausgelegt und man hatte an der Panzerung gespart. Über die Baureihe dieses Radpanzers hatte er keinerlei Daten und hoffte, dass die panzerbrechende Hohlladungsgranate in der Lage sein würde, die Frontpanzerung des Vehikels zu durchschlagen.

An der Ecke hockte er ab, wechselte das Gewehr in die linke Hand und drehte sich aus der Deckung heraus. Dank der Daten der Drohne wusste er, wo sich das Fahrzeug befand. Zielen und Schießen war praktisch eins. Die Granate zischte mit einem lauten Plopp aus dem Werfer, während kleine Stabilisierungsflügel ausklappten und die Bahn des Geschosses stabil hielten. Gleichzeitig feuerte die Turmkanone des Panzers und ein Geschoss schlug knapp über ihm in Wand ein und detonierte dort. Splitter zischten über ihn hinweg, konnten aber die Rüstung nicht durchdringen. Die Hohlladung traf die Frontpanzerung des schnellen Radpanzers mittig und war stark genug, sie zu durchschlagen. Kurz nach dem Einschlag explodierte die im Kampfraum gelagerte Munition und die Luken wurden von Innen aufgesprengt. Das Fahrzeug hielt brennend grob seine Richtung bei und rollte mit geschätzten fünfzig Stundenkilometern an ihm vorbei. Sofort ließ er die Minidrohne zurück in die Gasse schweben und richtete sich auf die andere Seite aus. Sofort lud er vier weitere Hohlladungsgranaten in die Kammern des Revolvermagazins des Unterlaufgranatwerfers. Zwar konnte er den Panzerwagen nicht sehen, aber hören. Die Drohne brauchte zu lange, um die Gasse hindurch zu fliegen, als der feindliche Panzerwagen schon am gegenüberliegenden Ende der Passage mit auf ihn eingeschwenkten Turm auftauchte. Sofort schoss der Kommando eine Hohlladungsgranate aus seinem Werfer und der Wagen fuhr weiter, so dass der Sprengkörper harmlos in der gegenüberliegenden Mauer detonierte. Der Fahrer hatte sich offensichtlich verschätzt und der Wagen kam zu spät zum Stehen. Jedenfalls wirkte sich das Missgeschick des Fahrers glücklich für den Panzerwagen aus. Da die Hohlladung einen ordentlichen Krater im Ferrobeton hinterlassen hatte, war die Besatzung vorgewarnt. Die Drohne sauste aus dem Hohlweg heraus und erfasste den Wagen, der gerade wendete. Sie hielten außer seinem Sichtbereich an und schienen zu warten. Schließlich hatten sie den Faktor Zeit auf ihrer Seite und mussten nur geduldig sein. Während jede Sekunde für ihn wertvoll war, der Countdown lief erbarmungslos herunter und er hatte keine zehn Minuten mehr, den Treffpunkt zu erreichen. Aber woher wussten die Chaoten im Panzer, dass er nicht schon längst die Stellung gewechselt hatte?

Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gedacht, als er seinen Kopf nach oben hob und der Lauf die Bewegung antrainiert mitmachte. Tatsächlich konnte er gerade so noch eine Bewegung ausmachen, als ein Kopf zurückgezogen wurde. Ohne zu zögern eröffnete er das Feuer und zwang den Beobachter in Deckung. Feuernd bewegte er sich auf Chaosjenna zu und warf sie mit einem kräftigen Ruck über die Schulter. Diesmal blieb sie aber nicht bewusstlos wie ein Sack auf ihm liegen, sondern sie fing an zu zappeln und zu schreien.

"Halt Still, verdammt noch mal, ich versuche dich dumme Nuss zu retten!", brüllte er sie an, was sie aber noch lauter schreien lies. Sofort bewegte er sich aus der Gasse zu der leeren Straße heraus und ging hinter der Ecke in Deckung. Der Panzerwagen rührte sich immer noch nicht und seine Drohne stieg höher, um die Dächer der umliegenden Gebäude besser einsehen zu können. Hier ließ er Jenna von seiner Schulter gleiten und stellte sie auf die Beine. Mit einem kurzen Impuls zerschoss er die Kette zwischen ihren Füssen, was sie für einen kurzen Moment zum Schweigen brachte.

"Mitkommen!", befahl er im Chaosdialekt, weil dies eines der Worte war, die er neben "Ergebt euch! Hände über den Kopf! Keine Bewegung!" eben kannte. Jenna zischte etwas und bleckte ihre Zähne, die recht schief im Mund wuchsen. Inzwischen war seine Drohne über das Niveau der Dächer der umliegenden Manufakturen geschwebt. Auf verschiedenen Dächern konnte er Bewegungen von bewaffneten Kräften ausmachen. Was aber schlimmer war, über eine Parallelstraße bewegte sich eine Kolonne aus Schützenpanzern in Kompaniestärke heran. Das war nicht gut. Wahrscheinlich waren die beiden Panzerwagen deren motorisierte Aufklärungseinheit. In dem Moment versuchte Jenna nach dem Kampfmesser zu greifen, das er mit sich führte. Reflexartig wehrte er sie mit einem Schlag gegen ihren Brustkorb ab, was die junge Frau mit großer Wucht zurückschleuderte. Sie krachte zu Boden und schlug sich den Hinterkopf auf dem Asphalt blutig. Regungslos blieb sie liegen.

"Nein! Das wollte ich nicht!" Panisch sah er nach ihr und seine Scanner meldeten, dass sie noch lebte. Er hoffte nur, dass er sie nicht schwerer verletzt hatte. Von den Dächern wurde er unter Feuer genommen, aber Schrotflinten hatten auf diese Entfernung keinerlei Zielgenauigkeit mehr. Wieder warf er sich die leblose Frau über die Schulter und fing an zu rennen. Der Treffpunkt war jetzt nur noch hundert Meter entfernt und entpuppte sich als eine Widerverwertungsstätte, die man durchaus als Schrottplatz bezeichnen konnte. Auf dem mit einer Halle bebautem Gelände türmten sich ausrangierte Fahrzeuge, Maschinen und Schrott, den er nicht zuordnen konnte. Hier wurde wohl alles zerlegt und was noch wiederverwertet konnte weitertransportiert, da wohl Gleise in das von einem hohen Stahlplastzaun umzäunte Gebiet führten.

"Hier Ito zwo drei und vier, haben Ito zwo eins visuell erfasst. Kommen!"

"Hinter mir ist ein Panzerwagen und eine Kolonne motorisierter Infanterie mit Schützenpanzer in Kompaniestärke hinter her. Habe eine Gefangene dabei. Kommen!"

"Das sehen wir, hast ziemlich viel Ärger im Schlepptau. Kommen!"

"Und mein Tornister ist beschädigt, haben noch Saft für vierundachtzig Minuten. Kommen!"

"Das wir ja immer besser, Ito zwo eins."

"Heute ist nicht mein Glückstag!", gab Hughes zerknirscht durch. Oder vielleicht doch?

Gedanke des Tages

Mal ein Blick von unten. Hughes Broman hatte anfangs keine wirkliche Geschichte, sollte aber das Thema "Vermeintliche Unfähigkeit des Imperiums" weiter vertiefen. Hier zeigt sich mal wieder die ganze Unmenschlichkeit des imperialen Apparates, der stur Anträge von Toten bearbeitet. Dem gegenüber steht die ebenfalls unmenschliche Apparatur des Chaos, wo Frauen in Gebärgruben gezwängt werden, wo sie bis zum Tod Babys produzieren. Dazu gibt es noch etwas Action. Bringt zwar wie gesagt die Story nicht groß weiter, aber wollte ihn auch nicht mehr rauswerfen und ist für die Anschlussszene eben wichtig.

Beim Abschluss des Kapitels habe ich mich schwer getan, die Action wirklich gut zu transportieren. Ich hoffe, es kommt halbwegs nachvollziehbar rüber, was da abgeht.

Anfangs hatte ich geplant, noch weitere Stücke von Gad, der Kleinen, Lino Lupe und Terry zu bringen, sind aber nun durch Zeitmangel unter den Tisch gefallen. Nächstes Kapitel handelt wieder von Gabriel.

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Ich fand diesen Teil wieder richtig gelungen, gerade weil er das alles mal von unten herauf zeigt. Gerade im Hinblick auf die unmenschlichkeit beider Systeme. Die Action ist ausserdem gut nachvollziehbar finde ich.

Ich freu mich schon aufs weiterlesen :)

Meine bunten Allgemeinprojekte: Avalus Armeen II (aktuell), Avalus Armeen I (Geschlossen)

Spezifische Armeeprojekte: Imperiale Armee Schnelle EingreiftruppeProjekt 500: Orks (Doch nicht im Warp Verschollen)

 

Beste Beschreibung meines Malstils:

"Einen Avalus bauen: Ein Modell kaufen und jede Farbe aus dem Mega-Paintset mal dran ausprobieren, 95% davon fuers Base." Garthor

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Auch mir hat der Teil sehr gut gefallen und kann mich Lahpugg nur aschließen, das ich gerne wüsste, wie es aus geht.

Im Allgemeinen lese ich gerne etwas von Varner und seinen Leuten.

Kampf um den Verräterstern hat mir deshalb besonders gut gefalle.

Und auf den nächsten Teil bin ich schon sehr gespannt;)

Der Tod hat einen Plan!Und die Orks sind ein teil davon!

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Vielen Dank für die lieben Rückmeldungen.

Persona Dramatis

Gabriel - Engel des Herrn und Bringerin des Lichtes

Gavri Pilgerstochter - Gabriels Wirtin

Lucius - Gabriels erster und einziger Champion

Admiral Lino Lope - Anführer der Konföderierten Flotte

Kommando Hughes "der Witwer" Broman - Ist nun bei den Kommandos gelandet.

Jenna Broman - Seine verstorbene Frau

Chaos Jenna aka Char´ka - junge Frau, die Hughes an seine Frau erinnert

Gad "der Denker" Varner - Hughes ehemaliger Vorgesetzter

Kapitel 6

Position:

Konföderation des Lichtes

Segmentum Pacificus

System Verräterstern

Fabrik

Zeit: 2 847 996.M41

Person: Gabriel

Gabriel betrachtete die Holoprojektion, welche ihre Flotte im Orbit über Fabrik abbildete. Neben ihr Stand Lino Lope, der kettenrauchend mit einem Glas Amasec in der Hand unablässig Befehle gab. Über hundert Kampfschiffe und Angriffsverbände zu koordinieren war keine leichte Aufgabe. Bis jetzt lief alles nach Plan. Ihre Maßnahmen hatten sich ausgezahlt. Das Schutzfeld war noch nicht wieder aufgebaut worden und würde es wohl auch niemals wieder, da jetzt viele der Projektorenpyramiden im inneren Festungswall zerstört waren. Schutzfeldtechnologie war komplex und empfindlich. Hunderte kleiner Icons ploppten nun auf, als der Feind an der Oberfläche seine Weltraumjäger und Bomberstaffeln losschickte. Beim ersten Angriff auf das System waren viele dieser Kleinschiffe entkommen und hatten sich nach Fabrik gerettet. Nun wurden sie ein weiteres Mal losgeschickt. Den Besatzungen musste klar sein, dass dies eine Selbstmordmission war, aber sie lebten in dem Bewusstsein, dass Khorne Feiglinge ins ewige Feuer in seiner Thronhalle warf. Letztendlich war es egal, welcher Gott sie in die Flammen des Fegefeuers warf, aber Gabriel wusste es besser. Allerdings hatte sie die Masse des Feindes unterschätzt. In den letzten Wochen mussten viele Ressourcen in die Produktion neuer Jäger und Bomber geflossen sein. Sicherlich nicht die schlechteste Idee, die man in einer solchen Situation haben kann. Einige der Staffeln stiegen genau über erhaltenswerten Strukturen auf.

"Die werde ich übernehmen! Kein Abwehrfeuer auf diese Verbände, solange sie über den wichtigsten Anlagen der Oberfläche sind." Gabriel markierte einige der Icons, die unheilvoll über den Fabriken von Raumschiffbauteilen flogen. "Haltet mich auf dem Laufenden", befahl sie noch zum Abschied und versiegelte ihre Rüstung. Kurz überprüfte sie aus reiner Routine die Zustandsanzeigen ihrer Waffensysteme. Inzwischen hatte sie sich mit ihrer langen Glefe ausgerüstet. Der Stab war eine Plasmabeschleunigereinheit mit einer sehr hohen Schussfrequenz und stufenloser Dosierbarkeit der Stärke der Geschosse. Von einer Sekunde zur anderen konnte sie statt eines Stromes kleiner Geschosse richtige Flächenangriffe ausführen oder auch ein besonders starkes produzieren. Die lange krumme Monoklinge des Stichblattes war aus einer sehr exotischen Legierung und verfügte über ein Energiefeld.

Dann sprang sie durch den Warp. Sie kam im freien Fall in der Stratosphäre des Planeten heraus. Nach einem kurzen Moment der Desorientierung fixierte sie eine Staffel von Chaos Torpedobomber, die auf einem Muster aus den Tagen der Gründungsphase des Imperiums basierte. Trotz ihrer Freiheit von abergläubischen Dogmen waren auch die Schwarzen Adepten nur zu wenig mehr in der Lage als ihre loyalen Gegenstücke vom Mars. Ein Umstand, über den Gabriel überhaupt nicht traurig war. Auch hier waren überall die hässlichen Symbole des Chaos zu finden. In dem einen oder anderen war sogar etwas unheilige Energie gespeichert. Aber nichts, was wirklich vor ihren Kräften geschützt hätte. Mit ihren übersinnlichen Fähigkeiten erfasst sie den ersten der Bomber. Mit einem Gedankenimpuls komprimierte sie die Struktur, was die Antriebsflüssigkeit und Torpedoköpfe zur Detonation brachte, da diese auf den viel zu hohen Druck reagierten. Der Bomber verging in einer grellen Explosionswolke. Nur kleine glühende Trümmerteile trudelten noch zur Oberfläche, zu klein, um nennenswerte Schäden an Gebäudestrukturen zu verursachen. Sie verfuhr mit den nächsten sieben Fliegern auf die gleiche Weise und löschte die gesamte Staffel in weniger als zehn Sekunden aus.

Dann spürte sie die dämonische Präsenz. Über ihr materialisierte sich ein besessener Hexer. Damit hatte sie schon die ganze Zeit gerechnet. Als letzten Notanker konnten die Götzendiener sich Dämonen aus dem Warp beschwören. Im Extremfall sogar ein Tor öffnen, was die Welt mit Dämonen überfluten würde. Das Ding war blau und geflügelt. Der deformierte Körper ähnelte noch keiner bestimmten Dämonenart. Für einen Schicksalsweber war die Kreatur zu mickrig. Die Formen der Diener Tzeentchs waren mannigfaltig. Man konnte sie zwar grob in Kategorien einteilen, aber sie waren wandelbar und schwer zu katalogisieren. Die Form konnte auch ein Trick sein, um die wahre Stärke zu verschleiern. Da dieses Ding allein aufgetaucht war und wissen musste, wer hier vor ihm war, lag es auf der Hand, dass sie es entweder mit einem hochmotivierten größenwahnsinnigen Horror oder einer wirklichen Gefahr in Form eines Herrscher des Wandels zu tun hatte. Der geflügelte Mutant war mit einem Stab aus Kristall bewaffnet und mit einer blau schimmernden Rüstung bekleidet, auf der sich unheilvoll leuchtende Runen ineinander krallten und unablässig ihre Position änderten, um neue Wörter zu bilden. Es gab zwar einen Schädel, aber der war wie ein Ikasoeder geformt. Auf der Höhe der Brustwarzen befand sich je eine Öffnung, die ihre Position hielt. Wahrscheinlich waren darunter die Augen der Kreatur. Tzeentch selbst hatte ja auch keinen Kopf mehr, sondern Augen, Nase und Mund befanden sich im Brustkorb. Damit Khorne seinen Schädel nicht abreisen konnte, hieß es in den einen Quellen, in anderen, dass Khorne das schon getan hatte und ihn als Nachttopf benutzte. Wahrscheinlich stimmte keins vom beiden. Der Mund schien sich im Schritt zu befinden, an einem flexiblen Tentakel mit Geruchsrezeptoren, welche den Schlund ringförmig umschlangen.

Ein greller Lichtstrahl schoss auf sie zu, dessen Energie sie mit der linken offenen Hand einfing. In einer Drehbewegung formte sie die Energie zu einem Ball und schleuderte sie auf den Ursprung zurück. Der Besessene wich im letzten Moment geschickt aus, da er schon mit der Ausweichbewegung begonnen hatte, bevor sie die Energie überhaupt eingefangen hatte. Das Ding konnte also die Fäden des Schicksals erkennen. Jedenfalls zum Teil, sonst hätte es nicht den Blitz aus Energie geformt. Mit beiden Händen umfasste sie ihre Glefe, welche dem hochentwickelten Baumuster entsprach, das sie einst in ihrer ersten Inkarnation von den Menschen zur Verfügung gestellt bekommen hatte, um die Maschinen zu bekämpfen. Ihre Zielsysteme erfassten den Feind und ein Gedankenimpuls reichte, um einen Fächer aus hundert kleinen Sonnen loszuschicken. Über zwanzig davon trafen das Ding. Das Plasma verbrannte die ledernen Flügel, zerschmolz den Kopf, trennte einen Arm brennend ab. Dann zerplatzte der Wirtsträger und sein unheiliger Passagier trat vollständig in die Ebene ein. Gabriel hatte sein Gefäß zerstört und wahrscheinlich hatte der Besucher das auch gewollt. Es war doch ein Herrscher des Wandels, der nun in seiner ganzen hässlichen Pracht vor ihr schwebte. Seine Spannweite betrog sicherlich fast zwanzig Meter und er war mindestens viermal so hoch wie sie. Seine Augen in seinem Vogelkopf waren brennende Seen aus gelbem Hass, seine Existenz eine Verhöhnung des Herrn. Diesen Frevel würde sie aber heute beenden. Es war nicht der erste der großen Diener der falschen Götter, dem sie gegenüberstand, und bis jetzt hatte sie noch jeden vernichtet, der ihren Weg gekreuzt hatte. Denn sie war Gabriel, die Kraft Gottes, und der Herr hatte sie entsandt, um das Böse zu bekämpfen. Und das Böse stand nun in seiner reinen Form vor ihr. Der Herrscher schien zu improvisieren, da er keinerlei Unterstützung dabei hatte und sie nicht durch Horden minderer Dämonen geschwächt worden war. Oder er wollte einfach wissen, wer hier der Bessere war. Auch intrigante weit vorausschauende Dämonen hatten den Makel der Todsünde des Stolzes, für die Tzeentch ja stand.

"Ich werde deine Seele fressen! Ich werde mich an deinen Schreien und Qualen ergötzen, wenn ich dich Stück für Stück verschlinge!", zwitscherte es aus seinem Vogelkopf.

"Große Worte für so einen kleinen Piepmatz", erwiderte Gabriel und feuerte einen weiteren Fächer sonnenheißen Plasma ab. Diesmal blieb aber ihre Salve in einem Schutzfeld stecken. Im Gegenzug wurde sie mit psionischen Strahlen bombardiert, die aber an ihrem psionischen Abwehrschild entweder absorbiert oder abgelenkt worden. In einiger Entfernung zischten ein paar Bomber vorbei und Gabriel griff mit ihren geistigen Kräften nach einem, riss ihn aus seiner Flugbahn und warf ihn auf ihren Kontrahenten. Diese gigantischen Kräfte reichten aus, um die Besatzung innerhalb des Gerätes zu töten und die Struktur der Flugmaschine nachhaltig zu beschädigen. Ihr Gegner hatte exakt die gleiche Idee gehabt. Während sie sich weg teleportierten, stießen die zwei gigantischen Geschosse zusammen und explodierten in einem Feuerball. Es war offensichtlich, dass sie beide synchron ihre eigenen Zeitstränge im Auge behielten und so jeden Angriff vereiteln konnten. Man musste allerdings kein Hellseher sein, um zu wissen, dass man bei einer Invasion einer Chaoswelt auf Dämonen treffen wird. Deswegen hatte Gabriel schon im Vorfeld mehrere Szenarien entwickelt, wie sie mit Gegnern dieses Kalibers fertig werden konnte, falls denn wirklich sogar eine große Dienerkreatur der Warpgötzen auftauchen sollte. Es war äußerst gefährlich, was sie jetzt tun musste, aber der einzige Weg mit einem Herrscher des Wandels fertig zu werden. Aber im Gegensatz zu dieser Kreatur war sie eben vorbereitet.

"Gavri, du musst übernehmen, während ich mich kurz ausklinke", warnte Gabriel ihre Wirtin vor.

"Gut, ich werde das schon schaffen!", machte sich Gavri selbst Mut. In den letzten Wochen hatte sie viel gelernt und war auch ohne Gabriel in der Lage, sich mächtigen Gegner allein zu stellen. Gabriel verschwand aus ihrem Bewusstsein und sie fühlte sich einen kurzen Moment schrecklich allein gelassen. Aber dieses widerwärtige Ding, diese misslungene Parodie auf einen wahren Diener des Herrn ließ ihr keine Zeit zum Angst haben, denn Gavri war nun beschäftigt, am Leben zu bleiben, was keine leichte Aufgabe war. Sie war nicht so gut darin, gleichzeitig die Fäden der Zeit und einen Gegner im Blick zu haben. Aber ihr Potential erlaubte es, die schlimmsten Attacken einfach mit einem Feld abgleiten zu lassen, während sie selbst immer noch austeilte, damit dem Dämon nicht zu wohl wurde.

"Kleines süßes Mädchen, du hast keine Chance gegen mich und du weißt das nur zu gut! Dein Tod ist für heute schon seit Äonen bestimmt!", säuselte der Lügendämon und Gavri wusste von Gabriel, dass ein Dämon niemals die Wahrheit sagen würde. Sie logen, wenn sie ihren krummen Schnabel aufmachten.

"Weißt du eigentlich, wen du da in dir trägst?", zwitscherte der riesige Piepmatz und buntschillernde Strahlen schossen auf sie zu. Manche verwandelten sich in Geschosse aus Adamantium, andere aus Eis oder gerade in der Nähe befindlichen Trümmerteilen. Den meisten wich sie aus, einen zerschlug sie im Flug mit der Glefe, während die restlichen am Schutzfeld abprallten.

"Weißt du eigentlich, was du für ein hässlicher Flattermann du bist?", fragte Gavri zurück und feuerte ein lange Lohe aus Plasma ab, welche die Kreatur zwang, auf eine andere Position zu teleportieren, auf die sie schon eine Garbe weiterer Geschosse abgab, die aber leider an seinem Feld verpufften.

"Nichts weniger als das, was in dir ist", sang der Herrscher des Wandlers zurück, Dienerkreatur des Herrn der Lügen und deswegen konnte Gavri trotz der momentanen Anstrengungen nur über seine durchsichtigen Lügen lachen. Wahrscheinlich dachte er, bei einem naiven Teenager ohne große Kenntnisse des Warps müsste er sich keine Mühe geben. Oder er wollte sie das glauben machen und sie wütend oder unvorsichtig werden lassend. Diese Dinger dachten um fünfzig Ecken, fünfzig scheinbar fehl gehende Pläne, die zu einem großen Erfolg führten. Die Wege der Wandler waren voller Heimtücke und so verschlungen, dass kein sterbliches Wesen es wagen konnte, diese zu entwirren. Also verschwendete Gavri keine weiteren Gedanken an dieses Thema, sondern konzentrierte sich darauf, dieses Ding irgendwie weh zu tun und gleichzeitig am Leben zu bleiben.

Etwa zwei Minuten lang beharkten sie sich gegenseitig mit Geschossen, psionischen Attacken und benutzten Bomber als Geschosse, formten sie um in hauchdünne Scheiben von der Dicke eines Moleküls, die alles durchschneiden konnten. Währenddessen vernichtete sie nebenbei einen kompletten Bomberverband des Feindes. Sie losch wieder Leben aus, aber nur um andere zu beschützen. Das ehemalige Pilgermädchen fühlte, wie diese Götzendiener durch ihre Kräfte starben und es war kein gutes Gefühl. Und vielleicht war das auch ganz gut so.

"Bin wieder da! Ich übernehme jetzt!" Gavri ließ sich mehr als nur bereitwillig wieder übernehmen. Noch bevor die Übernahme gänzlich abgeschlossen war, begann schon der nächste Angriff. Eine weitere Salve mit nur einem Molekül dicken Schrapnellen kam auf sie zu. Einer der dünnen Scheiben traf sie, riss ihr die seitliche Rüstung auf. Warnrunen begannen rot zu flackern. Ein schrecklicher Schmerz tobte in ihrem Körper, brachte sie an den Rand der Ohnmacht.

"Erwischt!", triumphierte der Dämon und flog auf sie zu, um ihr die Seele zu entreißen und zu fressen. Sie teleportierte und der Dämon folgte ihr, aufgeladen von der Energie des auf dem Planeten tobenden Holocausts an Milliarden von Chaosanhängern. Sie kam in einer Halle an Bord eines der Schlachtschiffe heraus. Der Dämon kam nur einen Sekundenbruchteil später an.

"Hab ich…!?" Erst jetzt erkannte die widerwärtige Kreatur des Warps die Falle, als das antipsionische Feld ansprang, ebenso eine nach innen gerichtete verstärkte Gellerbarriere, die mehr als nur die Realität einfing. Symbole uralter bannender Macht waren im Boden eingelassen. Während ihrer unendlich lang erscheinenden Zeit des Exils hatte Gabriel gelernt, wie man die dünnen Fäden der Zukunft strecken, verbiegen, verbergen oder gar fälschen konnte. Es kostete viel Kraft und Konzentration, aber es war ihr möglich und nun hatte sie ihn Dank falscher Zukunftsfäden in eine tödliche Falle gelockt.

"Oh, schön dass du es noch hierher geschafft hast. Heute triffst du auf Vergebung und Verdammnis", grinste Lucius, ihr erster und einziger Champion und schwang seine beiden gekrümmten Klingen der von ihr gefertigten Schwerter, die er in der Mitte verbunden hatte. Der riesige Vogel war von der Situation vollständig überwältigt. Von den Strömen der Zeit und aller Macht abgeschnitten zu sein, war eine verstörende Erfahrung. Es war, als wäre man aller Sinne beraubt, wie der Engel aus eigener schmerzhafter Erfahrung wusste. Gabriel befand sich außerhalb des antipsionischen Feldes und heilte ihre schwere Verletzung. Lucius wusste um die Gefährlichkeit des Gegners und war sich darüber klar, dass jetzt nicht der Zeitpunkt war, jemanden einfach tot zu quatschen. Selbst ohne Magie verfügte dieser Wandler über rasiermesserscharfe Krallen, die Verbundwerkstoffe wie Pappe durchschneiden konnten. Auch sein Kopf war mit einem gefährlichen Schnabel versehen. Auch wenn diese Kreaturen sich zu 99.9% auf ihre verderbliche Magie und hinterlistigen Intrigen verließen, waren sie doch im Nahkampf nicht zu unterschätzen.

Der Angriff ihres Champions war schnell, hart und kompromisslos. Mit einem Doppelhieb seines Doppelschwertes durchschlug er die vergleichsweise dünnen Beine des Dämons. Ihre Klingen durchschnitten die riesigen Hühnerbeine wie eine Axt einen Ast. Violettes Blut blubberte aus den Stümpfen, welche den Boden verätzte. Ein weiterer Grund, sich zu beeilen, da dieses Ding durchaus in Lage war, aus diesem Feld zu entkommen, indem es die Sigel am Boden zerstörte und sei es mit seinem eigenen toxischen Blut. Der Länge nach fiel die Widerwärtigkeit vor Schmerz schreiend hin und Lucius löste die Verbindung seiner Schwerter und hatte nun jedes davon einzeln in einer Hand. Er sprang auf den Rücken der Kreatur und stach in schneller Folge in den Balg der Bestie. Der weiße Wappenrock mit dem purpurnen Kometen des Tzeentch färbte sich blau von dessen kochendem Blut, zersetzte sich aber nicht. Panisch geworden versuchte die Warpkreatur, den schweren Mann von sich herunter zu bekommen und bockte. Lucius sprang in die Höhe und ließ sich von seinem Schwebemodul kurz tragen, bevor er sich auf den nun auf dem Rücken liegenden Wandler mit voller Wucht fallen ließ. Über zweihundert Kilo Masse merkte auch so eine große Kreatur wie der Wandler. Der Dämon versuchte, seinen Stab als Waffe einzusetzen, aber dieser Zauberfokus eignete sich nun mal nur bedingt als Waffe und zerbrach, als Lucius den kraftvollen Hieb parierte. Sofort setzte ihr Champion nach und schlug in schneller Folge beide Klauen ab, die durchaus in der Lage waren, seine geschichtete Rüstung aus Verbundwerkstoffen zu beschädigen. Die Kreatur schrie kläglich auf und versuchte in letzter Verzweiflung nach ihrem Peiniger zu picken.

"Dein Tod heißt Lucius! Grüß Tzeentchilein von mir!", schrie ihr einziger Champion und zerteilte den Vogelkopf in mehrere Teile, zuerst nutzte er die Angriffswucht des Feindes, um seinen Schnabel zu spalten, dann hakte er brutal drauf los. "Kein Schädel für den Bronzethron!" Der Leib des Dämons begann augenblicklich zu verfaulen. Lucius sprang von der Leiche herunter, schlug dabei theatralisch einen Salto und kam vor ihr zu stehen.

"Das war erfrischend, ich hoffe doch sehr, da kommen noch viel mehr."

"Gut gemacht, Lucius, mein einziger und erster Champion. Und wie viel mehr davon wir heute noch töten werden", erwiderte Gabriel. "Ich komme wieder!" Diese Sätze sprach sie für die Kameras, die den Kampf aufgenommen hatten. Diese Filme würden Lucius den Ruhm geben, nach dem er so sehr strebte. Natürlich würde das Ganze deutlich gefiltert werden, da ein Anblick eines so großen bösartigen Dämons etwas sehr Verstörendes hatte, selbst auf einem Film. Immerhin war das ein Teil eines der mächtigsten Götzen überhaupt gewesen.

