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Alternative Kampagnen


Crusader

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Nachdem es in letzter Zeit ziemlich ruhig in diesem Forum war, versuchen wir mal, wieder etwas Leben hier reinzubringen.

Die meisten Leute spielen Shadowrun als das, wofür es vorgesehen ist - als Runner. Also bezahlte Kriminelle, die für allerlei illegale/lebensgefährliche Aktionen angeworben werden, für die keiner seine Image oder seine eigenen Leute riskieren will. Aber es gibt auch noch Leben jenseits der Schatten. Es wurden schon an diversen Stellen Denkanstöße und Konzepte für alternative Kampagnen im SR-Universum geliefert... Gangs, Mafiosi, Söldner, SpecOps, Polizisten und so weiter... Aber von Spielerseite hört man nicht viel aus der Richtung. Also...

Spielt ihr alternative Kampagnen? Habt ihr mal eine gespielt? Wie sind eure Erfahrungen? Was sind die Hauptunterschiede im allgemeinen Spielstil? Was ändert sich bei Fluff und Crunch?

"As the size of an explosion increases, the number of social situations it is incapable of solving approaches zero."

- Vaarsuvius

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Wir wollten mal eine Kampagne als Gang beginnen, sind dann aber zu dem Entschluß gekommen, dass wir keine Zeit haben, um 2 Shadowrun-Runden + 1 DSA-Runde zu spielen. Dabei sollte jeder Spieler drei verschiedene Ganger erschaffen und vor jedem Abenteuer einen auswählen, die anderen sollten vom Spielleiter gesteuert werden.

Die Vorstellungen unserer Feinde sind schwachsinnig:

Chaos ist die Ordnung.

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Okay, nach dieser überwältigenden Resonanz werde ich mich auch mal zum Thema äußern. Wir hatten bisher zwei alternative Kampagnen. Die erste war eine Gangkampagne, und die zweite ist eine Geheimdienstkampagne, die aktuell läuft.

Die Gangkampagne

Prämisse:

Wir waren die Ragnarocks, eine kleine Gang aus den Ghettos von San Francisco. Im wesentlichen eine Blockgang aus heimatlosen Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Leicht rassistischer Touch, was vor allem der Ideologie des Anführers zu verdanken war. Die war ziemlich stark an die nordische Mythologie angelehnt, ergo kam alles, was nicht Mensch oder Elf war, nicht so gut dabei weg.

Setting:

Standard SR-Setting, allerdings ohne Beachtung lokaler Fakten von SanFran. Hauptsächlich, weil sie uns nicht vorlagen.

Da Ruulz:

Nachdem ich drei Tage darüber gebrütet hatte, die LowTech-Regeln für unsere Bedürfnisse anzupassen, sagte ich irgendwann nur noch „****** drauf†œ, und wir haben die Charaktere frei nach Schnauze und ohne jegliche Beschränkungen erschaffen. Hat entgegen allen Vermutungen hervorragend geklappt. Ansonsten nur ein paar weniger beachtenswerte Hausregeln.

Außerdem hätte ich mir im Nachhinein gewünscht, dass wir damals schon den SFD verwendet hätten. Dann hätten wir nicht nur mehr Ahnung von Straßenkampf gehabt, sondern auch endlich mal Charaktere, die Locos, Dusthammers, HBW-MPs oder KillTecs auch wirklich verwenden würden. ;)

The Cast:

Aryan †“ Gangboss. Ungefähr das, was man sich unter einem charismatischen Skinhead vorstellt. Gehörte zusammen mit seinem jüngeren Bruder zu den Gründungsmitgliedern der Gang. Über und über mit nordischen Runen tätowiert. Hatte einen schweren Tick für nordische Mythologie, der vielen in der Gang übel aufgestoßen ist.

