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Vendetta - Die Flegeljahre des Flavion Conari (beendet 5.12.21)


Nakago

Empfohlene Beiträge

Yay für Flavipups! ;D

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Meine bunten Allgemeinprojekte: Avalus Armeen II (aktuell), Avalus Armeen I (Geschlossen)

Spezifische Armeeprojekte: Imperiale Armee Schnelle EingreiftruppeProjekt 500: Orks (Doch nicht im Warp Verschollen)

 

Beste Beschreibung meines Malstils:

"Einen Avalus bauen: Ein Modell kaufen und jede Farbe aus dem Mega-Paintset mal dran ausprobieren, 95% davon fuers Base." Garthor

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Kapitel XVII

 

"Ich stimme unserem Vater zu, dieser Plan beinhaltet unkalkulierbare Risiken", merkt Zethania an, nachdem ich ihr unsere Strategie erläutert habe. Meine Schwester wirkt in ihrem dunklen Kampfanzug mit Ausrüstungsweste etwas deplatziert im großen Salon meiner Unterkunft, wo wir uns auf bequemen Sofas räkelnd gegenüber sitzen. Selbst hier trägt sie ein halbes Waffenarsenal aus etwa einem Dutzend Wurfmessern, einem Überlebensmesser, einer Neuralpeitsche, einer Puritanter Maschinenpistole und einem schlanken Monoschwert von den Drehbänken in ihrem Wehrgehänge. Das ist das Arsenal, was sie in "friedlicher" Umgebung trägt, wenn sie nicht auf Jagd ist.

 

"Das ist momentan wohl meine beste Option", erwidere ich.

 

"Mag sein, Flavipups. Du bist inzwischen übrigens richtig berühmt in Sibellus."

 

"Klar, so was passiert, wenn man die erfolgreichste Jagd anführt und den Erben eines wichtigen Hauses tötet", wiegle ich bescheiden ab.

 

"Nein, nicht deswegen, sondern wegen dem hier", mit diesen Worten wirft sie mir ein kleines Heftchen zu. Solche Heftchen sind die "Bücher" der unteren Bildungsschicht, also Leute, die mehr als nur die vier Jahre Pflichtschola hinter sich haben und auch die Muse, so etwas in ihrer knappen Freizeit zu lesen. So ein Heft ist etwas großformatiger als ein normales Buch, hat aber nur Vierundsechzig Seiten und in der Mitte oftmals ein kleines Poster, dass man sich an die Wand hängen kann. Meist sind das reißerische Abenteuergeschichte von schneidigen Soldaten oder leidenden Heiligen. Gewürzt mit einer großen Prise Gewalt und Erotik. Sie werden auf billigem Papier gedruckt und meist nach dem Lesen zum abwischen des Hinterns benutzt. Hier ist auf dem Bild ein gut gebauter junger Mann mit bloßer Brust zu sehen, der voller Trauer auf eine recht dürftig bekleidete Frau starrt, die offensichtlich tot ist, aber mit ihren reizen selbst in diesem Zustand nicht geizt. "Blutige Rache!", steht in großen roten Lettern über der Szene.

 

"Aha?", meine ich dazu und schlage es auf. Auch wenn der Kerl auf dem Titelbild keine wirkliche Ähnlichkeit mit mir hat, geht es um mich, jedenfalls wird mein Name gleich schon im ersten Satz genannt und ist sogar richtig geschrieben, was ich als großen Pluspunkt ansehe.

 

"Um was geht es da?", frage ich meine große Schwester, da sie wohl dieses Machwerk schon gelesen haben dürfte.

 

"Um deine unsterbliche Liebe zu einer Hure namens Theodora, die Mutter deines Bastards, brutal vor deinen Augen zu Tode gefoltert und deine blutige Rache an Crestus Cascandor", fasst sie den Inhalt zusammen.

 

"Ich habe definitiv kein Kind mit Theodora und sie wurde in meiner Abwesenheit getötet", stelle ich richtig und überfliege blätternd ein paar Passagen. Am Anfang gibt es wohl mehrere deftige Sexszenen, wo es richtig zur Sache geht. Dann werden detailliert die Folterungen an Theodora beschrieben, die in Bezug auf das herausschlagen ihrer Zähne und dem totschlagen mit der Stahlrute sogar ein Hauch von Wahrheit enthalten, wobei einiges ziemlich frei erfunden sein dürfte. Hoffe ich zumindest. Die Geschichte endet dann mit unserem "Duell". Nur lasse ich mir in dem Heftchen viel mehr Zeit, da ich Crestus kastriere, blende und regelrecht ausweide.

 

"Tja und das ist nur eines von vielen", mit diesen Worten fördert sie noch fünf weitere Heftchen zu Tage, alle in anderer Aufmachung, aber ähnlichem Inhalt. Die Büchlein werden nun auch von Lady Augusta und Caine angesehen.

 

"Mit seiner mächtigen Lanze tauchte er in ihren feuchten Brunnen und genoss ihre Enge... Mit geschickten Fingern reizte er ihre Sonne und brachte sie zum erstrahlen... Als sie kam, war es, als würde die Makropole erbeben...", zitiert Caine ein paar herausragende Stellen bodenlos schlechter Poesie.

 

"Thronverdammt!", entfährt es mir, als ich schaue, was so ein Heft kostet.

 

"Immerhin ist die Darstellung von deinen Liebeskünsten recht positiv", merkt Lady Augusta an, die sie köstlich auf meine Kosten zu amüsieren scheint. Sie kann gut lachen, denn sie wird gar nicht erwähnt.

 

"Überlege doch mal, was diese Schmierfinken an mir verdienen. Und davon sehe ich keinen einzigen Thron!" Mein Stimme transportiert meine Aufgebrachtheit gut wieder.

 

"Man könnte meinen, du hättest keine anderen Probleme", merkt Caine an.

 

"Doch habe ich. Aber die stellen das ganze Geschehen komplett falsch dar. Ich werde auf mein Aussehen und mein Genital reduziert. Da steht nichts von meinen Erfolgen bei der großen Jagd drin. Auch nicht, wie es mir gelungen ist, zwei der Vasallen allein durch die Dummheit von Crestus selbst zu neutralisieren. Kleist kommt entweder gar nicht vor oder stirbt im Kampf von zwei gegen fünf, was so nie stattgefunden hat", verteidige ich mich durchaus aufgebracht.

 

"Ich habe bis jetzt nur wilde Gerüchte gehört, was du da in dieser "Goldenen Hülse" angestellt hast. Was ist da eigentlich nun genau passiert?", fragt mich nun Zethania, die mich erwartungsvoll anschaut. Ich hole aus, erkläre ihr grob, was während der Großen Jagd passiert ist und wie das dann zu dem Duell geführt hat.

 

"Also hast du eine Vendetta vom Zaun gebrochen, weil Crestus deine Lieblingshure umgebracht hat, zu einem Zeitpunkt wo du schon einen Vertrag mit dieser hübschen Kurtisane unterschrieben hattest?", hakt meine Schwester am Ende meiner Erzählung nach.

 

"Crestus hat einen unschuldigen Menschen nur deswegen umgebracht, um mich in ein Duell nach seinen Bedingungen zu treiben. Aber ich habe den Spieß soweit umgedreht, dass ich ihn dann dazu gebracht habe, mich zu fordern, so dass er keinen Schiedsmann vorschicken konnte. Auch habe vorher zwei seiner Vasallen neutralisiert, weil ich damit gerechnet habe, dass die Situation auf höchst unerquickliche weise eskalieren wird."

 

"Das war sicherlich geschickt eingefädelt, Flavipups, aber was hast du dir dabei nur gedacht? Wäre es nicht klüger gewesen, diesen Haufen Groxdung nach der Karte und dem ganzen darum herum zu befragen, als du ihm am Boden hattest?", fragt nun Zethania und schaut mich mit ihren dunkelbraunen Augen anklagend an.

 

"Ehrlich gesagt war ich in dem Moment etwas zu sehr aufgebracht, um eine strategisch kluge Entscheidung zu treffen", rechtfertige ich mich.

 

"Ich verstehe es nur zu gut, wenn der Blutrausch einen übermannt. Wenn man endlich seine Beute da hat, wo man es haben will und es dann bluten lässt. Aber es ist beklagenswert, dass du diese goldene Gelegenheit hast verstreichen lassen. Selbst wenn du das Duell gegen den Schiedsmann der Cascandor gewinnst, werden die garantiert keine Ruhe geben. Was wollen wir unternehmen?"

 

"Es wäre Vorteilhaft, die Hintergründe von Crestus Taten aufzuklären. Aber ich muss gestehen, momentan fehlen mir die Ideen, wo wir ansetzen könnten. Crestus ist tot, Oberst York ist nicht auffindbar und an die Entscheidungsträger des Hauses Cascandor kommen wir nicht heran, falls die überhaupt darin involviert waren", fasst Caine die momentane Situation zusammen.

 

"Irgend eine Ahnung, wo man diesen Oberst York auftreiben könnte?", fragt mich nun meine Schwester.

 

"Er war zwar mein Jahrgangslehrer und hat mich teilweise im Elite Lehrgang persönlich unterrichtet, aber ich habe nie ein Wort außerhalb des Unterrichtes mit ihm gewechselt. Allgemein ist bekannt, dass er lange Zeit in einem Imperialen Regiment diente und aufgrund seiner praktischen Erfahrungen an der St. Drusus Militärakademie angestellt wurde. Es gab natürlich einige Gerüchte, weil Oberst York ja Crestus alles durchgehen ließ. Der allgemeine Tenor war, dass das Haus Cascandor irgend etwas gegen ihn in der Hand haben musste, um ihn so stark unter Druck zu setzen, dass er Crestus auf die Schule brachte und ihn danach nicht heraus warf. Mit was er nun genau erpresst wurde, war Anlass zu wilden Spekulationen. Das ging von harmloseren Dingen wie profane Spielschulden bis hin zu esoterischen und schlimmen Sachen wie Ritualmorden. Wobei es wohl den Tatsachen entspricht, dass York ein Spieler ist", fasse ich das wenige zusammen, was ich über meinen Lehrer weiß.

 

"Nach meinen Informationen sucht nicht nur der Magistrat nach Oberst York, sondern auch viele aufgebrachte Eltern, deren Kinder bei der Jagd verwundet oder gar umgekommen sind. Entweder hat schon irgend eine Greifertruppe diesen York aufgespürt oder er befindet sich schon längst nicht mehr in Scintilla", mischt sich Lady Augusta ein.

 

"Vielleicht bringt es ja, den Ort des Kampfes in Augenschein zu nehmen. Möglicherweise ergibt sich ja anhand der Überreste ein Hinweis auf die realen Hintergründe des Hinterhaltes", schlägt meine ältere Schwester vor.

 

"Der Tatort liegt in einer verbotenen Zone und ich habe nicht vor, deswegen noch mal Ärger zu bekommen", wiegle ich ab. Es hat mir wirklich gereicht, mehrmals deswegen vom Adeptus Arbites und der Inquisition verhört zu werden.

 

"Du vergisst, ich bin Angehörige der Scintilla Ranger und die dürfen durchaus in Ausführung ihrer Mission eine verbotene Zone betreten."

 

"Nun gut, könnte vielleicht wirklich was bringen, da mal nachzusehen", lenke ich ein und mir wird mein Bruder Novus angekündigt.