Sie lud sich die aktuellen Daten der feindlichen Angriffsverbände herunter, erstellte eine Reihenfolge und sprang zu den ersten der Bomberpulks. Wieder kam sie in der hohen Stratosphäre heraus. Unter ihr zog in einer Sternformation ein Verband schwerer Angriffsbomber vorbei. Jeder war über hundertzwanzig Meter lang, führte zwei sechzig Meter lange Standardtorpedos mit Plasmasprengköpfen mit. Die Oberflächen der Maschinen waren von Abwehrtürmen mit Lasergeschützen bedeckt. Die Frontseite war schwer gepanzert, geschichtetes Adamantium und Ceramit, der tragende Rumpf aus Plastoid. Mit ihrer Kraft griff Gabriel einfach nach den Zündern der Torpedos und löste sie aus. Der Verband verging in einer Reihe von Plasmaexplosionen. Wieder ein Problem weniger. Nach und nach rieb sie alleine die Hälfte der Bomber auf, während der Rest von ihrer Flotte abgeschossen wurde. Einige wenige Angreifer konnten sogar noch ihre Waffen abfeuern, bevor sie im Abwehrgewitter vergingen. Die meisten Torpedos konnten abgeschossen werden, nur wenige trafen ihr Ziel und richteten Schaden an. Danach kümmerte sich Gabriel um die Jagdmaschinen, welche den neuartigen Donnerkeilen durchaus im Verband gefährlich werden konnten. Die Donnerkeile waren sehr teuer in der Fertigung gewesen und jeder Verlust würde das Vertrauen in diese neuartige Waffe erschüttern. Viele erwarteten wahre Wunderdinge von den Waffen des dunklen Zeitalters der Technologie. Diese Systeme waren durchaus äußerst fortschrittlich, aber eben leider auch nicht unverwundbar.

Die Flotte hatte nun ihre neue Parkposition erreicht und Abaddonpolis war einem vernichtenden Bombardement aus Markokanonen allerlei Bauarten und Laserlanzen ausgesetzt. Zuerst vergingen die Bastionen im konzentrieren Feuer. Allein die Irrläufer und Fehlschüsse zerstörten Habblocks, verwandelten ganze Viertel in eine Flammenhölle zusammenstürzender Gebäude. Jede Sekunde starben dort hunderttausend Menschen einen qualvollen Tod. Krieg war niemals sauber, Krieg war der schlimmste Zustand, in dem man sich befinden konnte. Es war nur ein geringer Trost, dass diese Kreaturen dort unten mutiert, korrumpiert und bösartig waren. Besonders Gavri schien der psionische Nachhall schwer mitzunehmen. Nach und nach vergingen die inneren Bastionen und das Feuer wurde nun auf die äußeren gelenkt, die nicht von ihren Truppen genommen worden waren. Hier und da war es zu Fehlsprüngen gekommen. Leider hatte sie nicht die notwendige Kapazität, jedes Ziel mit zwei oder noch mehr Einheiten anzugreifen. Ihre Ressourcen waren immer noch sehr knapp, auch wenn täglich umgeleitete imperiale Regimenter von Welten mit der Konföderation wohlgesonnenen Herrschern eintrafen. Dummerweise waren nicht alle diese Männer und Frauen bereit, einfach so dem Imperium den Rücken zu kehren und viel Überzeugungsarbeit war vonnöten, um diesen Menschen klar zu machen, dass dieses überkommene System einfach keine Zukunft hatte.

Die ersten Wellen von Landungsbooten setzten sich nun in Bewegung. Sie vernichtete die letzten fliegenden Verbände, um die Verluste ihrer Leute zu minimieren. Mehrmals musste sie blitzartig ihre Position wechseln, um nicht im eigenen Feuer ihrer Flotte zu vergehen. Wie ein Sternenregen drangen die Landungsschiffe in die Atmosphäre ein. Passenderweise hieß die Klasse dieser Landungsboote auch "Sternschnuppe" und basierte auf einem bewehrten Baumuster aus dem letzten Maschinenkrieg. Die Schiffe waren knapp neunzig Meter lang, fünfundzwanzig breit und etwas über zwölf Meter hoch. Bewaffnet waren sie als Offensivwaffen mit zwei Türmen wie sie auch der überschwere Kampfpanzer Mammut trug. Als Defensivwaffen waren vier Abwehrlaser montiert. Zwei Kuppeln befanden sich seitlich vorne über der Schleusenrampe, eine vor der Kabine der Besatzung und einer am Heck. Die Unterseite wie auch die Front waren massiv gepanzert. Der meiste Beschuss kam beim Anflug doch von vorne und unten. Wobei auch die Seiten und Toppanzerung sehr stabil waren und direkten Treffern von 175mm Tremorgranaten standhalten konnten.

Hier und da wurde immer noch Abwehrfeuer gegeben und sie spürte, wie eines der Schiffe einen schweren Treffer abbekam. Leider war es zu spät, noch helfend einzugreifen. Das Schutzfeld brach zusammen, die Hüllenpanzerung auf Höhe des Plasmareaktors durchschlagen. Eine sekundäre Explosion zerrstörte den Reaktor, tötete die sich darüber befindliche Besatzung und ließ die Hülle aufbrechen. Die Triebwerke setzten aus und die Maschine begann unkontrolliert zu trudeln. Die Schotte und Schutzwände zur Transportsektion hatten gehalten, weil der Druck durch den Hüllenbruch abgeleitet worden war. Alle der zu transportierenden Soldaten lebten noch, auch wenn einige durch die Aufprallkräfte verletzt worden waren und es waren selbst für sie zu viele, um sie alle weg zu teleportieren. Aber sie konnte mehr als das. Sie sprang und kam auf der bockenden Hülle heraus. Mit ihren Kräften griff sie nach der halb zerstörten "Sternschnuppe" und zwang sie zurück auf Kurs. Wie üblich bei solchen Dingen, wo es darum ging, etwas zu retten, flossen ihre Kräfte viel stärker, da sich Gavri nicht unbewusst gegen das Kanalisieren durch ihren Körper wehrte.

Von der Oberfläche starteten nun die Atmosphärenjäger und wie Fliegenschwärme schwirrten sie den Landungsbooten entgegen. Begleitende Hybridjäger der Konföderation schossen nun an den Landungsschiffen vorbei und versuchten die angreifenden Jäger abzudrängen. Die Formationen lösten sich auf in tausende gleichzeitig stattfindende Duelle, welche mit Laser, Raketen und Maschinenkanonen ausgeführt wurden. Dem einen oder anderen Chaosjäger gelang es sogar, bis zu den Landungsschiffen durchzubrechen. Deren Abwehrlaser eröffneten das Feuer und Treffer des Feindes wurden zum größten Teil durch die Schilde geblockt. Einst waren Schutzschilde etwas Alltägliches gewesen und es hatte auch die entsprechenden Gegenmaßnahmen gegeben. Der ewige Wettlauf zwischen Waffe und Schutz. Allerdings war dieses Wissen über die entsprechenden Waffen in Vergessenheit geraten, die Schablonen für die Herstellung verschollen, zerstört oder schlicht nicht mehr lesbar. Ebenso war die Schutzfeldtechnologie stark in Vergessenheit geraten und zu etwas Exotischem geworden. Die heutigen Modelle im imperialen wie auch im Chaosraum waren relativ primitiv, schwer im Vergleich zu ihrem Wirkungsgrad und sehr energieintensiv.

Über Kurzwellenfunk nahm Gabriel Kontakt mit den Passagieren des Landungsbootes auf und koordinierte mit ihnen den Landevorgang. Statt mit konventionellen Triebwerken, war es nun Gavris und Gabriel vereinte Macht, welche das Boot auf Kurs hielt. Und davor bewahrte, endgültig auseinander zu brechen. Die stark zugebaute Oberfläche des Planeten kam schnell näher. Tausende von Tonnen von Plaststahl in eine dem Planetenanziehungskräften entgegengesetzte Richtung zu bewegen war dann nicht leicht, wenn man diese Masse abbremsen musste, ohne dass die darin sich befindlichen Menschen durch die einwirkenden Kräfte getötet wurden. Zu viel und die Soldaten würden schlicht durch die massiven Fliehkräfte zerquetscht werden, zu wenig, sie würden auf der Oberfläche zerschellen. Schnell stellte sich heraus, dass es unmöglich war, dabei auch noch die Formation zu halten oder den eigentlichen Landungspunkt zu treffen. Es war schon beinahe wie der Ritt auf einem Schwebebrett. In der Zeit ihrer ersten Inkarnation waren diese Bretter ein beliebter Zeitvertreib für jene gewesen, die sich solche Spielzeuge hatten leisten können.

"Fall nur nicht herunter, kleiner Knödel!", hörte sie den Nachhall einer männlichen Stimme, die eher amüsiert als besorgt klang. Ein wohliges Gefühl der Geborgenheit kam einen kurzen Moment in ihr hoch. Ein sonniger Tag, es roch nach frisch gemähten Gras der Parkanlage und der süße Duft, der von einem schwebenden automatisierten Stand für gebrannte Mandeln und Hot Dogs ausging. Sie hörte den Lärm vor Vergnügen schreiender Kinder von einem nahen Abenteuerspielplatz, Gesprächsfetzen von Müttern, die sich unterhielten. Die frühsommerliche Sonne kitzelte ihre nackten Arme und Beine und sie sah einen lächelnden Mann mit blauen Augen und gescheitelten blonden Haaren, die vom Wind zerzaust waren. Sie stand auf einem blau bemalten Schwebebrett, auf dem das Logo eines silbernen Drachen gesprüht war. So schnell, wie dieser Erinnerungsfetzten einer ihrer früheren Inkarnationen in ihr hochgekommen war, verblaste die Erinnerung an einen lauen Sommertag auf einer fremden Welt. Das Jetzt nahm nun all ihre Aufmerksamkeit gefangen und im nächsten Moment hatte sie die seltsame Erinnerung schon wieder verdrängt. Das Landegebiet war stark verbaut und etwa dreißig Kilometer vor der eigentlichen Landungszone. Der Engel spürte, wie die Anstrengung und Konzentration langsam ihren Tribut forderte. Vor ihr ragten große Montagehallen auf, nach ihren Informationen, die bei ihr eingeblendet wurden, handelte es sich um eine Panzerfabrik. Also etwas, das sie ohne Reue zerstören konnte. Die wichtigen Fabriken standen etwa vierzig Kilometer von hier, wo Raumschiffsnormalien für imperiale Baumuster hergestellt wurden. Schließlich bestand ein Großteil der Flotte der Chaoten inzwischen aus erbeuteten imperialen Raumschiffen aktueller Baumuster und letztendlich waren ihre alten Modelle auch auf Werften des Mars und des Mondes entstanden.

Mir ihren psionischen Sinnen tastete sie die Umgebung ab, ging kurz ihre Möglichkeiten durch, stellte die entsprechenden Berechnungen an und befahl dann einen kurzen Lanzenschlag in die voraussichtliche Landezone. Nur fünf Sekunden später blitzte es kurz auf. Der Impuls war zu kurz, um die Gebäude einzuebnen, lockerte aber die Struktur auf und setzte viel Energie frei, mit der sie einfacher arbeiten konnte. Mit voller Macht griff sie nun fokussiert in die die elementare Zusammensetzung der Umgebung ein und formte sie nach ihrem Willen um. In weniger als fünfzehn Sekunden baute sie eine Landrampe, um ein vertikales Aufschlagen zu verhindern. Das Ganze nahm sie so in Anspruch, dass sie den anfliegenden Zerstörer, also ein mit Maschinen und Laserkanonen zugepackten vierstrahligen Bomber eines imperialen Schemas, erst im letzten Moment wahrnahm. Da hämmerten auch schon die Garben auf die Oberfläche der flackernden Schilde, brachten sie zum Einsturz und hagelten nun auf die gepanzerte Hülle des Landungsbotes. Und dummerweise auch auf sie. Manchmal war es eben nicht möglich, auch noch die Ströme der Zeit vollständig im Blick zu behalten. Ihre Schilde wurden stark belastet, zerbrachen und sie bekam einen Wirkungstreffer in den Torso ab. Das Hochgeschwindigkeitsgeschoss zertrümmerte eine der Panzerplatten, drang aber nicht durch die mehrlagige Schicht aus hochwertigen Verbundwerkstoffen und Adamant Ceramit Legierungen. Allerdings reichte die kinetische Energie aus, sie von den Beinen zu fegen. Augenblicklich ließ ihre Konzentration nach, da sie damit beschäftigt war, Halt zu finden. Der Zerstörer rauschte über sie hinweg. Hinten hatte er zwei koaxiale ferngesteuerte Sturmgeschütze, die auf sie feuerten. Bei den Massen an Geschossen, die um sie herum einschlugen, war es kein Wunder, dass sie mehrere Treffer erhielt. Ihr Schild hatte sich noch nicht wieder aufgebaut und die Stärke ihrer Panzerung wurde mehrmals hart geprüft. Einiges an Material wurde aus ihrer Rüstung gesprengt und sie weiter herum gewirbelt. Trotzdem gelang es Gabriel, einen ruhigen Kopf zu bewahren. Mit ihren Sinnen griff sie nach dem Petrochem in einem der Tanks und ließ es reagieren. Der Marauder Zerstörer verging in einem großen Feuerball. Inzwischen war das Landungsschiff deutlich abgesackt.

Gabriel griff mit aller Macht nach dem Schiff und sie spürte, wie ihr Wirtskörper Nasenbluten bekam. Gavris Körper war bis zur Grenze des Möglichen belastet. In dem Schiff befand sich eine komplette Kompanie unter Hauptmann Gad Varner des 1. Schweren Luftlandesturmregiment der VII Legion. Dazu noch einige unterstützende Elemente der 1. Luftlandedivision. Sie würde diese Menschen nicht aufgeben. Endlich zeigten ihre Bemühungen die erhoffte Wirkung. Das Landungsboot glitt wieder dahin wie ein Blatt im Wind. Der Winkel der Rampe stimmte nicht mehr und der Engel sah sich gezwungen, ihn zu ändern. Sie drückte die Masse zusammen und erschuf eine zweite Schanze, um die Bremskräfte am Ende zu erhöhen. Dann krachte der Lander kontrolliert mit dem Bauch auf die Oberfläche auf. Es knirschte und krachte. Mit aller Kraft versuchte sie nun, die Aufprallenergie abzumildern, was ihr recht gut gelang, da sie nur vorhandene Energie umwandeln musste, was immer leichter ging, als welche zu erschaffen. Das kleine Raumschiff rutschte die erste Schräge herunter, überwand die Talsohle und wurde nun durch die aufragende Schräge weiter abgebremst. Schlitternd kam das Schiff zum Stehen.

Das war jetzt hart gewesen und Gabriel spürte, wie sie vor Erschöpfung zitterte. Die Rampe senkte sich und die Truppen begannen sich auszuschiffen. Zuerst huschte ein Schwarm kleiner Einmannpanzer heraus. Die führende Pilotin hatte den Rufnamen "Kleine", was deutlich auf dem Turm des Hummerpanzers zu lesen war. Sie konnte sich an die kleingewachsene tapfere Frau erinnern. Die Renegatin hatte großen Mut bewiesen und war schrecklich gefoltert worden, wo ihre Gliedmaßen abgetrennt worden waren. Körperliche Größe hatte eben nichts mit Mut und Opferbereitschaft zu tun. Dann fuhren in geordneten Formationen die beiden Züge der Kompanie in Transportfahrzeugen heraus und die Unterstützungseinheiten folgten ihnen.

"Vielen Dank, Lichtbringerin!", bedankte sich Hauptmann Varner, ein ehemaliger imperialer Sergeant, der durch seinen Einsatz auf "Der Werft" inzwischen zum Hauptmann befördert worden war. Ihre Sinne zeigten an, dass momentan keine Gefahr der Truppe hier drohte.

"Viel Glück, Hauptmann Varner, versuchen Sie die reguläre Landungszone zu erreichen" erwiderte Gabriel. Die Ströme der Zeit sahen ein Gelingen voraus, also sprang sie zum nächsten Krisenherd.

Sie kam auf einem Schrottplatz heraus, wo sich eine Einheit Kommandos eingeigelt hatte und einer gewaltigen Übermacht des Chaos trotzte. Der Trupp war fehlgesprungen und bisher waren alle Versuche gescheitert, ihn wieder heraus zu teleportieren. Etwas in diesem Bereich machte konventionelle Teleportation fast unmöglich und auch Gabriel spürte einen gewissen Widerstand, als sie auf den Schrottplatz ankam. Unter ihr befand sich etwas, das einen aktiven Störsender hatte. Mit ihren Sinnen erfasste sie ein geheimes Forschungslabor eines Genetors, der schon seit Jahrtausenden tot war. Nur die Technik funktionierte immer noch. Leider war sie zu weit weg, um es von hier aus zu zerstören oder wenigstens die Maschinen auszuschalten. Eines Tages würde sie das wieder können, aber heute noch nicht.

"Hier spricht die Lichtbringerin! Sammeln zum Evakuieren, jetzt!" Um ihren Leuten Zeit zu verschaffen, formte sie aus herumliegenden Plaststahl Wurfgeschosse mit scharfen Kanten und feuerte sie wie ein Hagel in die umliegenden Deckungen, um die feindlichen Truppen zu zwingen, die Köpfe unten zu halten. Ihnen einfach die Herzen zu zerdrücken wäre einfacher gewesen, aber Gavri blockte solche Kräfte gerne reflexartig ab. Auch ihr war es lieber, mit ihren Kräften indirekt zu töten als direkt. Es half, die notwendige Distanz zu wahren. Auch Engel konnten fallen.

Die Kommandos sammelten sich, der Trupp war vollständig, einer war schwer verwundet und wurde zwischen zwei Kameraden mitgeschleift. Einer der Soldaten hatte eine nackte Gefangene dabei. Sie blickte in Hughes Bromans Herz und sah einiges, was ihr nicht behagte. Er trug großen Groll auf die Verwaltung des Imperiums in sich, was wohl den psionische Trigger in den Plakaten ausgelöst hatte, die sie überall im Segmentum aufhängen ließ, um eine Armee der Willigen aufzustellen. Aber da war noch viel mehr und seine Personalakte schien geschönt worden zu sein. Es war noch alles im akzeptablen Rahmen, da ihr bewusst war, dass Soldaten niemals Samariter waren. Krieg war eine Bestie und nur wer die Bestie in sich willkommen hieß, konnte überleben. Sie war keine naive Politikerin des 21. Jahrhunderts, sondern ein gestählter Engel des Herrn und kannte die Realität des Krieges. Aber was ihr gar nicht gefiel, war die Gefangene, denn in ihr war nur Dunkelheit. Sie war den dunklen Götzen geweiht, trug ihr Mal und ihre Seele wie auch ihr Leib waren verloren. Und Gabriel erkannte, was Unteroffizier Hughes Broman in ihr sah, seine tote Frau. Deswegen stellte sie keine Fragen, da es keine Zeit gab, dieses Thema auszudiskutieren. Der Trupp war nun zusammen und Gabriel öffnete das Tor. Einen kurzen Moment später befanden sich auf dem Schlachtschiff, auf die Kommandos stationiert waren.

"Die Frau ist schwer verletzt, ich bringe sie zur Krankenstation!", sagte die Lichtbringerin in einem Befehlston. Nach kurzem Zögern übergab der Kommando ihr die Gefangene.

"Sie ist kein schlechter Mensch."

- Doch, dass ist sie. - dachte Gabriel abgeschirmt. Der Mann wollte sich noch erklären, aber Gabriel sprang einfach, bevor sie etwas versprechen sollte, das sie nicht halten konnte.

"Irgendwie ist das herrlich romantisch!", seufzte Gavri in ihr, während Gabriel die junge Frau in einem unbenutzten Zimmer des Hospitals des Kriegsschiffes ablegte. Der Engel sah in das Herz der Sklavin und sah darin nur Dunkelheit. Diese Frau war mit dem Glauben an das Chaos aufgewachsen und ihr größter Wunsch war es gewesen, dafür zu kämpfen, zu töten und zu sterben, weil man ihr beigebracht hatte, dass sie im Jenseits für ihre Mühen und Entbehrungen reich belohnt werden würden. Sie war aber zu schwach gewesen, hatte die Auswählkämpfe für die Amazonenausbildung nicht brutal genug gewonnen und war als ziemlich Unmutierte zur Gebärmaschine für die Gruben eingeteilt worden. Sie hatte das nicht gewollt, weil sie befürchtete, dass die großen Vier sie dafür nicht wirklich belohnen würden.

"Aber leider endet es hier", meinte Gabriel traurig und griff nach dem Herz der jungen Frau.

"Nein!", brüllte Gavri in ihr und warf ihr ganzes psionisches Potential in die Waagschale, um sie aufzuhalten. Sofort brach Gabriel ab und richtete ihre Gedanken an Gavri.

"Diese junge Frau ist verdammt. Sie ist eine überzeugte Chaosgläubige. Sie ist der Dunkelheit anheimgefallen."

"Aber wir können sie retten!"

"Sie will aber nicht gerettet werden!"

"Aber dieser Kommando, Broman, er liebt sie doch vom ganzen Herzen."

"Nein, er liebt seine verstorbene Frau und hat noch nicht losgelassen. Das da ist nicht seine Jenna, nicht seine ihm angetraute Frau. Dies ist Char´ka, ein Sklavin des Chaos. Sie ist eine überzeugte Anhängerin dieser Religion und wenn wir sie jetzt nicht von ihrer Existenz erlösen, hat sie das Potential, einen Haufen Ärger zu machen. Wenn sie jetzt stirbt, wird Hughes Broman eine Zeitlang traurig sein, aber schließlich diesen Verlust abschreiben und lernen, endgültig loszulassen. Stirbt sie nicht, wird er sich um sie kümmern wollen, bei ihr sein und sie wird ihn bei der ersten Gelegenheit zu töten versuchen. Das wird ihr nicht gelingen, Hughes wird den Vorfall verschweigen und die Sache nur noch Schlimmer machen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird sie ihn über kurz oder lang töten und das wird nicht alles sein. Diese Frau ist eine tickende Zeitbombe, die bereit ist, alles zu tun, um bei den vier Erzdämonen gut dazustehen. So wurde es ihr beigebracht und sie glaubt fest daran. Sie ist eine Fanatikerin und sie wird nie von ihrem Irrweg ablassen. Jeder Strom der Zeit zeigt dies deutlich! Wir können nicht jeden retten, nicht jedem ein Happy End gewähren. Hätte dieser Hughes auch nur eine Sekunde nachgedacht und sich nicht von seinen sentimentalen Emotionen leiten lassen, womit er sein ganzes Team und auch sich gefährdet hat, wäre sie schon längst tot!"

"Ich kann diese Zeitlinien sehen. Aber wir können das verhindern! Wir haben die Macht dazu!" Es hatte schon beinahe etwas anrührendes, wie verbissen Gavri um dieses eine Leben kämpfte.

"Ja, indem wir sie jetzt von ihrem Leid erlösen!"

"Nein! Indem wir sie komplett umformen! Wir können sie mit unserer Macht gemeinsam retten!" Gavri hatte etwas Hysterisches an sich. Die Gefühle ihrer Wirtin waren so stark, dass Gabriel spürte, wie Tränen ihre Wangen herunterliefen. Immer wieder vergaß Gabriel, dass dieses Mädchen sehr schnell hatte erwachsen werden müssen, weil es ihre Eltern früh verloren und für andere Kinder Verantwortung hatte übernehmen müssen. Gavri war emotional sehr reif für ihr Alter, aber letztendlich war sie doch nur ein Teenager und sah viele Dinge aufgrund fehlender Lebenserfahrung eben anders als Gabriel, die schon viele Jahrzehntausende alt war. Heute hatte sie ihrer Wirtin sehr viel zugemutet. Jeder tote Chaosanhänger war ein Segen, aber ihr Sterben war für sie beide deutlich fühlbar und bis heute Abend würden Milliarden von diesen Verdammten verdient sterben. Und viele durch ihre vereinten Kräfte. Es war wichtig für Gavries inneres Gleichgewicht, wenigstens ein Leben gerettet zu haben. Und Gabriel erkannte, dass Gavri in Char´ka ihr Chaosgegenstück sah. Ein Mädchen, das nie eine Wahl gehabt hatte, die in einer Welt aufgewachsen war, wo es nur eine Religion gab, die man entweder annahm oder grausam starb.

Char´ka hatte nie eine Chance gehabt, irgendeine freie Entscheidung zu treffen. Geboren in einer Gebärgrube, aufgezogen von erbarmungslosen Zuchtmeisterinnen, schon früh in die Fabriken zum Arbeiten geschickt worden. Der einzige Traum den Char´ka je gehabt hatte, war bei den scharlachroten Amazonen angenommen zu werden, einer weiblichen Kampfeinheit, die Khorne blutig huldigte, die unter anderem in dieser Gebärgrube aufgrund uralter Pakte rekrutierte. Allerdings hatte sie sich bei den Auswahlkämpfen nicht weit genug hervorgetan, um genommen zu werden. Sie hatte zwar das andere Mädchen getötet, aber nicht überzeugend und grausam genug, um sich zu qualifizieren. Da sie körperlich gesund, ihre Mutationen so gut wie nicht sichtbar waren, wurde sie zur Mutter ausgewählt. Sie war darüber natürlich nicht erbaut gewesen. Allerdings hatte ihr die Zeremonie, wo sie von einem Kult des Slaanesh in eine Welt der Lust und Schmerz eingeführt wurde, durchaus gefallen und in ihrem Leib war schon ein verdorbener Samen eingepflanzt.

Hätte Hughes vor lauter Dummheit und sentimentalen Gefühlen einer Toten gegenüber nicht eingegriffen, wäre sie schon längst tot, wie es das Schicksal eigentlich für sie bestimmt hatte. Dieses Mädchen am Rande der Frauwerdung hatte nie etwas Anderes kennengelernt als die Unbarmherzigkeit des Chaos, aber die Religion hatte ihr Kraft gegeben und sie war eine wahre fanatische Gläubige an die dunklen Vier. Wäre dieses Mädchen in den Habs einer Imperialen Welt geboren, wäre sie eine inbrünstige Imperatorgläubige geworden, vielleicht sogar eine geweihte Klerikerin. Um sie zu retten, würde sie die komplette Erinnerung nehmen müssen, ihr Erinnerungsvermögen komplett neu aufbauen und ihr eine gänzlich andere Persönlichkeit verpassen. Mit vereinten Kräften würde Gabriel mit Gavries Hilfe das bewerkstelligen können.

"Ja, wir können sie retten, wir können sie umformen", gab der Engel ihrer Wirtin recht. Sie könnte weiter mit moralischen Argumenten kommen, Gavri versuchen klar zu machen, dass es das Recht eines Menschen war, falsche Entscheidungen zu treffen. Und dafür dann die absoluten Konsequenzen zu tragen. Manchmal spielte es keine Rolle, ob derjenige eine Alternative gehabt hatte. Der Weg in die Dunkelheit war in den meisten Fällen eine Einbahnstraße, die schnell steil bergab ging.

"Ich bitte dich, lass sie uns retten!", flehte Gavri weiter und Gabriel erkannte, dass ihr kleiner Teenager keiner vernünftigen Argumentation zugänglich sein würde. In dieser Situation war eine bockige Gavri das Allerletzte was sie gebrauchen konnte. So moralisch fragwürdig eine vollständige Persönlichkeitsumformung auch war, hier war sie die Option mit dem meisten Gewinnpotential. Gavri würde ihre Kanäle offen halten und wäre glücklich darüber, wenigstens ein Leben an diesem dunklen Tag gerettet zu haben. Hughes Broman würde eine neue junge Frau bekommen, mit der er glücklich sein konnte. Und sie würde den Chaosgöttern eine weitere Seele entreißen, auch wenn das bei dem milliardenfachen Holocaust des heutigen Tages keinerlei Rolle spielte. Aber es würde Gavri gut tun und sie brauchte eine willige Wirtin. Nicht nur heute, sondern auch in Zukunft. Das Leben dieser jungen Frau spielte keine Rolle und wenn sie damit Gavri eine Freude machen konnte, ihr helfen konnte, das heutige Grauen damit zu bekämpfen, wenigstens ein Leben gerettet zu haben, dann sollte das eben so sein. Auch wenn sie etwas Falsches aus den richtigen Gründen heraus taten.

"Gut, dann geben wir ihr eine Persönlichkeit, mit der Hughes Broman gut klar kommt", gab Gabriel nach.

"Danke!", hauchte Gavri in ihr erfreut und ihre Freude war so groß, dass ihr gemeinsamer Körper ein Jauchzen ausstieß und in die Hände klatschte. Bei sehr starken Emotionen war Gavri immer noch in der Lage, ihrer beider Körper zu kontrollieren.

"Dann fangen wir mal an, sehen wir nach, wie Jenna wirklich war."

Sie reisten auf den Strömen der Zeit, betrachteten die originale Jenna, extrahierten ihre guten Eigenschaften und dämpften deren Schwächen, immerhin hatte diese Frau Selbstmord begangen, eine ziemlich schlimme, unverzeihliche Sünde. Gavris Kanäle öffneten sich in einer noch nie dagewesenen Weise und sie löschten die Persönlichkeit der Chaossklavin Char´ka vollständig aus, nichts blieb davon übrig. Auch zerschmetterten sie das Mal, den Bund mit dem Chaos, das sie in sich trug. Während Gavri voller Freude über die vermeintlich gute Tat war, hatte Gabriel schon beinahe seelische Schmerzen dabei. Es war nicht richtig, einem Menschen seine Persönlichkeit zu rauben, ihn auf eine Hülle zu reduzieren und dann nach eigenem Gutdünken etwas Neues, vermeintlich Besseres zu erschaffen. Das Gegenteil von Gut war oft nicht das reine Böse, sondern einfach nur gutgemeint. Auch dies war ein Weg in die Dunkelheit und viele mächtige Psioniker waren schließlich darüber gestürzt, dass sie die Welt um sie herum einfach besser machen wollten und am Ende nur noch Puppen kontrollierten. Puppenspieler meinten es nie böse, aber letztendlich herrschten sie nur noch über Seelenlose Sklaven. Die Analen der Menschheitsgeschichte waren mit tausenden solchen Fällen gefüllt. Aber in diesem Fall war es notwendig, um die geistige Gesundheit von Gavri zu erhalten. Der heutige Tag war der schwerste in ihrer bisherigen Zusammenarbeit, das Grauen um sie herum schien schier übermächtig, da war dieses Ventil einfach nur ein kleines Übel. Mit dieser Erkenntnis konzentrierte sich Gabriel auf ihr Werk, auf dass es wenigstens ein langfristiger Erfolg werden würde.