Marylin „Chain†œ Hendor †“ Trotz des Namens eindeutig männlich. Biker mit einer Vorliebe für schwere Ketten und antiquierte Rockmusik. Etwas langsam im Kopf und impulsiv, aber Dampf in den Armen. Er war so etwas wie der Adoptivbruder von C..

Caroline „C.†œ Gacy †“ Beinahe-Junkie mit Gothic-Tendenzen. Kam oft als die Heulsuse und Oberzicke der Gang rüber, was aber nicht unbedingt den Tatsachen entsprach.

Lucas „Ice†œ Harlan †“ Mäßig entwickelter Ki-Adept und Einbruchsexperte der Gang. Kam mit seiner Halbschwester in die Gang, und kümmerte sich mehr um sie, als sie das wollte. Machte meistens sein eigenes Ding, hatte aber genug Rückhalt in der Gang, um sich das leisten zu können.

Seamus „Snake†œ Springer†œ †“ Schlangenschamane und einziger Zauberer der Gang. Etwas naiv, aber vor allem sehr eigenbrötlerisch. Aber immerhin beherrschte er einen Heilzauber, was ihn sehr wertvoll machte. Hat später irgendeinen Critter-Welpen adoptiert.

Außer seinen normalen Connections hatte jeder Runner 2-4 NSC-Ganger, die er mehr oder weniger mitspielte. Sie besaßen keine Werte und nur ein paar Persönlichkeitsfragmente, aber der Spieler war für sie und ihre Taten verantwortlich. Das hauchte ihnen aber allgemein mehr leben ein, als wenn der SL sie einfach allein gespielt hätte. Und sie tauchten eh nur in Szenen auf, in denen auch SC beteiligt waren.

Unterschiede zur Runnerkampagne:

Da die Ganger keine gutbezahlten Aufträge von irgendwelchen Johnsons bekamen, bestanden die Spielabende meist aus internen Probleme, Eigeninitiative und Ereignissen aus der Nachbarschaft. Die nähere Umgebung gewann allgemein mehr Bedeutung, als bei Runnern die durch den ganzen Plex gondeln oder gar ferne Länder bereisen. Und so gab†™s die volle Bandbreite dessen, was unruhige urbane Nachbarschaften so auffahren konnten. Nervige Schutzgeldzahler, umherwildernde Critter, gierige Hehler, Gangkriege und so weiter. Unterm Strich aber gerade wegen dieser lokalen Fixierung sehr interessant. Die Chars saßen in dem Viertel mehr oder weniger fest. Vor Problemen konnte man nicht einfach weglaufen und untertauchen †“ man musste sich darum kümmern. Mit Reden, mit Bestechung, mit Schlägereien, mit Schießereien oder sonst etwas. Nur geschah das alles im täglichen Umfeld der Chars. Wenn man Jemanden umgelegt hatte, konnte man immer wieder seinen Freunden und Verwandten über den Weg laufen, und wenn man eine Schießerei begonnen hatte, konnte man noch Monate später ein paar verirrte Kugeln im Mauerwerk eines Hauses entdecken. Es war näher, persönlicher, greifbarer.

Die Ausrüstungsproblematik wäre noch zu nennen, denn als Ganger muss man nehmen, was man kriegt. Erstmal war Geld meistens Mangelware. Aber selbst wenn man genug Geld hatte, man kannte ja Niemanden, der das wirklich heftige Zeug besorgen konnte. Wir kannte einen fiesen Hehler, der uns ohne Ende ausgebeutet hat, und ein paar Bekannte die die eine oder andere Kanone besorgen konnten †“ aber da endete es auch schon. In den meisten Fällen sah die Beschaffung von illegalen oder seltenen Waren aller Art so aus, dass man sie klaute.

Auch das Zusammengehörigkeitsgefühl der Charaktere war ein wichtiger Punkt. Es gab untereinander schon kleinere Fehden, aber die musste man eben auf das notwendigste reduzieren. Denn immerhin war man zusammen in dieser Gang, und es gab mehr als genug Probleme von außen, so dass die meisten Konflikte quasi verjährten.

