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Stargazer (Abgeschlossen 17.04.2015)


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Nö, nö. Keine Angst.

Auch wenn ich über die Jahre, die die Geschichte läuft, sehr viel Interesse verloren habe, will ich sie auf jeden Fall zu Ende schreiben. Immerhin ist die Ziellinie in Sicht.

Und wie es bei Colonel Ekko weiter geht - das sehen wir demnächst! Jetzt wünsche ich erstmal ein wundervolles Weihnachtsfest!

 

Eure Sista

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Eine Auflistung meiner Projekte findet ihr in meinem Profil

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Hallo, Liebe Stargazer-Leser,

 

Ho ho ho! Ja, Sista, die alte Hex†˜ hat nichts zu Weihnachten verschickt. Tja, es gibt Leute, die auch an Weihnachten arbeiten. Colonel Ekko zum Beispiel.

 

Ich hoffe, ihr hattet dennoch ein schönes Fest!

 

Na ja, hier mein verspätetes Weihnachtspräsent: Kapitel 46!

 

Viel Spaß beim Lesen.

 

 

46

 

Die Anzahl der auf den glühenden Schutzschild trommelnden Geschosse hatte merklich abgenommen, als Carrick mit seinen Begleitern auf den Vorhof der Kathedrale trat.

Aus dem konstanten Hintergrunddröhnen, deren einzelne Salven sich lediglich durch auf- und abschwellendes Wummern voneinander unterscheiden ließen, war wieder ein unregelmäßiger Beschuss geworden, dessen Granaten teilweise durch das Geräusch ihres Heranrauschens lokalisiert werden konnten.

Verwirrte Soldaten und Zivilisten blickten auf und starrten in den Himmel. Sie waren inzwischen zu apathisch, um ihrer Verwunderung auf andere Weise Ausdruck zu verleihen.

Aber war das wirklich nötig?

Die Erleichterung darüber, dass der tödliche Regen aus Stahl nachließ, lag in der Luft wie ein süßlicher, Ruhe verheißender Duft.

Auch Carrick konnte nicht umhin, von der Welle plötzlicher Entspannung zu trinken, tief einzuatmen und den über der Kathedralenstadt wabernden Mix aus Fyzelen, Kordit und Promethium auf sich wirken zu lassen, ohne ihm die Bedeutung zuzumessen, die ihm eigentlich gebührte.

Dafür gab es eine Sache, die ihm deutlich zu sehr stank. Wobei der Begriff »Stinken« in diesem Zusammenhang wohl noch eine maßlose Untertreibung darstellte und wohl eher für dieses Odeur der Schlacht hätte Verwendung finden sollen.

Das Thema, das ihn beschäftigte, gehörte einer vollkommen anderen Kategorie an.

»Mistkerl«, zischte er in Balgors Richtung, als der ihm nach auf aus dem gewaltigen Bau der Himmels-Kathedrale trat. »Dieser elende Mistkerl. Was denkt er, wer er ist?«

»Wir reden immer noch von Colonel Ekko«, erinnerte der Captain ihn. »Ich denke, damit erübrigt sich jede Frage in diese Richtung, oder?«

»Verarschen Sie mich nicht!«, schoss der Zeigefinger des hochgewachsenen Majors in Richtung des rangniederen Offiziers. »Ich lasse nicht mit mir spielen. Und mit meinen Truppen gewiss auch nicht. Selbst von einem Vorgesetzten nicht.«

»Ich widerspreche ungern, Sir. Ich stimme Ihnen voll und ganz zu«, bestätigte der dunkelhaarige Basteter die Aussage des stellvertretenden Regimentskommandeurs. »Aber ich denke nicht, dass das für Colonel Ekko ein Spiel ist. Er hat einen Plan, Sir.«

»Colonel Ekko und seine Pläne!«, zischte der Major, bevor er sich Nedor zuwandte, der erwartungsvoll an ihre Seite getreten war. »Was?!«, herrschte er den Unteroffizier an.

Der versteifte sich merklich. »Benötigen Sie meine Soldaten und mich noch, Sir?«

Carrick starrte ihn verständnislos an. Seine sorgsam ausgearbeitete Gedankenkette aus Aktionen und Reaktionen der Wut, durchstoßen von der vollkommen dem Konzept entfallenen Frage, begann zu bröckeln.