 

"Vater schickt mich", eröffnet Novus mir anstelle eine Begrüßung und fährt sofort fort. "Wir treten in der Trainingsarena gegeneinander an. Besiegst du mich, gibt Vater eurem Plan grünes Licht. Verlierst du, geht es für dich direkt nach Wandererhafen ohne weitere Diskussion." Das war jetzt ziemlich direkt, was gar nicht zu Novus passt. Ich kann ihm ansehen, dass er sich nicht wohl in seiner Haut fühlt, mir diese Nachricht überbringen zu müssen.

 

"Hört sich fair an", erwidere ich. Wenn ich hier und jetzt nicht in der Lage bin, Novus zu besiegen, brauche ich mir keine Chancen ausrechnen, gegen einen der anderen Schiedsmänner von Cascandor zu bestehen.

 

"Gut, dann lass uns sofort aufbrechen." Mit meinem Gefolge im Schlepptau geht es in die Katakomben der hauseigenen Arena. Hier werden hausinterne Duelle, Schaukämpfe und Gladiatorenspiele ausgetragen. Diener helfen mir in einen hautengen Trainingsanzug und bringen Rezeptoren an meine Stirn an. Damit werden Signale direkt in mein Schmerzzentrum übertragen. Sensoren im Anzug messen die Aufprallenergie einer stumpfen Trainingswaffe und ermittelt die schwere der Verletzung. Ein in der Realität verstümmelnder Schlag hat hier eine Lähmung der Gliedmaße zur Folge. Aus Erfahrung weiß ich, dass die Simulation Lebensecht ist. Das hat den Vorteil, dass man schnell merkt, wo die eigenen Grenzen liegen und hält den Schwund von minderbegabten Familienmitglieder durch idiotische Duelle in Grenzen.

 

Das Rund der Hausarena fasst knapp dreihundert Zuschauer auf gepolsterten Rängen. In der Loge des Familienoberhauptes sitzen meine Eltern, umgeben von ihrem jeweiligen Gefolge. Respektvoll grüße ich in ihre Richtung. Die restlichen Ränge sind leer.

 

"Ich werde dich nicht schonen, Flavion", kündet mein drei Jahre älterer Bruder an.

 

"Ich erwarte nichts anderes, Novus, als das du alles gibst. So wie ich auch!" Damit wäre das geklärt. Wir führen eine Begrüßung aus, dann gehen wir in Grundposition etwa zwei Meter voneinander entfernt. Oft haben wir zusammen trainiert, haben voneinander gelernt. Wobei ich durch den Altersunterschied bis heute nie habe das Wasser reichen können und ich mehr von ihm als umgekehrt profitiert habe. Aber nun sind wir beide ausgewachsen, wenn auch er natürlich der erfahrenere Fechter ist. Er ist mir drei Jahre und fünf Kämpfe auf Leben und Tod voraus. Das Duell mit Crestus zähle ich da mal nicht mit.

 

Mein Bruder lässt nichts anbrennen und geht sofort in die Offensive, um so gleich ins Vor zu gelangen. Genau so schnell gehe ich zurück und lasse seinen Schlaghagel verpuffen. Ich breche nach links aus und zwinge ihn so mir weiter zu folgen. Mein Bruder ist schnell, gewandt und stark. Aber das bin ich auch. Seine Attacken laufen ins Leere und ich bringen ihn durch schnelle Richtungswechsel aus dem Konzept. Nun gehe ich in die Offensive und gelange schnell ins Vor. In den letzten Jahren haben wir nicht mehr zusammen trainiert. Zuerst die Schule für höhere Gentleman uns getrennt, dann die Akademie. Dort hatten wir andere Lehrer und ich schätze mal, ich habe die Sache ernster genommen als er. Als Jüngster hat man immer die höchsten Messlatten zu reißen und ich denke, mir ist es gelungen, mich immer gegenüber meinen älteren Brüdern zumindest ebenbürtig zu erweisen. Bevor die Lücke überhaupt da ist, weiß ich schon, dass sie sich auftun wird und stoße zu. Ich treffe ihn an der Seite und schwäche so meinen Bruder, als schmerzhafte Stromstöße an dieser Stelle durch seinen Körper schießen. Aber er ist noch nicht besiegt und legt sich wirklich ins Zeug. Mir ist bewusst, dass die Augen unserer Eltern ganz besonders auf mir liegen und ich denke, beide hoffen innig, dass ich unterliege. Mein Bruder kämpft mit ganzer Kraft und ich denke, er versucht mir damit das Leben zu retten.

 

Nach weiterem Abtasten findet nun mein erfahrener Bruder eine Lücke und trifft. Der Schmerz schießt meinen Oberarm die Schulter hoch. Sofort setzt er nach, aber ich kann nun ebenfalls durch eine Riposte einen Treffer landen. Der tat weh, mein Bruder taumelt zurück und ich falle nicht auf seine Finte herein. Das hat er schon früher gern gemacht, Schwäche zeigen um seinen Gegner zum überstürzten nachsetzen zu verleiten. Diesen Fehler begehe ich nicht und gebe ihm die Möglichkeit, für einen Moment dann zurück kommen. Lasse seinen Angriff verpuffen und setze einen schnellen oberflächlichen Treffer. Nun setze ich nach, setze weiterer Treffer und lasse ihn taumeln. Dieses mal ist es nicht gespielt und lande den "Todesstoß". Novus geht von schmerzhaften Krämpfen geschüttelt zu Boden.

 

"Gewinner Flavion Conari!", meldet die Anzeigetafel, nachdem der Maschinengeist zu dem Schluss gekommen ist, dass ich Novus tödlich getroffen habe. Ich blicke hoch in die Loge, wo meine Eltern und ihr Gefolge platz genommen haben. Die Miene meiner Mutter ist steinern, die meines Vaters unergründlich. Damit ist es entschieden, ich bleibe und kämpfe. Jetzt muss nur noch das Täuschungsmanöver klappen, sonst habe ich gerade meinen Tod gewonnen.

 

Nakagos wirre Gedanken

 

So, damit haben wir noch drei Kapitel vor uns. Seit Samstag bin ich trotz vollständiger Impfung mit Covid 19 erkrankt und wenn ich nächste Woche nichts poste, dann bin ich entweder tot oder auf der Intensivstation. Aber wenigstens kann ich mir jetzt die dritte Boosterimpfung im Januar sparen. Yeah! Vielen Dank für das Like!

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vor 2 Stunden schrieb Nakago:

Seit Samstag bin ich trotz vollständiger Impfung mit Covid 19 erkrankt

Autsch. Gute Besserung!

Nimm dir im Zweifel lieber eine Schreibauszeit, keiner will dich mit Option 1 und/oder 2 sehen!

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Meine bunten Allgemeinprojekte: Avalus Armeen II (aktuell), Avalus Armeen I (Geschlossen)

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Kapitel XVIII

 

Ich schaue angespannt durch die Fingerdicken kugelsicheren Seitenscheiben der schwarz roten Limousine nach draußen auf die reich mit Stuck verzierten Fassaden der städtischen und imperialen Verwaltungsgebäude von Tarsus, der zweitgrößten Makropole von Scintilla. Alles wirkt wie aus einem Guss und äußerst streng. Totenschädel, verhüllte Engel mit flammenden Schwertern und die Säulen des Administratums sind omnipräsent. Gepanzerte Wachen im Grün des Magistrats sind allgegenwärtig. Über der Straße hängende Leuchtgloben sorgen für ausreichende Beleuchtung.

 

Drei gepanzerte Vierachser fahren unser Wagenkolonne voraus, alle drei Limousinen befindet sich ein weiterer Radpanzer mit einem schwerbewaffnetten Trupp der Hauswache in der Kolonne und vier weiteren folgen uns. Die von einem Elektromotor angetriebenen Radpanzer des Types "Faustkämpfer" sind mit einer Autokanone im Turm bewaffnet, die über ein Co-axiales schweres und ein leichtes Maschinengewehr verfügt. Alle sind in meinen Hausfarben Rot und Schwarz gehalten. Der schwarze Rabe befindet sich einem roten Kreis. Meine Familie, Brüder, Schwestern, Onkel, Tanten, Neffen, Nichten, Cousins, Cousinen und entferntere Verwandte bis zum sechsten Grad befinden sich in den geräumigen Limousinen. Keiner will sich dieses Spektakel entgehen lassen.

 

"Gibt es was Neues?", frage ich Kleist, der inzwischen aus Scintilla angereist ist. Seinen Arm trägt er immer noch in einer Schlinge und ich kann sehen, dass ihm die Wunde schmerzen bereitet.

 

"Die Situation hat sich in den zwei Minuten nicht wesentlich geändert", erwidert mein Vasall etwas gereizt, da ich ihn das schon mehrmals gefragt habe.

 

"Der Plan wird aufgehen, davon bin ich überzeugt", versucht Caine mich zu beruhigen.

 

"Eine Bestätigung, welcher Schiedsmann des Hauses Cascandor antreten wird, wäre eine Erleichterung", erwidere ich und versuche gar nicht erst meine Nervosität vor meinen engsten Vertrauten zu verstecken.

 

"Alles wird gut!" Augusta de la Frey legt fürsorglich ihren Arm um mich und ich weiß diese Geste durchaus zu schätzen. "Unser Plan ist gut, die Ausführung war tadellos. In Anbetracht der Umstände werden die Cascandor nicht ihren besten Schwertkämpfer in Gefahr bringen, so lange sie noch brauchbare Alternativen haben. Sie halten dich für einen unbeherrschten Schnösel, der nur mit seinem Schwanz denkt. Das ist unser Trumpf!" Ich weiß, dass alles getan wurde, um diesen Eindruck nach draußen zu transportieren und das war ja auch nicht so schwer. Schließlich gibt es ein gutes Dutzend Romane über meine amourösen Abenteuer. Laut Zethania kennt jeder Bewohner von Sibellus inzwischen meinen Namen. Es hat großen Eindruck hinterlassen, dass ein Adliger einen anderen wegen eines Habmädchens erschlägt. Aber das ist ehrlich gesagt nicht die Art von Ruhm den ich wollte. Aber das ist nun nicht mehr zu ändern.

 

"Na, dann dein Wort ins Imperators Ohr."

 

"Falls es dich beruhigt, ich habe all meine Throne auf deinen Sieg gesetzt", muntert Augusta mich weiter auf.

 

"Das habe ich auch, Flavion", haut Caine in die gleiche Kerbe.

 

"Wer nicht?", meint Kleist grinsend.

 

"Freut mich, dass ihr alle so von mir überzeugt seid", verkünde ich scheinbar leicht hin, aber ich denke, meine Rührung kann ich nicht wirklich verbergen. Natürlich habe ich auch so ziemlich alles von meinem mir frei zur Verfügung stehenden Vermögen auf Sieg gesetzt. Wenn ich verlieren sollte, brauche ich keine Throne mehr.

 

"Falls du verlieren solltest, trete ich dir in den Hintern", scherzt Kleist und wir müssen beide über diesen doch dämlichen Witz lachen. Jetzt muss ich nur noch siegen.