Fazit:

Düsterer, brutaler aber auch lebensnäher als die meisten Runnerkampagnen. Und †“ was soll ich sagen †“es machte einfach Spaß, das Gangleben mal etwas mehr aus der Nähe kennenzulernen. Das wirft ein komplett anderes Licht auf Menschen, die man als Shadowrunner höchstens als Kanonenfutter betrachtet.

Die Geheimdienstkampagne

Prämisse:

Wir spielen Agenten des Hongkonger Militärgeheimdienstes. Die Charaktere sind Field Agents einer Operative Group. Field Agents heißt, dass sie vor allem Aufträge übernehmen, die mit erhöhter Gefahr für Leib und Leben verbunden sind. Im Grunde genommen eine Mischung aus Ermittlungsabteilung und SWAT light, und damit für eine Vielzahl von Aufgaben einsetzbar.

Setting:

Für diese Kampagne war es fast lebenswichtig, und vom alten SR-Setting zu verabschieden. Und zwar aus einem wichtigen Grund. Eine Geheimdienstkampagne ist globaler als eine Runnerkampagne, und sie kann sich gewaltig auf das politische, wirtschaftliche und militärische Geschehen auf der Welt auswirken. Und genau hier liegt der Hund begraben †“ Shadowrun hat kein zusammenhängendes Weltgefüge. Man stelle sich nur mal die Frage nach den Bevölkerungszahlen der NAN, der wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit der Tirs oder der Frage, wie die Japaner ernsthaft daran denken konnten, 50% der eigenen Bevölkerung in KZs abzuschieben.

Wir bastelten also ein eigenes Setting. Zu einem geringen Teil basierend auf Shadowrun, zu einem größeren Teil basieren auf dem leider eingestellten X-Punk-Rollenspiel und zum Teil auf eigenen Ideen. Wir sind bisher auch recht weit damit gekommen. Eigene Timeline, ein eigener Guide für Hongkong und weitere Spielhilfen, wie etwa Fahrzeugkataloge. Momentan hocken wir gerade an einem Weltalamanach, der die wichtigsten Länder detailierter beschreibt.

Da Ruulz:

Da wir schon lange nicht mehr viel auf Regeln und Gewürfel geben, haben wir ein eigenes, minimalistisches Regelsystem aufgestellt. Es ist prinzipiell nicht so weit von SR entfernt. Hauptsächlich beinhaltet es mehr Attribute und Fertigkeiten, um die individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse der Charaktere auch besser in Werten wiedergeben zu können.

Außerdem werden SFD und Addendum genutzt.

The Cast:

2nd Lieutenant Jansen „Jens†œ Grieg Vandrad †“ Norweger, ehemaliger Marinesoldat und Mitglied der Küstenjägerkommandos. War an der Erstürmung mehrer Schiffe und Bohrinseln beteiligt, ebenso an Geiselbefreiungsaktionen in der zentralafrikanischen Kriegszone, nahm außerdem am New Years War teil. Wurde gefangengenommen, und erlitt ein schweres Trauma. Bekam eine Ausbilderposition angeboten, lehnte ab, und landete recht schnell in Hongkong.

Er ist der Teamleader, leitet die Planung und kümmert sich auch meist um den Kontakt zu den Ranghöheren. Er ist ein maritimer Kommandosoldat mit Nahkampfausbildung und MOS: Sprachen, ergo liegen seine Aufgaben meist in Richtung Kommunikation und Verhandlungen.

Warrant Officer 2nd Class Duncan MacCullough †“ Schotte. Diente acht Jahre bei den Paras, drei davon bei den Pathfinders. Nahm teil am Venezuela-Krieg, einem UN-Einsatz in Guinea und der Invasion in Myanmar. Nachdem er sich dank einer etwas impulsiven Aktion eine mögliche Offizierskarriere verbaut hatte, und ihn die Politik seines Landes nur noch ankotzte, verlängerte er seinen Dienst nicht. Arbeitete eine Weile im Ausland, bis er nach HK ging.