Dann erschufen sie Neojenna, eine junge lebensfrohe Frau, die ihrem Ehemann eine treusorgende Ehefrau sein würde, ihren zukünftigen Kindern eine liebevolle Mutter. Die in Hughes Broman verliebt sein würde, hatte er sie doch durch mannigfaltige Gefahren aus der Dunkelheit der Sklaverei an das Licht geführt. Die Narben und Zeichen des Chaos verschwanden, der von Mangel und Misshandlungen gezeichnete Körper wurde gestärkt und der ehemaligen Jenna angeglichen, sogar verbessert. Schließlich lag auf der Liege der wohlgeformte Körper einer Frau mit Idealmaßen ohne äußeren und inneren Makel. In einer Schale lagen die Dinge, die sie aus ihrem Körper extrahiert hatten, unter anderem der fast unsichtbare Zellklumpen, der ein werdender Mensch gewesen war. In ihren Enthusiasmus scheinbar etwas wirklich Gutes zu tun, hatte Gavri noch nicht mal mitbekommen, wie Gabriel dieses verdorbene Ding aus dem Unterleib der jungen Frau entfernt hatte.

Als Gavri begann, sie zu einer Gläubigen der Konföderation zu machen, schritt Gabriel sofort ein.

"Stopp! Das werden wir nicht machen, lass sie ihren Glauben selbst wählen, dieses Recht müssen wir ihr gewähren."

"Aber das könnte alles gefährden!"

"Damit müssen wir leben. Wir werden niemals, ich wiederhole niemals, jemanden in diesem Punkt unseren Willen aufzwingen. Es ist der einfachste Weg, allen einfach das Gehirn zu schruppen, aber das ist böse! Das ist Chaos! Wir haben so etwas nicht nötig, denn unsere Mission, unser Glaube spricht für sich selbst!" Gabriels Worte waren scharf und dämpften Gavries Enthusiasmus kräftig. Für einen Moment hatte der Engel Angst, dass die ganze Aktion eben für die Katz war.

"Du hast Recht, Gabriel! So etwas dürfen wir nicht! Unser Angebot soll für uns sprechen, sie soll wählen und ich weiß, dass sie die richtige Entscheidung letztendlich fällen wird, denn wir sind die Zukunft, die neue Ordnung!" Erwiderte Gavri und bewies doch noch eine ziemliche Reife für ihr Alter.

Sie war nicht erfreut über dieses Werk, aber Gabriel hatte gelernt, dass es gute, falsche und vorteilhafte Entscheidungen gab. Die psionischen Kanäle von Gavri waren offen wie noch nie, seit sie im Körper ihrer jungen Wirtin existierte und dort unten auf Fabrik gab es noch viel zu töten.

Gedanke des Tages

Dies ist eines der wenigen komplett neuen Kapitel für den Band. Ich wollte noch etwas Gabriel in Aktion zeigen und dass sie durchaus in Lage ist, auch moralisch fragwürdige Entscheidungen zu treffen, wenn es nicht anders geht. Das Kapitel hat eine recht gute Balance zwischen Action und Handlung. Bringt zwar die Geschichte an sich nicht entscheidend weiter, aber ich wollte einfach mal die verschiedenen Weltanschauungen von Gavri und Gabriel aufzeigen und noch ein paar Andeutungen platzieren. Beim nächsten Kapitel geht es weiter mit Herad Tabelmann.

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Lucius in Action, nett. Na, er wird, wie seine neue Chefin schon sagt, sicher noche einige Gelegenheiten bekommen.

Mich würde bloß mal Tabelmanns Reaktion interessieren, sollte es je zu einem Zusammentreffen zwischen ihm und Lucius kommen. Jedenfalls bevor er wirklich überzeugt ist, dass Gabriel NICHT mit dem Chaos paktiert.:)

Und stimt schon, auch wenn es gut gemeint ist, die feine Art ist die Ummodelung von ,,Chaos-Jenna" wirklich nicht gerade.

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Vielen Dank für die Rückmeldungen, freue mich über jede einzelne.

Persona Dramatis

Die Inquisition

Ordo Hereticus

Herad Tabelmann: Inquisitor , stammt von Boonhaven, ehemals Angehöriger der PVS, gehört der gemäßigt radikalen Fraktion der Rekongregatoren an.

Seine Akolythen

Shiloh: Interrogatorin und Geliebte von Herad, stammt von der Wüstenwelt Toth

Zebulon: Explikator und hochgewachsener Spezialist für schwere Waffen, führt am liebsten seine "Kreissäge", ein Maschinengewehr, ins Gefecht, stammt von Plaines.

Syntyche: Novizin und Sanktionierte Psionikerin, etwas schusselig und weichherzig

Mattan: Älterer Mann und wissenschaftlicher Berater

Bewohner von Boonhaven

Kysor VI, Gouverneur von Boonhaven

Janina Tabelmann, Herads kleine Schwester

Konföderation des Lichtes

Schwester Luna - Streitbare Schwester aus Gabriels Leibwache

Gabriel - Die Lichtbringerin

Gavri Pilgerstochter - Gabriels Gefäß

Lucius - Gabriels erster und einziger Champion

General Jäger - Oberkommandierender der Streitkräfte der Konföderation des Lichtes

Kapitel 7

Position:

Konföderation des Lichtes

Segmentum Pacificus

System Verräterstern

Fabrik

Nördliche Hemisphäre

Kommandoschiff

Zeit: 2 847 996.M41

Person: Herad Tabelmann

Diese Hexe war unglaublich fähig. Bis heute hatte er gedacht, dass Shiloh die Sollbruchstelle in seinem Panzer aus Pflichterfüllung war. Aber das stimmte nicht, Janina war seine größte Schwäche, ihren Tod hatte er nie überwunden. Sein Versagen, seine Schuld. Natürlich hatte er nichts anderes tun können, als Janina Huckepack zu nehmen und in den Bunker zu tragen. Mehr konnte ein Junge von acht Jahren in dieser Situation einfach nicht tun, dem war sich Herad nur zu bewusst. Trotzdem waren seine Schuldgefühle nie erloschen. Dieses Trauma um den Tod seiner Schwester und Mutter hatte er nie überwunden. Sein ganzes Leben lang hatte er diese offene Wunde mit sich herum getragen, nie wirklich schließen können.

Und jetzt erfuhr er, dass ihr Tod, die Vernichtung von Mühlstadt eiskalt kalkuliert und von oben befohlen worden war. Dezimierung durch den Feind, um Rationen zu sparen. Von der dieser durchaus gängigen Verfahrensweise zu lesen war das Eine, seine ganze Familie, alle Freunde und Verwandten dadurch zu verlieren, war etwas ganz Anderes. Und das bei einem Agrarplaneten, was für ein Wahnsinn. Und das war ja nur die Spitze des Eisberges, der ganze Krieg war von Anfang an als Steuerersparnis geduldet worden und erst als die Orks außer Kontrolle gerieten, war ernsthaft etwas dagegen unternommen worden. Was er naiv für Unfähigkeit gehalten hatte, war in Wahrheit ein gewolltes und kalkuliertes Wagnis gewesen, um Steuern am Zehnt einsparen zu können. Für einen kurzen Moment versuchte er zu leugnen, was Gabriel ihm gezeigt hatte, aber in seinem Innersten wusste er, dass sie die Wahrheit gezeigt hatte. Unterschwellig hatte er das schon lange vermutet, aber immer verdrängt. Was nicht wahr sein durfte, konnte einfach auch nicht sein. Allerdings konnte es durchaus sein, dass alles nur gelogen war. Also ging er geistig die einzelnen Szenen noch einmal durch, verglich sie mit seinem eigenen Erfahrungsschatz. Den einen oder anderen Protagonisten hatte er selbst bei offiziellen Anlässen etwas kennengelernt, wenn auch meist nur ein paar oberflächliche Sätze gewechselt worden waren. Letztendlich passte alles mit seinen Erfahrungswerten überein. Wobei Restzweifel natürlich blieben. Ein Dämon würde ihm genau das präsentieren, alles Schlechte dem Imperium zuschreiben und selbst eine lohnenswerte Alternative anbieten. Es war möglich, dass alles gezeigte wahr war, aber ebenso, dass alles nur Lügen waren, um ihn zum Überlaufen zu animieren.

Vor Herads innerem Auge erschienen ein paar Szenen aus seiner Jugend. Seine Mutter im Umstandskleid mit dickem Bauch, seine Hand darauf und er konnte spüren, wie die kleine Janina um sich trat. Damals dachten alle, Herad würde ein Brüderchen bekommen und keinen Wirbelwind von Schwester. Seine Schwester hatte laut gegickst, als sie ihn mit ihren großen blauen Kulleraugen zum ersten Mal angesehen hatte. So ein kleines Bündel Mensch und doch so vollkommen. Er sah, wie er ihr das Fläschchen geben durfte, hörte ihr erstes Wort "Herad", wie sie ihre ersten tapsigen Schritte auf ihn zukam und in seine Arme fiel. Seine Mutter war damals wie jede Frau oft beschäftigt gewesen, der Krieg fraß erbarmungslos jede Ressource, auch die Zeit, welche Mütter mit ihren Kindern verbringen sollten. Er konnte sich noch gut erinnern, wie seine Mutter erschöpft von den langen Arbeitsschichten nach Hause gekommen war, um kurz zu essen und dann zu ihrem Schwesternkurs zu eilen, während seine Großmutter auf Janina und ihn aufpasste. Oder er alleine Janina hüten musste, auch seine Großmutter hatte ihre Aufgabe in der gewaltigen Kriegsmaschinerie zu erfüllen. Eine große Verantwortung für einen kleinen Jungen, aber im Krieg galten eben andere Maßstäbe.

Er sah vor seinem inneren Auge, wie Janina langsam größer wurde, wie er ihr blutiges Knie mit seinem sauberen Taschentuch verband. Sah, wie Janina nachts, wenn sie nicht schlafen konnte, in sein Bett kletterte, weil er versprochen hatte, sie vor den bösen Monstern zu beschützen. Sie zu schützen oder blutig zu rächen. Wer hätte ahnen können, dass die Monster nicht grüne Haut hatten, sondern die Form von Menschen mit Rechenschiebern.

Mord, befohlen von höchster Stelle. Und ihr Tod, der Tod aller in Mühlstadt war so sinnlos gewesen. Zum einen, um die Karriere eines Mannes zu schützen, der aus politischen Gründen in ein Amt gehievt worden war, das er nicht ausfüllen konnte. Ein Kompromiss zwischen verschiedenen Fraktionen, die ihre eigenen Interessen auf Kosten des Allgemeinwohls schützten. Ein Fakt, der ihm nur zu vertraut war. Auf Boonhaven war er vielleicht zum ersten Mal wirklich persönlich davon betroffen worden. Aber im Laufe seiner Karriere als Inquisitor hatte er sich oft mit politischen Ränkespielen des Adels, der Adepta, der regionalen Verwaltungen und der Gouverneure auseinander setzen müssen.

Der Inquisitor dachte wieder bedrückt an den Tag zurück, an dem seine Mutter und Schwester gestorben waren. Wie er mit Janina auf dem Rücken tragend durch die verstümmelten Leichen gerannt war, nur um gerade so noch den Bunker zu erreichen. Herad konnte förmlich den Gestank der Vernichtung riechen, die schrecklichen Schreie der zu Tode Verwundeten hören. Eine Kulisse des Grauens, in der seine Kindheit zu Grabe getragen worden war. An diesem Tag war er im Feuer des Krieges geschmiedet und im Blut der Unschuldigen abgekühlt worden. Tränen rannen aus seinem gesunden Auge und er schämte sich seiner Tränen nicht. Er weinte um seine Mutter, seine kleine unschuldige Schwester, seine Großmutter, seine ganze Verwandtschaft. Ausgelöscht vom Imperium, nicht von den Orks.

So sinnlos, niemand hätte sterben müssen, wenn die Warnung nur rechtzeitig erfolgt oder die Bommer abgedrängt worden wären. Beides wäre wohl ohne Probleme möglich gewesen. Oder war alles nur eine Lüge? Er hatte die Wochenschauen nach dem Angriff in der Schola sehen können. Es hatte diese Szenen geben, Bilder von Bordkameras die Abschüsse von Bommern zeigten. Bilder von wütenden, nach Rache schreienden Frontkämpfern. Bilder der toten Zivilisten, meist Frauen und kleine Kinder. Das war alles real, so real wenigstens, wie er seinen eigenen Erinnerungen vertrauen konnte. Was diese Hexe ihm gezeigt hatte, machte auf erschreckende Weise durchaus Sinn. Die letzten Minuten mit Janina im Bunker kamen wieder in seiner Erinnerung schmerzhaft hoch, wo er neben ihr kniete, wie da das Leben aus Mund und Nase geronnen war. Und wie sie ihm sagte, dass sie ihm böse war. Bei dem Gedanken stutzte er, da er nie genau gewusst hatte, was sie hatte sagen wollen. Vielleicht wusste Gabriel es. In dem Moment erkannte Herad, dass er mit dem Imperium schon innerlich abgeschlossen hatte. Es machte keinen Sinn, sich mehr etwas vorzumachen. Dieses Gebilde war nicht mehr von innen heraus zu reformieren. Zu viele mächtige Fraktionen hatten dieses Status Quo bis zum Untergang des Imperiums zementiert. Sabotierten sich gegenseitig und verurteilten die Menschheit zu einem grausamen Schicksal. Auch wenn das Leuchtfeuer nicht verloschen würde, dieses Imperium würde an seinen eigenen unbeweglichen Strukturen, unendlicher Gier und totaler Unfähigkeit zur Reformation zu Grunde gehen.

Aber war diese Gabriel, diese unglaublich mächtige Psionikerin die Alternative zwischen Imperium und Chaos? War sie wirklich kein Dämon sondern ein Engel? Ein dritter Weg, der nicht in den Untergang führte? Viele Systeme hatten die Sezession versucht, auch ohne Chaoseinfluss, oft weil überzogene Abgaben sie langsam, aber sicher ruinierten. Weil sture Beamte sinnlose, falsch übertragene oder missverstandene Anweisungen vom fernen Terra mit Gewalt durchsetzten. Eine verrutschte Kommastelle konnte verheerendere Folgen haben, als dass ganze Generationen von Kindern Spinat essen mussten. Er selbst hatte geholfen, solche Aufstände niederzuschlagen. Hatte geholfen, Aufständische zu vernichten. Und ihre Familien, wie viele Vierjährige hatte er auf dem Gewissen? Der Inquisitor wusste es nicht. Genau genommen wusste er gar nichts mehr. Sein ganzes Leben entpuppte sich als ein Lügengebilde, das gerade in sich einstürzte. Aber war sie wirklich etwas Anderes als ein äußerst raffinierter Dämon? Im Zweifel gegen den Angeklagten, so hatte er es immer gehalten. Aber was hatte dieses Dogma ihn eingebracht?

Erinnerungen an die Stationen seines bisherigen Lebens glitten an ihm vorüber. Was hatte er bisher erreicht? Sicherlich hatte er einige Aufstände finsterer Kulte niedergeschlagen, hatte Dämonen zurück in den Warpraum gebannt, hatte durchaus einige Erfolge vorzuweisen. Aber wirklich etwas Außergewöhnliches hatte er nicht erreicht. War das vielleicht die Chance, an der Geschichte der Menschheit mitzuschreiben? Wirklich etwas zu bewirken in Bezug auf die Lebensqualität der einfachen Untertanen des lebendigen Gottes der Menschheit? Eines Mannes, der wahrscheinlich seit zehntausend Jahren tot in einem Stasisfeld lag, während gewissenlose Verbrecher in seinem Namen die Menschheit ausbluten ließen? Dessen gebundene Seele das Astronomicon mit zum Leuchten brachte und vielleicht in ein paar Jahren verlosch?

Wo lag seine Zukunft? In einem sterbenden Imperium, geleitet von menschenverachtenden Beamten, die stoisch sinnlose Anweisungen umsetzten und damit alles erst noch viel schlimmer machten? Die oft sogar absichtlich noch Öl ins Feuer gossen? Oder in einem neuen Reich, geleitet von einer mächtigen Person, die vielleicht sogar wusste, was sie tat? Wie viele Menschen würden bei ihrer Rebellion sterben? Wie viel Blut würde dabei an seinen Händen kleben? Ob nun als Inquisitor des Imperiums oder als Verräter in den Diensten von Gabriel? Was würde Gabriel machen, wenn er ablehnte? Ihn wahrscheinlich einsperren, auf sein Wissen zugreifen und ihn schließlich, wenn er keinen Nutzen mehr hatte, töten. Shiloh würde überlaufen, da war er sich sicher, aber der Rest von seinem Gefolge? Was würde aus ihnen werden?

"Nicht immer so kompliziert denken, Herad, fange klein an und dann der Reihe nach!", hörte er seine Mutter schimpfen, als er an einer Hausaufgabe verzweifelte, weil er manchmal die einfachsten Dinge übersah und sich in nicht vorhandenen Komplexitäten verlor. Wo war für ihn persönlich der größte Gewinn zu holen? Im Imperium war er ein Inquisitor einer Fraktion, die einen schweren Stand hatte. Die Puritaner waren die Mehrheit und die Radikalen waren sehr zersplittert in teilweise sehr extreme Fraktionen. So mächtig er eigentlich als Individuum auch war, so ohnmächtig war er doch letztendlich gegenüber den alles beherrschenden Apparaturen wie dem Administratum, dem Mechanicum und dem Ministorum. Es war unmöglich, diese Behörden von außen ohne totale Gewalt zu Reformen zu bewegen. Aber wenn man sie zerschlug, ihre Macht brach, würde Raum für etwas Neues geschaffen werden. Etwas, was vielleicht besser als das alte war. Ein Ziel, dass er als Rekongregator immer angestrebt hatte. Allerdings hatte Gabriel nicht verraten, was sie eigentlich anstelle des Imperiums genau errichten wollte.

Aber vielleicht sollte er die Zeit nutzen, sich hier etwas umzusehen. Vielleicht bekam er nur eine perfekte Kulisse zu sehen. Möglicherweise konnte er aber ein paar neue Details in Erfahrung bringen, welche seine Entscheidungsmatrix etwas erweiterten. Also trat er aus seiner kleinen, aber komfortablen Kabine heraus. Wahrscheinlich war dies ein Quartier für mittlere Ränge.

"He, Luna Schwesterchen!", scheuchte er respektlos seine Bewacherin auf. "Ich will mir mal das Schiffchen ansehen". Sie versuchte ihn ausdruckslos anzusehen, konnte aber in ihren himmelblauen Augen die Wut über seinen unverschämten Ton aufblitzen sehen. Was er nun zu sehen bekam, war alles sehr fortschrittlich und neu. Basierend auf der Technologie des Dunklen Zeitalters. Wenn die Lichtbringerin wirklich Zugriff auf diese Technologie in uneingeschränkten Maß hatte, würde vieles davon auch dem zivilen Sektor zugutekommen. Er hoffte nur, dass damit nicht die Fehler aus alter Zeit wiederholt wurden. Schließlich kamen sie zum Kommandoraum, der wirklich beeindrucken aussah. Herad hatte schon viele solche Orte gesehen, aber keiner war auch nur annähernd so gut ausgestattet und modern gewesen. Obwohl gerade eine Schlacht dort draußen tobte, war alles ruhig. Ein Mann mit einer mechanischen Armprothese schien der ruhende Pol zu sein, um den sich alles drehte. Es war dem Verrätergeneral anzusehen, dass er seine Karriere nicht in einer Schreibstube begonnen hatte, sondern im Feld. Die Uniform war schlicht geschnitten und hatte nichts von dem Pompösen, in dem sich gerne imperiale Befehlshaber kleideten. Die meisten hassten sicherlich innerlich diesen äußeren Pomp, aber aufzufallen gehörte einfach mit zum Berufsbild. Als Zeichen, dass er der Oberkommandierende war, trug er einen Stab. Der Griff war mit blauem Samt eingeschlagen, silberne Fleur-de-Lys bildeten ein Muster. Auf der Spitze thronte ein kleiner Engel mit ausgestrecktem Schwert, wahrscheinlich sollte das Gabriel darstellen. Der Stab diente mehr als nur repräsentativen Zwecken, denn damit schien er auch in der Lage zu sein, Einheiten Befehle zu geben. Er zeigte damit nur auf ein Icon und meist veränderte sich diese nach ein paar Sekunden leicht, neue Statusanzeigen blinkten auf und manchmal setzte es sich auch in Bewegung.

So wie es aussah, wurde eine gigantische Metropole mit einem Durchmesser von achttausend Kilometern angegriffen. Die Chaosikonographie war so allgegenwärtig, dass es schon äußerst penetrant wirkte. Aber Chaos zelebrierte den Symbolkult noch deutlich konsequenter als das Imperium und das war schon von Symbolen und Ikonographie besessen. Viele Strukturen des Chaos waren allein an seiner Symmetrie und Außenmaße zu erkennen. Diese Stadt legte darauf Wert, dem ungeteilten Chaos zugerechnet zu werden, da keiner der vier großen dunklen Götter bevorzugt wurde. Die meisten Erbauer waren doch dem einen oder anderen Gott verfallen und huldigten ihm mit ihren Werken, was die Architektur nachhaltig beeinflusste.

Über der dreidimensionalen Karte schwebten über hundert Icons, welche wahrscheinlich Schiffe oder Flugverbände symbolisieren sollte. Auf einem Monitor, welchen den vor ihnen liegenden Horizont abbildete, begann der Himmel zu flackern. Da war ein orbitales Bombardement im Gange. Auf der Karte der Makropole veränderte sich die Landschaft. Ganze Stadtteile wurden eingeebnet, Abwehrfestungen pulverisiert. Verschiedene Satellitenbilder wurden eingeblendet und er konnte die Auswirkungen aus mehreren hundert Kilometer Höhe sehen. Es waren wohl hauptsächlich konventionelle Waffen, welche auf die Makropole herabregnete. Aber bei der konzentrierten Feuerkraft von diesem Ausmaß brauchte man keine ABC Waffen. Da reichten die guten alten Sonnenfeuerlaser, die konventionellen Makrogeschütze, welche Habgroße Geschosse auf die Welt herabregnen ließen, um alles an der Oberfläche zu zerstören. Da unten starben momentan Chaosanhänger zu Milliarden.

"Da hat sich wohl jemand nicht mit guten Worten überzeugen lassen", warf er locker in die Runde der hohen Offiziere, die sich um den Oberkommandierenden geschart hatten und die Livebilder beobachteten.

"Der Feind hat jede Art der Verhandlung abgelehnt", erklärte der Generalfeldmarschall ruhig, auch wenn Herad ihm ansehen konnte, wie die Bilder ihn bewegten. Niemand konnte bei einem Milliardenfachen Genozid unberührt bleiben.

"Die Geduld der Lichtbringerin ist also nicht unerschöpflich."

"Nein, uns läuft allen die Zeit davon. Heute werden Milliarden verlorener Seelen dem reinigenden Feuer des Holocausts übergeben, auf das Trilliarden Menschen eine Chance auf ein Leben bekommen."

"Hat Gabriel sie damit herum bekommen? Das Trilliarden sterben werden, wenn sie nicht nach ihrer Pfeife tanzen?" Einige der versammelten Offiziere zogen scharf die Luft ein.

"Nicht direkt, Inquisitor Tabelmann. Sie kam zu mir und erklärte mir in aller Ruhe die momentane und zukünftige Situation", erklärte der Generalfeldmarschall mit dem Namen Jäger, da dieser Name auf seiner Uniform aufgenäht war. Wie auch alle Offiziere dieses Stabes ihre Namen offen trugen.

"Die Situation ist?"

"Das das Leuchtfeuer des Imperators im Jahre 41014 verlöschen wird und die Menschheit mit dem Imperium untergehen wird."

"Und welche Beweise hat sie dafür präsentiert?"

"Keine!"

"Sie sind also auf das Wort eines kleinen Mädchens übergelaufen?"

"Die Lichtbringerin ist sehr überzeugend."

"Aufgrund ihrer Argumentation oder ihrer Kräfte?"

"Ihre Argumentationskette ist einleuchtend. Außerdem wissen wir doch Beide, wie schlecht es um die imperialen Strukturen bestellt ist. Dieser bürokratische Moloch ist dem Untergang geweiht, egal ob nun das Leuchtfeuer verlöscht oder nicht. Wenn sie mich bitte entschuldigen würden? Ich habe einen Krieg zu gewinnen." Der Generalfeldmarschall wandte sich ab und konzentrierte sich wieder auf das Geschehen auf der Karte. Herad nahm ein paar Schritte Abstand und schätzte die umstehenden Offiziere ein. Sie hatten alle die Statur von Berufssoldaten und waren mit Kampfnarben gezeichnet. Der Stab bestand wohl ausschließlich aus Praktikern, die alle lang genug im Feld gestanden hatten, um tiefergehende Narben davon zu tragen. Was wiederum bedeutete, dass er allesamt Veteranen der Imperialen Armee vor sich hatte. Damit waren es alle Verräter. - Was wohl ihre persönlichen Gründe gewesen waren, überzulaufen? Was hatte sie ihnen gezeigt, um alles zu verraten, für das sie ihr bisheriges Leben geblutet haben? - überlegte der Inquisitor und fixierte Schwester Luna.

"Und wie hat das Mädchen dich und deine Schwestern herum gekriegt? Mit dem Märchen über den Imperator oder war da noch mehr?" Schwester Luna sah ihn diesmal ganz ruhig an, als hätte sie diese Frage schon lange erwartet. Die sogenannte Lichtbringerin konnte nachweislich in die Zukunft sehen und hatte ihre Leute sicherlich auf diese Situation eingehend vorbereitet. Letztendlich würde er von ihr nur eine einstudierte Antwort bekommen.

"Schlicht mit der Wahrheit."

"Und die wäre?"

"Wer der Imperator wirklich war, dass Horus, sein eigener Sohn, aufgrund der Manipulation des Chaos des Seiten wechselte und alles ruinierte, was der Imperator je hatte erreichen wollen. Dass der Imperator sich geopfert hat, um der Menschheit eine weitere Chance zu erkaufen. Und wie diese Chance von engstirnigen Fanatikern vertan wurde. Und dass die Zeit des Imperators abläuft und das Leuchtfeuer mit all seiner schrecklichen Konsequenz erlöschen wird."

"Und das hat gereicht, um eine ganze Einheit Sororitas geschlossen überlaufen zu lassen?"

"Sie war sehr detailreich und hat ihre eigenen Fehler und Fehleinschätzungen eingeräumt. Außerdem war die Schwesternschaft ursprünglich als ihre Leibgarde gegründet worden. Und die Lichtbringerin hat die Mission um ihre Mithilfe gebeten, die Menschheit vor dem Untergang zu retten. Wenn nicht wir, wer dann?"

"Das war alles?"

"Nein, sie hat uns auch noch vor Augen geführt, wie korrupt die Führungsschicht der Ekklesiarchie auf Ghersom IV war."

"Hat es dir nicht in den Fingern gejuckt, der Sache sofort ein Ende zu bereiten?"

"Doch, aber die Lichtbringerin hat gemeint, die gerechte Strafe würde in Form eines unbestechlichen Inquisitors kommen, der sich nicht zu schade ist, sich die Hände blutig zu machen und sich auch mit den Mächtigen anzulegen." Da musste Herad doch etwas lachen, auch wenn das Thema so bitter war.

"Ja, so kann man das auch ausdrücken."

"Wie Ihr also seht, ist diese Prophezeiung schon eingetreten."

"In der Tat!" Das Gespräch verebbte und er sah aus einer ruhigen Ecke zu, wie eine Makropole starb. Die meisten Zerstörungen konzentrierten sich auf das Zentrum, das vollständig zerstört wurde. Selbst vom Orbit aus war es eine einzige Fläche aus Feuer. Dort tobte gerade ein Feuersturm unvorstellbarem Ausmaßes. Die Lichtbringerin schien an den zentralen Strukturen nicht interessiert zu sein. Trotzdem wurde weiter gefeuert, um wahrscheinlich auch tieferliegende Bunkerkomplexe aus dem Orbit zu zerstören. In der Peripherie waren es Schwerpunkte, wohl meistens große Festungskomplexe mit Raumschiffabwehrlasern. Einige wurden wohl von Innen zerstört, andere vom Orbit aus. Mehrere Raumschiffe der Konföderation wurden dabei beschädigt. Eines so schwer, dass es aufgegeben werden musste, bevor es zerbrach und als Trümmerregen auf die Oberfläche prasselte, was weitere verheerende Zerstörungen nach sich zog. Landungsschiffe lösten sich in Pulks von den Trägern und ihm Kommandoraum wurde es zum ersten Mal richtig hektisch, wo nun die eigentliche Operation für die Bodenstreitkräfte begannen. Neben den Landungsschiffen stießen auch Schwärme von Bombern und Jagdbomber in Richtung der Oberfläche vor, zerstörten Luftabwehrstellungen und unterstützten die anlandeten Bodentruppen mit Punktangriffen. Die Verluste der Konföderation schienen sich in Grenzen zu halten und hier im Hauptquartier wurden scheinbar keine Detailfragen geklärt, sondern Verbände im Ganzen geführt. Bei vielen Imperialen Einheiten lag die ganze Befehlsgewalt beim weit im Hinterland liegenden Armeehauptquartier, was viel Reibung verursachte. Hier wurde eher nach der Philosophie der kurzen Wege gehandelt und vor Ort entschieden. Wenn eine Einheit Unterstützung brauchte, forderte sie diese einfach an, ohne dass jetzt etwas genehmigt werden musste. Es wurde erst lenkend eingegriffen, wenn die unterstützenden Elemente von Anfragen überfordert wurden.