 

"Es ist soweit, Flavion", meint Augusta zerwurstelt mir meine Frisur. Dann holt sie ihr Schminkset raus und zieht den schon aufgemalten Schatten unter meinen Augen nach. Wir haben in den letzten Tagen den Anschein erweckt, dass mich die ganze Sache fertig macht, habe erlesene Alkoholika in großen Mengen angefordert um meine Sorgen zu ertränken und meine Dienerschaft hat das Gerücht verbreitet, dass ich die Tage damit verbringe, zu saufen und zu vögeln. Deswegen bin ich auch unrasiert und mein Hemd hätte schon vor zwei Tagen gewaschen gehört. Dazu reibt Augusta meine offen liegende Haut mit Amasec ein, dass es so riecht, als würde ich Alkohol ausdünsten. Ich werfe mir einige Pfefferminz ein, als würde ich versuchen, meine Fahne zu kaschieren. Diese Scharade sollte dazu dienen, meinen Gegner zu täuschen, egal, gegen wen ich antreten sollte. Selbst die anderen Schiedsmänner des Hauses Cascandor sind starke Gegner und ich muss mit jedem Trick arbeiten.

 

Schließlich erreichen wir das Gerichtsgebäude und fahren in den Westeingang in die dahinter liegende Garage. Auch hier überall schwer bewaffnete Gardisten des Magistrats. Man könnte meinen, sie erwarten Ärger. Meine Limousine trennt sich nun von den anderen, da wir einen anderen Eingang zugewiesen bekommen. Den für die Schiedsleute oder Angeklagten. Es gab auch die Wette, dass ich gar nicht antreten würde.

 

Cussak hält mir die Tür auf und ich steige betont unsicher aus. Schwankend bleibe ich einen Moment stehen, als würde die Welt sich um mich kreisen und bräuchte einen Augenblick um mich zu sammeln. Ausweisen brauche ich mich nicht, jeder scheint zu wissen, wer ich bin. Würde mich nicht wundern, wenn diese Schundheftchen auch in Tarsus grassieren würden. Zwei verhüllte Engel mit flammenden Schweren flankieren als steinerne Säulen für die Ewigkeit verharrend die gewaltige Tür aus gebürstetem Adamantium, deren Flügel vor mir aufschwingen. Dahinter ein Gang in die Katakomben unter der Arena.

 

Nun bin ich quasi in der Öffentlichkeit und mit unsicheren Schritten schreite ich meinem Gefolge voraus. Ich muss mich zusammenreißen, um mich auf meinen schwankenden Gang zu konzentrieren. Wenn man von Klein auf darauf trainiert wurde, immer so auszutreten, als könnte einem rein gar nichts anhaben, ist es schwer, dieses Muster selbst für einige Minuten abzulegen. Ganz rein zufällig ist hier vergleichsweise recht viel los. Schätze mal, viele der berobten Angestellten wollen einen letzten Blick auf den jungen Schnösel werfen, der es gewagt hat, den Erben einer der mächtigsten Familien von Scintilla, wenn nicht gar vom ganzen Calixis Sektor, zu erschlagen. Und der ein oder andere könnte durchaus ein Informant des Hauses Cascandor sein. Schließlich hat auch meine Familie hier den einen oder anderen Beamten in der Tasche. Korruption auf allen Ebenen ist leider ein durchaus lästiges Thema in Tarsus und viele Beamten haben tiefe Taschen, die sich mit Thronen füllen lassen.

 

Ein Beamter führt uns durch ein wahres Labyrinth von Gängen, bis wir einen Raum erreichen, in dem der Angeklagte sich auf seinen Kampf vorbereiten kann. Caine hilft mir aus meinem schweren gepanzerten Mantel, ebenso aus der Weste aus Aramid. Während des Duells ist keinerlei Panzerung erlaubt, aber auf dem Weg dorthin war durchaus ein Angriff durch Attentäter oder gar Haustruppen des Hauses Cascandor nicht ausgeschlossen.

 

"In knapp achtzehn Minuten beginnt die Verhandlung, haltet Euch entsprechend bereit", weißt der Beamte in seiner grauen Robe mit dem auf seiner Brust aufgestickten Amtssiegel des Gerichtes mich an.

 

"Kann es kaum erwarten", erwidere ich etwas unsicher meine Worte lallend. Ich hoffe, dass war jetzt nicht zu viel des Guten. Einen angeheiterten zu mimen, der versucht seinen Zustand zu verbergen ist nicht so einfach wie sich das so am Anfang angehört hat. Schauspiel dieser Art hat nun wirklich nicht zu dem Unterrichtsstoff gehört, den ich vermittelt bekommen habe.

 

"Und was Neues von den Cascandors?", frage ich Kleist, nachdem wir allein in dem äußerst spartanisch eingerichtet Raum sind. Nur ein offenes Regal, ein Kleiderständer und zwei schlichte Holzbänke sind hier zu sehen.

 

"Ihre Fahrzeugkolonne ist gesichtet und dürfe in etwa zehn Minuten hier sein", erwidert Kleist, nachdem er kurz in sein Comgerät gelauscht hat.

 

"Die machen es spannend", stelle ich das Offensichtliche fest, nur um überhaupt etwas sinnvolles zu sagen. Durchaus Nervös tigere ich im Raum auf und ab. Mein Hand umspielt den Griff von "Rabenklaue", einem Energieschwert, dass sich seit vielen Jahrhunderten in Besitz meiner Familie befindet. Dieses Art von Schwert hat einst der Begründer unserer Dynastie als Seitenwaffe benutzt. Einst gab es zwölf Exemplare davon, aber im Laufe der Jahrtausende wurden fünf zerstört oder sind verloren gegangen. Vater hat mir dieses vor ein paar Tagen nach dem gewonnenen Duell gegen Novus überreicht.

 

"Du wirst es brauchen", hatte mein Vater gemeint. Nicht gerade viele Worte in Anbetracht, dass dieses Wagnis mich töten konnte. Aber dies war ja mein Wille und nun muss ich mit den Konsequenzen leben. Sollte unser Plan nicht aufgehen, würde ich in weniger als einer Viertelstunde gegen Alphonsus Cascandor antreten müssen, gegen den ich realistisch kaum eine Chance haben dürfte. Die anderen vier Schiedsmänner des Hauses waren alle nicht schlecht, wenn auch nicht so legendär wie ihr Topkämpfer. Aber keiner würde ein leichter Gegner sein. Der Beste aus der zweiten Reihe hatte fast schon fünfzig Kämpfe absolviert, der unerfahrenste hatte im letzten Monat sein erstes Dutzend voll gemacht. Ich habe mir in den letzten Tagen ihre Kämpfe angesehen, ihre stärken und schwächen analysiert und für jeden einzelnen eine Gegenstrategie ausgearbeitet und diese entsprechend trainiert. Das Filmmaterial war sehr aufschlussreich gewesen. Allerdings war es durchaus möglich, dass sie einen anderen Kämpfer ins Feld führen würden. Crestus Vater war in seiner Jugend eine Zeitlang Schiedsmann seines Hauses gewesen und hatte auch gut zwei Dutzend erfolgreiche Duelle hinter sich gebracht. Wenn unsere List aufgehen sollte, dass es Beweise für illegale Mechatroniken im Körper von Adolphus Cascandor gab, könnte das Haus Cascandor sich veranlasst fühlen, stattdessen Crestus Vater in die Arena zu schicken. Direkte Rache war durchaus möglich und wurde oft genutzt. Auch seine Kämpfe habe ich mir angesehen und eingehend analysiert. Der Mann neigt durchaus zu Jähzorn. Der Apfel ist nicht weit vom Stamm gefallen, auch wenn Crestus natürlich in seiner ganz eigenen Liga gespielt hat.

 

"Die Kolonne der Cascandors ist angekommen", meldet Kleist schließlich und fährt dann fort: "Fünf Kämpfer steigen aus."

 

"Ist Adolphus dabei?", frage ich mit belegter Stimme.

 

"Die Kämpfer tragen Kapuzenmäntel. Aber keiner der Männer trägt das Schwert Herzenbrecher im Gehänge", verkündet mein Gefolgsmann mit einem viel zu lautem Tonfall und man kann hören, wie ihm ein Stein vom Herzen fällt. So wie wohl jedem im Raum Anwesenden.

 

"Dann also weiter mit dem Plan", meine Lady Augusta und streift nun ebenfalls ihren Mantel ab. Darunter trägt sie einen schwarzen Body, der an den entsprechenden Stellen aus durchsichtiger Spitze besteht. Das Muster, welches gerade so ausreichend die intimen Stellen bedeckt, besteht aus Aquilas, die sich an den Flügelspitzen berühren. Das sieht schon ziemlich sexy aus.

 

"Es ist nun soweit!", verkündet der Gerichtsdiener und deutet mir an, zu folgen. Nun gut. Ich nicke kurz meinen Leuten zu und folge dann dem Beamten. Nur Lady Augusta de la Fries begleitet mich als meine "Sekundantin", was natürlich auch als Affront zu verstehen ist. Nur jemand, der vollkommen betrunken ist, würde so etwas durchziehen und ich hoffe, dass dies helfen wird, meine kleine List die notwendige Glaubwürdigkeit zu verleiehen. Ich betrete das Rund der Arena durch den Üblichen Eingang. Hinter mir schließt sich das hölzerne Tor, an dem Alphonsus so gerne seine Opfer nagelt. Ich bin der erste, der erscheint und trete schwankend in den für den Angeklagten vorgesehenen roten Kreis. Die Arena hat eine hundertundacht Schritt hohes Kuppeldach, getragen von zwölf Säulen, vor der jeder eine Figur aus der imperialen Religion oder der Geschichte des Calixissektor steht. Unten sind die Logen für die großen Familien. Das Haus Cascandor hat trotz seiner Wichtigkeit für den Handel und den Geschäftssektor keine eigene Loge. Aber die Güldenhand verfügt über eine, aber die ist schon recht weit oben. Die meiner Familie ist deutlich weiter unten und unterstreicht, wie alt und wichtig meine Familie ist, auch wenn wir sicherlich nicht den Einfluss wie die Cascandors haben. Es fällt mir schwer, die Scharade weiter aufrecht zu halten, aber das gehört zu der Strategie und ich erkenne durchaus deren Vorteile. Langatmig wird über Lautsprecher von einem alten Mann mit einer immer gleich bleibenden Tonlage meine Anklage verlesen.

 

"Bekennt sich der Angeklagte für schuldig?", fragt mich der vorsitzende Richter in seiner vorgesetzten Loge, die mit Symbolen der Rechtsprechung überladen ist. Hier wäre weniger durchaus mehr gewesen.

 

"Nicht, Schuldig, Euer, Ehren!", lalle ich und schwanke etwas hin und her, als hätte ich Mühe mich auf den Beinen zu halten.