Er ist der 2nd in Command, also Jens†™ Stellvertreter. Er ist ebenfalls Kommandosoldat, aber Fallschirmjäger, und ausgebildeter Militärgeheimdienstler. Er ist also ebenfalls ein fähiger Kämpfer, seine Hauptaufgabe liegt aber in Beschaffung und Auswertung von Informationen, von Verhöropfern ebenso wie aus codierten Funkkanälen.

Coporal Volodya Achermann Halb Schweizer, halb Rumäne. Wurde im Rahmen der Schweizer Milizausbildung zum Kampfpsioniker ausgebildet. Da in der Schweiz militärische Karriere fast nur als Schreibtischhengst möglich ist, ging er nach Rumänien, und arbeitete bei einer Sondereinheit des Innenministeriums zur Bekämpfung erwachter Wesenheiten, wobei er aber meist nur als wandelnder Sanitätskoffer gebraucht wurde. Nach schweren Differenzen mit dem Vorgesetzten verließ er die Truppe, und ging nach HK.

Er ist ausgebildeter Psioniker, und ist auf die Manipulation lebender Materie spezialisiert. Er ist relativ neu im Team, und seine Aufgabe ist noch nicht so ganz eindeutige. Immerhin hat er bewiesen, dass er das Grund-Handwerkszeug beherrscht.

Coporal Feng-Ya Tuang †“ Hongkongchinese, ehemaliger Polizist. Ein Idealist, wie e rim Buche steht, und noch ziemlich grün hinter den Ohren. Ging zur Polizei, nachdem seine kleine Schwester bei einem Raubüberfall querschnittsgelähmt wurde, hatte dort aber bald das Gefühl, nicht genug tun zu können, und ging eine Stufe weiter.

Er ist quasi der Grünschnabel der Truppe. Er kann sich seiner Haut durchaus erwehren, aber seine wichtigsten Fähigkeiten liegen im technischen bereich, sowie in der Ermittlungstätigkeit.

Zu den früheren Mitgliedern gehören unter anderem Lance Corporal Oliver „Argon†œ Logan, Ex-Marine und Ex-Runner, der in HK ein neues Leben aufbauen wollte. Als es allerdings an die Backgroundchecks für eine höhere Sicherheitsfreigabe des Teams ging, bekam er kalte Füße und quittierte lieber den Dienst. Er war ein Versuch, einen Charakter aus einer früheren SR-Kampagne zu portieren, aber schließlich kam der Spieler zu dem Schluss, dass er ihm mit den hierfür nötigen Änderungen keinen Spaß mehr machen würde, und erschuf stattdessen Volodya.

Ein weiteres ehemaliges Mitglied des Teams ist 1st Lieutenant Robert Thelonius Ashcroft III. (NSC), ein arroganter britischer Karriereoffizier und Großkotz, der das Team anfangs leitete. „Leider†œ überstand er die Folgen seiner eigenen Unfähigkeit nicht ganz unbeschadet, weswegen Jansen ihn ersetzt hat.

Unterschiede zur Runnerkampagne:

Die Unterschiede zur Arbeit von Runnern sind teilweise ganz enorm. Auf der einen Seite ist das Powerniveau ein ganz anderes. Die SC haben einen Geheimdienst (und damit faktisch auch noch Armee und Polizei) hinter sich, was viele Dinge deutlich erleichtert. Einmal den Dienstausweis gezückt, und es öffnen sich viele Türen. Und wenn es mal zu brenzlig wird, ruft man notfalls auch mal nach der Spezialeinheit, die dann vorbeikommt und sämtliche Opposition einäschert. Auf der anderen Seite bringt Macht natürlich auch Verantwortung mit sich. Bei grobem Fehlverhalten und Versagen gibt†™s nicht bloß einen Anschiss von den Anderen, sondern möglicherweise auch noch berufliche und rechtliche Folgen. Und wer andauernd Hilfe anfordert, bekommt bald gar keine fordernden Aufgaben mehr zugewiesen. Und schlussendlich macht auch die beste Ausrüstung und Unterstützung nicht unverwundbar †“ die Chars sind immer noch Menschen, und können von jedem billigen Straßenpunk mit einem Glückstreffer aus einem rostigen .38er Revolver umgenietet werden.