Damals auf Boonhaven hatte man ihm jede Unterstützung verweigert und seine Leute einfach verrecken lassen. Eigentlich hatte er gedacht, dass dies ein Angriffspunkt wäre, wo Gabriel hätte bohren können. Aber die Vernichtung seiner Familie ging ihm natürlich persönlich viel näher als das sinnlose Sterben seiner neunundvierzig Kameraden auf der Höhe 495. Hin und her gerissen verfolgte er den weiteren Verlauf der Schlacht. So etwas hatte er sich immer als Ideal vorgestellt. Truppen die von vorne direkt geführt wurden, deren Kommandeure ein klar definiertes Missionsziel hatten und ihren eigenen Weg gehen konnten. Das Hauptquartier sorgte für den Gesamtplan und den Fluss des Materials. Hier und da schien die Lichtbringerin persönlich einzugreifen. Immer wieder blinkte ihr Ikon irgendwo auf, ein Bildschirm zeigte dann Bilder ihrer Helmkamera. Es war beeindruckend, welche Kampfkraft dieses Mädchen dabei entwickelte. Es war das, eine über die Verheerungen eines mächtigen Psionikers zu lesen, etwas anderes, Livebilder davon zu sehen. Meist war sie alleine unterwegs. Nur einmal nahm sie einen Astartes mit, der dann einen Haufen Verräterlegionäre einschlägig bekannter Chaos Space Marines Ordens mit einem Schwertpaar erschlug. Eigentlich hätte die Lichtbringern das auch selbst erledigen können. Aber sie schien ihrem Astartes den Spaß zu gönnen.

"Wer ist dieser Astartes?", fragte er Schwester Luna, die immer noch neben ihm stand und ihn keinen Moment aus den Augen ließ.

"Das ist Lucius, der erste und einzige Champion der Lichtbringerin."

"Sie braucht wirklich einen Kämpen?", fragte er etwas erstaunt.

"Das war wohl sein Preis."

"Sein Preis?"

"Er hat sich selbst angeboten, für sie zu kämpfen. Sein internes Wissen über dieses System war äußerst hilfreich und ressourcenschonend."

"Woher kennt er sie?", fragte Herad überrascht.

"Wohl von früher."

"Früher?"

"Aus den Anfangszeiten des Imperiums, als die Lichtbringerin mit dem Imperator die Galaxis eroberte, um die Menschheit im Licht zu einen."

"Das ist unmöglich! Selbst ein Astartes wird nicht so alt! Es gibt keine Veteranen des Bruderkrieges mehr."

"Natürlich, viele Angehörige der Chaos Space Marines sind Veteranen aus dieser Zeit."

"Dann ist dieser Lucius ein Chaos Space Marine?", fragte Herad fassungslos. Es kam viel zu oft vor, dass Astartes vor lauter Stolz, Wut oder Arroganz das Licht des Imperators aus den Augen verloren und sich den dunklen Mächten hingaben. Aber er hatte noch nie gehört, dass ein Verräter zurückgefunden hatte. Eigentlich war Lucius auch nicht in den Schoß des Imperiums zurückgekehrt, sondern hatte eine andere Alternative gewählt. Offensichtlich waren die restlichen Marines in diesem System wohl nicht an einem weiteren Verrat interessiert und starben für ihre Sturheit.

"Das war er wohl. Er gehörte zum Orden der Emporers Children und hatte den Rang eines Hauptmannes inne." Herad war erstmal sprachlos. Das hatte er nicht erwartet. Oder vielleicht doch? Es war höchst strategisch unklug einen Chaos Space Marine in seinem Gefolge als Kämpe zu haben, wenn man einen auf seriösen Engel machen wollte. In Gedanken versunken verfolgte er den weiteren Verlauf der Kämpfe nur am Rande. Mehrere Brückenköpfe wurden im Innern der Festung gebildet, Landezonen eingerichtet und die zweite Welle landete nur kurze Zeit nach der ersten an. Vom Orbit aus wurden Teile des äußeren Festungswalls in Schutt und Asche gelegt. Mit dem Ausschalten der mächtigen Geschütze der Festungsanlage begann eine weitere Bodenoffensive gegen die Chaostruppen in der Frontlinie. Panzerverbände setzten sich in großen Pulks in Bewegung.

Fasziniert betrachtete er den Verlauf der Schlacht. Die Brückenköpfe wurden erweitert und verbanden sich schließlich. Widerstandsnester wurden eliminiert und die wenigen Gegenangriffe abgewehrt. Die dritte Welle landete und erste Feldflughäfen wurden installiert. Teilweise senkten sich gewaltige Hybridschiffe ab, welche als mobile Festungen dienten. Die Geschwindigkeit, mit der alles vonstattenging, war wirklich beeindruckend. Die Imperiale Armee hätte wahrscheinlich Tage, wenn nicht gar Wochen gebraucht, um Ähnliches mit sehr hohen eigenen Verlusten verbunden zu erreichen. Innerlich wusste Herad, dass er genau dass immer gewollt hatte. Oder war es das, was Gabriel ihm glauben lassen wollte? Dämonen waren raffiniert, spielten mit Wünschen und Sehnsüchten ihrer Opfer. Bei manchen rannten sie offene Türen ein, andere verführten sie subtil. Es war sicherlich kein Zufall, dass er heute mit ihr redete. Der Truppentransporter war wahrscheinlich schon seit Tagen im System. Gabriel hatte bis jetzt gewartet, um ihn auf ihre Seite zu ziehen. Er sollte das hier alles zu sehen bekommen, weil sie wusste, dass er immer gern ein General geworden wäre. Sein Vater hätte es zum Generalfeldmarschall gebracht, hätte man ihn nicht aus politischem Kalkül von den Orks ermorden lassen. Von klein auf hatte Herad immer Soldat werden wollen. Allerdings war ihm damals dann eine mögliche Karriere als Inquisitor verlockender erschienen, da man einfach viel mehr Freiraum hatte und er doch einiges hatte reformieren wollen. Wobei er letzteres schon sehr bald aus den Augen verloren hatte. Gabriel hatte durchaus recht, er war ein Abenteurer, der sich bisher vom Wind hatte treiben lassen.

Die Panzerverbände vor der Metropole hatten inzwischen an mehreren Stellen die Front durchbrochen, Motorisierte Infanterie unterstütze die Kampfpanzer und räucherte die Chaosanhänger aus. Zwei motorisierte Verbände bewegten sich nun von Land her auf die zum Tode verurteilte Chaosmakropole zu. In dem Moment kam die Lichtbringerin mit ihrem Kämpen zurück. Jedenfalls tauchte dieser schwer gepanzerte Riese in seiner aufwendig verzierten Rüstung im Kommandosaal auf. Wie jeder Astartes war er viel größer und breiter als ein normaler Mensch und überragte besonders Herad, der durchschnittlich groß war, bei weitem.

"Die Lichtbringerin möchte Euch sehen, Inquisitor Tabelmann!", meinte der Kämpe des Engels, nachdem er sich vor ihm aufgebaut hatte. Es war interessant, dass Gabriel ausgerechnet diesen Mann schickte, um ihn zu holen. Immerhin stand Schwesterchen Luna direkt neben ihm und sie hatte ein Mikrofunkgerät am Ohr. Also war es Absicht, dass er mit ihm reden konnte. Er hätte eh das Gespräch mit diesem gefallenen Engel gesucht, also machte sie es ihm nur einfach. Oder steckte mehr dahinter?

"Ihr seid Lucius, ein Angehöriger der Emporers Children, nicht wahr?"

"Ihr habt schon mal meinen Namen gehört? Es ist selten, dass ein Imperialer etwas mit meinem Namen anfangen kann", erwiderte der gefallene Marine hocherfreut. Es schien ihm viel zu bedeuten, bekannt zu sein. In der Tat glaubte Herad schon mal von einem gewissen Lucius gehört zu haben. Er wünschte, Mattan wäre hier, der hätte bestimmt mit einigen Details aufwarten können.

"Ja, ich habe schon von Euch gehört", erwiderte der Inquisitor unverbindlich. "Ihr kennt Gabriel schon von früher?"

"Oh ja, aus der Zeit, wo sie noch in Begleitung des Imperators war. Sie ist sozusagen die Mutter der Astartes. Es hat schon seinen Grund, warum Schwert und Flügel das offizielle Symbol der imperialen Space Marines bilden." Über diesen Umstand hatte Herad sich noch keine Gedanken gemacht. Ein weiteres Indiz, dass Gabriels Geschichte stimmen konnte. Oder vielleicht nur ein glücklicher Zufall. Flügel und Schwertsymbole waren häufig im Imperium. Die Herkunft und Bedeutung imperialer Zeichen war oft im Nebel der Zeit verschollen. Da konnte man bei Bedarf alles Mögliche hinein deuten.

"Ich habe gehört, Ihr hättet freiwillig die Fronten gewechselt? Warum?", fragte Herad.

"Für den ewigen Ruhm. Es gibt leider nicht allzu viele miteinander vernetzte Chaoswelten und die Heldenverehrung ist sehr regional begrenzt, da kaum Kommunikation zwischen den wenigen etablierte Hegemonien des Chaos besteht. In der Vergangenheit sind diese meist auch recht schnell vom Hammer des Imperiums zerschlagen worden. Nur imperiale Helden erfreuen sich eines gewissen Bekanntheitsgrades. Jedes Kind kennt den Namen von Macharius, Commander Dante, der große Wolf Logan Grimnar, aber kaum jemand kennt den meinen. An der Seite der Lichtbringerin werde ich als Ihr erster und einziger Champion zu ewigen Ruhm gelangen. Man wird noch in Jahrzehntausenden von meinen Taten sprechen und mich verehren."

"Ihr habt das Chaos wegen Ruhm verraten?"

"So ist es. Das war auch einst meine Triebfeder, dem Imperium auf Istvaan den Rücken zu kehren und mein Glück bei den Gefolgsleuten des Kriegsmeisters Horus zu suchen. Damals dachte ich, dass man meine Taten dort besser zu würdigen wüsste, nachdem meine Heldentaten von den Loyalisten einfach nicht gewürdigt wurden. War teilweise auch der Fall, aber der ewige Ruhm blieb mir auch dort bis heute versagt." Der Gigant seufzte tief.

"Das dieser Gedanke von der Lichtbringerin Euch eingepflanzt worden sein könnte, kam Euch nie?"

"Nein, mein Verstand ist psionisch nicht zu beeinflussen. Ein kleines Geschenk meines früheren Dienstherrn. Das war mein eigener Entschluss! Da hat mir niemand hineingeredet!" Herad horchte auf, da er spürte, dass zumindest der letzte Satz gelogen war. Im Verlaufe tausender Verhöre hatte er ein Gespür für Lüge und Wahrheit entwickelt, das ihn selten trog. Aber wenn nicht Gabriel, wer dann? Er behielt diesen Gedanken für sich.

"Hat sie Euch je Bilder über Eure Vergangenheit gezeigt, Familie, Geschwister oder dergleichen?"

"Nein, warum sollte sie auch? Ich habe zwar eine ältere Schwester und einen jüngeren Bruder gehabt. Beide müssen aber schon seit über zehntausend Jahren tot sein. Selbst als meine Heimatwelt vom Imperium von der Sternenkarte getilgt wurde, mussten beide schon vor einem Jahrhundert an Altersschwäche gestorben sein. Ganz abgesehen davon, dass meine Schwester eine blöde Kuh gewesen ist. Sie war vier Jahre älter als ich und hat immer ihre Größe und überlegene Kraft gegen mich ausgespielt, als ich noch kleiner war. Aber ich habe mich eines Tages fürchterlich gerächt, als ich ihre Kleider beim Besuch des Badehauses versteckte und eine Ratte in ihrem Waschraum aussetzte. Hach, war das lustig, sie nackt kreischend durch das gesamte Badehaus flitzen zu sehen in einem Alter, wo Mädchen anfangen sich zu schminken und runder zu werden." Lucius lachte bei der Erinnerung auf und auch Herad konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Inzwischen waren sie wieder beim Büro der Lichtbringerin angekommen und Herad ging alleine hinein.

Die Ketzerin trug nun eine Gefechtsrüstung, die an einigen Stellen deutliche Beschädigungen aufwies. Nur ihr Gesicht war zu sehen und sie machte einen etwas leicht erschöpften Eindruck. Die letzten Kämpfe schienen sie wenigstens etwas mitgenommen zu haben. Auch ihre Energie schien ihre Grenzen zu haben.

"Was würde an Stelle des Imperiums treten, falls du mit deiner Rebellion gegen das bestehende System Erfolg hast?", fragte er sie direkt, nachdem er wieder Platz genommen hatte.

"Eine Konföderation, die auf freiwilliger Mitgliedschaft beruht. Gestützt durch eine Reihe von strategischen Kernwelten, auf denen sich Flottenbasen und Industrielle Komplexe für die Herstellung modernster Gerätschaften befinden."

"Eine Konföderation?"

"Genau, ein freiwilliger Zusammenschluss bis auf die Kernwelten quasi autonomer Systeme."

"Und welche Reformen werden durchgeführt werden, um die ganze Sache überlebensfähig zu gestalten?"

"Ein funktionierender Staat besteht aus sechs Säulen. Eine Regierung, die in erster Linie nicht an ihr eigenes Wohl und das ihrer Klientel denkt, sondern welcher das gesamte Volk am Herzen liegt." Damit meinte Gabriel sich wohl selbst. "Ein Wirtschaftssystem, wo sich unternehmerisches Wirken lohnt, ohne dabei auf Kosten der Allgemeinheit und Umwelt zu gehen. Ein Rechtssystem, welches sich durchsetzt und nach Gerechtigkeit strebt und nicht danach, ungerechte Gesetze umzusetzen. Ein Bildungssystem, welches Schulen nicht als Aufbewahrungseinrichtung oder Kaderschmiede begreift, sondern jungen Menschen wirklich wichtige Dinge für das Leben und späteres Fortkommen beibringt. Eine intakte Umwelt, in der Menschen ohne Atemmaske und Schutzanzug überleben können. Und ein Militärsystem, welches in der Lage ist, alle äußeren Bedrohungen zurückzudrängen."

"Und wie willst du den notwendigen militärischen industriellen Komplex finanzieren?" Armeen waren immer teuer im Unterhalt. Besonders wenn sie viele Lichtjahre von der nächsten Versorgungsbasis entfernt operierten.

"Durch Gebühren verschiedener Dienstleistungen, wie interstellaren Handel mit hochwertigen Produkten, die nur auf bestimmten Kernwelten hergestellt werden dürfen. Über Maut für die Benutzung von Routen, die von den Leuchtturmschiffen offen gehalten werden. Und natürlich ganz profan über Steuern in den Kernwelten."

"Also kein Zehnt? Keine Zwangsabgaben an Regimentern, Rohstoffen und Psionikern? Besonders der letzte Punkt wäre sehr interessant."

"Das Eintreiben des Zehnts ist bei Randwelten teilweise aufwendiger als der letztendliche Nutzen. Viele Welten pressen ihre Kriminellen in die Zehntregimenter oder die Regimenter sind so spezialisiert, dass sie kaum einen Nutzen in einem normalen Konflikt haben und müssen über wahnwitzige Entfernungen zum Einsatzort transportiert werden. Allerdings sind Psioniker sicherlich ein äußerst heikler Punkt. Aber da ich vorhabe, die Wahrheit über den Warp zu verkünden, dürfte mit recht wenig Widerstand zu rechnen sein, wenn ich gewisse Lösungen anbiete, das Problem auszulagern. Sei es nun Abführung zur weiteren psionischen Ausbildung auf ausgesuchten Kernwelten oder regionalere Lösungen wie Aufbewahrungsstätten für die Gefährlichen und Lehranstalten für die geistig stabilen." Herad glaubte sich verhört zu haben.

"Du willst was?", fragte Tabelmann fassungslos.

"Die Wahrheit über die Gefahren und das wahre Wesen des Warps offenbaren", meinte die Lichtbringerin in einem ganz normalen Tonfall. Als ob sie über das Wetter reden würde.

"Bist du verrückt? Dieses Wissen würde die Menschen vor lauter Furcht in den Wahnsinn treiben."

"Ich wage zu behaupten, dass die meisten Menschen durchaus ahnen, dass im Warp mehr lauert, als nur geistlose Todesbestien. Vieles an den Gerüchten ist sicherlich äußerst vage und das meiste schlichtweg falsch. Es war meiner Meinung nach der größte Fehler des Imperators, das wahre Wesen des Warps zu verleugnen. Besonders, da er ja so von seiner reinen Wissenschaft überzeugt war. Man kann nicht auf der einen Seite den Anspruch vertreten, die Wahrheit zu verkünden und auf der anderen Seite die Wahrheit über die wahre Natur des Warps verschleiern. Eines der Dinge, die zu seinem bedauernswerten Tod geführt haben." Gabriel schien die Wahrheit zu sagen, aber den "Tod" des Imperators schien sie nicht wirklich zu bedauern. In der Tat stimmte es, dass Gerüchte über Dämonen im Warp in der menschlichen Bevölkerung verbreiteter waren, als die Ordos der Inquisition das wahrhaben wollten. In einigen Segmenten waren Dämonen durchaus ein Teil der offiziellen Religion, ohne konkretes Wissen über die vier Chaosgötter und ihre Dienerkreaturen. Ein äußerst vages Gerücht war das eine. Aber es war etwas ganz Anderes, wenn dies offiziell werden würde. Die Folgen waren nicht wirklich kalkulierbar, aber da er Gabriel nicht als Närrin einschätzte, schien für sie dieses Szenario beherrschbar zu sein. Und natürlich sicherte dies auch die Treue der Welten, wenn sie gleichzeitig bekannt gab, was mit konkret Wissenden im Imperium passierte. Bei einer Rückeroberung war das Imperium gezwungen, alle Mitwisser zu töten und danach die beteiligten Regimenter. Dieses Verfahren war eine gängige Prozedur und schon tausendfach angewandt worden. Mit diesem Zug zeigte Gabriel, dass sie mit hohem Einsatz spielte. Und mit dem Leben der Zivilbevölkerung. Natürlich würde so auch jede Tendenz zur Rückkehr in den Schoß des Imperiums für die Bevölkerung verbaut sein. Siegen mit Gabriel oder Tod durch das Imperium. Also nicht die üblichen zehn Prozent der Bevölkerung, die nach Zufallsprinzip willkürlich ausgesucht und dann hingerichtet wurden, wie es bei nieder geschlagenen Sezessionen das allgemeine Standardverfahren war.

"Wie wird deine Armee aussehen, wenn du keine Zehntregimenter haben wirst?", wechselte er das Thema.

"Durch eine Armee von Freiwilligen, die in Verbänden dienen werden, die nicht nach Herkunftswelt gebildet werden. Diese Legion ist sozusagen der Prototyp aller späteren Armeen. Herkunft spielt weniger eine Rolle als die körperlichen und geistigen Voraussetzungen für den Truppentyp und den Rang. Die Legionäre verpflichten sich normalerweise für mindestens zwanzig Jahre. Auch werden die Verbände von vorneherein als Division organisiert, bestehend aus zwei bis drei Brigaden verschiedener Regimenter und Abteilungen bestehen, welche auf einem Träger oder ähnlichem Kriegsschiff stationiert sein werden. So werden Verbände verschiedener Waffengattungen immer zusammen als eine Division oder als Teilverband in der Brigade kämpfen. Durch das gemeinsame Training und Zugehörigkeit zu einem festen Verband werden von vornerein viele Probleme der heutigen Imperialen Armee vermieden. Auch wird das Offizierschor nicht mehr aus den Adligen oder Führungselite einer Heimatwelt bestehen. Sondern aus kompetenten Leuten, die aufgrund ihrer Fähigkeiten, persönlichen Eignung und nicht wegen ihres Stammbaumes oder politischer Ränkespiele ein Kommando haben.

Neben der Legion gibt es dann noch die Engelsgarden, welche mir direkt unterstehen. Die Kernwelten werden von direkt auf ihnen stationierten Truppen verteidigt werden. Desweiteren wird es Bewährungseinheiten geben, wo sich Überläufer ehemaliger imperialer oder anderer Armeen beweisen können. Und als taktische Einsatzreserve wird es mobilisierbare Divisionen aus Reservisten und Milizionären geben, die von Kernwelten gestellt werden, falls einmal mehr Truppen benötigt werden. Ähnlich wie ein Zehntregiment heutzutage, aber doch schon in einer Division organisiert und nur als Notlösung, nicht als das Gro der interstellaren Verteidigung."

"Das hört sich interessant an." Teile dieses Konzepts wurden von den Rekongregatoren favorisiert. Es kam zu oft vor, dass nur einzelne spezialisierte Regimenter an einen Kriegsschauplatz ankamen, so dass dann eine Waffengattung im Überfluss vorhanden war, während wichtige unterstützende Elemente einfach fehlten. Was in der Regel zu katastrophalen Verlusten führte. Aber da bisher die menschliche Ressource im Überfluss vorhanden war, waren solche Fakten für die militärische und administrative Führung nur unwesentliche Randnotizen. Jeden Tag fielen viele Millionen Soldaten auf den ungezählten Schlachtfeldern des Imperiums und genau so viele neue Rekruten wurden eingezogen.

"Wie wird diese freiwillige Mitgliedschaft von Welten in der Konföderation aussehen?"

"Es wird mehrere Abstufungen geben. Auf der einen Seite werde ich niemanden zwingen, der Föderation beizutreten, aber ich werde auch nicht automatisch jeden sofort aufnehmen. Der Imperator hat damals den Fehler gemacht, jede Welt ins Imperium zu zwingen, ob eine Mitgliedschaft nun überhaupt sinnvoll war oder nicht.

Die unterste Stufe werden die Welten sein, mit denen die Konföderation einen Nichtangriffspakt hat. Darauf folgt dann ein Handelsabkommen und den Zugriff auf fortschrittliche Produkte, welche auch das Imperium produzieren könnte, nur eben in durchdachteren und funktionelleren Schemata als das Mechanicum mit seinen beschränkten Mitteln das heute vollbringen kann. Die Handelsabkommen können dann schrittweise vertieft werden. Will eine Welt wirklich gute Technologie einführen, muss sie gewisse Standards aufweisen können. Sprich darüber werde ich dann versuchen, gewisse Pflichten der Regierenden gegenüber den meist rechtlosen Massen zu etablieren. Werden gewisse Standards an Rechtstaatlichkeit, Antikorruption und Lebensqualität erreicht, kann eine Welt dann Vollmitglied werden. Nach einer Frist wird es dann eine Abstimmung geben, ob man dann nicht zur Kernwelt werden möchte. Ist man einmal Kernwelt, wird es kein Zurück mehr geben, da dann dort Technologie des Dunklen Zeitalter hergestellt werden wird und ich werde nicht dulden, dass diese unkontrolliert weiter produziert wird, falls die Welt austritt. Allerdings wird es für alle Unzufriedenen dann noch die Möglichkeit geben, kostenfrei auszuwandern. So in etwa wird das später ablaufen."

"Wirst du Terra angreifen?"

"Nein! Warum sollte ich?"

"Weil Terra die Hauptwelt des Imperiums ist. Der Senat wird deinem Treiben nicht tatenlos zusehen."

"Stimmt, das wird er sicherlich nicht. Ein Konflikt mit dem Imperium wird unvermeidbar sein, aber sobald das Leuchtfeuer erloschen ist, wird der Senat nur noch symbolische Macht haben. Die Ströme der Zeit sind hier sehr undeutlich, aber ich schätze einfach mal, dass man dort über kurz oder lang zwangsweise zur Vernunft kommen wird."

"Wie sehen konkret deine zukünftigen Pläne aus?"

"Darüber kann ich dir momentan nichts sagen. Es gibt durchaus Ströme der Zeit, welche deine Gefangenname durch das Imperium beinhalten und wir wissen beide, dass jeder irgendwann bei der Folter zusammenbricht."

"Da ist etwas dran", erwiderte Herad und lehnte sich nachdenklich zurück. Mehr würde er über ihre konkreten Pläne wohl nicht herausfinden. Allerdings hatte sie ihm schon viel erzählt.

"Du verfügst über ein weitreichendes Wissen über die technologischen Errungenschaften des Dunklen Zeitalters der Technologie. Wie willst du den Missbrauch dieser fortschrittlichen Waffen verhindern?", wechselte er das Thema.

"Die meiste Technologie wird den absolut loyalen Kernwelten vorbehalten sein. Die freiwilligen Mitglieder werden nur begrenzten Zugriff auf nicht mit ihren Mitteln reproduzierbare Produkte haben. Ich habe nicht vor, die Schrecken dieser Zeit jedem zugänglich zu machen. Allerdings wird es fortschrittliche zivile Technik für alle geben. Mit recht wenig Aufwand lässt sich der Lebensstandard auf Makropolwelten deutlich verbessern, was gleichzeitig mit einer Senkung der Mutationsrate einhergeht. Auch sind mit wenig Aufwand die meisten Panzertypen modernisierbar, wie der Leman Russ, für die es Nachfolgemodelle geben wird, die auch auf einfachem Technologieniveau zu bauen sind", erklärte die Lichtbringerin.

"Und wie sieht es mit eigenständigen Maschinengeister aus? Habt ihr vor, Falschmenschen einzusetzen?"

"Das mit den Maschinengeister ist kruder Aberglaube, geboren aus vollständigem Vergessen über die technischen Grundlagen. Geister in der Form eines eigenen Bewusstseins haben die wenigsten Maschinen. Es gibt sicherlich einige künstliche Intelligenzen in Titanen und Raumschiffen und sicherlich auch äußerst hochentwickelte Programme am Rande der Eigenständigkeit, wie sie zum Beispiel die Autopiloten von Land Raidern haben. Aber das Gro aller Maschinen sind nur simple Elektronik und Mechanik ohne irgendeine Art von Eigenleben oder gar Bewusstsein."

"Aber Techpriester wirken Rituale und ich habe gesehen, wie dreifach gesegnetes Öl durchaus in der Lage ist, defekte Maschinen zu reparieren."

"Dieses spezielle Öl ist mit Naniten versetzt. Das sind unglaublich kleine Maschinen, welche im Verbund in der Lage sind, beschädigte Bauteile zu reparieren. Viele alte Maschinen haben schon Nanitenspender eingebaut. Die ganzen Rituale beinhalten verschiedene Kommandoworte oder Befehle. Die Anhänger des Maschinengottes sind durchaus in der Lage, mit den Naniten über ihre Maschinensprache oder durch Wortbefehle zu kommunizieren. Aber die eigentlichen Rituale drum herum haben keine Auswirkungen, außer dass sie viel Zeit in Anspruch nehmen. An dem Ganzen ist nichts wirklich Mystisches, sondern einfach eine äußerst komplexe Technologie, die mit normalen Sinnen schlichtweg nicht erfassbar ist", erklärte die Lichtbringerin und brachte Herads komplettes Technologieverständnis zum Einsturz.

Was sie vorhatte, schien vernünftig zu sein. Oder erzählte sie ihm nur, was er hören wollte? Er lehnte sich zurück und musterte sie. Eigentlich war sie unscheinbar, ein Teenager in einer Rüstung. War dies eine Fassade, eine Täuschung? Das Mädchen war nur Verpackung, es kam darauf an, was in ihr steckte. Dämonen mutierten ihre Wirte mit der Zeit recht deutlich. War der Makel der Besessenheit am Anfang äußerlich nicht zu erkennen, deformierten die Wirte fortlaufend immer mehr, bis sie dem Dämon in ihnen immer mehr glichen. Hier war keinerlei Makel zu erkennen. Aber es gab keinerlei gesicherte Informationen, wie lange ein Dämon sich wirklich tarnen konnte, wenn er das nur wollte. Das Ding war schon über zwei Jahre in ihr und Gavri müsste eigentlich mutiert sein. Herad wurde klar, dass er keine wirklichen Fakten erlangen konnte. Letztendlich würde er sich auf seinen Instinkt verlassen müssen. Schweigend sah er sie an und versuchte über seine Gefühle klar zu werden. Das Imperium war am Ende und so nicht überlebensfähig, da hatte sie recht. Durch Gier der Herrscherelite seines Heimatsystems war seine Familie ausgelöscht worden. Ihm war mehrmals von verschiedenen imperialen Stellen großes Unrecht zugefügt worden. Man hatte seine neunundvierzig Kameraden sinnlos verrecken lassen. Als Inquisitor und Angehöriger der Rekongregatoren war er gescheitert, da er nichts wirklich in die richtige Richtung bewegt hatte. Ganz abgesehen davon, dass ihm massiver Ärger wegen der Hinrichtung des führenden Klerus von Ghersom IV auf Terra drohte. Und die Lichtbringerin würde ihn mit den Informationen, die er hier erhalten hatte, niemals gehen lassen. Eine persönliche Zukunft hatte er nur noch in ihrem Dienst. Ihm wurde klar, dass er sich schon längst für sie entschieden hatte. Sie war die Alternative, alles andere führte in den Tod. Er musste ihr glauben, dass sie die Mutter der Astartes war, dass sie ein sehr mächtiges Wesen war, dass nur das Beste für die Menschheit im Sinn hatte.

Momentan war er in einer Position, wo er alles von Gabriel fordern konnte, was er sich nur vorstellen konnte. Persönliche Macht und Reichtum hatten ihn nie besonders interessiert. Aber es gab durchaus Dinge, die er begehrte. Dinge, die eine so mächtige Psionikerin und Kriegsherrin möglich machen konnte. Was wollte er? Was würde er bekommen? Es dauerte einen Moment, bis er im Geiste eine Liste an Forderungen zusammen gestellt hatte. Wie jeder Mensch hatte auch er seinen Preis.

"Ich habe meinen Preis!", eröffnete er die Verhandlungen, nachdem er sich halbwegs über seine Forderungen klar geworden war.

"Natürlich, jeder hat seinen Preis", erwiderte sie ihm neutralen Tonfall. Wahrscheinlich waren schon viele ihrer Überzeugungssitzungen zu diesem Punkt gekommen, wo ein Verräter seinen Preis nannte. Das war er nun, ein Verräter am Imperium, um die Menschheit zu retten. Viele, die dieses von sich behauptet hatte, waren durch seine Hand gerichtet worden. Jetzt war er selbst an diesem Punkt anbelangt, aber das Imperium hatte ihn zuerst verraten, seine Familie heimtückisch aus politischem Kalkül ermordet. Diesem System konnte er keine Loyalität mehr entgegenbringen. Und um Rache für die Ermordung seiner Schwester zu üben, wie er es ihr einst geschworen hatte. Sein Vater hatte ihm gelehrt, dass man Versprechen halten musste und das gegenüber Janina stand zeitlich vor allen anderen. Auch wenn er damals nur ein naives kleines Kind gewesen war.