Balgor übernahm die Antwort, wenn auch nicht weniger harsch. »Nein. Gute Arbeit.« Mit einem Wink verscheuchte der Captain den Untergebenen. Der versteifte sich noch ein Stück mehr, dann nickte er und wandte sich ab, seinen Soldaten signalisierend, ihm zu folgen.

Einen militärischen Salut unterließ er. Es hätte in diesem Augenblick eh niemanden interessiert.

»Was machen wir jetzt?«, fragte der dunkelhaarige Captain und strich sich durch seinen Bart, während er den Abzug Nedors und seiner Soldaten verfolgte.

»Colonel Ekko zur Rede stellen«, entschied Carrick. »Folgen Sie mir.« Dann wandte er sich ab und marschierte schnellen Schrittes in Richtung des improvisierten Landeplatzes vor dem Gemäuer der Kathedrale.

Balgor, der hinter ihm herging, bemerkte überrascht, dass er dabei eine Aura verströmte, die sämtliche auf dem Vorplatz der Kathedrale befindlichen Personen †“ Militärs, Administraten und Zivilisten †“ aus seinem Weg weichen ließ.

Verstohlene Blicke folgten den beiden Männern, Überraschung ob der sichtlich zur Schau getragenen Wut, die sich ihren Weg durch die Erleichterung bahnte.

Jedoch gab es ein Wesen in diesem Chaos, das sich vollkommen unbeeindruckt von der aggressiven Energie des großen Basteters zeigte: Die Walküre, die sie eigentlich zurück auf das Dach der Himmels-Kathedrale hätte bringen sollen.

Adepten und Maschinenseher umringten den metallenen Vogel, kletterten auf seinem ehernen Körper umher und summten Litaneien der Technik.

Die beiden Piloten des Sturmtransporters saßen auf einer Munitionskiste nicht weit entfernt des improvisierten Landeplatzes und beobachteten das Treiben, selbst ein wenig ratlos.

»Hey!«, fuhr Carrick sie an, während er auf sie zustürmte. »Was soll das?!« Ein Satz, welcher sich in letzter Zeit verdächtig oft über seine Lippen stahl.

Die Männer sprangen auf.

»Tut mir leid, Sir«, erklärte der Pilot und wies auf seine flügellahme Maschine. »Der Maschinengeist verweigert die Funktion.«

»Was ist los?«, bellte Carrick ihn an.

Der Pilot sah seinen WSO hilfesuchend an. Doch der konnte auch nicht mehr, als seinem sich gerade in Rage laufenden Vorgesetzten entgegenzutreten. »Wir haben einen … Triebwerksschaden.«

»Was soll das bedeuten?«

»Wir …« Wieder versuchte der Pilot, dem Major die Lage zu erklären, wurde jedoch sofort unterbrochen.

»Soll das heißen, ich sitze hier am Boden fest, während der Krieg da draußen weiterläuft?! Während da oben der Wahnsinn grassiert?« Carrick deutete auf die Spitze des sie weit überragenden Kathedralenturms. »Was glauben Sie, wer Sie sind?!«

»Ich …«

»Major«, warf Balgor ein, nur um den Zorn des anderen Basteters auf sich zu ziehen.

»Was?!« Carrick setzte gerade an, den Captain unter ein verbales Artilleriebombardement zu nehmen, vor dem selbst ein Ork überrascht zurückgewichen wäre, wurde jedoch noch vor der Initiation von diesem mit einer ruhigen Geste an einen Neunankömmling verwiesen, dessen bodenlange Robe einen nur noch halbmenschlichen Körper verbarg.

Atem rasselte metallisch durch ein Gitter, das seinen Mund ersetzte. »Gibt es einen Grund, dass Sie sich auf derartige Weise erregen?«, wollte der Ankömmling wissen.

»Ja, in der Tat«, gab der blonde Mann zurück, dessen sonst sehr angenehme Stimme überhaupt nicht mehr angenehm klang. »Ich habe einen Auftrag, und den kann ich nicht erfüllen, wenn Sie meine Maschine besetzen.«

»Major«, berichtigte ihn den Techpriester und hob beschwichtigend die mit einem goldenen Saum versehenen Ärmel seines langen Gewands, »diese Walküre gehört dem Adeptus Mechanicus, verliehen an das Administratum Munitorium. Weder Sie, noch irgendjemand sonst, hat das Recht, dieses Wunderwerk des Maschinengottes als sein Eigen zu betrachten.«

Zu Stahl verhärtete Augen wurden aufgerissen, ein Mund öffnete sich zu einer wilden Erwiderung, konnte jedoch keine Worte hervorbringen.