 

"Dann wird Eure Schuld im Kampf bewiesen werden! Das Haus Cascandor möge seinen Kämpfer schicken!", donnert der Richter. Ein weiteres Tor wird geöffnet und in das Rund schreitet Crestus Vater, Aurelius, erster Erbe des Hauses Cascandor. Offensichtlich ist er erst kürzlich verjüngt worden und sieht eher wie der etwas ältere Bruder von Crestus aus. Sein Gang ist federnd und er strahlt eine gewisse Dynamik aus. Er ist sicherlich nicht so kampfstark wie sein "Bruder" Alphonsus, trotzdem darf ich ihn nicht unterschätzen. Der Mann hat mehr als vier Dutzend Duelle auf Leben und Tod ausgefochten, die Hälfte hier in diesem Rund. Er trägt die Uniform seiner Hauses, auch wenn er meines Wissens momentan kein militärisches Amt innerhalb des Hauses ausübt. Trotzdem ist er körperlich in Höchstform. Ein Chor aus Kindern fängt nun an den Katechismus des Zweikampfes zu singen und zwei Priester des Adeptus Ministorum segnen uns, da dies ja ein Kampf ist, der durch den Imperator entschieden wird. Meiner Rolle treu bleibend, schwanke ich und tu so, als ob ich immer noch betrunken bin.

 

"Zieht eure Waffen!" Lady Augusta präsentiert mir Rabenklaue in kniender Position und ich ziehe das Schwert. Während sie sich augenblicklich zurück zieht, umzucken nun blaue Blitze die Klinge des Schwertes.

 

"Aufstellung!" Ich schwanke zu der roten Linie und kann das missbilligende Raunen im Publikum hören.

 

"Begrüßung!" Wir stehen uns gegenüber und ich kippe bei der vorgeschriebenen Begrüßung beinahe um. Dabei zerbeiße ich eine Kapsel die ich unter der Zunge getragen habe und schlucke den Inhalt herunter. Ich hoffe nur, diese Kampfdroge wirkt so schnell, wie man es mir gesagt hat. In diesem Kampf werde ich jeden Vorteil brauchen, den ich nur irgendwie bekommen kann. Momentan merke ich noch nichts.

 

"Ihr seid eine Schande! Ich werde mir Zeit lassen und Euch regelrecht zerlegen, Conari! Ihr werdet leiden, für das, was ihr meinem Sohn angetan habt!" Seine Stimme bebt vor Hass auf mich.

 

"Wie? Willst du mich Scheiße fressen lassen wie deine Frau?", frage ich lallend und Aurelius Cascandor zuckt wie unter dem Treffer mit einer Neuralpeitsche zusammen. Nun kann ich spüren, wie sich die Welt um mich herum verlangsamt. Schätze mal, die Kampfdroge beginnt zu wirken. Ich habe sie vorher nicht ausprobiert, da der Wirkstoff zum einen recht schnell süchtig macht und den Körper auch sehr beansprucht. Schließlich werden alle Reserven meines Körpers mobilisiert.

 

"Möge der Imperator nun sein Urteil fällen. Beginnt!" Aurelius explodiert regelrecht, als er auf mich zuspringt. Offensichtlich habe ich ihn wirklich wütend gemacht, was auch der Zweck dieser Übung ist. Seinen mörderischen Hieb von Oben nach Unten kann ich gerade so trotz meiner gedopten Reflexe ausweichen und ziehe mich nun schnell zurück. Sofort setzt mein Gegner nach, mit einem Hieb schräg von links unten nach rechts oben. Wieder weiche ich einen Haken nach links schlagend geschwind zurück. Trotz meiner hochwertigen Kampfdroge ist mein Gegner noch schneller als ich. Nun versuche ich nicht mehr den betrunkenen zu mimen, da die Zeit der Scharade endgültig vorbei ist.

 

"Bleibt gefälligst stehen!", brüllt mich Aurelius an und setzt weiter mit weit ausholenden Hieben nach. Trotzdem finde ich momentan nicht die Lücke für einen Gegenangriff.

 

"Schlagt halt schneller zu", antworte ich ihm und zwinge ihn zu folgen. Bis jetzt ist er im Vor und legt ein mörderisches Tempo vor. Schätze mal, dass er ebenfalls einige hochwertige Kampfdrogen intus hat. Oder wie sein Bruder über hochwertige kybernetische Implantate verfügt. Vielleicht auch ein Mix von beidem, da ich nicht davon ausgehe, dass seine Verbesserungen von einem Hereteck stammen.

 

Meine Droge wirkt inzwischen immer besser und so langsam ist es Zeit, den Spieß umzudrehen. Ich weiche einem weiteren Hieb mit einem seitlichen Schritt aus, er holt aus und ich weiche schnell noch einen Schritt zurück und was ihn überhastet folgen lässt. Damit hat er für einen ganz kurzen Moment seinen sicheren Stand verloren. Balance ist im Kampf mit Schwertern mit das wichtigste. Atmung und Balance ist das erste, was ich von Caine vermittelt bekommen habe, so wie wohl auch jeder andere adlige Sprössling von seinem Fechtlehrer. Nur wer seinen Balance kontrollieren kann, der kann das Schwert beherrschen. Und ich nutze diese kurze Unachtsamkeit natürlich gnadenlos aus. Während er nun etwas überhastet schlägt, nutze ich diese erste Lücke in dem ich ins Indes gehe und zusteche. Sein Hieb zischt haarscharf vorbei und mein Stich bohrt sich schon beinahe langsam in ihn hinein. Jedenfalls kommt es mir so vor. Selbst sein durchtrainierter und sicherlich modifizierter Körper kann der von Energie umtosten Klinge meines Schwertes nichts entgegensetzen. Ein Stich durch den Mund in sein Kleinhirn und die Sache ist unspektakulär erledigt. Für einen Moment ist sein Körper im tödlichen Schock erstarrt, dann fällt er wie eine Marionette, deren Fäden gekappt wurden, in sich zusammen.

 

Obwohl es mir wie eine Ewigkeit vorkam, hat der Kampf keine zehn Sekunden gedauert, als Aurelius Cascandor tot zu Boden geht. Ich fühle mehr Erleichterung als Triumph, als ich realisiere, dass ich gewonnen habe. Das war jetzt ein knappes Gefecht gewesen. Sofort weiche ich von der Leiche zurück und warte, bis der Tod meines Kontrahenten von einem Arzt festgestellt wurde. Nun hebe ich als Zeichen des Sieges mein Schwert.

 

"Der Imperator hat in seiner unendlichen Weisheit entschieden! Die Klage ist abgewiesen!", meldet der Richter und damit ist es offiziell. Diese Episode ist damit ausgestanden und ein unendlich schwerer Brocken fällt mir vom Herzen. Ich lebe noch und nur darauf kommt es für mich momentan an. Um mich herum brandet nun der Applaus aus, als auch die Dümmsten im Publikum realisieren, dass meine Betrunkenheit nur gespielt war, um meinen Gegner zu einem ungestümen Verhalten zu verleiten und mich zu unterschätzen. Offensichtlich ist mir das ziemlich gut gelungen. Hätte mich mein Kontrahent ernster genommen, wäre er nicht so ungestüm vorgegangen. Ich blicke zu der Loge meiner Familie. Leider bin ich zu weit weg, um die genauen Emotionen meiner Eltern wahrzunehmen, aber sie applaudieren mir und ich kann mir gut vorstellen, dass sie sehr erleichtert sein dürften. Als Sieger verlasse ich nun die Arena.

 

Das tosen des Publikums aus "Zeugen" wird leiser, ich höre überdeutlich die trippelnden Schritte von Lady Augusta, die rechts seitlich einen Meter hinter mir geht, wie es ihrem Stand entspricht. Noch immer wirkt die Kampfdroge und lässt die Welt um mich herum in einer Klarheit erkennen, die mich schon beinahe überreizt.

 

"Gut gemacht, Flavion!", meint Caine und legt mir zuerst die Hand auf die Schulter, bevor er mich stürmisch umarmt. So viel Gefühl kenne ich von ihm gar nicht, fühle mich aber so sehr geborgen und geliebt.

 

"Klasse Leistung, Flavion!" Kleist umarmt mich auch und klopft mir mit der gesunden Hand auf den Rücken, als hätte ich mich verschluckt. Lady Augusta gibt uns den notwendigen Raum, um unsere Gefühle zu bändigen.

 

"Puh!", meine ich und dieses mal ist mein Schwanken nicht gespielt, als ich mich auf die Bank fallen lasse. Für einen Moment dreht sich alles um mich herum. Wahrscheinlich ein Zeichen von der Kampfdroge.

 

"Schluck das, Flavion", meint Lady Augusta und reicht mir ein Döschen, mit nur einer Pille drin. "Ein starkes Gegenmittel und sollte verhindern, dass du von dem Zeug abhängig wirst."

 

"Normalerweise ist das mein Spruch", erwidere ich zu Lady Augusta augenzwinkernd, tu aber, was sie vorschlägt, während sie pflichtschuldig über meinen nicht wirklich guten Witz lächelt. Die Kampfdroge ist auch von ihr und ich schätze mal, sie weiß, was gut für mich ist. Jedenfalls hoffe ich das. Aber mich jetzt zu vergiften würde absolut keinen Sinn machen.

 

"Wir sollten augenblicklich eine Neuformierung im Rückwärtigen Raum ins Auge fassen", unterbricht Caine meine Gedanken und ich nicke ihm zu.

 

"Die Cascandors sind nicht nur als schlechte Gewinner bekannt, sondern als schlechte Verlierer wirklich berüchtigt." Allerdings erweisen sich Caines Befürchtungen als nicht stichhaltig, denn wir erreichen nach zwei Stunden fahrt unser Anwesen bar jeden Zwischenfalls.

 

"Juhu! Meister Flavion ist wieder da!", freut sich Colette lautstark und hüpft gar übermütig um mich herum. "Ich habe ganz doll beim Imperator für Euren Sieg gebetet! Und ich habe Siegeskekse gebacken! Müsst Ihr probieren!" Mit diesen Worten drückt sie mir bestimmend eine Keksdose in die Hand. So forsch kenne ich die Kleine gar nicht. Der Inhalt besteht aus flachen Cookies mit einem grinsenden Gesicht. Überraschend gut schmecken die Kekse.

 

"Das hast du fein gemacht, Colette! Deine Kekse schmecken hervorragend", lobe ich meine kleine Küchenmagd und tätschle ihren Rotschopf. Sie wird nun knallrot im Gesicht und rennt vor mir weg. Mein Lob war wohl zu viel für sie.

 

"Da nun meine Unschuld erwiesen ist, wird das Haus Cascandor versuchen, dich auf andere Weise auf höchst unerquickliche Art aus dem Diesseits zu schaffen", spricht Caine das nächste Problem an.

 

"Tja, werde ich einen Vorkoster brauchen?", frage ich halb im Scherz, halb im Ernst.

 

"Deine Bediensteten stehen dir zwar Treu zur Seite, aber sie könnten alle Lebensmittel die angeliefert werden, mit irgend einer Schweinerei vergiften. Wir sollten uns über unsere nächsten Schritte klar werden", verkündet mein Lebenswart.

 

"Was haben Vater und du im Sinne?", frage ich weiter, da ich davon ausgehe, dass da schon einiges im Hintergrund beschlossen wurde, ohne mich mit Details zu belästigen. Normalerweise wäre ich über so ein Vorgehen eher unglücklich, aber die letzten Tage war ich Froh, mich auf das vorstehende Duell fokussieren zu können.

 

"Nun, momentan sieht es nach einer Konfrontation mit dem Hause Cascandor aus. Der nächste Zug liegt bei ihnen, damit es nicht heißt, dass Haus Conari hätte den Krieg begonnen."

 

"Wäre es für das Haus Cascandor nicht von Vorteil, erst einmal still zu halten?", wirft Lady Augusta ein.