"Ein paar meiner Forderungen sind als Vorkasse zu tätigen, ein paar werden später beglichen werden, sobald sich die Arche IV in deinem Besitz befindet."

"Aber sicher", sie strahlte ihn regelrecht an. Es würde ihn nicht wundern, wenn sie schon die ganze Zeit gewusst hätte, dass es genau so und nicht anders laufen würde. Sie konnte die Zukunft sehen und wahrscheinlich hatte sie ihm genau das einzige gezeigt, was seinen Panzer durchbrechen konnte. Aber das spielte keine Rolle mehr. Sie war die Alternative, die er sein ganzes Leben für die Menschheit ersehnt hatte. Nun war es an der Zeit, ein unkalkulierbares Risiko einzugehen. Er würde diesem Kind vertrauen müssen. Daran glauben, dass in dieser niedlichen Hülle wirklich ein Engel und kein Dämon steckte. Er hatte keinen Beweis, nur ihre Worte, in denen sehr viel Wahrheit lag. Aber Lüge war dann am heimtückischsten, wenn sie mit Wahrheit vermischt war. Vielleicht war er ein Narr, ihr zu vertrauen, aber sie war vielleicht die einzige Rettung der Menschheit vor der vollständigen Auslöschung. Sie verlangte viel und er würde es ihr gleich tun.

"Als erstes möchte ich wissen, was Janinas letzte Worte waren. Ich konnte sie damals nicht richtig verstehen." Die Lichtbringerin berührte seine Hand und sie tauchten wieder ein in das Gespinst aus Zeitfäden. Sie reisten fast zweihundert Jahre in die Vergangenheit zurück. Von oben rasten sie auf das brennende Mühlstadt zu, das von einem Feuerstrum verheert wurde. Sie drangen durch Betonwände und er sah sich auf den Boden neben Janina knien. Sie gingen ganz nah heran und diesmal konnte er Janinas letzte Worte wirklich verstehen. "Herad…arg….böse…nicht….lieb" hatte er damals verstanden, aber Janina hatte noch viel mehr gesagt. Es brach ihm beinahe das Herz, seine kleine Schwester ein weiteres Mal sterben zu sehen.

"Herad, ich hab dich ganz arg lieb und sei mir nicht böse, aber ich kann nicht mehr dein Adjudings sein. Hab dich so lieb", stieß Janina nun gerade so hörbar hervor. Seine kleine Schwester hatte ihn also nicht verflucht, wie er Jahre lang befürchtet hatte. Ihm fiel ein großer Stein vom Herzen. Er brauchte einige Sekunden, um sich zu beruhigen. Selbst im Augenblick ihres Todes hatte sie an ihn gedacht. Als ob er seiner kleinen Schwester je wirklich böse gewesen wäre. Sie war manchmal sehr nervig und überaus anstrengend gewesen, aber er hatte sie immer bedingungslos geliebt.

"Gut, dann mein zweite Bedingung, meinen Leuten wird kein Leid geschehen, auch wenn sie nicht überlaufen sollten. Jeder soll für sich selbst entscheiden. Die, nicht überlaufen, sollen gut behandelt und sobald sie mit ihrem Wissen keinen Schaden mehr anrichten können auf einer imperialen Welt frei gesetzt werden."

"Natürlich, akzeptiert."

"Sehr schön! Dann meine dritte Bedingung, ich will Shiloh glücklich und versorgt wissen, egal wie es mit der Arche IV ausgeht."

"Dann mach Shiloh am beste heute noch einen Antrag."

"Einen Antrag?"

"Ja, einen Heiratsantrag. Sie wartet schon lange darauf, dass du den ersten Schritt machst. In ihrer Kultur ist es unmöglich, dass eine Frau den Mann bittet. Deswegen liegt es an dir, ihr einen Heiratsantrag zu machen und den Brautpreis zu entrichten."

"Brautpreis?"

"Obwohl du über ein Jahr auf Toth gewesen bist, ist erschreckend wenig von der regionalen Kultur zu dir vorgedrungen", tadelte ihn die Lichtbringerin leicht. In der Tat hatte er sich wenig um die regionalen Gegebenheiten jenseits seiner Arbeit gekümmert. Für solche Dinge hatte er Mattan in seinem Gefolge, der Informationen jeder Art wie ein Schwamm aufsog und nur zu bereitwillig auf Stichwort abspulte. "Eine Frau hat einen Brautpries, der normalerweise von den Eltern schon in deren Kindheit ausgehandelt wird, auch wenn die Hochzeit erst Jahre später stattfinden wird. Der Brautpreis wird in goldenen Thronen berechnet und die Münzen werden zu einem Schleier zusammen gebunden, welche die Braut dann an ihrer Hochzeit trägt. Dieses Gold ist normalerweise als Altersvorsoge gedacht, da die Männer meist älter als die Bräute sind und deswegen früher sterben. Mittellose Witwen haben es auf Toth schwer. Du wirst das hier brauchen." Sie öffnete eine Schublade und holte einen Barren Gold heraus. Vor seinen Augen verformte sich das edle Metall, wurde weich und auseinander gezogen. In nicht einmal zwanzig Sekunden hatte sie ein Gehänge aus Goldmünzen erschaffen. Sie reichte es ihm und mit Erstaunen nahm er es entgegen. Er hatte davon gehört, dass mächtige Psioniker Material umformen konnten, aber diese Demonstration war doch beeindruckend gewesen. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er sagen, dass diese Münzen aus der Münze Toths stammten.

"Dann möchte ich dich weiter duzen dürfen."

"Gewährt." Er glaubte einen kleinen Hauch von Belustigung in ihrer Stimme erkennen zu können.

"Meines Wissens lebt Gouverneur Trevyn I Luterroth, Despot der Makropolwelt Tempris noch. Ich will mir seinen Kopf holen dürfen. Ich will ihm die gleiche Gerechtigkeit widerfahren lassen, die er auch meinem Vater, meiner Mutter, meiner Schwester, meiner Großmutter, meiner ganzen Familie hat widerfahren lassen." - Und auf die Weise kann ich zweifelsfrei verifizieren, ob deine Rückblenden der Wahrheit entsprochen haben oder nicht. - fügte Herad in Gedanken hinzu.

"Gewährt!"

"Und nun zu meiner letzten Bedingung. Ich bin sicher, du kennst meine Forderung schon."

"Ich habe erwartet, was nun kommt. Aber das kann ich dir nicht sofort gewähren. So etwas muss man sich verdienen. Bei mir gibt es keine politischen Gefälligkeiten dieser Art."

"Gut, dann sind wir uns also einig?" Es war erstaunlich, wie schnell so was gehen konnte.

Gedanke des Tages

Tja, da ist Herad doch noch übergelaufen. War anfangs gar nicht geplant gewesen. Aber im Laufe der Zeit ist mir Herad immer stärker ans Herz gewachsen und wollte ihn einfach auch weiter dabei haben. Im ersten Entwurf war hier der inzwischen im Vorfeld veröffentlichte Rückblick von Lucius implantiert gewesen. Aber der hätte nur das Kapitel unnötig zerpflückt.

Man erfährt hier zum ersten Mal etwas über Gabriels zukünftige konkrete Pläne für einen alternativen Sternenbund. Sie hat also nicht vor, das gesamte Imperium zu vereinnahmen sondern nur die Welten, welche auf freiwilliger Basis einen Anschluss suchen. Ich habe sehr lange über eine sinnvolle Alternative zum Imperium nachgedacht. Ich denk mal, das macht alles halbwegs Sinn.

Auch wird hier mal die Thematik mit den Aberglaube über Maschinengeister etwas beleuchtet. Mein Erklärungsversuch ist nicht offiziell, da die Wirkungsweise der Riten der Maschinenpriester nirgendwo wirklich erklärt werden.

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Wieder ein sehr lesenswerter Teil, vielen Dank dafür.

Bei einer Stelle musste ich aber doch etwas stutzen:

Heute werden Milliarden verlorener Seelen dem reinigenden Feuer des Holocausts übergeben

Klar, der Kontext ist ein völlig anderer und ich will jetzt auch nicht als überzogen politisch korrekt wirken, aber der Begriff Holocaust ist doch sehr speziell auf die Ermordung der Juden bezogen. Vielleicht wäre "dem reinigenden Feuer des Herrn" oder ähnliches etwas neutraler und weniger stark belastet. Ist aber nur meine Meinung, sollte kein Vorwurf an dich sein :)

Nur aus Interesse, was wäre denn Herad geschehen, wenn er nicht übergelaufen wäre?

Die Anwesenheit von Soldaten ist immer verdächtig.

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Wow, auf das Kapitel habe ich lange gewartet und ich finde, das du das Überlaufen von Herad gut rüber gebracht hast.

Auch ich habe ihn ins Herz geschlossen und würde mich freuen, mehr von ihm und seinen Missionen im Namen der Lichtbringerin zu lesen.

Was mir gerade einfällt, ein Hörbuch von dir, wäre bestimmt der Hammer:)

Der Tod hat einen Plan!Und die Orks sind ein teil davon!

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Klar, der Kontext ist ein völlig anderer und ich will jetzt auch nicht als überzogen politisch korrekt wirken, aber der Begriff Holocaust ist doch sehr speziell auf die Ermordung der Juden bezogen. Vielleicht wäre "dem reinigenden Feuer des Herrn" oder ähnliches etwas neutraler und weniger stark belastet. Ist aber nur meine Meinung, sollte kein Vorwurf an dich sein :)

Holocaust heißt auf Griechisch Brandopfer und stand anfangs als Synonym für die Judenvernichtung im 3. Reich. Inzwischen ist der Begriff aufgeweicht worden und steht stellvertretend für die geplante bzw. geduldete Vernichtung von Volksgruppen im großem Stil, wie zB. der Irish Holocaust. Und da hier eine komplette Bevölkerung einer riesigen Stadt ausgelöscht wird, ist dieser Begriff nach meiner Meinung durchaus zutreffend.

Nur aus Interesse, was wäre denn Herad geschehen, wenn er nicht übergelaufen wäre?

Gabriel hätte ihn interniert.

Wow, auf das Kapitel habe ich lange gewartet und ich finde, das du das Überlaufen von Herad gut rüber gebracht hast.

Auch ich habe ihn ins Herz geschlossen und würde mich freuen, mehr von ihm und seinen Missionen im Namen der Lichtbringerin zu lesen.

Das ist schon fest eingeplant. Vielen Dank für dein Lob.

Was mir gerade einfällt, ein Hörbuch von dir, wäre bestimmt der Hammer:)

Hörbuch? So lange ich es nicht selbst vertonen muss.... :lach:

Persona Dramatis

Die Inquisition

Ordo Hereticus

Herad Tabelmann: Inquisitor, stammt von Boonhaven, ehemals Angehöriger der PVS, gehört der gemäßigt radikalen Fraktion der Rekongregatoren an.

Seine Akolythen

Shiloh: Interrogatorin und Geliebte von Herad, stammt von der Wüstenwelt Toth

Zebulon: Explikator und hochgewachsener Spezialist für schwere Waffen, führt am liebsten seine "Kreissäge", ein Maschinengewehr ins Gefecht, stammt von Plaines.

Syntyche: Novizin und Sanktionierte Psionikerin, etwas schusselig und weichherzig

Mattan: Älterer Mann und wissenschaftlicher Berater

Bewohner von Boonhaven

Kysor VI, Gouverneur von Boonhaven

Herad Tabelmann, Sohn eines Oberst von Mordian und einer einheimischen Lehrerin

Oberst Johann Tabelmann, Vater von Herad

Janina Tabelmann, seine kleine, manchmal nervige Schwester

Hilde Kopinski, Schwester von Lars "Stecher" Kopinski,

"Heradine" Gruman, angehende Märtyrerin

PVS Boonhaven

Märtyrer des Rekrutenzug, Charlie Kompanie, 2. Bataillon, 77. PVS 2. Armee Boonhaven

Lars "Stecher" Kopinski,

Edgar "Metzger"

Kleiner Günther

Großer Günther

Friedrich "Mühlstadt" Gruman

Willi "Kabel" Zastler, Funker, Sohn eines Rundfunktechnikers

Ronni "Feuerkopf"

Kapitel 8

Position:

Konföderation des Lichtes

Segmentum Pacificus

System Verräterstern

Orbit von Fabrik

Transporter GK MK.103 SP XXIV

Zeit: 2 849 996.M41

Person: Herad Tabelmann

Es war nach der Bordzeit später Abend, als er auf den Truppentransporter zurückkehrte. Obwohl schon der Schlafzyklus angebrochen war, saß seine Crew im Wohnbereich auf einer Sitzecke und hatte auf seine Rückkehr gewartet.

Herad blickte in die Runde, Syntyche hockte in einer Ecke und sah ihn neugierig an. Mattan saß hinter seinem Datablock und legte es nun zur Seite. Shiloh wirkte sehr nervös und sah ihn mit einer Mischung aus Erwartung und Furcht an. Zebulon machte den ausgeglichensten Eindruck von allen, wie ein Fels in der Brandung.

"Wie ist es gelaufen?", fragte Shiloh, nachdem er sich gesetzt hatte.

"Ich habe Gabriel getroffen" Seinen Verrat auszusprechen, kostete ihn Mühe. Syntyche goss ihm unaufgefordert einen Fruchtsaft ein, mit dem er seine Kehle befeuchtete.

"Und, wie ist sie so?" Syntyche rutschte wie ein kleines Scholamädchen aufgeregt hin und her.

"Äußerst zuvorkommend. Sie hat jedem von uns die Wahl überlassen. Falls sich jemand gegen sie entscheidet, wird dieser nach einer gewissen Zeit frei kommen."

"Als ob Verrat eine Option wäre!" Zebulon ballte die Fäuste und seine Knöchel liefen weiß an.

"Das Imperium hat für mich keine Zukunft mehr. Ich bin übergelaufen", verkündete Herad nach einem kurzen Zögern. Er hatte einen dicken Klos im Hals, den er nicht wegräuspern konnte. Shiloh sah ihn überrascht an, Syntyche erfreut, Matten zweifelnd und Zebulon wurde bleich. Gabriel hatte ihn vor Zebulon gewarnt, dass dieser möglicherweise rabiat werden könnte.

"Du bist was?", hakte Shiloh nach.

"Übergelaufen. Das Imperium hat meine Familie aus politischem Kalkül ermordet und ich kann nicht länger diesem überholten System dienen. Gabriel hat einen großartigen Plan, der klappen könnte. Sie wird der Menschheit nicht nur eine Zukunft geben können, sondern uns alle in eine goldene Zukunft führen." Und das war noch nicht mal gelogen, sondern seine persönliche Überzeugung.

"Blasphemie!" Zebulons Faust hämmerte auf den Tisch und nicht nur Syntyche sah den Hünen erschrocken an.

"Nein, die bittere Wahrheit. Das Imperium hat keine Überlebenschance und wird die Menschheit mit in den Untergang reißen. Ich lebe nun seit zweihundert Jahren im Imperium. Und ich kann mich an keine gute Zeit erinnern. Ich wurde in einem Krieg geboren, der von unfähigen Kommandeuren geführt wurde, welche ihren Posten aufgrund politischer und nicht militärischer Erwägungen erhalten haben, die schließlich auch mich sinnlos verheizt haben. Der ganze Krieg war eine Farce, um Steuern sparen zu können. Dies war einer der Gründe, warum ich mich bei dieser Gelegenheit der Inquisition anschloss. Ich wollte nicht primär die Hexe, den Mutanten, den Verräter und das Xenos bekämpfen, sondern den Idioten auf die Finger klopfen, welche sinnlos Ressourcen jeder Art durch ihre Unfähigkeit oder bewusste Sabotage verschwenden. Allerdings hielten mich die ganzen Kulte davon ab, mich je wirklich darum kümmern zu können. Das Böse ist immer und überall. Nun hat eine neue Fraktion die Bühne betreten, welche das Imperium zerreißen wird. Einst dachte ich, in Gavri Pilgertochter wäre ein Dämon, ein raffinerter, weit planender Dämon. Ich weiß immer noch nicht, was in ihr ist, aber es ist keine bekannte Dämonenart, sondern eher etwas Anderes. Ich habe gesehen, wie sie tötet, sie hat keinerlei Freude daran, sondern erledigt es als eine notwendige Pflicht. Kein Dämon wäre dazu in der Lage. Nicht nach meinem Wissenstand. Sie strebt nach Ordnung, also ist sie der Gegenpart des Chaos.

Gavri Pilgerstochter oder Gabriel, wie immer sie nun auch heißt, hat dafür gesorgt, dass ich nach Terra zurückbeordert werde. Die Passage wird auf einem schwarzen Schiff der Scholastica Psikana erfolgen. Allerdings wird diese Ernte nicht beim Imperium abgeliefert werden, sondern bei Gabriel. Mit den Psionikern wird sie kleine Leuchtschiffe unterhalten und damit wichtige Handelsrouten nach dem erlöschen des Astronomicon offen halten, um die Makropolwelten mit überlebensnotwendigen Gütern zu versorgen.

Die Entscheidung ist mir sehr schwer gefallen. Entweder ich halte dem Imperium die Treue und verrate die Menschheit oder ich verrate das Imperium und helfe dabei, dass die Menschheit überleben wird. Es kann sein, dass ich irgendwann als der größte Trottel der Galaxis dastehe, der einer gut getarnten Chaosrebellion den Weg geebnet hat. Aber es kann auch gut sein, dass unser und mein Handeln einen wichtigen Beitrag leisten wird, die Menschheit vor der vollständigen Vernichtung zu retten. Wer mir folgen will, kann das tun. Alle anderen werden interniert werden, bis der Krieg vorbei ist. Wann auch immer das sein mag." Alle schauten ihn an, Syntyches Gesicht war reiner Unglauben, Mattan sah erschreckt aus, Shiloh lächelte leicht und Zebulons Mine verriet, dass er ganz und gar nicht begeistert war.

"Könnte ich Euch unter zwei Augen sprechen?", fragte Zebulon. "Hüte dich vor Zebulon", waren Gabriels letzte Worte gewesen, bevor sie weggesprungen war und entsprechend war er auf der Hut.

"Gerne, wenn ihr uns bitte allein lassen würdet?" Die anderen gingen nach kurzem Zögern.

"Ihr wollt dem Imperium wirklich den Rücken kehren oder ist das nur ein Test für unsere Loyalität?"

"Das ist kein Test, das ist die Realität. Das Imperium nähert sich dem Untergang. Ich weiß mehr als Ihr und ich kann nur sagen, dass das Imperium weit über die Grenze belastet ist. Tyraniden fallen in den östlichen Sektoren wie Heuschrecken ein, Orks machen sich immer breiter, neue Imperien wie die der Tau steigen auf, sogenannte Necrons, uralte Wesen in Metallkörpern fordern ihre Planeten zurück. Inzwischen habt ihr die Rede von Gabriel ja alle gesehen und sie hat recht. Das Imperium wird an seinem eigenen Verwaltungsapparat und überkommenen Doktrinen ersticken, während der Leib von allen Seiten gefressen wird. Ein neuer Wind muss her. Einst hatte ich geglaubt, dass ich als Inquisitor etwas dazu beitragen könnte, den Muff aus Jahrzehntausend alten, längst überholten Anweisungen zu vertreiben. Aber entfernt man einen Idioten aus einem Amt, wartet schon jemand darauf, der auch nicht viel kompetenter ist. Die Abstammung ist für ein hohes Amt zu wichtig, sodass nicht die Fähigsten den Posten bekommen, sondern die mit der besseren Abstammung und dem größeren Filz."

"Und deswegen wollt ihr die Gnade des Gottimperators zurückweisen? Fehlt es euch so an Glauben?"

"Ich glaube an den Imperator in dem Sinne, dass er uns vor dem Bösen beschützt. Aber der Verwaltungsapparat des Imperiums vernichtet seine Werke. Seine große Zeit war vor Zehntausend Jahren, aber sein eigener Sohn hat ihn getötet."

"Aber das ändert nichts daran, dass er die Menschheit beschützt. Vielleicht nicht so gut, wie es wünschenswert wäre. Aber ohne Imperator kann die Menschheit nicht sein. Ich kann ihn nicht verraten, ich werde ihn nicht verraten. Und ich werde nicht zulassen, dass Ihr ihn verratet!" Für einen großen Mann bewegte sich Zebulon sehr schnell auf ihn zu. Obwohl er auf einen Angriff gefasst war, zog er seine Pistole nicht schnell genug aus dem Holster, die er nach seinem Überlaufen zurückbekommen hatte. Während Zebulon seine Armgelenke packte und unverrückbar wie in einem Schraubstock fest hielt, gab der Hüne ihm eine äußerst schmerzhafte Kopfnuss. Er sah nur noch Sterne. Zebulon rammte ihn zu Boden und drückte ihm die Luft aus den Lungen. Seine Pistole flog weg. Verdammt, war dies sein Ende?

- Rückblick

Segmentum Pacificus

Sektor Cabulis

System Cabulis

Planet Boonhaven

Nördliche Hemisphäre

Stellung vor Höhe 495

Zeit: 2 824 810.M41

Person: Herad Tabelmann

Es war ein sonniger spätherbstlicher Morgen, als die Zeremonie begann. Ehrenformationen der PVS, der am Feldzug beteiligten imperialen Regimenter verschiedener Welten und eine Abordnung der Space Marines des Ordens der White Consuls waren angetreten, um den neunundvierzig gefallenen Helden ihren Respekt zu zollen. Drei Monate war es nun her, dass die Ereignisse, die Herads Lebens so verändert, stattgefunden hatten. Nach Gorshagas Tod waren die Orks wie verwandelt gewesen. Hatten sie vorher als eine Armee mit strategischer Weitsicht gehandelt, zerfielen sie innerhalb kürzester Zeit in einen unkoordinierten Haufen kleiner Kontingente, die sich auch gegenseitig um Ressourcen bekriegten. Nun war es ein Leichtes, die einzelnen Verbände einzukesseln und zu vernichten. Die Raumgewinne waren phänomenal, innerhalb von drei Monaten konnte die Frontlinie fünftausend Kilometer weit nach Osten verlegt werden. Die allesamt motorisierten Orks zogen sich teilweise schneller zurück, als die Imperiale Armee ihnen zu folgen vermochte.

Es gab inzwischen drei große Horden von Grünhäuten, die sich halbwegs koordiniert auf den Brocken zurückzogen, aus dem einst die Orks gekrochen waren. Es war ersichtlich, dass die Orks nur noch weg wollten und es war nur eine Frage der Zeit, bis der ganze Planet wieder den Menschen alleine gehören würde. Wobei es natürlich jetzt galt, wachsam zu bleiben. War einmal eine Welt teilweise von Orks besetzt gewesen, war sie für lange Zeit kontaminiert. In jedem Ort würden Milizen dafür sorgen, jeden grünen Pils zu verbrennen, bevor ein elendiges Xenos daraus schlüpfen konnte.

Aber heute war ein Tag der Trauer, des Triumphes und des Jubels. Die Schlacht um Höhe 495 hatte den Wendepunkt gebracht und innerhalb kürzester Zeit hatten Bautruppen aus dem unscheinbaren Hügel ein Heldendenkmal gemacht. Auf der Spitze stand nun ein Gebäude mit fünfzig marmornen Säulen, die ein Dach trugen, auf dessen ebener Fläche die Skulptur eines Tremorgeschützes stand, dazu die überlebensgroßen Statuen der Bedienmannschaft. Also von Stecher, Metzger und ihm selbst. Auf jeder der Säule waren großen goldenen Lettern der Name des Rekruten gemeißelt, die hier gekämpft hatten. Unter der Säulenhalle lag eine Gruft mit fünfzig Nischen, von denen heute neunundvierzig gefüllt wurden.

Herad schritt in der grünen Paradeuniform voraus. Auf seinen Litzen prangte nun das Abzeichen eines Leutnants der PVS von Boonhaven. Seine schwarzen Stiefel waren so blank poliert, dass sich die Szenerie in ihnen spiegelte. Auf dem Gurt seines schwarzen Wehrgehänges aus Leder prangten das Honorifica Imperalis, welches Herad für seine Teilnahme an der Schlacht um Höhe 495 bekommen hatte. Knapp darunter steckte das scharlachrote Ehrenmedaillon, ebenfalls eine Auszeichnung die mit den Ereignissen jenes Tages zusammenhing. Weitere regionale Orden, die er in die letzten Tage für seine Heldentat an die Brust gesteckt bekommen hatte, reihten sich auf. Bei jedem Schritt klimperten sie. Das war schon zu viel des Guten, aber er durfte sie nicht ablegen, weil das Protokoll eine volle Brust vorschrieb. Jeder Idiot sollte ihn auf hundert Meter Entfernung als Boonhavens größten Helden erkennen. Auf seiner grünen Schirmmütze prangte schon beinahe einsam ein goldener Stern.

Hinter ihm folgten die neunundvierzig Särge, jeder von sechs Angehörigen der Regimenter getragen, die an diesem Krieg teilgenommen hatten. Hinter den mit der offiziellen Flagge von Boonhaven bedeckten Särgen schritten die Familien der Gefallenen, manchmal waren es nur ein oder zwei Personen, in anderen Fällen über fünfzig. Einige Familien hatten einen gewaltigen Blutzoll in diesem Krieg entrichtet. Der ganze Hügel war nun eingezäunt und nur ein Triumphbogen erlaubte den Zugang. Auch dieses Bauwerk war aus weißem Marmor gefertigt, an der Außenseite hing der doppelköpfige Adler des Imperiums. Darunter war das Wappen der 77. PVS gemeißelt und die Worte: Hier bezwangen fünfzig Mutige Krieger von Boonhaven den Anführer der Xenoshorde, "Gorshaga". Mögen ihr Mut und ihre Opferbereitschaft uns für alle Zeit ein inspirierendes Beispiel sein. Auf der anderen Seite stand unter einem weitere Aquila der Satz: Nur wer alles gibt, kann den Sieg erringen.

Hinter dem Tor lag ein Platz, auf dem später ein Museum und eine Kirche errichtet werden würden. Als Notlösung übernahmen momentan zwei große Zelte diese Aufgabe. Dann kam die Treppe mit den fünfzig Stufen. Auf jeder war ein Mosaik, die ein Bild, den Namen und die Lebensdaten eines der Helden von Höhe 495 in alphabetischer Reihenfolge zeigte. Teilweise waren die Konterfeis so weit vom Original entfernt, dass er nur durch den Namen auf der Stufe erkennen konnte, wer da abgebildet sein sollte. Von einigen kannte er nicht mal ihren richtigen Namen, da er sich nur ihre Spitznamen gemerkt hatte.

In der Säulenhalle selbst standen einige hohe Würdenträger der Imperialen Verwaltung, der Ekklesiarchie, des Mechanikus, der Imperialen Armee, der Armee von Boonhaven, der Hauptmann der 3. Space Marine Kompanie der White Consuls, Adlige des Segments und der Gouverneur Kysor VI von Boonhaven und der Systemgouverneur Trevyn I Luterroth von Tempris bereit. Alle wollten sich im Zeichen des Sieges sonnen. Egal, ob sie nun dazu beigetragen hatten oder nicht. Darunter hatte sich auch sein neuer Vorgesetzter, der Großinquisitor gesellt. Seine Callidus Assassine trug ein aufwendiges Kleid und niemand hätte in ihr etwas Anderes vermutet, als eine wunderschöne Kurtisane. Beide schienen sich köstlich in ihrer kleinen Scharade zu amüsieren. Wenigsten jemand hatte heute seinen Spaß. Eine breite Treppe führte in die mit Leuchtkugeln erhellte Gruft.

Danach wurden die Särge nach und nach in die vorbereiteten Wandnischen eingebettet. Die Zeremonie war jedes Mal dieselbe. Ein Bischof der Ekklesiarchie schwenkte seinen Weihrauchbehälter und murmelte eine für Herad kaum verständliche Formel in Hochgotisch, das garantiert keiner der Familienangehörigen verstand, während er das wenigstens in der Schola hatte pauken müssen. Dann nahm Herad die Fahne vom Sarg, faltete sie zusammen und übergab sie einem Vertreter der Familie seines Kameraden. Meist war dies die Mutter, manchmal auch der vom Krieg verstümmelte Vater oder eine Schwester. Mühlstadt hatte nur noch eine kleine Schwester als einzige Angehörige, die mit großen Augen die Fahne entgegennahm. Sie trug die Uniform der Schola Progenium und war in Begleitung einer Nonne angereist. Das war ein Aufstieg für das dürre Kind, welches bisher nur in provisorischen Waisenhäusern aufgewachsen war, da sie am Tag des Bombenangriffs, der Mühlstadt von der Landkarte radiert hatte, geboren worden war.

Manche weinten, als er ihr die Fahne übergab, andere zitterten, die Mutter vom Kleinen Günther drückte ihn an ihre bebende Brust. "Ich danke dir, mein lieber Junge, dass du auf meinen Kleinen achtgegeben hast. Er hat immer von dir geschrieben. Günther hat gemeint, du würdest noch Großes tun, da du ein guter Anführer bist. Sechs Söhne habe ich dem Imperator geschenkt, ich danke dir, dass ich meinen Siebten nun behalten darf." Damit war der große Junge neben ihr gemeint, etwa vierzehn Jahre alt, bald wäre er normalerweise eingezogen worden. Das blieb ihm nun erspart. Herad hatte einen trockenen Hals, dachte daran, wie der Kleine Günther von dem Orkboss ganz beiläufig erschossen worden war.

Einmal übergab er einer jungen Frau in der Uniform einer Lernschwester die Fahne. Sie war die Schwester von Lars Kopinski, den sie wegen seiner erfundenen Weibergeschichten nur "Stecher" genannt hatten. Sie war sehr hellhäutig, hatte blaue Augen mit dunklen Ringen unter den Augen und unter ihrer Schwesternkappe lugte frech eine blonde Haarsträhne hervor. Ihre blutroten Lippen zogen unweigerlich den Blick an. Etwas an ihr fand Herad überaus erregend, selbst in dieser bizarren Situation. Wortlos nahm sie die Fahne mit dem aufgesteckten Todeskreuz an sich und ihre Hände berührten sich länger, als es hätte sein müssen. Dann war der Augenblick vorüber, sie stellten sich gemeinsam für die Erinnerungslithographie auf und Herad ging zur nächsten Zeremonie.