Die Ausrüstungsfrage hat sich auch geändert. Der Arbeitgeber der Charaktere verfügt über ein umfangreiches Arsenal; von schweren Kampfpistolen und schallgedämpften MPs über Maschinengewehre und ACPA ist so ziemlich alles verfügbar. Hochwertige Ausrüstung steht also teilweise recht einfach zur Verfügung; auf der anderen Seite sind manche anderen Waffen †“ wie etwas Brandmunition oder Splittergranaten †“ bei den meisten Aufträgen einfach nicht gestattet. Diese Umstände haben die Charaktere ziemlich zum Umdenken gezwungen. Und gerade weil manches im Übermaß zur Verfügung steht, und manches auch gar nicht, denken sie oft viel stärker über die Wahl ihrer Ausrüstung nach, als noch als Runner.

Die Aufträge sind momentan noch nicht sehr Runner-like. Bis das Team ausreichend Vertrauen vom Vorgesetzten sowie eine entsprechende Sicherheitsfreigabe erhalten hat, steht eher Polizeiarbeit von höherer Wichtigkeit auf dem Programm. Sobald es dann soweit ist, stehen auch mal BlackOps und Auslandsarbeit an, die schon mehr mit Runnerarbeit zu tun haben †“ nur mit dem unbedeutenden Unterschied, dass man eine internationale Krise auslösen könnte, wenn man sich erwischen lässt.

"As the size of an explosion increases, the number of social situations it is incapable of solving approaches zero."

- Vaarsuvius

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Da unsere letzte Kampagne leider schon einige Jahre her ist, kann ich lediglich versuchen, sie einigermaßen zu rekonstruieren und keine sehr detaillierte Angaben machen.

Vorneweg:

Ich persönlich halte alternative Gruppenkonzepte für weitaus interessanter als die typische Runnergruppe. Der Grund dafür ist, dass ich mir nicht wirklich vorstellen kann, was für durchgeknallte Leute ernsthaft eine Karriere als Berufsrunner erwägen würden, wo das Ausgenutztwerden durch die Konzerne, der Verrat und das Herhalten als praktisches Bauernopfer schon in der Berufswahl inbegriffen sind. Dazu kommt, dass ich kein schlüssiges Argument dafür finde, dass der archetypische Auftraggeber, der Konzern, nicht selbst in einer seiner abgelegenen Vertretungen für die Ausbildung entsprechender Hit-Teams oder Geheimagenten sorgt. Natürlich kann man hier das Argument aufführen, dass ein Runner von der Straße den Vorteil hätte, sich in der Welt der Gangs, üblen Spelunken und Policlubs auszukennen und dass er darüberhinaus nicht mit dem Konzern in Verbindung gebracht werden kann und im Notfall entbehrlich ist. Letzteres stellt wieder den gesunden Menschenverstand des Runners in Frage, die anderen beiden Punkte sind mit etwas Aufwand zu substituieren mit dem zusätzlichen Vorteil, dass man sich der Loyalität der Teams sicherer sein könnte, als der irgendwelchen Straßenabschaums.

Da kann man sicher anderer Meinung sein, allerdings bleibt bei mir der Eindruck, dass man schon ziemlich kurzsichtig veranlagt sein muss, um Runs zu seinem Gewerbe zu machen.