 

"Das wäre es in der Tat. Aber wir müssen davon ausgehen, dass sie es nun mit einem Attentat versuchen werden. Immerhin hat Flavion nicht nur ihre Nummer drei erschlagen, sondern nun auch ihre Nummer zwei. Sobald die Erbfolge neu geregelt ist, wird ein Gegenschlag erfolgen. Bis es aber soweit ist, sollten wir unsere Optionen durchgehen." Wir sind nun in meiner Bibliothek und machen es uns auf der Sitzgarnitur gemütlich.

 

Nakagos wirre Gedanken

 

Ich habe mich dafür entschieden, dass Duell recht schnell zu beenden. Flavion hat seinen Kontrahenten wütend gemacht und das ist eine Strategie, die entweder recht schnell oder gar nicht wirkt. Meine Covid Erkrankung dürfte überwunden sein. Wirklich auf der Höhe bin ich auch nach einer Woche nicht wirklich. Es war zum Glück ein milder Verlauf, vergleichbar mit einer schweren Grippe. Auch wenn die Impfung leider nicht vor Infektion geschützt hat, so hat sie wohl doch für einen milden Verlauf gesorgt. Allein die Tatsache, dass geimpfte normalerweise einen milden Verlauf haben, hat etwas sehr beruhigendes gehabt. Man hat so deutlich weniger Angst vor einem schweren Verlauf auf einer Intensivstation zu einem Zeitpunkt, wo alles voll ist. Kann nur empfehlen, sich impfen zu lassen. Symptome sind inzwischen abgeklungen, bin aber noch eine Woche in Quarantäne. Vielen herzlichen Dank für die lieben Genesungswünsche. Ihr seid die Besten!

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Schön zu hören, dass es dir besser geht!

 

Ich fand das kurze Duell gut. Als früherer Sportfechter und Schwertfechter muss ich über so unendlich lange Duelle meist eher lachen, weil den Leuten eigentlich irgendwann die Puste ausgehen sollte. Oder sie halt die Verteidigung sinken lassen (müssen) und dann ist's vorbei.

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Meine bunten Allgemeinprojekte: Avalus Armeen II (aktuell), Avalus Armeen I (Geschlossen)

Spezifische Armeeprojekte: Imperiale Armee Schnelle EingreiftruppeProjekt 500: Orks (Doch nicht im Warp Verschollen)

 

Beste Beschreibung meines Malstils:

"Einen Avalus bauen: Ein Modell kaufen und jede Farbe aus dem Mega-Paintset mal dran ausprobieren, 95% davon fuers Base." Garthor

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Am 24.11.2021 um 21:59 schrieb Avalus:

Schön zu hören, dass es dir besser geht!

 

Ich fand das kurze Duell gut. Als früherer Sportfechter und Schwertfechter muss ich über so unendlich lange Duelle meist eher lachen, weil den Leuten eigentlich irgendwann die Puste ausgehen sollte. Oder sie halt die Verteidigung sinken lassen (müssen) und dann ist's vorbei.

Yup, die Krankheit ist nun endgültig überstanden. Ab heute keine Qurantäne mehr. Happy!

 

Kapitel XIX

 

Im Laufe des Nachmittags gesellen sich mein Bruder Novus und meine Schwester Zethania zu uns. Beide sind voll des Lobes über meinen Kampf. Aber uns ist allen klar, dass meine Unschuld durch ein Gottesurteil nur bedeutet, dass das Haus Cascandor nun andere Mittel zum Einsatz bringen wird. In dem festungsartigen Anwesen des Hauses Conari bin ich zwar nach menschlichem ermessen in Sicherheit, aber ich habe nicht vor, den Rest meines Lebens in diesen luxuriösen Mauern zu verbringen. Auch steht noch die Expedition in die Tiefen der Makropole Scintilla zum Ort des Gefechtes an. Zethania, nie für einen Vorwand verlegen, Mutanten zu töten, befürwortet lautstark diesen Plan, während Novus den Mahner gibt. Schließlich könnte dieser Zug vom Haus Cascandor durchaus vorhergesehen werden und es ist im Bereich des Möglichen, dass sich schon Attentäter dort befinden. Wie wir ja wissen, eignet sich dieser Ort hervorragend für einen Hinterhalt.

 

"Ich bin nicht sicher, ob eine Exkursion zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch irgend eine Erkenntnis zu Tage fördern wird. Wir müssen davon ausgehen, dass wahrscheinlich das Adeptus Arbites oder gar die Inquisition dort eingehende Untersuchungen vorgenommen haben. Was immer dort vielleicht an Hinweisen zu finden war, dürfte inzwischen weg sein", wirft mein Lebenswart Caine berechtigter weise ein. In dem Moment höre ich einen Tumult vor meinem geräumigen Arbeitszimmer und dann wird die Tür aufgestoßen. Nicht nur ich springe alarmiert auf und taste nach dem Griff meines Schwertes. Cussak kommt mehr oder weniger herein gestürmt.

 

"Entschuldigt die Störung, Meister Flavion, aber...", beginnt mein Leibwächter sich zu erklären, macht aber schnell einer folgenden Gestalt in einer weißen Rüstung platz. Die Zeit friert ein, als ich die Säule der Inquisition sehe, welche die in einer barock verzierten Servorüstung gehüllte Gestalt um den Hals trägt. Es handelt sich ganz klar um eine Frau, mit kurzen lockigen Haaren. Ihr Gesicht ist gebräunt, ihre dunklen Augen fixieren mich und ihr roter Mund verzieht sich zu einem spöttischen Lächeln.

 

"Niemand erwartet die Inquisition", begrüßt sie uns und fährt fort. "Falls mich ich noch vorstellen muss, Großinquisitorin Calypso vom Ordo Xenos."

 

Es ist zum ersten mal, dass ich einer leibhaftigen Inquisitorin gegenüberstehe und ich muss gestehen, dass mich das durchaus etwas beunruhigt. Hinter ihr steht nur noch Braddok, mein anderer Leibwächter, der äußerst unglücklich aussieht. Offensichtlich hat sich die Großinquisitorin von ihnen nicht aufhalten lassen. Wahrscheinlich ist sie es nicht gewohnt in einem Empfangszimmer zu warten. Die restlichen Anwesenden vermitteln mir durch Haltung und mühsam gewahrtem Gesichtsausdruck den Eindruck, dass sie wie ich auch ganz weit weg währen. Besonders Zethania wirkt angespannt und macht einen überfordernden Eindruck. Ich straffe mich und bewege mich so, dass sie keinen direkten Angriff mehr führen kann, falls das hier eskaliert. Eine leibhaftige Inquisitorin anzugreifen ist etwas, mit dem auch jemand unseres Standes nicht mehr davon kommt.

 

"Schau an, schau an. Wenn das mal nicht der Held der Stunde ist. Flavion Conari, der Mann, der die Makropole erbeben lässt. Du bist wirklich so groß, wie man es sich erzählt", wendet sich die Inquisitorin schon beinahe Kumpelhaft an mich. Mir liegt ein dämlicher Spruch auf den Lippen, kann mich aber beherrschen. Nach ihrem Zitat zu urteilen, hat sie wohl mindestens eines dieser sich von mir nicht autorisierten Heftchen zu Gesicht bekommen.

 

"Wir hatten noch nicht das Vergnügen", erwidere ich und hauche ihr galant einen Kuss auf den dargebotenen Handrücken und versuche dabei, mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen. Schließlich ist es keine gute Nachricht, dass mir hier eine leibhaftige Inquisitorin gegenüber steht.

 

"Das war wirklich überfällig, dass wir uns mal persönlich treffen. Leider war ich in den letzten Tagen zu beschäftigt gewesen, mich persönlich um diese für alle Beteiligten höchst unerquicklichen Ereignisse zu kümmern. Aber nun konnte ich endlich etwas Zeit frei schaufeln, um mich mit dir zu treffen", erzählt mir die Inquisitorin in einem Plauderton, als würde sie über das Wetter philosophieren.

 

"Nun, der Imperator hat sein Urteil über meinen Fall gesprochen."

 

"Nur was den Teil des etwas missglückten Duells betrifft. Was das betreten der verbotenen Zone und die dort vorgefallenen Ereignisse anbelangt...", stellt die Frau richtig, die wie Mitte Dreißig aussieht, aber in Wahrheit wahrscheinlich ein vielfaches älter sein dürfte. Meines Wissens spukt sie im Dunstkreis von Gouverneur Hax schon seit dessen Ernennung herum und das war vor weit über hundert Jahren. Die Kunstpause füllt den Raum mit einer schier greifbaren Spannung. "Darüber sollten wir uns am besten unter vier Augen unterhalten. Wenn der Rest hier so freundlich wäre, uns zu entschuldigen?" Das war keine Frage, sondern ein Befehl, diesen Raum unverzüglich zu verlassen. Eine Aufforderung, die zu gerne hier alle folgen leisten möchten.

 

"Aber sicher doch, brauchst du noch etwas?", fragt Caine und macht mit der Hand ein subtiles Zeichen, was mich fragt, ob er gewisse Gegenmaßnahmen einleiten soll. Mit einer entsprechenden Geste verneine ich dies.

 

"Ich denke, ich komme hier ganz gut allein zu recht", verkünde ich mit mehr Zuversicht in der Stimme, als ich wirklich habe. Niemand redet gerne mit Leuten, die einen kurzer Hand auf einen Autoscheiterhaufen verfrachten können. Wobei ich mich frage, was sie wirklich hier und jetzt von mir will. Wenn sie mir böses wollte, wäre sie nicht alleine hier. Wahrscheinlich hätte man mich einfach zum Tricorn, der aus drei gigantischen Türmen bestehende Festung der Inquisition in Scintilla zitiert, um mich dort zu arrestieren. Oder wäre mit entsprechenden Truppen hier aufgetaucht, um mich verhaften zu lassen.

 

"Bis später, Flavion!", verabschiedet sich Lady Augusta und knickst vor der Inquisitorin, die sie interessiert zu mustern scheint. Zethania wirkt für einen Moment hin und her gerissen. Für einen Moment befürchte ich schon, dass sie was dummes tut, verabschiedet sich dann aber mit einem knappen Knicks. Novus hat kein Problem damit, sich sofort zu verdrücken. Caine schließt die Tür hinter sich und ich bin mit dieser äußerst unkonventionellen Frau allein. Diese schaut sich aufmerksam im Raum um und geht an meinen Bücherregalen entlang, um wohl deren Inhalt in Augenschein zu nehmen. Ein Verhalten, dass sie mit Lady Augusta gemein hat. Sie nimmt eines der Bücher heraus und schlägt es auf. Wenn mich nicht alles täuscht ist das die Tactica Imperiales Band IX. Mit einem lächeln steckt sie es kurz darauf zurück ins Regal, nachdem sie etwas darin geblättert hat.

 

"Was muss eine Dame von Welt tun, um hier etwas anständiges zu trinken bekommen?", fragt sie mich, als sie an mein Cabinet mit alkoholischen Getränken vorbei kommt.

 

"Entschuldigt meine Manieren, ich bin immer noch ein ganz klein wenig etwas von Eurem Besuch überrascht", erwidere ich.