»Daher ist es auch gar nicht nötig, sich mit verbalen Ausbrüchen gegenüber dem Geist der Maschine zu äußern. Das beunruhigt und verstimmt ihn nur«, fuhr der Halbmensch erklärend fort.

»Wann?«, wollte Carrick, den dieses ruhige, rationale Niederschmettern seiner Überlegenheit vollkommen perplex zurückließ.

»Nur der Omnissiah weiß, wann der Maschinengeist zu neuem Leben erweckt wird.«

Ein Augenblick seltsamer Ruhe folgte. Auf dem Schild der Kathedrale kochten zerplatzende Artilleriegeschosse, in seinem Innern Major Carrick.

»Gut«, zischte er schließlich. »Wir sprechen uns noch.«

Der Maschinenseher, offensichtlich vollkommen immun gegenüber Drohung, neigte seinen Kopf in einer respektvollen Geste. »Ich würde mich freuen, Major.«

Eine häretische Verwünschung von Seiten des Basteters folgte, glücklicherweise so gemurmelt, dass ihm niemand einen Strick daraus drehen konnte, dann wandte er sich ab. »Kommen Sie mit«, befahl er, an Balgor gerichtet.

Mit derselben Geschwindigkeit, mit der sie die Walküre angesteuert hatten, marschierten sie zurück in Richtung der gewaltigen Kathedrale.

»Sie könnten auch einfach das nächste Funkgerät verwenden«, schlug der Captain vor. Damit lag er gar nicht so falsch. Mit einem der Funkgeräte hätte der stellvertretende Regimentskommandeur in Windeseile eine Verbindung zu seinem Vorgesetzten aufbauen können, ohne sich irgendwelchen Strapazen aussetzen zu müssen.

Der Major jedoch hatte anderes im Sinn.

»Nein«, widersprach er kurz angebunden. »Ich werde ihm keine Bühne bereiten, auf der er sich öffentlich profilieren kann. Das hier soll er mir persönlich sagen. Ins Gesicht.«

»Was haben Sie jetzt vor?«, erkundigte sich Balgor, der bereits nach kurzer Zeit in einen leichten Trab verfallen musste, um mit dem anderen Offizier mitzuhalten.

Carrick wandte sich um, fixierte den Captain, dann wies er auf die sie hoch überragende Felsnadel, die von einer geschlossenen Treppe umlaufen wurde. »Die Walküre kann nicht fliegen? Also gut. Dann eben zu Fuß.«

»Da hoch?« Balgor lehnte sich weit zurück und blickte die Fassade der gewaltigen Kathedrale hinauf. »Aaaah, nein«, entschied er, als sein Rückgrat der Belastung zum Opfer zu fallen drohte.

Carrick wandte sich um. »Bitte, was?, fragte er mit mühsam zurückgehaltener Aggression in der Stimme.

»Ich bin zwar wütend«, erklärte der dunkelhaarige Basteter. »Aber so wütend dann doch nicht. Ich warte auf den Aufzug.«

Da war er wieder, dieser seltsame Moment der Stille, den lediglich das dröhnende Krachen explodierender Granaten auf dem Schutzschild füllte.

Die beiden Männer maßen ihre Blicke, rangen stumm um die Vorherrschaft ihrer Vorhaben, was natürlich der Stellung nach zu keiner Diskussion hätte führen dürfen.

Doch irgendwie ging keinem von beiden auf, dass die ganze Angelegenheit durch einen einfachen Abgleich ihrer Ränge geklärt gewesen wäre.

Stattdessen starrten sie einander an, unwillig, auch nur einen Zentimeter von ihrem Standpunkt abzurücken.

Über ihnen explodierten Artilleriegeschosse, ließen den Schutzschild der Kathedrale in seltsamen Farben aufleuchten. Der Boden bebte.