Unsere Kampagne:

-Konzept

Die Grundidee unseres Konzeptes war, dass wir eine Gruppe politisch motivierter Terroristen spielen wollten, deren Ziel es langfristig war, den Einfluß der Konzerne schrittweise zurückzudrängen. In Anlehnung an leninistische Thesen, die die Notwendigkeit des erbittert ausgefochtenen Klassenkampfes vorraussetzen, um schließlich das Erreichen einer egalitäreren Gesellschaftsordnung zu ermöglichen, war es unser Plan vorerst derart viel Chaos anzurichten, dass das Unvermögen der gegenwärtigen Koalition von korrupter Politik und Kapitalmacht, die Sicherheit und den sozialen Frieden zu wahren, offen zu Tage tritt. Weiter möchte ich die politischen Ziele auch garnicht ausführen, schließlich war ja auch die Langzeitstrategie ein stetiger Streitpunkt innerhalb der Gruppe und nicht jeder von ihnen hatte da ganz klare Vorstellungen, sondern eher recht nebulöse Hoffnungen auf eine Veränderung zum Besseren hin.

-Chars

Aktiv war unsere Gruppe in London, in ihrer Besetzung war sie allerdings international. Ein zwergischer Möchtegernrigger aus London selbst, ein ehemaliger Geheimdienstagent und Scharfschütze aus Deutschland, ein orkischer Straßenschamane aus Jamaica und schließlich ein ehemaliger Pionier und Sprengstoffspezialist der russischen Armee. An dieser Zusammensetzung kann man bereits erkennen, dass das Rollenspiel innerhalb der Gruppe ziemlich konfliktreich war und oft ganze Spielabende dominiert hat. An für sich eine gute Sache, doch oft ist hierbei auch der eigentliche Plot in den Hintergrund getreten und die ersten drei "plots" handelten eher davon, wie sich diese Zweckgemeinschaft nach und nach gebildet hat. Bezeichnenderweise war der Zwergenrigger ursprünglich auch das Zielobjekt des deutschen Scharfschützen, der sich in London als Auftragsmörder eine neue Existenz aufbauen wollte und der Hubschrauber, den der Zwerg gestohlen hatte, um die Einzelteile auf dem Schwarzmarkt zu verhökern ehemaliger Besitz eines Verbrecherkonsortiums, dem der Russe bei einem verpatzten Rauschgiftdeal auf die Füße getreten ist. Lange Rede, kurzer Sinn, die Gruppe fand sich schließlich mit Ach und Krach zusammen.

Daran ist auch schon zu erkennen, wie schwierig es ist, eine Gruppe zu bilden, die lediglich durch ihre (teilweise) geteilten Überzeugungen zusammengehalten wird und sich hierfür eine schlüssige Geschichte einfallen zu lassen kann den SL durchaus vor eine große Herausforderung stellen, bevor es dann mit der "eigentlichen" Geschichte losgehen kann.

-Szenario:

Im Prinzip haben wir uns dem offiziellen SR-Hintergrund größtenteils gebeugt, mit dem Unterschied, dass sowohl die sozialen Konflikte zwischen SIN-loser Unterschicht und gutbürgerlicher bzw von den Konzernen protegierten Mittel- und Oberschichten etwas verschärft dargestellt wurden und die Grenzen zwischen Straßenszene und angepassten Stadtvierteln schärfer gezogen wurden. Wir gingen davon aus, dass es in den meisten Sprawls größere No-Go-Areas gab, in denen selbst die Polizei nur in Hundertschaften einrücken und deren Bevölkerung großzügig etwaigen genetischen oder chemischen Experimenten ausgesetzt waren, im Grunde Verfügungsmasse der Konzerne darstellten. Der Rassismus war ebenfalls etwas stärker im Vordergrund, so dass es so gut wie keine Metamenschen oder auch nur Erwachte in der Oberschicht gab. Allgemein haben wir das Aufkommen von Magie und von Crittern erheblich reduziert, die Druiden hatten bei uns keineswegs so großen Einfluß auf die britische Regierung und mussten weitaus verborgener agieren, als es in SR üblich ist.