 

"Einen doppelten Red Star Prime und zwar den mit den vier Sternen. Und bitte begehe keine Häresie, den guten Amasec mit Eis zu verwässern", bestellt sie kurzerhand meinen teuersten Amasec. Die Frau kennt sich aus.

 

"Aber gerne doch!" Mit der notwendigen Eile bereite ich einen Drink für sie vor und schenke mir auch gleich einen Doppelten ein. Schätze mal, den kann ich jetzt wirklich brauchen. Inzwischen hat sie die Inspektion meines Arbeitszimmers wohl beendet und lässt sich einfach auf eines der massiven Sofas plumpsen, was dieses mit einem unwilligen knirschen quittiert, da die Frau durch ihre schwere Servorüstung doch die Tragfähigkeit des Möbelstücks bis an dessen Belastbarkeit beansprucht. In einem Tiefziehhalfter trägt sie griffbereit eine schlanke Pistole, die ich nicht einzuordnen vermag. Dieses Baumuster könnte durchaus von außerhalb des Imperiums stammen. Ich serviere ihr den Drink, halte mich an meinem fest und setze mich ihr gegenüber.

 

"Über was wollt Ihr nun genau mit mir sprechen?", beginne ich das Gespräch, nachdem sie kurz das Aroma des Amasec geschnuppert hat und einen kleinen Schluck nimmt. Genüsslich scheint sie den edlen Tropfen auf ihrer Zunge vergehen zu lassen. Die Flasche war schließlich teuer genug. Aber ich denke nicht, dass sie nur hier ist, um von mir thronverdammt teuren Amasec zu schnorren.

 

"Bevor ich es vergesse, könnte ich kurz deinen Siegelring haben?", fragt sie mich nun und ich starre sie perplex für einen Moment an, bevor ich meinen Blick auf den Ring richte. Als ich vom Magistrat in Gewahrsam genommen wurde, war auch der Ring mitsamt aller meiner Besitztümer konfisziert worden. Selbstverständlich hatte ich den mit allem anderen zurück bekommen. Mein Gehirn arbeitet und kommt zu dem Schluss, dass sich darin wohl ein sehr effiziente und noch viel kleinere Abhörvorrichtung befinden muss. Durchaus verärgert ziehe ich den Ring ab und übergebe ihn ihr, da ich nie in Erwägung gezogen habe, dass man mich eventuell verwanzt hat. Derweil überlege ich, ob ich irgend etwas gesagt habe, was man mir anlasten könnte. Und da ich im Bordell sehr offen gesprochen habe, kann dass durchaus sein. Die Inquisitorin nimmt den Ring mit einem lächeln an sich und holt aus einer Gürteltasche ein kleines Kästchen heraus, in dem sie kurz den Ring legt und den Deckel schließt. Auf einem kleinen Display erscheinen ein paar Zeichen, die ich nicht zu deuten mag, dann gibt sie mir den Ring zurück. Offensichtlich scheint das technische Ding bar jedes Reinheitssiegels die Wanze entfernt zu haben. Ich bin nicht mal sicher, ob das Gerät aus menschlicher Produktion stammt.

 

"Diese Abhörvorrichtung ist sehr teuer und mit Thronen nicht zu bezahlen. Eure neue Kurtisane hat eine äußerst interessante Verhörmethode. Sie hat mehr interessante Details zu Tage gefördert als wir während unseres kleinen Verhörs."

 

"Ihr wart die kleinere Inquisitionsgardistin, nicht wahr?"

 

"Seid so nett und erzählt das nicht weiter", meint sie lächelnd, aber ich kann ihrem Tonfall entnehmen, dass ich gut daran täte, besser ihrem unmissverständlichen Befehl zu befolgen.

 

"Wenn Ihr es nicht verratet, ich werde unser kleines Geheimnis wie meinen Augapfel behüten", erwidere ich etwas hochgestochen.

 

"Dann sind wir uns ja einig. Nun, interessanterweise hat sich inzwischen heraus gestellt, dass diese Zone, wo ihr Jungs so emsig Krieg gespielt habt, gar nicht so verboten war, wie allgemein angenommen", beginnt Calypso nun das eigentliche Gespräch.

 

"Aha und wie das?", frage ich etwas perplex über diese unerwartete Enthüllung.

 

"Nun, diese Zone ist zwar vor nicht ganz zwei Jahren als verbotene Zone deklariert worden, aber der Vorgang an sich war nicht korrekt, da es schlicht weg keine Anweisung der zuständigen übergeordneten Dienststelle gab. Auch haben inzwischen alle daran beteiligten Bürokraten die ungesunde Angewohnheit entwickelt, äußerst obskuren Unfällen zum Opfer zu fallen, sich scheinbar in Luft aufzulösen oder ganz spontan Suizid zu begehen. So ist keiner mehr am Leben, um noch Licht ins Dunkel zu bringen."

 

"Aha und was bedeutet das nun konkret? Das jemand schon vor zwei Jahren vor hatte, dort uns eine Falle zu stellen?"

 

"Darüber können wir nur spekulieren. Aber alles spricht dafür, dass diese Aktion von sehr langer Hand vorbereitet wurde."

 

"Und vom wem?", frage ich nun äußerst neugierig.

 

"Da muss ich etwas ausholen. Was sind die Gemeinsamkeiten aller Kadetten, wobei das Haus Cascandor mal außen vor ist, da es teilweise aus dem Schema fällt." Ich lehne mich zurück und betrachte die Oberfläche des Amasescs im Kristallglas mit meinem Familienwappen, was auf dem Grund durchschimmert.

 

"Wir waren alles Angehörige von Familien der ersten und zweiten Welle des Angevin Kreuzzuges", beginne ich mit der offensichtlichsten Gemeinsamkeit.

 

"Das wäre der erste Punkt. Und weiter?" Ich erinnere mich an meine Rede am alten Bahnhof, dass wir einst alle im Meritechkrieg kämpften. Das sage ich ihr dann auch.

 

"Zweiter Punkt und nun zum entscheidenden, womit wir auch das Haus Cascandor involvieren können."

 

"Da muss ich passen", erwidere ich nach kurzem Überlegen.

 

"Alle Häuser haben direkt oder indirekt mit der Raumfahrt zu tun. Sei es, weil sie eng mit der Flotte verbunden sind, selbst über Schiffe verfügen oder direkt am Warenumschlag beteiligt sind."

 

"Will jemand den Warenverkehr kontrollieren?", frage ich etwas perplex.

 

"Nicht direkt alle Waren, aber eine ganz bestimmte Art von Konsumgut. Aber dazu muss ich etwas ausholen. Was ist in den letzten Jahren in Scintilla groß in Mode gekommen?"

 

"Die Jagd auf Muties?"

 

"Wie ich sehe, bist du doch schlauer als du aussiehst. Und was ist die Folge davon?"

 

"Das es weniger Muties gibt?", vermute ich einfach mal das offensichtliche, was mir auch als erstes in den Sinn kommt.

 

"Zum einen ja. Und schwer bewaffnete Jagdgesellschaften, die meist hartgesottene Veteranen in ihren Reihen haben. Sie haben nicht nur eine vergleichsweise hohe Feuerkraft, sondern auch das Wissen, wie man das einsetzt. Was nun kommt, wird diese Wände nie verlassen, verstehen wir uns?"

 

"Soll ich einen Schweigegelübte ablegen?", frage ich halb im Scherz.

 

"So was in der Art. Sollte ich jemals zugetragen bekommen, dass du diese Informationen weiter gegeben hast, wird mein nächster Besuch nicht so freundlich sein. Verstehen wir uns diesbezüglich?"

 

"Ich schwöre beim goldenen Thron zu Terra, dass ich zu keiner lebenden Seele ein Wort über das nun folgende verraten werde", schwöre ich mit dem notwendigen ernst in der Stimme. Auch wenn sie es nicht ausspricht, ist mir klar, dass sie mir mit dem Tode droht.

 

"Gut!"

 

"Aber wenn es so heikel ist, warum teilt Ihr überhaupt das Wissen mit mir?"

 

"Ich halte dich für einen äußerst faszinierenden jungen Mann. Du hast deine Fehler, Arroganz und Stolz. Und die äußerst gefährliche Tendenz, Dinge selbst in die Hand zu nehmen, dessen Folgen für sehr viele Menschen unabsehbar sind. Aber auch Tugenden, die heutzutage selten in unserem Stand geworden sind. Mut, Tapferkeit, Entschlossenheit, Führungsstärke, Empathie und Charisma. Dazu die notwendige Härte, unangenehme Dinge auch zu Ende zu bringen. Du bist der Stoff, aus dem große Anführer sind. Aus dir kann noch was werden, wenn du endlich lernst, erst zu denken und dann erst die Leute tot zu schlagen, wenn du die notwendigen Informationen extrahiert hast. Ich hatte die Hoffnung, dass Crestus uns zu York führen würde, aber leider hast du diesen kranken Wicht erschlagen, bevor er sein Schicksal erfüllen konnte."

 

"Dann hat Crestus die Karte von Oberst York? Er war der Hintermann?", frage ich nach, obwohl das nicht wirklich eine Überraschung ist, da er ja auf meiner persönlichen Liste ganz oben stand. Das die Inquisitorin so viel von mir hält, überrascht mich doch. Allerdings hat sich auch gut meine Schwächen erkannt. Hatte ja mich auch lange genug abgehört.

 

"Nein, eher ein Mittelsmann. Und nein, er befindet sich nicht in unseren Kerkern und ich muss gestehen, ich kann nur schätzen, wo er sich befindet. Aber letztendlich gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder ist er schon längst tot, zu Leichensuppe verarbeitet und zu Kot geworden. Oder er befindet sich nicht mehr auf Scintilla. Sei´s drum, er ist außerhalb meiner Reichweite."

 

"Nun gut, was ist nun das große Geheimnis?"

 

"Ich will, dass du die Zusammenhänge verstehst und keine Aktionen unternimmst, die noch weiterreichende Folgen haben können, wie einen weiteren Erben wie Crestus Cascandor totzuschlagen. Anfangs sah das ganze Dilemma nach einer Aktion dummer Jungen aus, die sich eine Karte über ein scheinbar verbotenes Gebiet besorgt haben, um sich einen kleinen Vorteil bei ihrer Abschlussprüfung zu ergaunern. Nicht der erste Vorfall dieser Art und sicherlich auch nicht der Letzte. Jemand mit den notwendigen Thronen und Kontakten deklariert einen Bereich zur verbotenen Zone und hat sein eigenes exklusives Jagdrevier. Aber dann ist da einiges eskaliert. Eine Sprengfalle, Mutanten mit Ausschussware aus Stahlstadt, ein regelrechter Hinterhalt wie aus dem Lehrbuch. Ein etwas abrupter Wechsel in der Befehlskette und ein mustergültiges ausbrechen aus der Umklammerung. Vier äußerst seltsam anmutende Verfolger und deren knappe Abwehr. Dann ein glorreiches Gefecht gegen fünf Wellen. Aber nicht genug, ein Duell in einem Bordell, blutige Rache für ein gar nicht so keusches Habmädchen. Das ist der Stoff, aus dem urbane Legenden bestehen und unsterbliche Helden geboren werden...", fasste die Inquisitorin und nimmt sich einen Keks aus der Dose von Colette. Für einen kurzen Moment betrachtet sie das grinsende Gesicht auf dem Keks sinnierend, bevor sie den Blick auf mich richtet.