Endlich war auch der neunundvierzigste Sarg verstaut und die letzte Fahne übergeben. Das war die Familie von Willie, eigentlich Wilhelm Zastler, den sie nur Kabel genannt hatten. Sein Vater war Rundfunktechniker, hatte keine Beine mehr. Willie hatte ihm mal erzählt, dass sein Vater sich am sehnlichsten Prothesen für seine Beine wünschte, aber er die nicht genehmigt bekam. Als Vater eines Märtyrers und Helden hatte er nun künstliche Beine und nahm stehend die Fahne seines Sohnes entgegen.

Alle versammelten sich wieder oben unter dem Dach des Ehrenmals und die Geschütze der Artillerie feuerten einen fünfzigfachen Ehrensalut. Für die Lebenden hatten sie keine Munition übrig gehabt, für die Toten nun schon. Das war alles eine riesengroße Farce und Herad bebte innerlich vor Wut. Hätte er nur die notwendigen Ressourcen gehabt, ein Großteil seiner Leute würde noch leben. Aber so lagen ihre Überreste in den Särgen unter ihm. Nach dem Sieg waren zwar die Leichen geborgen worden, aber teilweise waren sie so verstümmelt gewesen, dass eine Identifizierung mit den zur Verfügung stehenden Mitteln angeblich nicht mehr möglich war. Wahrscheinlich hatte ein Schreiberling die entsprechenden Mittel nicht bewilligt. In Särgen steckten tatsächlich die Überreste seiner Leute, aber die wenigsten dürften richtig zugeordnet worden sein.

Um den Hügel herum hatte sich eine gewaltige Menschenmenge versammelt, die nach dem letzten Schuss in einen gewaltigen Jubel ausbrach. Der Krieg war so gut wie vorbei, der Feind in ungeordneter heilloser Flucht und die ersten Flüchtlinge zogen in ihre zerstörten Städte und Häuser, um diese wieder aufzubauen. Jahre harter Arbeit und Entbehrungen erwartete sie, aber heute jubelten sie und freuten sich. Schließlich erstarb der Beifall und hohe Würdenträger hielten Ansprachen. Der Gouverneur sprach von einem Neuanfang, davon, dass es aufwärts ging, dank des ultimativen Opfers der tapferen Neunundvierzig. Danach sprach der Bischof, auch er predigte Opferbereitschaft und das sich das Märtyrertum immer auszahlte. Millionen von planetaren und imperialen Soldaten waren vor ihnen verreckt, weil Gorshaga mit etwas strategischem Können und dem Umstand, den imperialen Code geknackt zu haben, diesen Planet nun zwei Jahrzehnte lang terrorisieren hatte können. Viele Orks waren es nie gewesen, aber sie waren einfach besser geführt gewesen, trotz ihrer Undiszipliniertheit.

Dann sprachen noch andere hohe Würdenträger, ihre Worte wiederholten sich, leere Worthülsen, Hauptsache an diesem wichtigen geschichtsträchtigen Tag eine Rede gehalten. Endlich wurde zum Trauergottesdienst in dem Zelt geladen, welches die geplante Kirche ersetzte. Hier waren nur er und die Familienangehörigen eingeladen. Eigentlich hatte Herad die gleiche Leier noch einmal erwartet, aber der alte gebeugte Bischof hatte seien Hausaufgaben gemacht und bedachte jeden einzelnen Rekruten mit einer kurzen persönlich gehaltenen Ansprache. Er ging auf ihre Vorlieben und Werdegang ein. Und der Bischof hatte noch nicht einmal ein Manuskript, sondern redete frei heraus. Das beeindruckte Herad ungemein. Nicht jeder von der Ekklesiarchie schien ein gemeiner Kerl zu sein. Seine Rache gegenüber Vater Isaiah war ins Leere verpufft, hatte dieser doch von der Schola Progenium seinen Abschied genommen und hatte einen Zelotentrupp in den Heldentod geführt. Dabei hatte der ehemalige Drillabt das Martyrium erlitten, wie das so schön umschrieben wurde.

Schließlich neigte sich auch dieser Gottesdienst seinem Ende zu, als sie alle gemeinsam das Lied vom Märtyrer und das vom guten Kameraden sangen. Den meisten standen die Tränen in den Augen und Herad schämte sich der seinen nicht. Damit war das offizielle Programm für heute beendet. Herad war sofort umringt und er musste einige Fragen beantworten. Und auf den meisten Fragen musste er Lügen. Besonders wenn er von Müttern gefragt wurde, ob ihre Söhne hatten Leiden müssen. "Nein, es war ganz schnell gegangen." war seine Standardantwort auch bei denen, die mit heraushängenden Gedärmen von ihm erlöst oder von Grotz totgeschlagen worden waren.

"Du!" die kleine Schwester von Mühlstadt zupfte an seiner Uniform. Herad ging in die Knie, um mit ihr auf gleicher Höhe zu sein. "Wenn ich groß bin, werde ich auch Märtyrerin!", erklärte sie mit dem Brustton der Überzeugung.

"Die Grünhäute sind besiegt, du brauchst keine Angst zu haben", erwiderte Herad etwas gerührt. Er versuchte sich verzweifelt an den bürgerlichen Namen von dem Jungen zu erinnern. Friedrich Gruman, wenn ihm nicht alles täuschte.

"Ich habe keine Angst, denn der Imperator beschützt mich doch! Ich werde eine Sororitas Schwester und dann müssen die Grünhäute vor mir ganz doll Angst haben, denn ich werde ihnen wirklich richtig fest wehtun", erklärte sie mit fester Stimme und in ihren Augen leuchtete ein fanatisches Feuer. Die Schola schien bei ihr schon viel bewirkt zu haben.

"Mach das!", meinte Herad und hatte Mühe, dabei ernst zu bleiben.

"Und ich werde mich dann zu deine Ehren Schwester Heradine nennen!", meinte sie und drehte sich dann ohne weitere Worte um, die zusammengefaltete Fahne fest an die Brust gepresst. Kopfschüttelnd sah Herad ihr nach. So klein und schon so fanatisch. Im nächsten Moment bekam er ein weiteres Gespräch aufgedrängt und vergaß den kleinen Zwischenfall.

Nach weiteren Gesprächen wurde zur Festtafel gerufen. In dem Zelt, in dem Trophäen wie abgeschossene Orkpanzer und das Tremorgeschütz ausgestellt war, mit dem er angeblich Gorshaga ins Jenseits gepustet hatte, bevor die Jagdbomber es schwer beschädigt hatten. Auf einem Sockel aus grünem Stein ruhte der fleischlose Schädel von Gorshaga. Seine leeren Augenhöhlen schienen ihn vorwurfsvoll anzusehen. Nach dem Fünf-Gänge-Menu, das ihm trotz allem unglaublich schal vorkam, konnte er sich endlich etwas absetzen. Alleine ging er hoch zu dem Ehrenmahl und genoss es für einen Augenblick für sich alleine zu sein. Vor der Säule, die seinen Namen trug, blieb er stehen. War es richtig, dass sein Name hier stand? Sollte hier nicht lieber an zwanzig Jahre Unfähigkeit erinnert werden, einen Anführer zu töten, der ganz alleine diese Horde hatte zusammen halten können? Schwere Schritte hinter ihm rissen ihn aus seinen düsteren Gedanken.

"Ein Sieger sollte glücklicher aussehen, Leutnant!", meinte der Hauptmann der 3. Kompanie der White Consuls. Herad überzeugte sich kurz, dass sie allein waren.

"Ihr kennt doch die Wahrheit, ich bin kein Held, ich habe Gorshaga nicht getötet."

"Indirekt eigentlich schon. Ohne euch wäre es um einiges schwieriger geworden."

"Aber es war die Callidusassassine Sheila, die Gorshaga getötet hat. Ihr habt das Kommando selbst geführt, das den Angriff des Großinquisitors die notwendige Schlagkraft verliehen hat."

"Sicher, mein Orden war beteiligt, es war eine Callidus, welche den letzten Hieb geführt hat. Aber dennoch, Ihr habt uns zu der Höhle des Waaghbosses geführt. Ohne Euch und den Kampf um Höhe 495 wäre der Konflikt nicht so schnell beendet worden. Und für die Bevölkerung ist es wichtig, dass es ihre Jungs waren, die den Sieg errungen haben, nicht die Imperiale Armee, nicht die Space Marines. Ihr habt dieser Welt ihren Stolz zurück gegeben. Der Preis ist eine kleine Lüge. Ihr glaubt doch nicht wirklich, dass die glorreichen Schlachten der Vergangenheit sich so abgespielt haben, wie sie in den Geschichtsbüchern stehen?" Eigentlich hatte Herad das geglaubt, jedenfalls bis gerade eben. Er sah ein, dass er noch viel zu lernen hatte.

"Ihr habt sicherlich recht", meinte Herad etwas unbehaglich. Dieser Welt ihren Stolz zurück geben, ja, der Marine hatte recht. Er konnte sich nicht erinnern, die Menschen seiner Welt so stolz und selbstbewusst erlebt zu haben wie in den letzten Tagen. Und er dachte an die Angehörigen, die so stolz auf ihre Söhne, Brüder, Neffen und Enkel waren. Was Herad so störte, er hätte all das erreichen können, wenn man ihn nur etwas unterstützt hätte, wenn die Nachfragen nach Artillerieunterstützung einfach positiv beantwortet wären. Vielleicht hätte er Gorshaga auch so aus seinem Kommandostand gelockt und irgendwie töten können. Dann wäre dieses Ehrenmal zu Recht errichtet worden.

"Macht es gut, Jungs, eines Tages sehen wir uns auf der anderen Seite wieder!", sagte Herad in Richtung Boden und blickte vorwärts.

Auf dem Weg nach unten bemerkte er eine einsame Gestalt zusammengesunken auf eine der Stufen hocken. Es war die Stufe von Lars Kopinski und die Person trug die Uniform einer Lernschwester. Er konnte deutlich hören, dass sie schluchzte. Aus einem Impuls setzte er sich neben sie und zog sein neues Etui mit Lho-Stäbchen heraus. Er öffnete es und bot dem Mädchen eines an. Sie blickte auf und ihre tränennassen blauen Augen bohrten sich in die seinen. Etwas war seltsam an der jungen Frau. Von ihrem Aussehen her musste sie wohl älter als Lars gewesen sein.

"Wie ist Lars gestorben?", fragte sie und nahm sich ein Stäbchen. Er zündete es ihr an und nahm sich auch eines. Das gab ihm Zeit, über die Antwort nachzudenken.

"Schnell!", erwiderte er. Sie lachte bitter auf.

"Ich bin angehende Krankenschwester und ich kann dir sagen, der Tod kommt selten schnell. Also erzähl mir keinen Scheiß." Sie blickte ihn mit harten Augen an und nahm dann einen tiefen Zug vom Stäbchen. Da sie nicht hustete, schien sie öfters zu rauchen.

"Stecher ist wirklich schnell gestorben, mehrere Projektile aus nächster Nähe in die Brust."

"Stecher? War das der Spitzname von Lars?"

"Ja, so haben wir ihn genannt. Er gab immer mit Frauengeschichten an." Das Mädchen lachte traurig.

"Lars und Mädchen, der bekam doch kein Wort in Anwesenheit von Mädchen heraus, geschweige denn bei Frauen."

"Waren auch alle erfunden."

"Ja, Lars, er hatte immer eine so blühende Fantasie. Als wir uns am Bahnhof verabschiedet haben, hat er mir gesagt, dass ich mir keine Sorgen machen brauchen würde. Er würde an einem Stück und als Held zurück kommen. Ein Held ist er geworden, aber ich hätte ihn lieber an einem Stück zurück bekommen." Sie nahm einen langen Zug und stieß dann den Rauch stoßweise aus. Dann nahm sie einen tiefen Schluck aus einer Amasec Flasche und reichte sie ihm. Auch er nahm einen großen Schluck und musste husten. Er war so harte Sachen nicht gewöhnt. Auf der Schola hatte es nie Alkohol gegeben und im Feld hatten sie zu wenig zum Tauschen gehabt, um sich was wirklich Starkes zu organisieren. Schnell stieg ihm der Alkohol zu Kopf und hatte Mühe, ihren Worten zu folgen. Sie erzählte von zu Hause, wie sie immer auf ihren kleinen Bruder hatte aufpassen müssen. Wie sie schließlich vor den Orks von ihrem Hof hatten fliehen müssen. Es hatte einen unerwarteten Durchbruch gegeben und Grünhäute mit roten Fahrzeugen hatten das Hinterland verwüstet. Ihr Vater war schon lange gefallen, ihr Großvater hatte den Hof geführt und hatte sich als Köder geopfert, um die Orks von der restlichen Familie abzulenken. Sie waren schließlich aufgesammelt und in ein Flüchtlingslager gesteckt worden. Ihre Mutter war krank geworden und war nur kurz vor ihrem Sohn gestorben. Krista, so hieß das Mädchen, war schließlich in das Schwesternchor eingetreten, da sie nicht in den Munitionsfabriken arbeiten wollte. Schließlich versandeten ihre Worte und Herad betrachtete die Szenerie unter ihm. In den Zelten wurde noch gefeiert. Adlige und Würdenträger hatten einen gewaltigen Appetit auf Essen und alkoholische Getränke, während die arme Zivilbevölkerung sich schon längst mit knurrenden Magen in ihre Zelte zurückgezogen hatte. Irgendwie war das alles nicht richtig. Nichts war hier richtig.

"Willst du mit mir schlafen?"

"Hä?", fragte Herad, der nicht glauben konnte, was er gerade gehört hatte.

"Willst du mit mir schlafen?", wiederholte sie ihre Worte und ihre Hand ruhte auf seinem Schenkel.

"Nein, nie würde ich das wollen", wehrte er ab, obwohl allein schon ihre Nähe sein Gemächt hatte hart werden lassen.

"Bin ich so hässlich?" Kristas Augen funkelten ihn wütend an.

"Nein, aber du bist die Schwester von Lars! Er würde das sicher nicht wollen", stammelte er und kam sich wie der komplette Idiot vor, der er wohl war.

"Natürlich würde er das wollen! Für ihn warst du ein verdammter Held. Seine Briefe waren voll von dir. Herad hier, Herad da. Du machst mich feucht in deiner feschen Uniform und das Leben kann so kurz sein." Sie griff seine Hand und zog ihn hoch. Ohne wirklich Widerstand zu leisten, trottete er etwas bedeppert hinter ihr her. Irgendwie hatte er sich sein erstes Mal anders vorgestellt. Er dachte an Sheila, an ihre großen Brüste und wusste, dass sie ihn niemals ran lassen würde. Er war noch nicht mal sicher, ob sie mit seinem Lehrmeister intim war. Die beiden foppten sich zwar andauernd, aber ob sie eine sexuelle Beziehung hatten, war ihm nicht wirklich klar.

Krista führte ihn in eines der Zelte, welche für die Angehörigen der "Helden von Hügel 495" reserviert waren. Es waren neunundvierzig an der Zahl und da Krista die einzige überlebende Kopinski war, hatte sie das Zelt für sich ganz allein. Sie schubste ihn rücklings auf ihr Bett und legte sich auf ihn. Er spürte ihren Körper und weichen Rundungen unter der Schürze, die sie immer noch trug. Ihr Lippen trafen sich und Krista zeigte ihm, wie man richtig küsste. Sein anfänglicher Widerstand war gänzlich geschmolzen und ihre Küsse waren heiß. Er hatte wenig Ahnung von der Materie, was bei Krista nicht der Fall war. Sie richtete sich auf ihm auf und zog ihre Schürze aus, knöpfte ihre Bluse auf und befreite ihre weißen Hügel aus ihrem Gefängnis.

"Hu!", meinte Herad und wusste nicht genau, was sie von ihm erwartete. Sie nahm seine Hand und drückte sie auf ihre Brust. Ungeschickt begann er, sie zu liebkosen. Ihr Fleisch war so herrlich weich. Sie beugte sich vor und er nahm eine ihrer harten Warzen in den Mund und nuckelte etwas daran. Sie kicherte. Weil sie das kitzlig fand oder ihn wegen seiner gänzlichen Unerfahrenheit auslachte, wusste er nicht. Offensichtlich hatte sie eingesehen, dass er überhaupt keine Ahnung hatte, was da gerade ablief, also übernahm sie die Initiative. Sie knöpfte seine Hose auf und zog sie runter. Als er anfangen wollte, seine Jacke auszuziehen, hielt sie ihn auf.

"Deine Uniform macht mich geil, lass sie bitte an." Dann umfasste sie sein Gemächt und fing an zu reiben. Das war schön und er stöhnte auf.

"Nicht, dass du mir gleich abspritzt."

"Woher kennst du dich so gut aus?", fragte er und erkannte augenblicklich, dass er das Falsche gefragt hatte.

"Was glaubst du, wie man als Mädchen allein in einem Flüchtlingslager überlebt?" In ihren Augen blitzte Wut auf. Ob nun über ihn im Besonderen oder die Ungerechtigkeit der Welt im Allgemeinen konnte er nicht sagen. Aber er sah ein, dass dies ein Fehler war. Sie wollte nicht mit ihm schlafen, sondern mit dem, was er für alle darstellte, dem Held von Höhe 495. Er wollte sich aufrichten, aber sie drückte ihn zurück und beugte sich zu ihm herab. Ihre roten Lippen wussten, was sie zu tun hatten, als sie sein Schwert umschlangen. Gleich darauf war jeder Gedanke daran geschwunden, das Ganze abzubrechen. Es war erstaunlich, wie viel von seinem Gemächt in ihrem Mund Platz hatte, da ließ sie schon wieder los und bestieg ihn mit gerafftem Rock. Sie hatte ihre Unterhose ausgezogen und wetzte seine Spitze an ihrer wirklich sehr feuchten Spalte. In der Beziehung hatte sie die Wahrheit gesagt. Dann war er in Krista drin und wusste gar nicht, wie ihm geschah. Zuerst bewegte sie sich sehr sachte und nur ein kleines Stücken auf und ab. Schließlich fuhr die Reiterin in immer schnellerer Folge bis zum Anschlag auf ihn herab. Dabei rieb Lars Schwester sich an ihm. Kristas Atem wurde schneller, ging stoßweise, bis sie anfing, leise zu stöhnen. Das Gesicht der Schwesternschülerin glänzte vom Schweiß und auch ihm war heiß. Dann konnte er sich nicht mehr halten und ergoss seinen Samen in ihr. Für einen kurzen Moment wurde im eiskalt und er glaubte, etwas sehr Finsteres zu spüren. Aber dann war wieder alles, wie es sein sollte, und er achtete nicht weiter darauf, da er es auf den ungewohnten Amasec schob. Krista hörte auf, sich auf ihm zu bewegen, und sank neben ihm ermattet auf das Feldbett.

-Das ist also die Liebe, - dachte Herad und fand das Ganze eher peinlich als wirklich erregend. Er hatte keine Ahnung, warum alle um diesen Akt einen solch Aufheben machten.

"Puh, nicht schlecht für eine Jungfrau", sagte Krista und meinte ihn damit. Es war wirklich sein erstes Mal gewesen und er fühlte sich ehrlich gesagt nicht männlicher als zuvor. Die ganze Sache hatte etwas Surreales an sich und er hatte keine Ahnung, was sie jetzt wohl von ihm erwartete. Lobte er ihre Kunstfertigkeit, würde sie das wohl so verstehen, dass er sie für eine Hure hielt, die für Essen an Schwänzen gelutscht hatte.

"Es war schön", log er und zog seine Hose wieder hoch.

"Ich muss mal für große Helden", entschuldigte er sich und stolperte beinahe über seine eigenen Beine, als er überstürzt das Zelt verlies. Er sollte Krista Kopinski nie mehr wiedersehen und erfuhr nie, dass sie im Kindbett verstarb, als sie ihrer gemeinsamer Tochter das Leben schenkte. Er konnte sich am nächsten Morgen noch nicht einmal mehr erinnern, was er in der Nacht getan hatte.

Gedanke des Tages

Ursprünglich waren dieses und das nächste Kapitel eins, aber als ich dann gesehen hab, das es zusammen fast 12000 Wörter hat, habe ich es doch geteilt. Es zeigt sich, dass Herads Gefolge teilweise doch nicht so einfach überlaufen will und ein weiterer Aspekt von Herad wird enthüllt. Das nächste Kapitel ist das Letzte des Bandes.

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Persona Dramatis

Die Inquisition

Ordo Hereticus

Herad Tabelmann: Inquisitor, stammt von Boonhaven, ehemals Angehöriger der PVS, gehört der gemäßigt radikalen Fraktion der Rekongregatoren an.

Seine Akolythen

Shiloh: Interrogatorin und Geliebte von Herad, stammt von der Wüstenwelt Toth

Zebulon: Explikator und hochgewachsener Spezialist für schwere Waffen, führt am liebsten seine "Kreissäge", ein Maschinengewehr ins Gefecht, stammt von Plaines.

Syntyche: Novizin und Sanktionierte Psionikerin, etwas schusselig und weichherzig

Mattan: Älterer Mann und wissenschaftlicher Berater

Kapitel 9

Position:

Konföderation des Lichtes

Segmentum Pacificus

System Verräterstern

Orbit von Fabrik

Transporter GK MK.103 SP XXIV

Zeit: 2 849 996.M41

Person: Zebulon

Zebulon weinte, als er das Leben aus Herad Tabelmann herauspresste. Dass der Alte jemals zum Verräter werden würde, hätte der Hüne nie gedacht. Der Inquisitor war schwach geworden, diese verdammte Hure von Shiloh hatte ihn so werden lassen. Er hätte die blutüberströmte Göre in ihren Ketten damals einfach erschießen sollen, hätte alles viel einfacher gemacht. Und dies hier wäre niemals nötig gewesen. Die Bewegungen von Tabelmann wurden hektischer, er war kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren. Gleich würde er es vollbracht haben. Dann spürte er das Gewicht auf seinen Rücken und die Fingernägel, die durch sein Gesicht fuhren, auf der Suche nach seinen Augen. Shiloh!

Er wusste um die Gefährlichkeit der Wüstenkriegerin und ließ sofort den inzwischen Regungslosen Inquisitor los. Der war zwar noch nicht tot, aber erst mal ausgeschaltet. Der Mann griff nach hinten und bekam einige von Shilohs lange Zöpfchen zu packen. Die Eitelkeit der Frauen war ihre größte Sünde und Schwäche. Hart riss er daran und schleuderte dann die Frau von sich runter. Schnell kam er auf die Beine, blockte den Tritt der sofort wieder auf die Beine kommenden Wüstenkatze ab und schlug mit einem schweren Schwinger nach ihr. Sie duckte sich, wich vor ihm zurück.

"Verfluchte Verräterin! Du bist am allem schuld! Du hast den Alten weich gemacht!", schrie er ihr entgegen.

"Nein, Herad hat selbst gewählt!" Er schlug nach ihr, sie wich aus. Verdammt, war die kleine Metze schnell. Das war schon immer Shilohs Stärke im Kampf gewesen, ihre verdammte Schnelligkeit. Sie trat wieder nach ihm, aber diesmal bekam Zebulon die Wildkatze an ihrem Knöchel zu fassen. Mit einem Ruck warf er sie um und rammte sie zu Boden.

"Hört auf! Alle!" Mattan hatte sich die Infernopistole des Alten gekrallt und richtete sie mit zitternden Händen auf ihn.

"Lass den Scheiß! Oder bist du auch ein Verräter?"

"Ich will, dass ihr aufhört!" Matten zitterte so stark, dass zu befürchten war, dass die Waffe ohne seinen Willen losgehen konnte.

"Erschieß ihn!", kreischte Shiloh unter ihm hysterisch. Zebulon packte die zappelnde Shiloh und riss sie wieder hoch, dabei trat er vorher noch auf einige ihre Zöpfchen, die er ihr dabei herausriss. Sie kreischte entsprechend, als der Hüne die Wüstenkriegerin als Schutzschild missbrauchte. Keuchend kam gerade der Alte wieder zu Bewusstsein. Das war nicht gut. Aber Shiloh würde er noch mitnehmen, schließlich hatte sie den Keil zwischen sie getrieben, hatte die Schwäche in das Gefolge gebracht. Herad quälte sich mühsam japsend auf die Beine und forderte die Waffe ein, die Mattan ihm nur zu gerne überließ.

"Genug mit den Faxen, lass Shiloh los", krächzte der Verräter und spuckte Blut aus.

"Schieß doch! Mal sehen, ob Eure Hand ruhig genug ist, um nicht Euer verdammtes Flittchen zu treffen."

"So muss es nicht enden."

"Doch, mit Verrätern verhandelt man nicht. Beim Thron, dass ich das Euch mal erklären muss!" Inzwischen hatte er seinen Griff so geändert, dass er ihr mit einem Ruck das Genick brechen konnte. Das hätte er gleich auch bei Herad machen sollen. Aber hinterher ist man ja immer schlauer. Mit festen Schritten kam er auf Herad zu, dessen Hände noch von der Anstrengung zitterten.

"Hört auf! Alle!" Das war Syntyches Stimme. Zebulon spürte, wie zum Shiloh aus seinem Griff gerissen wurde und wie er gegen die nächste Wand flog. Hart prallte er auf, die Luft wurde aus seinen Lungen gepresst und er sah nur Sterne vor seinen Augen aufblitzen. Jetzt war auch Syntyche zur Verräterin geworden. Das hätte er jetzt von ihr nicht erwartet. Als er wieder klar sehen konnte, realisierte er, dass alle Anwesenden gegen die Wände geklatscht worden waren und von unsichtbaren Kräften dort gehalten wurden. Syntyche stand in der Mitte, ihre Haarmähne stand nach allen Seiten ab und knisterte vor Energie. So hatte er die junge Frau noch nie gesehen. Meist stand sie da wie ein kleines Mäuschen, immer darauf bedacht, nicht im Weg zu stehen oder aufzufallen. Aber jetzt stand Syntyche da wie eine Löwin, energisch und zu allem entschlossen.

"Ihr hört jetzt auf, euch gegenseitig umzubringen! Verdammt noch mal! Ihr benehmt euch, als währt ihr im Kindergarten! Anstatt das wie erwachsene Menschen auszudiskutieren, schlagt ihr aufeinander ein! So geht das aber nicht! Wir beruhigen uns jetzt alle erst mal und dann setzen wir uns gemeinsam an einen Tisch und bereden die Sache wie erwachsene Menschen!"

"Über Verrat lässt sich nicht diskutieren!", presste Zebulon zwischen seinen Zähnen hervor.

"Mit dem Scheißkerl rede ich kein Wort", giftete Shiloh.

"Mund halten und zwar alle! Ich habe das Gefühl, als ob ich Eldar reden würde! Wir beruhigen uns jetzt alle, Okay?" Das letzte Wort betonte sie besonders und Zebulon konnte spüren, wie ihre Kräfte auf ihn einwirkten und ihn wirklich ruhiger werden ließen. Die kleinwüchsige Frau schaffte es wirklich, dass sie sich alle an einen Tisch setzten.

"Hm, wo waren wir gerade stehen geblieben? Hm, am Verrat am Imperator!", begann Zebulon nachdem das Schweigen unerträglich geworden war.

"Kein guter Anfang, Zeb! Kein guter Anfang! Aber ich werde nicht auf ein schwarzes Schiff gehen, unter keinen Umständen! Und ich werde mich nicht internieren lassen! Ich will mein Leben zurück! Das Leben einer freien Frau, die heiraten kann, wen sie will! Ich will Kinder mit meinem angetrauten Mann bekommen, soviel ich will und wann ich will. Und ich will ein Startkapital. Das sind meine Bedingungen!" Syntyche machte einen entschlossenen Eindruck. Jedes ihrer Worte versetzte ihm einen Stich.

"Also verrätst auch du das Imperium."

"Ich wurde zu etwas gepresst, was ich nie sein wollte. Ich bin der schlechte Scherz eines puritanischen Inquisitors an Herad Tabelmann. Das Imperium hat mir alles genommen, meine Familie, meinen Namen, meinen Verlobten, mein Leben. Ich schulde diesem alles verschlingenden Moloch nichts. Und auch du, Zeb, schuldest ihm nichts. Ist ja nicht so, als ob man dir je die Wahl gelassen hätte. Und ich möchte, dass du mit mir kommst."

"Warum das denn?", fragte Zeb verblüfft. Ihm ging das Ganze viel zu schnell. Gerade eben waren sie noch ein Team gewesen, jetzt bestanden sie aus einer Ansammlung von Verrätern. Und den Verräter musste man töten.

"Weil ich dich verdammt noch mal liebe, du großer Hornochse du! Du sollst mein Mann werden!"

"Hm?"

"Ja!"

"Hm!"

"Dann seid ihr beiden Turteltäubchen ja versorgt", meinte Herad trocken und rieb sich den geschundenen Hals.

"Also, Zeb, willst du mich heiraten?" Syntyche sah ihn mit ihren großen Augen an und er sah sie an. Alles um ihm herum wurde etwas diffuser, während er sich ganz auf Syntyche fokussierte.