-Spielalltag:

Es hat sich schnell herausgestellt, dass es weit schwieriger für den SL war, uns in vorbereitete "Abenteuer/Runs" zu integrieren, als sich im Vorfeld mit den Spielern zu unterhalten oder aus der Interaktion der Chars herauszufinden, welche Pläne sie schmieden und sich für eben diese Pläne dann Geschichten oder auch Hindernisse und Gegner auszudenken. Es lief dann meisten so, dass sich unsere Chars auf einen Anschlag vorbereitet haben oder auf die Suche nach einer Operationsbasis oder zu rekrutierenden Anhängern begeben haben und der SL dann hierfür NSCs, Lokalitäten oder kleine Plots vorbereitet hat. Uns in einen seiner größeren, langfristig angelegten Plots zu integrieren war für ihn hierbei ziemlich schwer, schließlich waren unsere Chars ja keine Runner for hire, sondern haben nur Aufträge angenommen, wenn sie für ihre Ziele Geld benötigt haben und auch dann nur solche, die irgendwie mit ihren Überzeugungen in Einklang zu bringen waren und es lief meistens darauf hinaus, dass die Runs, die der Geldbeschaffung dienten, für die größeren Plots herhalten mussten. Das hat sie erstens etwas vorhersehbar gemacht und zweitens den SL vor das Dilemma gestellt, sie entweder ganz aufzugeben oder damit zu leben, dass sie sich nur sehr, sehr langsam entfalten konnten. Da wir auch eine Organisation aufbauen wollten, war er auch lokal sehr beschränkt, schließlich kann man als angehender Top-Terrorist seinen Schäfchen nicht einfach sagen, sie sollen mal 2 Wochen Däumchen drehen, man müsse mal schnell nach Asien fliegen.

-Fazit

An für sich eine sehr interessante Abwechslung von der standard Runnerkampagne mit reichlich Gelegenheiten und Aufhängern für RP zwischen den Spielerchars und den NSCs ihrer Organisation, die sie aufbauen wollen. Ihr größter Nachteil war sicherlich, dass dem SL eine beinahe unschaffbare Menge von Arbeit zugemutet werden muss, da er großteils auf die Aktivitäten der Spieler reagieren muss, den Hintergrund unzähliger NSCs der eigenen, wie der gegnerischen Seite ausarbeiten muss, da diese dazu tendieren regelmäßiger aufzutauchen und somit eine oberflächliche Ausarbeitung allzu schnell störend wird und schließlich besteht noch die Schwierigkeit, dass mit dem Aubau der Organisation, der Anschlagsplanung und der Außeinandersetzung mit anderen Organisationen wie den Konzernen, Verbrechersyndikate, die um ihren Einfluß auf der Straße fürchten und Policlubs so etwas wie eine Simulation entsteht, statt einer Rollenspielkampagne, die sich hauptsächlich um die Protagonisten dreht. (Allein schon die Planung unserer ersten Operationsbasis hat zwei Spielabende in Anspruch genommen)

Wenn also der SL willens ist, sich all diese Arbeit zu machen, ist die Terroristenkampagne sicher einmal einen Versuch wert.

Leider kamen dann die Anschläge des 11. September und das hat unseren SL, was ich zwar verstehen kann, aber im Nachhinein doch als schade empfinde, die Motivation geraubt, so dass diese Gruppe in der Versenkung verschwunden ist.

Ich halte das zwar für eine Selbstverständlichkeit, aber bevor mir hier politisch korrekte Moralisten die Tür einrennen, sehe ich mich gezwungen darauf hinzuweisen, dass ich persönlich in keinster Weise eine Rechtfertigung für Terrorismus finden kann oder in irgendeinerweise für gut heiße.

in diesem Sinne

mfg

~der Böse

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