 

"Aber weiter im Text. Wie gesagt, dass Ganze ist doch äußerst komplex. Am Anfang hatte ich dich kleinen Racker in Verdacht. Der fünfte Sohn und das Nesthäkchen im Stall des mächtigen Hauses Conari. Immer muss sich der arme Kleine beweisen, muss besser sein, als jeder ältere Bruder vor ihm, um etwas Aufmerksamkeit von seinen Eltern und dem Familienrat zu erhaschen. Gar nicht so einfach, nicht wahr?" Sie schaut mich kurz lächelnd an und fährt fort, ohne auf eine Antwort auf ihre rhetorische Frage zu warten.

 

"Da wäre so ein Feuerzauber doch genau das Richtige, um es mal wirklich krachen zu lassen. Vor vier Wochen kannte dich außerhalb deiner Familie vielleicht ein paar hundert Leute, jetzt sind es Milliarden. Seht her, hier bin ich und schaut mal, was für tolle Sachen ich doch gemacht habe. So Toll wie das für dich gelaufen ist, mein lieber Flavion Conari, kann einem schon der Verdacht kommen, dass du da etwas ganz klein wenig nachgeholfen hast. Du hast die notwendige Intelligenz, eine üppige Apanage, ein kleines aber feines Netzwerk aus nahen Verwandten, treuen Vasallen und findigen Dienern. Dazu die notwendigen Kontakte nach Stahlstadt, fasst schon zu durchsichtig. Aber da waren diese vier komischen Dinger, nicht von dieser Welt. Jeder der sie bekämpft haben will, beschreibt sie etwas anders, aber keiner hat je etwas vergleichbares gesehen. Und das, mein lieber Flavion, zeigt mir doch auf, dass da mehr dahinter steckt als der Geltungsbedürfnis eines nach Aufmerksam heischenden jüngsten Sohn aus gutem Hause. Es ist zwar praktisch, dass diese Dinger sich danach in Luft aufgelöst haben, aber die Zeugenaussagen waren letztendlich doch Glaubwürdig. Abgesprochene Zeugenaussagen sehen nun mal anders aus."

 

"Und was ist nun Ihre Theorie über diese Ereignisse?", frage ich einfach mal frech, da die gute Frau bis jetzt nur hat verlauten lassen, dass es wohl nicht ich war, der das ganze eingefädelt hat.

 

"Bei einem Verbrechen fragt ein Ermittler immer nach dem Motiv. Jedenfalls wenn sich nicht sofort ein unmittelbarer Schuldigen finden lässt. Meist stehen Opfer und Täter sich sehr Nahe. Motiv, Gelegenheit und Mittel überführen die meisten Schuldigen recht schnell. Aber hier ist es doch weit aus komplexer. Hier frage ich mich, wer profitiert den von diesen Ereignissen und was war wohl eigentlich geplant? Wir haben da zum einen Crestus Cascandor, ein grausam verzogener Erbe eines recht einflussreichen Hauses, dass es geschafft hat, trotz ihrer niedrigen Herkunft eine wichtige Schlüsselposition innerhalb der Güldenhand einzunehmen. Eine Position, die für viele anderen mächtige Familien ein Dorn im Auge ist. Durch ihren schier unbesiegbaren Schiedsmann sind sie in der Lage, jede Rechtsstreitigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu ihren Gunsten aus der Welt zu schaffen.

 

Und da haben wir das Haus Conari, alt, angesehen und sehr mächtig. Eines der weit verzweigten Häuser, zweifelsohne aus der ersten Phase des Angevin Kreuzzuges und durch geschickte Heiratspolitik quasi mit jedem anderen wichtigen Haus verwandt. Durch ihre Konzentratriegelproduktion besitzen sie eine ziemlich einflussreiche Stellung. Ausbleibende Lieferungen von Riegeln hätte mit großer Sicherheit gewalttätige Ausschreitungen bis hin zu einem ausgewachsenen Aufstand zur Folge.

 

Beide Häuser sind schon früher zusammen gerasselt und es sind offene Rechnungen geblieben. Mit etwas Geschick ist es ein leichtes, hier eine Vendetta hochkochen zu lassen, die einen ausgewachsenen Krieg zwischen zwei sehr mächtigen Häuser auslösen kann. Beide Häuser haben die Befähigung viele mächtige Verbündete um sich zu scharen und die Mittel, einen sehr langen Konflikt auszutragen. Und dieser Krieg hat das Potential nicht nur Scintilla zu destabilisieren, sondern sogar den ganzen Sektor. Krieg, Hungersnöte und Aufstände wäre die Folge."

 

"Das ganze sollte nur dazu dienen, um einen Krieg vom Zaun zu brechen?", frage ich perplex.

 

"In der zweiten Phase ja. Ursprünglich denke ich, war wohl eher geplant, alle Kadetten gefangen zu nehmen. Ein Faustpfand, um gewisse Dinge anzuleiern."

 

"Aha und was nun genau?", frage ich neugierig.

 

Nakagos wirre Gedanken

 

Und nun kommen wir zur Auflösung. Vor sehr langer Zeit gab es im öffentlich rechtlichen eine Detektivserie. Die Auflösung kam dann immer am Schluss, wenn alle Beteiligten, bzw. Verdächtigen sich in einem Raum befanden. Der Detektiv saß dann in einem bequemen Sessel und hat dann das Verbrechen und Auflösung erklärt. Das ist praktisch als Hommage daran zu verstehen. Vielen Dank für das Like.

bearbeitet von Nakago
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Kapitel XX

 

"Aha und was nun genau?", frage ich Inquisitorin Calypso, die mir gegenüber in ihrer schicken Rüstung sitzt und wieder mal an meinem Thronverdammt teuren Amasec nippt. Endlich kommen wir zum Punkt.

 

"Drogenschmuggel!", erwidert sie.

 

"Drogenschmuggel?", frage ich entgeistert nach. Das hätte ich jetzt wahrlich nicht erwartet.

 

"Ist hier ein Echo?" Sie lächelt und nimmt einen weiteren kleinen Schluck, bevor sie fortfährt. "Und zwar ganz besondere Drogen, nämlich menschliche Gehirne."

 

"Was in aller Welt konsumiert menschliche Gehirne als Droge?", frage ich vollständig irritiert. Es gibt zwar eine natürliche Droge, die im Gehirn produziert wird, aber die kann man billig synthetisch produzieren. Niemand bei klarem Verstand würde Menschen töten, um Endorphin zu ernten.

 

"Der wandelnde Wurm! So nennen die Kinder der Lehre diese äußerst obskure Xenosrasse, weil so aus einer Masse von Würmern besteht, die Gliedmaßen und Organe bilden. Wir vom Ordo Xenos benutzen die Bezeichnung Slaugth. Die Slaugth sind in ihrer Motivation recht einzigartig. Die meisten Xenos wollen die menschliche Rasse versklaven, vernichten oder fressen. Aber die Slaugth giert es nach menschlichen Gehirnen wie einen Drogensüchtigen nach Obscura oder was sie auch immer für eine Droge sie konsumieren mögen."

 

"Soll das heißen, kosmische Drogendealer wollten unsere Familien dazu zwingen, ihnen beim Schmuggel von menschlichen Gehirnen zu helfen?", frage ich ungläubig. Würde da keine Inquisitorin vom Ordo Xenos mir gegenüber sitzen, würde sich sie auslachen und für verrückt erklären.

 

"Vereinfacht ausgedrückt, ja."

 

"Warum züchten sie keine Menschen für ihre Drogen?", hinterfrage ich die Theorie.

 

"Das ist uns nicht wirklich bekannt. Es sind Xenos, deren Denkweise sich grundlegend von der unseren unterscheidet. Es gibt im Ordo Xenos das Paradigma, dass je mehr unterschiedliche Dinge ein Mensch erlebt hat, desto anregender ist es für den Slaugth dessen Gehirn zu konsumieren. Es sind also nicht irgendwelche Botenstoffe, was einen Slaugth anregt, sondern das lesen von interessanten Erinnerungen. Ein in Gefangenschaft aufgewachsener Mensch hat wohl einfach nicht die notwendigen Erfahrungen, um sein Gehirn das zu geben, was diese Würmer brauchen, um davon High zu werden. Ich nehme an, dass sie früher wohl ihre Gehirne von den Bewohnern der Untermakropole geerntet haben. Aber da diese nun überaus stark von den gutsituierten Adligen und vermögenden Händler bejagt werden, haben die Slaugth ihr traditionelles Erntegebiet verloren. Es kann gut sein, dass ein Teil der Erpressung darin bestanden hätte, diese Jagden zu verbieten. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen können sie wieder ungestört ernten und ihre Fracht problemlos verschicken."

 

"Warum sind sie dann von ihrem Plan abgewichen, uns gefangen zu nehmen?", hinterfrage ich ihre Theorie.

 

"Wahrscheinlich sollte Crestus Cascandor für eine reibungslose Übergabe sorgen. Nachdem das nicht stattgefunden hat, dürfte sich der Verantwortliche umentschieden haben. Von Anfang an wurde als Sekundärer Plan du als Schuldiger aufgebaut, um das Haus Conari als Sündenbock zu präsentieren."

 

"Warum das Haus Conari?", frage ich nach.

 

"Zum einen, weil dies einen lang anhaltenden Krieg der Häuser ausgelöst hätte. Das Haus Conari verfügt über starke militärische Ressourcen und hätte sich zu wehren gewusst. In dem daraus folgenden Chaos wären viele Gehirne gefahrlos zum ernten gewesen und der Schmuggel wäre durchaus einfach von Hand gegangen. Zum anderen aufgrund eines Ereignisses, wo die Slaugth vor ein paar Jahren versucht haben, mit deinem Haus ins Geschäft zu kommen. Aber dein dafür zuständiger Verwandter war schlau genug, umgehend den Ordo Xenos zu informieren. Dadurch gelang es mir ein Netzwerk aus menschlichen Agenten zu zerschlagen und eines dieser Xenos zu vernichten. Nichts riecht schöner als dreifach gesegnetes Promethium am Morgen."

 

"Aha. Waren diese komischen Dinger Slaugth? Also diese vier Kreaturen?"

 

"Nein, dass waren kleine künstliche Erntemaschinen. Diese "Harvester" sind aus Biomasse gezüchtete Kreaturen, die mit mechatronischen Elementen verstärkt sind. Es gibt davon noch eine große schwebende Version, aber in den engen Tunneln der Makropole sind die Kleinen sinnvoller einzusetzen. Die kleinen "Harvester" sind relativ gesehen eher harmlos und lösen sich nach ihrer Ausschaltung auf. Auch wenn sie natürlich in der Lage sind, mit einem bewaffneten Gegner fertig zu werden."

 

"Deswegen das große Maul", sinniere ich und nehme einen großen Schluck Amasec, um mit dem brennen im Rachen meine dunklen Erinnerungen zu vertreiben.

 

"Mit den Mäulern öffnen sie die Schädeldecke, saugen das Gehirn ein und verpacken es quasi in einen Beutel aus schnell aushärtenden Schleim. Das verlangsamt die Verwesung. Sind genug Gehirne zusammen, kehren diese Harvester zu ihrem Nest zurück und scheiden ihre Beute aus."