Er empfand sehr viel für diese kleine Frau, auch wenn er innerlich hin und hergerissen war. Aber war sie es wert, den Imperator zu verraten? Er glaubte nach wie vor an den Gottimperator, egal was diese Gabriel dazu zu sagen hatte. Und der Imperator sah alles und am Ende würde er über sie richten. Sein Urteilsspruch würde unbarmherzig sein und sie alle in den tiefsten Schlund der Hölle werfen, wo sie bis ans Ende der Zeit furchtbar gequält werden würden. Aber auf der anderen Seite hatte man ihn zu diesem Dienst gepresst, er hatte Dinge getan, die er nie hatte tun wollen. Er hatte Menschen furchtbare Schmerzen zugefügt und viele mit seinem Maschinengewehr getötet. Einige waren erwiesenermaßen schuldig gewesen, andere hatten nur das Pech gehabt, im Weg gestanden zu haben. Eigentlich hatte er in den letzten Jahrzehnten genug getan, um sich ein wenig privates Glück verdient zu haben. Zeb erforschte sein Herz und das war voller Liebe und Zuneigung für diese kleine, manchmal so schusselige und doch, vielleicht auch gerade deswegen, so liebenswerte Frau. Ja, mit ihr wollte er alt werden und ihre gemeinsamen Kinder aufwachsen sehen. Das Imperium hatte immer nur gefordert, ihm aber nie etwas gegeben. Er war weit weg von zu Hause, seinen Eltern, seinen eigenen Leuten. Er hatte genug getan, genug getötet, um alles wett zu machen, was er noch tun würde. Der Imperator musste verstehen, dass irgendwann mal Schluss war. Und so wie es aussah, war hier Schluss, dass Team existierte nicht mehr. Alles andere würde zu seinem Tod führen. Je länger er darüber nachdachte, desto schlüssiger wurde alles. Der Imperator und er waren Quitt. So einfach war das und damit war der Weg frei zu seinem persönlichen Glück. Auch wurde Syntyche, je länger er sie anstarrte, immer lieblicher und begehrenswerter. Am liebsten hätte er sie jetzt hochgehoben und in sein Bett getragen, um sie mit Zärtlichkeiten zu überschütten.

"Hm, wenn du mich so fragst, ja." Auf Syntyches Gesicht ging die Sonne auf und er verlor sich in ihrem lächeln.

"Dann wäre das ja geklärt, Shiloh?" Herad akzeptierte das einfach, was Zebulon überraschte.

"Ich werde mit dir gehen, wohin du auch gehst." Von Shiloh hatte er nichts anderes erwartet.

"Mattan?"

"Ich weiß nicht Herad, ich weiß nicht. Ich fühle mich zu alt, um Agent zu spielen oder verräterische Intrigen zu spinnen. Ich wäre gerne der Chronist der folgenden Ereignisse. Ich denke, das wäre ein Buch wert."

"Sieht so aus, als hätten alle ihre Entscheidung getroffen." Hinter ihm stand auf einmal die blonde Hexe, die eine unscheinbare blaue Uniform trug. Eigentlich wäre das jetzt die Gelegenheit. Herad hatte seine Infernopistole wieder gehalftert und es war durchaus möglich, diese schnell an sich zu bringen. Allerdings waren die Chancen verschwindet gering, selbst wenn sie keine übermächtige Hexe wäre. Aber auf einmal wurden seine Gedankengänge unterbrochen und im nächsten Moment wusste er noch nicht einmal mehr, was er gerade gedacht hatte. Wie strahlend rein diese Lichtbringerin war. Zebulon konnte nichts anderes tun, als sie anzustarren. Alles verblasste um ihn herum und als sie nur ihm ihr reines Lächeln voller Güte schenkte, glaubte er den absoluten Frieden gefunden zu haben. Wie hatte er je auch nur einen bösen Gedanken für so ein reines Wesen haben können?

"Wenn meine Bedingungen erfüllt werden, ja! Ich möchte ein freies Leben mit Zebulon führen und ich will nicht in einer Baracke hausen. Ich will genug Throne, um eine ertragreiche Ranch auf Plaines kaufen zu können. Dazu Papiere, die klar machen, dass wir gute Bürger des Imperiums sind." Syntyche wagte es tatsächlich, den Engel direkt anzusprechen und dabei auch noch Forderungen zu stellen. Ausgerechnet Syntyche, die meist den Eindruck erweckte, gleich los zu heulen, nur weil man sie ansah.

"Akzeptiert unter der Bedingung, dass ihr dort was für mich erledigt."

"Und was soll das sein?"

Und der Engel erklärte es ihnen.

Position:

Imperium

Segmentum Pacificus

Macharius Sektor

System Thoth

Welt Thoth

Südliche Hemisphäre

Bluthöhle

Zeit: 5 509 966.M41

Person: Aischa al Rahem

"Es ist wieder so weit, mein kleiner Schatz!" Träge öffnete Aischa ihre verklebten Augen. Ihre Ketten an der Fußschelle rasselten, als sie sich aufrichtete. Sie blinzelte mehrmals im Licht der Fackeln.

"Blut für den Blutgott!", krächzte sie mit mäßiger Begeisterung, schüttelte sich den Schlaf aus den Gliedern und kam halbwegs geschmeidig auf die Beine. Ihr nackter Körper war mit geronnenem Blut besudelt. Seit einem halben Jahr lebte sie nun bei den roten Männern und die hatten sie zu ihrem Maskottchen gemacht. Und zu ihrer Henkerin. Es lag keine Ehre daran, Frauen und Kinder zu töten. Aber der Blutgott brauchte ihr Blut, deswegen war es nur richtig, wenn die Geringste des Kultes das Amt des Tötens übernahm; und das war sie, Aischa al´Rahem.

Sie folgte dem Blutigen Scheik Schädelbringer zu dem Altar, wo schon das nächste Opfer angekettet wurde. Es war eine Frau, Aischa kannte sie nicht. Die unbekleidete Frau hatte Angst, bäumte sich in ihren Ketten auf, bettelte um Gnade. Khorne kannte aber keine Gnade, Khorne wollte nur Blut und Schädel. Deutlich konnte Aischa die Spuren der mannigfaltigen Misshandlungen am Körper der Frau sehen, die einer Opferung vorrausgingen. Das Mädchen nahm nach den vorgeschriebenen Gesten und Gebeten das rasiermesserscharfe Messer von dem blutroten Kissen.

"Dein Blut für den Blutgott!", kreischte sie, setzte das Messer an den Hals der Frau und zog es routiniert durch deren Kehle. Die durchtrennte Hauptschlagader spritzte Blut in die Richtung der Gläubigen. "Blut für den Blutgott!", grölten sie begeistert und schubsten einander, um etwas vom spritzenden Blut abzubekommen. In dem Moment lief ein Zittern durch das Gewölbe, wo sich der geheime Tempel des Khorne schon seit Äonen befand. Manchmal reichte auch ein Exterminatus nicht aus, um eine Welt dauerhaft aus den Fängen des Chaos zu lösen. Dann waren mehrere gedämpfte Explosionen zu hören.

"Wir werden angegriffen! Inquisition und Krieger vom Haus der Schwerter!", schrie ein hereinstürmender Wachposten.

"Tötet sie alle! Lasst nicht zu, dass ihre Lügen vom Leichenimperator diesen Tempel entweihen. Kämpft, tötet, nehmt ihre Schädel und ihr Blut für den glorreichen Khorne. Kein Erbarmen, kein Rückzug. Tod oder Sieg!", brüllte der Anführer. "Blut für den Blutgott! Schädel für seinen Thron!" Die Krieger heulten auf, reckten ihre Schwerter und Pistolen und rannten dann zu ihren Kampfposten. Innerhalb kürzester Zeit stand Aischa allein am Altar. Sie betrachtete ihre blutigen Hände und lies dann das Messer achtlos fallen. Ihre inzwischen rostigen Ketten hinter sich herziehend, wanderte sie ziellos in dem Raum umher. Neben dem gewaltigen Altarstein aus rotem Marmor, genau denselben Stein aus dem auch unzählige Heiligenstatuen des Imperiums gefertigt waren, lagen in diesem Raum unzählige Schädel aufgehäuft. Manche nur Knochen, andere in verschiedenen Zuständen der Verwesung. Entsprechend stank es in diesem Raum auch. Das Mädchen setzte sich auf die Stufen des Altars, auf dem die schädelförmige Rune aus Messing glänzte und starrte in die Leere. Sie wollte die Galaxie sehen, Wasser, das vom Himmel fiel. Aber das einzige was sie hier sah, war Blut, das in den Raum hinein spritzte.

Nach einiger Zeit hörte sie das Peitschen von Lasergewehrschüssen, laute Explosionen und ein ihr unbekanntes Rattern. Dazu noch Todesschreie, Aischa konnte sie inzwischen ziemlich gut von normalen Schreien unterscheiden. Dann sah sie in den Tempel hinein stolpernde rote Männer. Sie sahen gar nicht mehr so stolz und überheblich aus, wie sie sonst immer taten. Sondern sie sahen eher aus wie diejenigen, die sie sonst immer auf den Altar schleppten. Nun hallten die Schüsse in diesen ach so heiligen Hallen, sah wie Lichtblitze in die Khorneanhänger fuhren oder wie Blutblumen auf ihnen blühten. Aber egal, was sie auch traf, sie kippten um, wälzten sich in ihrem Blut und starben schließlich. Wieder senkte sich Stille in die Halle. Nun huschten andere Männer herein, Männer in schwarzen Uniformen und Männer in der Tracht des Hauses der Schwerter. Da hatte sie einst hingewollt. Wie eine Zuschauerin auf der Tribüne für den Knochenbrecherplatz kam Aischa sich vor. Als ob das sie alles gar nichts angehen würde. Einige der Männer sahen sie und richteten ihre Waffen auf sie. Das Mädchen sah in die Mündungen und erwartete jeden Moment, dass ein peitschender Blitz herauskam. Aber niemand schoss auf sie, die Mündungen schwenkten weiter, nach der Suche auf vernichtenswerteren Zielen. Sie blieb ruhig sitzen und sah dem treiben einfach nur zu. Was hätte sie auch sonst tun sollen?

Einer der Männer kam auf sie zu, er hatte einen so komischen Hut auf, dass sie lachen musste. Der ungesund bleiche Mann hatte keine Haare mehr und nur noch ein richtiges Auge. In der einen Hand trug er ein komisches Schwert mit einer unpraktischen geraden Klinge, in der anderen eine seltsame Pistole, deren Mündung zu glühen schien. Sie sah direkt hinein.

"Ich möchte die Galaxie sehen! Häuser, so groß wie Gebirge. Wasser, das vom Himmel fällt. Orte wo es mehr Menschen gibt als Sand in der Wüste. Wo Monster lauern, gefährlicher als ein tollwütiger Sanddrache. Das alles will ich sehen, denn ich habe es mir verdient!", sagte sie mehr zu sich, als zu den Männern.

"Armes Würmchen, sie steht unter Schock", meinte der Mann mit dem komischen Hut zu einem anderen sehr großen Mann, der ein ebenso großes Gewehr trug, aus dessen Mündung Rauch aufstieg.

"Hm!", antwortete der große Mann mit goldenen Haaren unter seinem schweren Helm.

"Eigentlich sieht das Standardprotokoll vor, dich zu erlösen."

"Ich will doch nur die Galaxie sehen! Da wo Wasser vom Himmel fällt!", meinte sie, stand auf, ihre Ketten klirrten, die sie immer noch trug. Inzwischen war die Haut unter den Schellen nicht mehr vorhanden und das Metall lag schmerzhaft auf ihrem geschundenen Fleisch. Sie sah abwechselnd in die Mündungen der Waffen und wusste, dass daraus gleich ihr Tod kommen würde. Aber irgendwie war es ihr egal. Die Männer in Rot hatten sie zu schlimmen Dingen gezwungen und sie hatte mitgemacht in der Hoffnung, dass sie so die Galaxie sehen würde können. Aber auch die roten Männer wollten nicht, dass sie zwischen die Sterne fuhr, um zu sehen, wie Wasser vom Himmel fällt. Es war ihr inzwischen einfach egal, ob sie lebte oder starb. Alle waren tot, die ihr einst etwas bedeutet hatte. Und manchen davon hatte sie selbst die Kehle durchgeschnitten und "Blut für den Blutgott" geschrien. Wer dieser Kerl auch immer sein sollte, dieser blutrünstige "Khorne" war nie zu den Festlichkeiten gekommen, zu dem ihn alle eingeladen hatten. Auch hatte sie keine Ahnung, was er mit den vielen Schädeln vorhatte. Ihr Vater hatte ihr mal von einer Kirche erzählt, die nur aus Knochen erbaut worden war. Vielleicht war dieser Khorne ja Baumeister und wollte sich einen Raum für seinen Thron aus Schädel bauen.

"Meine kleine Schwester hat auch immer so geschaut, wenn sie nicht weiter wusste."

"Hm!"

"Scheiß aufs Protokoll! Wie heißt du, Kleine?" Wie sie hieß? Wen interessierte das schon, sie zuckte mit den Schultern.

"Verstehst du mich?" Sein Dialekt klang seltsam bemüht, aber sie verstand ihn.

"Ja, tu ich."

"Wie ist dein Name?"

"Ich habe keinen mehr. Die Männer in Rot haben ihn mir genommen. Sie haben mir alles genommen. Meinen Vater, meine Mutter, meine Brüder, meine Schwestern, meine Heimat. Nichts ist mehr da."

"Dann gebe ich dir einen neuen Namen, Shiloh sollst du ab heute heißen."

"Shiloh?" Der Klang gefiel ihr und sie legte lächelnd den Kopf schief.

"Hör mal zu, kleine Shiloh. Komm mit mir und ich zeige dir die Galaxie. Willst du das?"

"Wirklich?" Sie glaubte, sich verhört zu haben.

"Ja, da wo Wasser vom Himmel fällt." Der Mann grinste dabei und Shiloh lachte, denn das wollte sie mehr als alles andere sehen.

Position:

Konföderation des Lichtes

Segmentum Pacificus

System Verräterstern

Orbit von Fabrik

Transporter GK MK.103 SP XXIV

Zeit: 2 849 996.M41

Person: Shiloh

Shiloh war von der Präsenz Gabriels wie geblendet. So etwas Reines und Schönes hatte sie noch nie gesehen. Und ihr wurde klamm ums Herz, denn die Zeit des Urteils war gekommen. Sie dachte an das Baby, dass in ihr heran wuchs und Panik kam in ihr auf. Die Frau war sehr froh, dass der Engel sich erst mal mit Syntyche und Zebulon beschäftigte und ihr die Zeit gab, ihre Gedanken zu ordnen. Aber da war nur Wirrwarr aus Hoffnung, Angst und Schuld. Schließlich war der Engel mit den beiden fertig und Shiloh sah direkt in die blauen Augen von Gabriel, die ihr bis auf den Grund ihrer schwarzen Seele zu blicken schienen. Syntyche und Zebulon verließen Hand in Hand den Raum. Die beiden hatten ihr Glück gefunden, für sie würde es nur die Verdammnis geben.

"Fürchte dich nicht, ich werde dir nichts tun", sagte Gabriel und trat zu ihr heran.

"Aber ich bin schuldig!", schluchzte sie und brach in die Knie. Sie erinnerte sich an die vielen Kehlen, die sie durchschnitten hatte. Wie das Messer in das Fleisch eingedrungen war und welche blasphemischen Rituale sie dabei abgehalten hatte.

"Du warst ein Kind, ohne Möglichkeit eine freie Entscheidung zu treffen."

"Dann verzeihst du mir?" Shiloh Augen füllten sich mit Tränen.

"Ich kann dir erst verzeihen, wenn du dir selbst verzeihst."

"Ich verstehe nicht?"

"Du musst dir zuerst selbst verzeihen. Du warst sieben Jahre alt, ein Kind, ohne Möglichkeit, dich zu wehren. Was du getan hast, war sicherlich nicht richtig, aber was hättest du dagegen tun sollen? Manchmal hat man keine andere Möglichkeit, als Böses zu tun, besonders wenn man als Kind dazu gezwungen wurde. Also verzeih dir, löse dich von dieser Last, die du dein ganzes Leben schon mit dir herumträgst. Du warst dafür nicht verantwortlich. Lass es mich dir zeigen." Die Lichtbringerin führte sie wie ein kleines Kind zu einem der Sofas und setzten sich nebeneinander.

Gabriel berührte sie schon beinahe zärtlich an der Wange und nahm sie mit zurück auf den Strömen der Zeit. Kurze Szenen ihres Lebens rasten an ihr Vorbei, bis sie schließlich zu jener verdammten Zeit ihrer Gefangenschaft kamen. Shiloh sah sich selbst in jenem blutverschmierten Loch liegen. Sah sich selbst am Altar stehen und Leben im Namen Khornes nehmen. Hörte ihre eigene Stimme, die "Blut für den Blutgott" rief. Aber sie hörte auch den Zwang darin, sah den Widerwillen in ihren eigenen Augen, sah den vergeblichen Widerstand in ihren Bewegungen. Während Gabriel ihr jedes einzelne ihrer Opfer aus gnadenloser Nähe zeigte, verstand sie, dass sie nie eine wirkliche Wahl gehabt hatte. Ja, sie hatte getötet und das im Dienste einen Chaos Kultes, doch nur um zu überleben, weil man sie dazu gezwungen hatte. Nicht ein einziges Mal hatte sie es aus Überzeugung getan oder dabei Freude empfunden. Sie hatte nicht Khorne gedient sondern nur ihrem eigenen Überleben. Und konnte man das einem kleinen Mädchen zum Vorwurf machen?

Dann verließen sie den realen Zeitstrom und Gabriel zeigte ihr die alternativen Ströme, wenn andere als sie selbst die Klinge geführt hätten. Zeigte ihr sinnlos grausame Schlächtereien, endlose Qualen und unbeschreiblich brutale Morde, gegen die ein sauberer Schnitt durch die Kehle eine wahre Gnade war. Shiloh spürte kaum, wie ihr die Tränen über die Wange liefen. Erst als Gabriel sie mitfühlend umarmte und tröstend an sich zog, begriff sie, dass sie sich all die Jahre ohne Grund gequält hatte. Sie hatte Schreckliches getan und doch viel Leid vermieden. Geborgen wie noch nie fühlte sie sich in der Umarmung der Lichtbringerin, die Ewigkeiten zu dauern schien. Schließlich löste Gabriel sich sanft von ihr und gab ihr ein Taschentuch, damit sie sich die Tränen abtrocknen konnte. Dann hauchte der Erzengel ihr einen schwesterlichen Kuss auf die Wange. Shiloh wurde es schwindelig, etwas geschah in ihr. Die Kultisten hatten dunkle Riten an ihr vollzogen. All das schien nun aus ihr hochzukommen und Gabriel bugsierte sie gerade noch schnell genug in die Hygienezelle, wo sie einen Klumpen schwarzen blutigen Fleisches ausspie. Gabriel machte eine Geste und das verfaulte Fleisch verbrannte in einem grellen blauen Feuer.

"Heute bist du wiedergeboren worden, Aischa al Rahem. Verzeih dir, kannst du das?"

"Ich verzeihe mir!", schluchzte sie.

"Gut, dann vergebe auch ich dir deine Sünden. Und nun erhebe dich als gereinigtes Kind des einzig wahren Herrn."

Gabriel richtete sie auf und wieder flossen heilende Kräfte in sie und die Blessuren, die sie beim brutalen Kampf mit Zebulon abbekommen hat, heilten, auch wenn ihre herausgerissenen Haare erst mal nicht nachwuchsen.

"Ich danke dir, Lichtbringerin!" Und nun umarmte sie voller Dankbarkeit den Erzengel. Als Shiloh sich einen kurzen Moment aus der Umarmung von Gabriel löste, begegnete sie dem nachdenklichen Blick von Herad. "Ich war nicht das kleine unschuldige Mädchen in Ketten, wie es vielleicht den Anschein hatte. Ich war die Henkerin des roten Kultes. Sie haben mich gezwungen, meine eigenen Leute zu töten. Damals war ich innerlich nicht stark genug, mich ihnen widersetzen zu können. Verzeihst du mir?"

"Ich verzeihe dir, wer bin ich den, um dir Vorhaltungen zu machen."

"Gut, dann solltest du wissen, dass ich schwanger bin."

"Oh!" Herad sah richtig überrascht aus, er hatte wirklich nicht mitbekommen, wie ihr jeden Morgen schlecht geworden war. Sie wartete auf weitere Worte, aber so weltgewandt Herad eigentlich war, manchmal hatte er einfach kein Gespür für das richtige Timing, oder für das, was ihr wichtig war. Sie starrten sich an, Gabriel war ein paar Schritte zurück getreten und sorgte so für den notwendigen privaten Rahmen, den sie jetzt unbedingt brauchte.

"Bei meinem Volk gibt es keine Frauen, die ledig und Mütter sind", brachte sie es prägnant auf den Punkt. Herad starrte durch sie hindurch und er schien nicht zu begreifen, was sie damit andeuten wollte. Sekunden dehnten sich zu unendlichen Peinlichkeiten. Manchmal war er so ein unsensibler Trottel, ihr geliebter Herad.

"Äh ja, genau! Bei alledem habe ich das ganz vergessen. Tut mir Leid, Shiloh, mein Fehler. Nun, meine liebe Shiloh, erweist du mir die Ehre, dich zur Frau nehmen zu dürfen? Ich habe auch den Brautpreis dabei." Er kramte kurz in seiner Jacke und brachte dann einen Schleier aus Gold hervor.

- Er hatte schon lange vor gehabt, mich zu heiraten. Nur sein Timing war wie üblich mies! - dachte Shiloh und bevor ihr es überhaupt klar wurde, hatte sie ihn angesprungen, umarmt und geküsst.

"Ja! Ich will!", platzte es aus ihr heraus. Sie spürte, wie sie knallrot wurde und war froh, dass Gabriel sich heimlich aus dem Staub gemacht hatte. Dafür war sie dem Engel dankbar, dass niemand Zeuge dieses peinlichen Gespräches wurde.

Position:

Konföderation des Lichtes

Segmentum Pacificus

System Verräterstern

Fabrik

Kraftwerk XX

Zeit: 2 849 996.M41

Person: Gabriel

"Das ist gerade noch einmal gut gegangen", meinte Gavri in ihr.

"Ja, so wie es vorgesehen war. Es hat sich alles dahingehend entwickelt, wie es für uns am Vorteilhaftesten ist. Auch wenn diese Syntyche dabei etwas nachgeholfen hat."

"Ob es dieser Zeb jemals merken wird, dass sie ihn bezaubert hat?", unkte Gavri in ihr doppeldeutig.

"Dadurch dass sie immer in seiner Nähe bleiben wird und seine eigentlichen liebevollen Gefühle für sie durchaus echt sind, ist meine Prognose dahingehend, dass die beiden glücklich bis ans Ende ihrer Tage leben werden."

"Manchmal kann es so einfach sein", seufzte Gavri.

"Und das ist genau das Gefährliche daran. Syntyche hat ihren Geliebten zum Verrat an das war er glaubt, manipuliert. Durch seine Indoktrination hätte er wahrscheinlich selbst um der Liebe willen, seinen geschätzten Imperator nicht verraten. Ohne ihr Eingreifen hätte er vielleicht sogar versucht, mich anzugreifen. Allerdings waren durchaus Zweifel am eigentlichen System des Imperiums vorhanden und die hat sie verstärkt. Damit hat sie ihm wahrscheinlich sogar das Leben gerettet und für sich eine solide Zukunft zu zweit und später für ihre Familie geschaffen. Manchmal kann man mit wenig viel erreichen. Aber, man muss bereit sein, den Preis zu bezahlen. In diesem Fall ist er nicht besonders hoch, da Syntyche ihre Kräfte in näherer Zukunft nur noch äußerst begrenzt einsetzen wird. Und für die Mission, für die ich sie auserwählt habe", dozierte Gabriel und kam sich schon beinahe vor wie ein verhüllter Meister, der ihr damals die Grundlagen der Psionik nach ihrer Ankunft auf diese Ebene erklärt hatte. Wie unglaublich wenig sie damals gewusst hatte. Und wie wenig sie genau genommen immer noch wusste.

"Aber ich oder besser gesagt wir müssen bei solchen Dingen sehr vorsichtig sein. Der scheinbar leichte Weg, Menschen einfach in die uns als richtig erscheinende Richtung zu bugsieren, kann sehr schnell in die Korruption führen. Menschen haben das Recht auf einen freien Willen. Sie dürfen wählen, aber am Ende bezahlen sie den Preis für ihre Taten. Das dürfen wir nie vergessen." Mit "Wir" war in diesem Fall besonders Gavri gemeint, die nachdenklich schwieg. Die Umwandlung der Chaossklavin Char´ka war ein gefährlicher Eingriff in die Persönlichkeit eines Menschen gewesen und Gabriel wollte sicherstellen, dass Gavri in Zukunft solche Methoden kritisch betrachtete. In diesem Fall war es wohl noch mal gut gegangen. Die Ströme der Zeit sahen voraus, dass Hughes Broman und Neojenna innerhalb der nächsten drei Monate heiraten würden. Manchmal war es so einfach und doch so gefährlich, diesen Pfad zu begehen. Während Gavri den nun deutlich herauskristallisierten Zeitstrom voller Freude betrachtete, hatte Gabriel doch ein schlechtes Gewissen, dass sie dieses Glück auf eine nicht wirklich akzeptable Art erreicht hatten. Aber es war für Gavris seelisches Gleichgewicht notwendig gewesen. Es war nur die Frage, wie viele solcher Kompromisse sie ihre eigene Reinheit kosten würden. Jede Grenzüberschreitung hinterließ einen Makel, eine kleine Sollbruchstelle, in welche das Böse einsickern konnte. Andere Engel waren schon vor ihr gefallen und das nicht, weil sie bewusst die Dunkelheit gewählt hatten, sondern weil sie zugelassen hatten, dass die Dunkelheit in sie einsickern konnte, weil sie den leichtesten Weg mit dem geringsten Widerstand gingen. Das Ganze war ein Drahtseilakt und es gab kein Netz.

"In dieser Syntyche ist große Macht, warum haben wir sie nicht vollständig auf unsere Seite gezogen? Brauchen wir nicht jeden Psioniker, den wir bekommen können?"

"Syntyche aka Usagi Kawashima hat heute ihr inneres Gleichgewicht gefunden, weil sie eine Chance sah, ihren eigenen Weg zu gehen. Bisher konnte sie ihre Kräfte kaum kontrollieren, weil sie mit sich selbst nicht im Reinen war. Sie hat große Macht dadurch erlangt, weil sie nun das tun kann, was sie selbst möchte und für richtig hält. Sie hat sich quasi emanzipiert. Momentan gibt es nichts, um sie wirklich an uns zu binden, ohne ihr irgendeine Art von Zwang oder Verpflichtung aufzuerlegen. Und das wäre kontraproduktiv. Die kleine Mission auf Plaines ist das Äußerste, was wir von ihr abverlangen können und sie wird dies schon aus Selbsterhaltungstrieb erfüllen. Der Tag wird kommen, wo auch Usagi Kawashima erkennen wird, dass große Macht durchaus auch Verantwortung bedeutet. Und dann wird sie aus freiem Willen zu uns kommen und ihre Dienste anbieten."

"Was werden wir dann mit den ganzen Psioniker der Arche machen?", schnitt Gavri einen wichtigen Punkt an.

"Die meisten werden noch sehr jung und damit gut formbar sein. Sie haben vermeintlich schweres Unrecht vom Imperium erfahren und sind in den meisten Fällen wie Schlachtvieh behandelt worden. So etwas hinterlässt offene Wunden, wo unsere Ideen in ihren Verstand einsickern und tiefe Wurzeln schlagen können. Wir können ihnen eine gute Ausbildung geben, um mit ihren Kräften Gutes zu tun. Die meisten werden das einsehen und entsprechend das Richtige tun. Natürlich wird es Problemfälle geben und ich rechne mit etwa fünf Prozent an Totalausfällen, aber letztendlich wird es reichen, unsere Legionen mit der notwendigen psionischen Schlagkraft zu versehen und die wichtigen Leuchtschiffe zu bemannen. Dieser Krieg auf Fabrik ist nun fast vorbei, Tabelmann wird uns die Psioniker geben und die Menschheit wird eine neue Chance bekommen", wechselte der Engel das Thema. Sie standen auf einem gigantischen Wärmeaustauscher eines Plasmareaktors in einem der Peripheriekraftwerke und betrachteten die Oberfläche von Fabrik. Der Horizont war ein einziges Flammenmeer, Abaddonpolis war nicht mehr. Die Kämpfe hielten noch an, aber es war alles unter Kontrolle, der letzte Widerstand hatte sich formiert und würde innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden vollständig gebrochen sein. Momentan war die Lage unter Kontrolle und Gabriel sah keine Veranlassung, weiter in die Kämpfe einzugreifen. Trotzdem hatte sie wieder ihre schwere Gefechtsrüstung angezogen, nur für den Fall der Fälle, dass ihre Hilfe dringend notwendig werden sollte.

"Eines bleibt heute noch zu tun", meinte Gabriel und versiegelte ihre Rüstung. Mit einem kurzen Gedankenschlag teleportierte sie in die Stratosphäre über Abaddonpolis, das ein einziges Flammenmeer war. Alles war zerstört, nichts lebte mehr dort unten. Selbst in den zyklontorpedosicheren Bunkern war kein Leben mehr, da sie das zusammen mit Lucius ausgelöscht hatte. Mit ihrer Macht griff sie nun nach unten, Gavri öffnete sich vollkommen, da sie momentan ebenfalls mit der Welt im Reinen war, da sie ein Schicksal zu einem vermeintlich gutem Ende geändert hatte. Sie verstärkte die vorhandene Energie, vereinigte den Feuersturm und ebnete das gesamte Stadtgebiet vollkommen gleichmäßig ein. Eigentlich hatte sie anfangs vorgehabt, dass Ganze einfach zu glasieren und ihr Zeichen hinein zu formen. Ein Siegel, ein Siegeszeichen, das man selbst aus dem Weltraum noch gut erkennen konnte, aber eben to und leblos. Jetzt wo Gavri ihre Schleusen so geöffnet hatte, war sie zu sehr viel mehr in der Lage. Die Feuer erloschen, alles dort unten war nur noch eine Ebene aus glasiertem Stein. Dann ließ sie die Erde erbeben, formte sie nach ihrem Willen um. Der Chaosstern war verschwunden und sie modulierten sich einen Tafelberg in Form eines gigantischen Kreuzes aus dem Boden heraus, der genau 1200 Meter hoch war. Dieses Kreuz umgab sie mit sechs Seen in Dreiecksform, welche zusammen einen sechszackigen Stern bildeten. Das ganze umgab sie mit einem Dreiviertelkreis, der aus einem Bergmassiv bestand. In die Flanken des Tafelberges modulierte sie gewaltige Zufahrtsstraßen, auf die man bequem an die Spitze gelangen konnte. Aus den Seitenflächen arbeitete sie gewaltige Relieftafeln heraus. Eines der Bilder zeigte die Stadt beim Bau, eine gewaltige Schrift erklärte die Hintergründe. Ein zweites Bild zeigte die Stadt in der Form, wie sie noch heute Morgen existiert hatte. Das dritte Bild zeigte die Zerstörung der Stadt und erläuterte die Ereignisse. Das vierte große Ornament war eine Tafel, welche an die Opfer dieses Tages erinnerte. Dieser Sieg war mit Blut Vieler erkauft worden und sollte gemahnen, dass es den Frieden und den Sieg über das Böse niemals umsonst gab.