»Schön«, erwiderte Carrick, dessen Geduld mit fortschreitendem Zeitbedarf des Duells schließlich zuerst zur Neige ging. »Machen Sie, was Sie wollen.« Er wandte sich ab, eilte in das Hauptschiff der Kathedrale zurück.

Der Captain blieb zurück und steckte die Hände in die Taschen. Seine Augen blitzten auf. »Verstanden. Ich gehe dann mal an die Front.«

Es klang seltsam demotiviert.

 

***

 

Weit über ihren Köpfen grassierte eine warnende Furcht, das Vorzeichen einer drohenden Apokalypse, das man zwar spürte, aber irgendwie nicht richtig zuordnen konnte.

Angestrengte Ruhe, durchbrochen von den Meldungen der Gefechtsbeobachter, Befehlen der Zugführer und kurzem Informationsaustausch, beherrschte die Kommandozentrale.

Ein Offizier nahm Eintragungen an einer der Karten vor, die auf dem Projektionstisch des ehemaligen Holoplots lagen.

Ekko lehnte an einer naheliegenden Säule und beobachtete ihn dabei.

Sein Ziel, einen möglichst unspektakulären Tod zu sterben, hatte sich im Laufe der Schlacht auf seltsame Weise gewandelt. Wie bei einem schwindenden Kopfschmerz, von dem man nur noch wusste, dass er einst existierte hatte, schien auch seine Todessehnsucht nur noch ein leises Hintergrundrauschen vor der Hoffnung zu sein, die Überlebenden der Schlacht von Agos Virgil von diesem Planeten zu schaffen.

Sterben konnte er später immer noch. Seine vordringlichste Aufgabe war es nun, seinen Männern das Überleben zu ermöglichen.

Eigentlich hatte er sich einen vollkommen anderen Plan für das Ende dieses Kampfes zurechtgelegt, aber inzwischen war er sich nicht mehr so sicher, ob er diesen Plan überhaupt noch ausführen wollte, ihn ausführen konnte.

Zumindest seit der recht undeutlichen, aber dennoch alles sagenden Meldung Gren Kroods, schien ihm seine bisherige Gedankengrundlage wie ein Verrat seiner eigenen Prinzipien. Haben zugestochen. Schneewittchen schläft jetzt.

Ein professioneller Märchenerzähler hätte sie für die sehr eigenwillige Vermischung zweier Traumgeschichten zum eigenen Zwecke ausgelacht.

Aber wie dem auch war. Nun zählten nur noch die vergifteten Äpfel, die Ekko aus dem Korb seiner Strategie geholt und den Orks vor die Füße geworfen hatte. Äpfel, von denen er hoffte, dass nicht er sie schließlich selbst zu schlucken haben würde.

»Colonel?«, sprach ihn jemand von der Seite an. Es war Gireth.

Überrascht davon, dass er in seinen Gedanken gestört wurde, sah Ekko auf. Seine Überlegungen flatterten davon wie ein Vogel, dessen Käfig gerade zertrümmert worden war. »Was gibt es?«

Der dunkelhäutige Regimentsfunker hielt ein Blatt mit einer selbstgekritzelten Notiz in die Höhe. Im verhältnismäßig schwachen, künstlichen Licht der Kommandozentrale schienen die Buchstaben durch das weiße Papier wie Hieroglyphen, mystische Zeichen auf einem Ring der Verheißung. Ein hallender Schlug erschütterte das Beinhaus; der rollender Donner eines auf dem Schild detonierenden Artilleriegeschosses.

»Meldung der Gefechtsbeobachter: Feindlicher Artilleriebeschuss lässt nach. Druck auf verbliebene Stellungen dislozierter Einheiten hat abgenommen. Kampfmoral der Angreifer scheint zu brechen. Feind löst sich einheitenweise aus der Hauptkampflinie. Grund dafür: Mögliche Dysfunktion der Kommandokette.«

»Sehr gut.« Ekko lächelte nachdenklich.

Gireth sah zu ihm auf. »Sir, was … was bedeutet das alles? Werden wir jetzt sterben?«

»Keine Sorge, Gireth«, versicherte der Colonel »Wir werden nicht sterben.«

»Woher wissen Sie das?«

»Ich habe das Script gelesen.«

»Das Script?«

»Ja. Ich bin fast durch †“ oder was dachten Sie, weshalb ich in meinem Lieblingsroman über die Imperiale Armee erst auf Seite fünfunddreißig bin?« Er meinte die Tactica Imperialis.