 

"Das ist kein Thema, bei der man auf einer Cocktailparty punkten könnte", merke ich an.

 

"Nein, wahrlich nicht. Noch Fragen?"

 

"Warum hat York oder Crestus versucht, mich in ein Duell zu zwingen? Hätte ihm nicht klar sein müssen, dass sein Schwindel schon aufgeflogen ist?"

 

"Ich denke, York oder sein Hintermann haben letztendlich versucht, eine Fehde zwischen dem Haus Cascandor und Haus Conari herbei zu führen, nachdem alles andere schief gelaufen ist. Hätte ja auch beinahe geklappt, da du ja freundlicherweise dem jugendlichen Überschwang Vorschub geleistet hast", wirft mir die Inquisitorin vor. Hat sie nicht ganz unrecht.

 

"Oberst York kennt mich besser als dachte", merke ich durchaus zerknirscht an. "Warum habt Ihr das Duell in der Arena der Gerechtigkeit nicht verhindert?"

 

"Taten haben Konsequenzen. Aber Dank deiner äußerst einfallsreichen Konkubine ist es dir ja gelungen, den Herzensbrecher aus dem Spiel zu nehmen. Und wolltest du nicht sowieso irgendwann in Zukunft als Schiedsmann vor Gericht agieren? Ich hatte da vollstes Vertrauen in deine Fähigkeiten", erzählt sie mir süffisant und mir ist klar, dass sie jedes Gespräch und jeden Akt belauscht hat. Dieser Umstand macht mich durchaus wütend. Aber ich bin auch wütend auf mich, da ich es nie in Erwägung gezogen habe, dass die Inquisition mich verwanzt haben könnte. Ich denke aber auch, dass dieses Duell dazu diente, dem Haus Cascandor die Möglichkeit zur legalen Rache zu geben. Ein Leben für ein Leben. Das es nun zwei zu null steht, war wohl so nicht vorgesehen.

 

"Werdet Ihr etwas gegen das Haus Cascandor wegen verbotener Tech vorgehen?"

 

"Das ist nicht mehr vonnöten", verkündet mir die Inquisitorin.

 

"Lasst mich raten, in wenigen Tagen wird der Rückzug von Alphonsus dem Herzensbrecher als Schiedsmann verkündet?"

 

"Der Preis dafür, dass sich Crestus Cascandor in eine Intrige hat einspannen lassen, welche unmittelbar mit Xenos zu tun hat. Sollte es je ruchbar werden, dass sich das Haus Cascandor von Xenos vor einen Karren hat spannen lassen, würde das deutlich ihre Position in der Güldenhand schwächen. Auch werden sie in Zukunft ihre Schiedsmänner vor jedem Kampf von einem geweihten Kleriker des Adeptus Mechanicus untersuchen lassen müssen."

 

"Irgendwie keimt in mir der Verdacht, dass ich auch einen Preis bezahlen muss, um den Status Quo zu erhalten", merke ich an, da mir böses schwant.

 

"Es wäre nicht klug für dich, mein lieber Junge, länger als nötig hier in Tarsus zu verweilen. Deine fortwährende Anwesenheit auf Scintilla wäre eine Provokation für die Cascandors und wie du ja nur zu gut weißt, sind sie sehr schlechte Verlierer. Auch wenn es ein von mir vermitteltes Stillhalteabkommen gibt, wird das den einen oder anderen Cascandor nicht abschrecken, trotzdem über mehrere Strohmänner hinweg irgend einen Todeskult anzuwerben. Und an Thronen mangelt es diesem Haus nun wahrlich nicht. Es ist durchaus möglich, dass schon im Vorfeld diesbezüglich Kontrakte geschlossen wurden, um deine mögliche Flucht zu vereiteln. Eine ausgedehnte Vendetta zwischen zwei so mächtigen Häusern liegt nicht im Interesse von Gouverneur Hax oder dem Imperium. Nach diesem Gespräch wird dir dein Vater ein Kommando sehr weit weg von hier antragen, welches du mit Freuden annehmen wirst."

 

"Mir dünkt, dieser Punkt wird mir nicht gefallen. Wohin werde ich verbannt?"

 

"Sehe es als Chance, dich zu bewähren und nicht als Strafe."

 

"Ist Lady Augusta eine von Euren Leuten?", frage ich weiter.

 

"Wenn es so wäre, würde ich das wohl kaum verraten", bleibt Inquisitorin Calypso vage. Eine andere Antwort hätte mich auch überrascht. Trotzdem habe ich irgend eine verräterische Reaktion erhofft. Aber dazu spielt die Inquisitorin dieses Spiel viel zu gut.

 

"Werden mir die Slaugth nachstellen?"

 

"Schwer zu sagen. Aber ich schätze, die werden das Thema abhaken und einen neuen Ansatzpunkt suchen, Scintilla zu destabilisieren."

 

"Woher kommen diese Xenos?"

 

"Wir wissen recht wenig über die Slaugth. Ihre Technologie ist sehr fortgeschritten und ihre Raumschiffe scheinen lange Distanzen problemlos überwinden zu können, ohne dabei den Warpraum benutzen zu müssen. Bis jetzt wurde noch keine Welt ihnen zugeordnet. Es gibt Vermutungen, dass sie in den weiter entfernten Halosternen ihre Welten haben."

 

"Nun gut, an welchen abgelegenen Ort wird mein Vater mich schicken?"

 

"Ich will Taurion nicht die Überraschung verderben." Entweder kennt die Inquisitorin meinen Vater wirklich gut oder sie will mir mit ihrer Formulierung zeigen, wie wenig sie von meiner Familie hält. Ich tippe aufs erstere. Könnte durchaus sein, dass mein Vater damals den Agenten der Slaugth der Inquisition auf dem Silbertablett serviert hat.

 

"Wurden die Mutanten, die uns bei der großen Jagd angegriffen haben, von einem Slaugth angeführt?"

 

"Davon gehe ich aus."

 

"Ist es Euch gelungen, ihn zu vernichten?"

 

"Er ist meinen Suchtrupps entkommen. Nach meinen Erkenntnissen hat er sich während des fünften Angriffes abgesetzt und hatte mehrere Tage Zeit das Areal zu verlassen. Mit so einem großen Vorsprung kann man ein so flexibles Wesen wie ein Slaugth in einem so weitläufigen Suchgebiet nicht mehr aufspüren."

 

"Warum hat er so ungeschickt agiert?"

 

"Auch wenn Slaugth uns eine vollkommen fremdartige Spezies ist, so können wir doch extrapolieren. Leute, die für ein Drogenkartell die Drecksarbeit erledigen, sind nicht unbedingt die hellsten Leuchten am Firmament. Auch sind sie oft selbst Konsumenten. Wahrscheinlich hat er von seiner eigenen Ware vorgekostet und hat zugedröhnt die Sache in den Sand gesetzt. Diese Kreaturen verfügen über schreckliche Waffen, die bei einem Volltreffer ihr Ziel vollkommen zersetzen können. Auch sind sie durch ihre Struktur sehr schwer zu töten. Hätte er persönlich in den Kampf eingegriffen, hätte dies die Auslöschung aller Kadetten bedeuten können. Aber das hat er zu euer allem Glück nicht getan."

 

"Ich denke, damit sind wohl all meine Fragen beantwortet."

 

"Nun gut, ich hoffe, wir sehen uns nie wieder unter solchen Umständen. Der Imperator beschützt!" Mit diesen Worten macht sie einen Aquila vor ihrer Brust.

 

"Der Imperator beschützt!" Ich vollführe die gleiche Geste. Sie steht auf, trinkt ihr Glas leer und geht. "Ich finde selbst hinaus." Nachdenklich schaue ich ihr hinter her, sacke dann in mich zusammen und schlage die Hände vors Gesicht. Für einen Moment verliere ich mich in mir selbst. Dann amte ich tief durch und fahre mir mit beiden Händen durch das Haar nach hinten. Das war jetzt ein seltsames Gespräch. Wobei ich keine Ahnung habe, wie wohl sonst ein Gespräch mit einer Großinquisitorin abläuft. Ich lebe noch und das kann sicherlich nicht jeder von sich behaupten, der mit Calypso gesprochen hat. Ihre Geschichte von einem drogensüchtigen Xenos klingt plausibel und beantwortet eigentlich alle Fragen. Mal sehen, wohin mein Vater mich "verbannen" wird. Auf alle Fälle habe ich da schon so eine Idee.

 

Ende

 

Nakagos wirre Gedanken

 

Die Slaugth kommen im Dark Heresy Rollenspiel vor und sind wie beschrieben kanonisch. Für mich sind sie eine sehr interessante Rasse, da sie vollkommen aus dem üblichen Schema der Xenos von 40K fällt, die entweder aus populären Rassen aus dem Fantasy Bereich oder aus einschlägig bekannten Filmen abgekupfert wurden. Es gab zwar im Film Dark Angel auch eine Alienrasse, die menschliches Endorphin geerntet hat, aber sonst kommt meines Wissen der Aufhänger Menschen als Drogen zu verwenden nirgendwo mehr vor.

 

Damit wäre dieser Band fertig gestellt. Ich hoffe, du lieber Leser hatte soviel Spaß beim lesen wie ich beim schreiben. Ob es einen zweiten Band geben wird, mal sehen. Die Zahlen sprechen momentan leider eher gegen eine Fortsetzung. Wer möchte, darf durchaus ein kleines Review am Ende hinterlassen. Oder auch nur ein Like. Freue mich über beides.

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  • Nakago changed the title to Vendetta - Die Flegeljahre des Flavion Conari (beendet 5.12.21)

So, Hi @Nakago, jetzt finde ich endlich auch mal die Zeit, etwas Geschreibsel zu dem Danke für dein Geschreibsel zu hinterlassen.

 

Die Slaugth sind ein Twist den ich nicht erwartet hatte, ich dachte seit der Jagdszene an Tyraniden. Das Ende fand ich etwas gehastet, aber ich bin auch kein Fan vom Stil Agathas Belgiers, das mag da also mein Urteil trüben (Ich mag eher Krimis/Mysterien, in denen ich selbst rausfinden kann, wer was gemacht hat->Holmie). Ich feiere dagegen wirklich Flavions Blickwinkel auf die Dinge, der das richtige Quäntchen Nicht-Nachdenken und "machen wir mal" Attitüde in einen eigentlich eher bedachten Charakter bringt und es funktioniert auch finde ich sehr gut als Vorläufer zu der Pen-and-Paper Mitschrift.

 

Insgesamt sind die Flegeljahre eine Geschichte die mir sehr gefallen hat und auf die ich mich jeden Sonntag gefreut habe.

Ich freue mich auf jeden Fall schon auf deine nächsten Geschichtenprojekte!

 

Kein Avalus-Post ohne Smily!

Darum: :ok:³

bearbeitet von Avalus
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Meine bunten Allgemeinprojekte: Avalus Armeen II (aktuell), Avalus Armeen I (Geschlossen)

Spezifische Armeeprojekte: Imperiale Armee Schnelle EingreiftruppeProjekt 500: Orks (Doch nicht im Warp Verschollen)

 

Beste Beschreibung meines Malstils:

"Einen Avalus bauen: Ein Modell kaufen und jede Farbe aus dem Mega-Paintset mal dran ausprobieren, 95% davon fuers Base." Garthor

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