"Hm, ziemlich leblos", gab Gavri ihre Meinung kund und hatte damit recht. Es war ein gigantisches Denkmal, das kalt und leblos war.

"Du hast Recht, kleines Pilgermädchen, es ist ohne Leben."

"Warum lassen wir nicht fruchtbare Erde heranschaffen und lassen alles bepflanzen?"

"Das ist eine gute Idee, aber wir können das auch selbst tun, jedenfalls bis zu einem gewissen Grad." Dann zeigte sie Gavri, wie man fruchtbare Erde formen konnte. In der Luft war genug Asche, welche als Rohmaterial dienen konnte. Es dauerte mehrere Minuten, dann waren alle ebenen Flächen der ehemaligen Stadt mit einer flachen Schicht Humus bedeckt.

Dann schenkte sie dem Ganzen Leben, indem sie eine Parklandschaft entstehen ließ. Für zukünftige Generationen würde das ein Naherholungsgebiet werden. Wo einst das Grauen geherrscht hatte, würden kleine Kinder schwimmen lernen, würden Menschen in einer unverdorbenen Natur wandern gehen können. Nun war es Zeit das Ganze mit einfachen Pflanzen vor der Erosion zu schützen. Zuerst ein Exemplar als Schablone, das Samenkorn eines einfachen und robusten Grases, wie einst in den nördlichen Breiten Terras weit verbreitet war. Sie nahm die notwendigen Stoffe aus der Luft und der Erde. Mit der Macht des Warps verschmolz sie diese zu einem lebensfähigen Samenkorn.

"Du kannst richtige lebende Pflanzen erschaffen", hauchte Gavri ehrfürchtig. "Ich dachte, so etwas könnten Psioniker gar nicht."

"Ich bin Engel des Herrn, natürlich kann ich Leben erschaffen!", erwiderte Gabriel und ihr fiel erst jetzt auf, dass sie das zum ersten Mal mit Gavri zusammen getan hatte. "Ich kann viel mehr als nur zerstören, heilen, umformen oder manipulieren. Alles ist eins und eins ist meins. Aber ein Korn wird nicht reichen."

"Dazu gehört wahre göttliche Macht", meinte Gavri, das lebensfähige Samenkorn in ihrer Hand betrachtend. Irgendetwas brach nun in Gavri auf und die Schleusen öffneten sich nun ungehindert zum Warp. Wahrscheinlich weil Gavri das als ein Beweis ansah, dass Gabriel wirklich ein Engel war und ihre unterbewussten Widerstände gegen ihren Gast gerade aufgab. Ihre Seelen vereinigten sich zwar nicht, aber sie gingen eine sehr starke Symbiose miteinander ein. Gabriel nutzte die Macht, das Areal unter ihr immer mehr mit Leben zu füllen. Innerhalb weniger Minuten erschuf sie die Grundlagen für ein funktionierendes einfaches Ökosystem. Wenn man erst mal begriffen hatte, dass alles eins war und eins einem gehörte, war das ganze recht einfach.

"Wenn das alles so einfach ist, warum hast du dir dann keinen eigenen Wirtskörper erschaffen?", meldete sich Gavri in ihr zu Wort.

"Intelligente Lebewesen zu erschaffen ist mir verboten. Ich kann Pflanzen erschaffen und sie wachsen lassen. Ich kann Tiere erschaffen, dass sie mit den Pflanzen ein funktionierendes und sich selbst tragendes Ökosystem bilden. Aber ich darf weder Menschen erschaffen oder sonstige intelligente Lebewesen mit einem freien Willen. Das darf nur der Herr."

"Aber rein theoretisch könntest du das?"

"Auch Menschen sind wie Säugetiere aufgebaut. Es ist letztendlich der gleiche Prozess der Umwandlung. Aber wie gesagt, ich bin an Gebote gebunden."

"Was sind das für Gebote?"

"In diesem Fall bedeutet das, ich darf zwar Leben erschaffen, aber nur Arten, die es schon gibt. Ich kann also nicht einfach neue Wesen nach eigenem Gutdünken kreieren. Oder bestehende Arten vermischen und verbessern."

"Und was ist mit den Primarchen?"

"Die hat letztendlich der Imperator erschaffen, auch wenn ich das Rohmaterial und mein Wissen über Genetik zur Verfügung gestellte habe."

"Wenn also jemand anders dein Wissen benutzt, dann ist das wiederrum in Ordnung?"

"Der Imperator ist ein Mensch gewesen, der seinen eigenen Willen und Moralcodex hatte. Ich bin als Engel des Herrn einem strengeren Codex als ein Sterblicher unterworfen."

"Was würde passieren, wenn du diese Gebote brechen würdest?"

"Dann würde der Herr mich zurückbefehlen und mich richten."

"Und was wäre die Strafe?"

"Das liegt im Ermessen des Herrn, aber ich denke nicht, dass ich danach noch ein Erzengel wäre." Gavri schwieg darauf nachdenklich.

"Würdest du eigentlich gerne wieder zurück in den Himmel?"

"Meine Mission ist noch nicht zu Ende."

"Wird diese Mission jemals zu Ende gehen?"

"Ich weiß es nicht. Einst war es scheinbar nur ein Kampf gegen ein Maschinenimperium aus abtrünnigen KIs. Daraus wurde ein Kampf gegen das Chaos und seine Dienerkreaturen. Solange ich keine anderslautenden Befehle bekomme, setze ich die Mission fort."

"Willst du wieder zurück in den Himmel?"

"Natürlich! Ich würde zu gerne wieder meine Brüder und meine Schwestern sehen. Es ist so viel Zeit vergangen."

"Warum hat der Herr sie nicht wieder zurückgeschickt, wenn die Mission noch nicht erfüllt ist?"

"Ich habe keine Ahnung, seine Wege sind unergründlich." Gabriel dachte an die anderen sechs Erzengel, die nach und nach wieder zurückgerufen worden waren, nachdem ihre Wirtskörper zerstört oder zerfallen waren. Nur sie war zurückgeblieben und führte als einzige die Mission weiter. Sie schloss die Augen und versuchte sich an den Himmel erinnern. Auch wenn sie sich an jeden Moment der letzten achtzehntausend Jahre erinnern konnte, das davor war nur diffus und äußerst lückenhaft. Vielleicht war es Absicht, dass sie kaum noch etwas von der anderen Seite wusste.

Dann setzte ein starker Schmerz ein und Gabriel teleportierte sich gerade noch rechtzeitig aus ihrer Rüstung, als ihr ganz spontan Flügel wuchsen. Kein Strom der Zeit hatte ihr dieses Ereignis angezeigt und Gabriel war ehrlich überrascht, wie schnell das auf einmal ging. Es war ein gutes Gefühl, wieder Flügel zu haben. Weiße Schwingen mit einer Spannweite von zwölf Metern ragten nun aus ihrem Körper heraus. Natürlich reichte rein physikalisch diese Spannweite nicht aus, um sie in der Luft zu halten, aber sie konnte dank ihrer psionischen Macht auch so ohne Flügel fliegen. Einen wirklichen physikalischen Sinn hatte diese Schwingen kaum, aber sie waren das unumstößliche und unverkennbare Zeichen, dass sie ein Engel des Herrn war. Gabriel schwebte hoch unter den freien Himmel, nur bekleidet mit ihrer Unterwäsche. Sie breitete ihre Schwingen aus und spürte den Wind in den Federn.

"Wow!", meinte Gavri in ihr und auch Gabriel stieß ein Jauchzen auf. Es war schon beinahe Fahrlässig, was sie hier tat, da auf dieser Welt immer noch Krieg herrschte. Aber die Freude über ihre Apotheose überwältigte sie beide einfach und für einen Moment erlaubten sie sich den Luxus, einfach zu fliegen. Ihre Macht war gerade ein weiteres Mal gestiegen und Gabriel spürte, wie die Schleusen sich öffneten und die Warpenergie sich nun in einem für sterbliche Wesen unvorstellbarem Maß formen ließ.

Gabriel gewann an Höhe und blickte hinab auf eine Welt im Krieg. Sie konnte nun jeden Anhänger des Chaos mit einem Mal auf dieser Welt spüren und nun war die Zeit gekommen, dem ein Ende zu bereiten. Es war nun der Moment, dieser Galaxis zu offenbaren, dass ein wahrer Engel des Herrn zurückgekommen war, um das Böse auszumerzen. Mit einem Gedanken schickte sie allen ihren Anhängern eine geistige Botschaft, dass in einer halben Minute alle Chaosanhänger mit einem Mal vernichtet würden. Dann begann der Erzengel ein Netz zu weben, welches die Herzen aller Chaosanhänger miteinander verband. Als die Zeit gekommen war, hielt sie alle verdorbenen Herzen einfach mit ihrem fokussierten Willen an und vernichtete sie so innerhalb eines Augenblickes. Ausnahmsweise setzte Gavri dieser Kraft keinen Widerstand entgegen. Wahrscheinlich, weil sie eingesehen hatte, dass Malträger niemals unschuldig waren und den Tod verdienten, so lange nicht irgendjemand aus falschen Gründen romantische Gefühle für einen hegte.

"Dieser Moment muss für die Ewigkeit festgehalten werden!", meinte Gavri in ihr und setzte ihre Idee sofort um. Was eigentlich ein Naherholungsgebiet hatte werden sollen, war nun ein heiliger Ort geworden. Der Ort ihrer Apotheose, die sie schon seit langer Zeit herbeigesehnt hatte. Und da Gavri ihr ganzes Leben mit dem Besuch von gigantischen Kathedralen und gewaltigen Pilgerstätten des Imperialen Kultes verbracht hatte, wusste das Pilgermädchen, was wahre Gläubige erwarteten. Im Zentrum des Tafelberges, dort wo ihre körperliche Apotheose stattgefunden hatte, errichtete sie eine gigantische Statue eines Engels mit einem brennenden Schwert und ausgebreiteten Flügeln. Die Figur sah aus wie sie, nur dass sie eine kurze Tunika trug. Der Engel schien gerade von seinem kreuzförmigen Sockel abzuheben, was der Statue etwas sehr Dynamisches gab. Innerhalb weniger Augenblicke errichtete Gavri darum eine gewaltige erhabene Prozessionsstraße in Sternform, an fünf der sechs Spitzen errichtete sie die notwendige Infrastruktur einer Pilgerstätte. Eine gigantische Kathedrale nahm Form an, die ihren gotischen Ursprung nicht ganz verleugnen konnte, aber vollständig aus weißem Marmor mit goldenen Sprenkeln errichtet war. Statuen in Form dynamischer Engel ersetzten die dämonischen Wasserspeier imperialer Gotteshäuser. Die Türme waren mit Kuppeln gekrönt, die etwas kitschig wie Sahnehäubchen wirkten. Als würde ein verspieltes Kind eine Kirche kreieren und genau genommen war Gavri ja auch kam etwas Anderes. Gabriel ließ Gavris Kreativität zuerst freien Lauf, griff dann aber doch ein, als sich das Ganze doch mehr in Richtung Märchenschloss entwickelte. Gewaltige Reliefs von ihrem Antlitz schmückten die Türme in dem gleichen Stil, wie auch das Imperium sie darstellte, nur eben ohne Robe oder Totenschädel. In der Kathedrale selbst erschufen sie ein Wandrelief, welche ihre neuste Geschichte zeigte. Wie Gavri in die Gruft fiel, sie fand und ihre gemeinsame Reise begann. Wie sie anfing, neue Gläubige zu rekrutieren, ihr Kampf gegen den Dämonenprinzen. Und alle herausragenden Ereignisse bis heute. Dazu kreierte sie passende Fenster aus buntem Glas.

Auch erschufen sie eine komplette Infrastruktur aus Flugterminal mit Einschienenanschluss, Pilgerheime, ein Museum im Sockel und eines außerhalb, eine weitläufige Parkanlage voller Blumenbeete in religiösen Formen, mit kleinen Andachtskapellen und mit Statuen gesäumte Wege. Wo einst die vier Götzen ihre Kultstätte hatten, errichtete nun sie die ihre. Religion war eine starke Waffe und brauchte entsprechende Symbole und Bauwerke. Die Ekklesiarchie wie auch die finsteren Demagogen des Chaos hatten das schon früh erkannt. In diesem Fall war Klotzen und nicht Kleckern angesagt. Letztendlich flossen ihre beider Ideen ein und verbanden sich letztendlich zu einer sehr harmonischen Symbiose. Ernst, aber doch voller kindlicher Freude, leicht, aber doch gewichtig. Innerhalb einer Stunde erschufen sie ein neues religiöses Zentrum. Schließlich standen sie viele Kilometer hoch auf dem Heiligenschein des Engels, der von innen heraus erstrahlte, und betrachteten ihr Werk.

"Das war wohl getan!", meinte Gabriel und Gavri pflichtete ihr begeistert bei. Für eine so spontane Sache war alles wohldurchdacht und funktionsfähig. Das Baumaterial war aus dem Boden entnommen und einfach umgeformt worden. Es war einfacher, etwas Vorhandenes zu nehmen, als es gänzlich aus dem Nichts zu erschaffen, was sehr kräftezehrend war. In dem Moment spürte Gabriel ein leichtes Ziehen und für einen kurzen Augenblick konnte sie spüren, wie etwas sehr Böses seinen Blick auf sie richtete. Erschreckt blickte Gabriel auf und sah sich mit all ihren Sinnen um. Aber was immer auch gerade seinen Unwillen kundgetan hatte, befand sich nicht auf dieser Ebene, nicht mal in der Nähe im Warpraum. Der Bau dieser Anlage hatte gerade etwas ausgelöst und Gabriel war nicht sicher, was.

"Was war das?", fragte Gavri etwas furchtsam in ihr.

"Ich bin nicht sicher, aber es könnte sein, dass gerade mal wieder einer der großen Vier auf uns aufmerksam wurde und es hat ihm nicht gefallen, was er zu sehen bekommen hat."

"Das ist gut! Dann haben wir was richtig gemacht", meinte Gavri und hatte damit durchaus Recht.

- Ende von Band V -

Gedanke des Tages

So sind nun die Hintergründe von Herad und seinem Team weitestgehend enthüllt. Normalerweise wären hier noch die beiden Rückblicke von Syntyche und Zebulon integriert gewesen. Aber das hätte die Dynamik der Geschichte noch weiter zerpflückt. Es tut dem Kapitel gut, dass die beiden doch recht umfangreichen Rückblicke nun am Anfang oder in den Origins gelandet sind. Noch einmal haben alle wichtigen Charaktere aus dem Gefolge einen großen Auftritt, bevor sie teilweise für längere Zeit in den Hintergrund treten. Es gibt einen Entwurf eines Kapitels, der noch das Schicksal von Syntyche und Zebulon klärt, der dann in einem der späteren Bände erscheinen wird.

Der Band ist recht kurz geworden, spielt aber letztendlich nur an einem einzigen Tag. Hier und da sind wichtige Punkte über Gabriels Pläne enthüllt worden. Ich bin recht zufrieden mit dem Band, auch wenn es sehr lange gedauert hat, ihn fertig zu stellen. Für Gabriel/Gavri war das für längere Zeit der letzte Auftritt als POV Charakter. Durch ihre Apotheose hat sie sehr an Macht gewonnen und hat eigentlich fast schon den Gipfel des Möglichen erreicht. Eine komplette Verschmelzung hat bis jetzt nicht stattgefunden und wird noch ein Thema im vorletzten Band sein. Dieser nun komplett vorliegende Band war recht schwer zu schreiben. Es ist eine Gratwanderung bei einem solch mächtigen Wesen wie Gabriel, die Sache noch interessant zu machen. Deswegen wird sie dann auch erst mal rein im Hintergrund wirken und hier und da einen kurzen Gastauftritt haben. Aber zurück zu Band V. Fragmente waren schon recht früh vorhanden und sollten schon in Band III Verwendung finden. Allerdings geriet Band III etwas aus den Fugen und die ganze Thematik wurde nach hinten verlegt. Dann kam Band IV dazwischen, weil ich nach der teilweise doch heftigen Kritik an Band III wieder ein normales Niveau erreichen wollte und einfach mal zeigen wollte, dass Chaos ungleich blöd bedeutet. Band V wurde dann zusätzlich noch durch den Kauf meiner Eigentumswohnung und den Umzug verzögert. Aber nun ist der Band endlich fertig und ich bin recht zufrieden damit. Action und Story halten eine gute Balance, es gibt einiges an Charakterentwicklung und auch einiges vom Hintergrund wird enthüllt. Auch geht die eigentliche Geschichte deutlich weiter. Alles in allem bin ich mit dem Band doch zufrieden, auch wenn einiges vielleicht raus gekürzt werden musste. Was aber vielleicht doch gar nicht so schlecht war, da der Band dadurch recht dynamisch wurde. Freue mich weiterhin über jedes Feedback.

Ausblick:

Der nächste Band wird Louhi behandeln. Eventuell wird es wieder ein Doppelband mit einem weiteren neuen Protagonisten, da es um das gleiche Thema geht und sich eine Bündelung anbietet. Darauf geht es weiter mit Herad, Gad Varner und der 7. Legion, welche dann eine größere Rolle spielen werden. In dem Band wird dann auch die offizielle Zeitlinie verlassen werden. Momentan bin ich am Schreiben des Doppelbandes und feile schon gedanklich am großen Finale.

Danksagung:

Hier an der Stelle noch einmal ein großes dickes Dankeschön an SHOKer für sein Lektorat. Ohne ihn wäre es ein anderes Schwinden.

Und zum Schluss noch, welche Person kam diesmal am Besten an und welche am schlechtesten? Was hat gefallen und was nicht? Vielleicht erbarmt sich ja mal jemand wieder mal zu einem etwas ausführlicherem Statement oder Review. Wäre Echt Nett.

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Ein toller Band. Ich bin zwar mehr der stille Leser aber hier mal meine Eindrücke.

Gefallen hat mir Gabriel/Gravis, ihr innerer Konflikt, die teilweise unterschiedliche Einstellung oder das Gabriel auch sehr pragmatisch sein kann ( hier meine ich das sie Herald einen Gedanken vergessen läst weil sie zum Thema nichts sagen will ). Schade fand ich das Harald und Lucius nur wenig Zeit zusammen hatten.

Ich persönlich mag die "ruhigen" Scenen lieber als die Actionteile, die Gespräche, Gedankengänge bzw. wie sich die Char. weiterentwicklen, das alles ist erstklassig und hat sich seit Band I immer mehr verbessert.

Auch die Anspielungen im Band fand ich toll, bin gespannt wie es weitergeht mit Gabriel und frage mich ob sie wirklich ein Engel ist. Ein Chaosdemon sagt Gravi etwas hässliches sei in ihr, das Vogelmädchen und das "dunkle Ritual" aus Band IV sind ja auch noch nicht geklärt oder ihre Vergangenheit mit dem Maschinenimperium, freue mich schon auf den nächsten Band.

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Übertreib mal ruhig 'ne Runde bei den Engelskräften. ;)

Mir hat die Inquisition (Herad und Co.) sowie deren Geschichten sehr gut gefallen. Auch die kurzen Einblicke in den Kampf um die Chaoswelt. Was mir nicht gefallen hat, war der allerletzte Teil, wo die Kathedrale gebaut wird. Ein so mächtiges Wesen braucht doch keine Armee, oder? Trotzdem bleibe ich dran an deiner Geschichte, da sie mir immer viel Freude bereitet hat.

XVIII.

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Ich habe irgendwann schon mal gesagt, dass ich übermächtige Charaktere nicht mag. Aber ich mag ihren Charakter, vorallem da Gabriel/Gravi zwei davon hat. Die Sichtweise beider ist sehr gut beschrieben und nimmt ihr auch das allmacht Gefühl.

Das zukunft Bild für die Menschheit ist genial. Der Aufbau dieses Reiches (Politisch und die Infrastruktur) ist gut durchdacht, da hast du dir echt mühe gemacht.

Die Beweggründe für den "verrat" von Herad und seinem Gefolge ist auch nachvollziehbar und ich freue mich schon auf weitere Teile mit ihnen. Ich mag vorallem diese kleine, durchgeknallte Psionikerin.

Und nun warte ich voller Spannung auf den nächsten Band :popcorn:

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Hey Nakago,

Eigentlich bin ich nicht der Typ dafür, lange Reden zu schwingen, aber da es hier leider kein anderer für nötig hält, habe ich mich zu einem ausführlichem Feedback entschieden.

Erst einmal zur Geschichte „Das Schwinden“ an sich.:

Wow, einfach Klasse. Ich weiß es klingt vielleicht ein wenig übertrieben, aber ich habe jeden Band 3-4 mal gelesen. Zum einen weil ich sie wirklich gut finde, zum anderen deshalb um alles zu verstehen, quasi das große ganze;)

Die Art wie du schreibst weiß zu gefallen, viele Charakter sind gut durchdacht und du verstehst es, den werten Leser mit gut ausgeklügelten Spannungsbögen bei Laune zu halten (Stichwort Lucius „Verrat“).

Zu den einzelnen Bänden.:

Jeder davon hat mir gut gefallen, wobei Band IV mir am besten gefallen hat wegen der vielen Action (ich steh halt drauf^^). Besonders, da du auch aufzeigst, das das Chaos nicht einfach nur dämliche irre sind, die in Massen auf Imperiales Speerfeuer zu rennen. Gut gefiel mir auch das springen zu den einzelnen Charakteren, auch wenn es stellenweise verwirrend wird. Auch der Aufbau von Belials Armee ist gut gelungen und ich möchte behaupten, das ich nicht der einzige deiner Leser bin, der mit dem Gedanken gespielt hat, sich eine Imperiale Armee anzuschaffen und diese nach seinem Vorbild umzuformen:).

Ich werde aber nicht noch genau auf die anderen Bände eingehen, da ich sonst wahrscheinlich in 1 Stunde noch nicht fertig bin.

Es sei aber noch gesagt, das jeder von ihnen seinen eigenen Charm hat und mal mit mehr Action, Story oder Überraschungen gefüllt ist.

Zu den Charakteren.:

Gabriel/Garvi: Hauptperson und damit natürlich die wichtigste Person der gesamten Geschichte. Ich finde sie gut gelungen, trotzdem muss ich hier Kritik anbringen. Als Engel (oder was auch immer in ihr steckt, ich habe dazu meine eigene Theorie) ist mir durchaus klar, das sie eine gewisse macht hat/haben muss, doch persönlich finde ich, das zum Schluss etwas zu dick aufgetragen wird. Hier stelle ich mir die Frage, wofür brauche sie eine Armee, wofür die ganzen Helfer etc. wenn sie mit einer Handbewegung ganze Welten vernichten kann. Wenn sie ihr wirklich so viel an den Menschen und am Imperium liegt, würde ich doch nicht haufenweise Soldaten im Kampf um einen Planeten verheizen, wenn ich das auch mal eben kurz selbst kann.

Herad + Gefolge.:

Ihn und seine Kollegen/in finde ich mit am besten. Sie sind gut beschrieben, kommen gut rüber und wirken in keiner Weise übertrieben. Sie sind mit meiner Favoriten für „Germanys next Top Inquisitor“ :D.

Hier gibt es keine Kritik und ich kann es kaum erwarten, neues von ihnen zu lesen. Aber das hast du ja schon für die kommende Geschichte versprochen.

Lucius, Gad Varner + Legion.:

Einige Leute hier haben Gad und die Legion bemängelt. Ich hingegen finde diesen Teil deiner Geschichte sehr wichtig, den wenn man immer nur von Gabriel tut dies und Gabriel tut das liest, fragt man sich auch irgendwann, ob die Leute mit denen sie zusammenarbeitet nur hirnlose Zombies sind oder überhaupt existieren. Wenn man einen Roman liest, wird ja auch noch permanent von der Hauptperson erzählt, sondern auch von den Leuten, die ihm helfen/unterstützen was auch immer.

Lucius hast du ziemlich überraschend und tricky eingebaut. Er passt aber gut in die Geschichte. Interessant fände ich, wenn er es mal mit einem kniffeligem Gegner zu tun bekommen würde, der Herrscher des Wandels war ja, seien wir mal ehrlich, nur Reste aufwischen. Aber das 40K-Universum ist ja groß ;).

Viele Viele andere Charaktere.:

Die Aufzählung der vielen anderen „Nebenrollen“ würde zu weit gehen. Aber auch hier sei gesagt, dass jeder seine Daseinsberechtigung hat, egal wie unbedeutend er erscheinen mag.

Ich möchte hier ausdrücklich darauf hinweisen, dass dies meine persönliche Meinung ist. Jeder das gerne seinen Senf dazu geben;)

Was ich aber einmal ganz deutlich sagen/schreiben möchte ist DANKE Nakago.

Danke dafür, dass du so viel Zeit und Mühe investiert hast, uns zu unterhalten.

Es ist nicht selbstverständlich so etwas zu machen und schon gar nicht einfach.

So, damit möchte ich das ganze hier auch Abschließen. Ich weiß, das ich nicht auf alles und jeden eingegangen bin, trotzdem habe ich mein bestes Versucht.

Du schenkst uns regelmäßig deine Zeit, deshalb habe ich dir jetzt meine Geschenkt.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan

Der Tod hat einen Plan!Und die Orks sind ein teil davon!

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Ein so mächtiges Wesen braucht doch keine Armee, oder?
Hier stelle ich mir die Frage, wofür brauche sie eine Armee, wofür die ganzen Helfer etc. wenn sie mit einer Handbewegung ganze Welten vernichten kann.

Mir ist diese Frage überhaupt nicht gekommen, da man egal wie mächtig ein Wesen auch ist, wenn es allein handelt kann man es auch immer ausschalten, besonders wenn man genug Masse hat wie bsp. die imp. Armee oder das Chaos. Als Chaosgeneral würde ich Gabriel einfach "Belagern", heißt immer neue Demonen/Anhänger hinschicken die Gabriel angreifen. Sie würde warscheinlich jede Schlacht gewinnen, hätte aber keine Möglichkeit den Krieg zu gewinnen oder auf anderen Schlachtfeldern einzugreifen.

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Mir ist diese Frage überhaupt nicht gekommen, da man egal wie mächtig ein Wesen auch ist, wenn es allein handelt kann man es auch immer ausschalten, besonders wenn man genug Masse hat wie bsp. die imp. Armee oder das Chaos. Als Chaosgeneral würde ich Gabriel einfach "Belagern", heißt immer neue Demonen/Anhänger hinschicken die Gabriel angreifen. Sie würde warscheinlich jede Schlacht gewinnen, hätte aber keine Möglichkeit den Krieg zu gewinnen oder auf anderen Schlachtfeldern einzugreifen.

Zudem musste sie ja erstmal in diesen Zustand gelangen und einfach so sich irgendwo durchmetzeln hätte sie wahrscheinlich nicht dorthin gebracht.

Das ist wie bei einer Atommacht, die ohne eine "richtige" Armee nichts machen könnte.

Zur Geschichte:

Ich bin immer noch unglaublich begeistert und wenn ich in nächster Zeit mal etwas mehr Zeit habe, lese ich alles nochmal :ok:

Ich freue mich schon wie ein kleines Kind auf den nächsten Teil und obwohl ich nicht glaube, dass es noch besser werden kann, hoffe ich einfach mal auf eine weitere Steigerung, wie sie bisher immer da war :D

Wer nicht Waaagh!t, der nicht gewinnt.

Mein P250

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Ein so mächtiges Wesen braucht doch keine Armee, oder?

Naja, doch. Sie kann ja nicht überall zugleich sein. Während sie an einem Ende ihre Feinde besiegt, hauen ihr woanders die Chaoten, Orks oder sonstwer wieder alles hinter ihrem Rücken kurz und klein.

Nahezu unbesiegbar zu sein, bringt nichts, wenn sich deine Feinde schneller vermehren als du sie besiegen kannst, was zumindest bei Orks und Tyraniden klar der Fall sein dürfte.

Sehr schöner Abschlussteil, gut auch, dass Herads Gefolge noch mal drankam, die Truppe war mir irgendwie ans Herz gewachsen.

Ich bin ja sehr gespannt, wie das weitergeht, zumal der letzte Teil andeutet, dass da nun jemand aufmerksam geworden ist, der mehr Gegenwehr bieten wird. Spontan würden mir ja nur die Chaosgötter, die C'tan oder das Schwarmbewusstsein als ebenbürtige Gegner einfallen, aber ich lasse mich einfach mal überraschen.

Ebenfalls gespannt bin ich, was du dir noch so zu Gabriels Vergangenheit und der ,,alten Zeit" einfallen lässt, bisher gefiel mir deine Interpretation der vor/frühimperialen Ära echt gut.

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Fein, habe ich mit meinem Fazit hier eine Diskussion losgetreten:D

Wurde auch mal Zeit, das hier mal wieder ordentlich gepostet wird.

Ich muss Lurch und Co. natürlich zustimmen, das man doch in gewissem Maße eine Armee nötig hat, da man einen Krieg an mehreren Fronten schließlich nicht alleine gewinnen kann.

Da möchte ich eher auf z.B fogendes hinaus:

In Luchs Beispiel fällt ein Waagh Gabriel in den Rücken.

Was hält einen Waag zusammen?Richtig, der Waagboss.

Sie könnte natürlich jetzt einfach sich in den umkämpften Sektor begeben, vom All aus den Waaghboss zerquetschen und wieder verschwinden.

Minimaler Aufwand, maximales Ergebniss.

Aber wie ich oben schon geschrieben habe, wäre es ja auch langweilig, wenn man nur etwas von Gabriel lesen würde, dann wäre die Geschichte ja nicht annähernd so spannend;)

Ein interessanter Gegner für sie wäre bestimmt noch Ahirman, da er selbst ja geschätzt zu den 5% der Mächtigsten Psionikern im ganzen 40k Universum zählt.

Auch ich bin gespannt wie es weitergeht und kann es kaum erwarten:)

Gogo Nakagooooooo:D

Der Tod hat einen Plan!Und die Orks sind ein teil davon!

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