»Ich …« Gireth starrte seinen Vorgesetzen entgeistert an. Er wusste beim besten Willen nicht, was er darauf noch hätte erwidern sollen.

Ekko indes stieß sich locker von seiner Säule ab und schlenderte zum Taktikplot, um einen Blick auf die neuesten Eintragungen zu werfen.

Die Bewegung, welche dadurch im Augenwinkel des am Holotisch stehenden Offiziers entstand, ließ diesen kurz aufblicken. Ohne in seiner Tätigkeit innezuhalten, machte er ein paar kurze Schritte seitwärts, damit der Festungskommandant über genügend Platz verfügte, seine strategische Ideen über dem Kartenmaterial auszubreiten.

Wortlos dankend nahm der dunkelhaarige Basteter diese Möglichkeit wahr, trat an den Projektionstisch und lehnte sich fast schon müde auf dessen Projektionsfläche. Seine Gedanken hingegen rasten weiterhin wild im Raum umher.

Noch stand eine Mauer zwischen ihm und dem Feind, ein Bollwerk, das zu durchbrechen die Grünhäute einige Zeit in Anspruch nehmen würde.

Man konnte nicht behaupten, dass diese Gnadenfrist ihren zermarterten Seelen genügend Ruhe verschaffen würde, um sich für die letzte Phase der Schlacht entsprechend zu wappnen.

Sie würde lediglich als bedrohliches Schwert über ihnen hängen. Das tiefe Luftholen vor dem Sprung, dessen Zug jeder der Überlebenden im Rücken spürte.

Es stellte lediglich eine Verlängerung ihres Todeskampfes dar. Eine Spanne von Ungewissheit, welche ihn wieder einmal mit den Dämonen seines Gewissens würde kämpfen lassen. Längst waren einige seiner stärksten Prinzipien in den Hintergrund getreten, blockierten seine Entscheidungsfindung und verlangten von ihm, Alternativen zu suchen, wo eine gepflasterte Straße eine sichere Reise verhieß.

Eine Reise zwar, an deren Ende unweigerlich das Elysium des Imperators wartete, aber dennoch eine Reise mit einem erreichbaren Ziel.

Wer wollte schon ewig leben?

Den Tod zu finden, das hatten ihm der Gott-Imperator und seines engste Verbündete, das mächtige Universum, bisher nicht gegönnt. Aber was bedeutete das schon im Angesicht der Qualen, die sie ihm bisher angedeihen ließen?

Es bestand kein Zweifel: Trotz all seiner Versuche, die Kontrolle über die Situation zu behalten, entglitt ihm beides ganz allmählich. Er kam sich vor wie ein Mann, der versuchte, mit einem Besenstiel ein Tor zu versperren, gegen das der Fuß eines Warhound-Titanen trommelte.

Nein, es war schlimmer. Es kam der Lage eines jungen Piloten gleich, der versuchte, seine beschädigte Walküre ohne Schubkontrolle durch einen Gewittersturm auf eine Landeplattform zu navigieren, und dem ganz allmählich aufging, dass sein Landeanflug längst keiner mehr war.

Dass ihn dieser Gedanke erneut den einen oder anderen Flug an Bord imperialer Walküren erleben ließ, deren Flugverhalten bisweilen seiner Lage auf bemerkenswerte Weise ähnelte, half auch nicht gerade dabei, seine Überlegungen zu fokussieren.

Er hatte geglaubt, einen für seine Verhältnisse perfekten Plan in der Hinterhand zu haben und im Fall der Fälle darauf zurückgreifen zu können. Dass ihn den Gott-Imperator gerade jetzt nötigte, Skrupel zu entwickeln, die ihn seine eigenen Prinzipien verraten ließen, kam ihm nicht gerade gelegen.

Der große Plan des Omnissiah sah offensichtlich eine andere Rolle für ihn vor als die des hingebungsvollen Märtyrers.

Also blieb ihm nur, sich irgendwie gegen die Vorhaben des Gott-Imperators aufzulehnen, ihm einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Leider ließ sich der große Herr aller Menschen nicht so leicht überraschen wie etwa die Flut von Grünlingen, die draußen vor dem Tor stand.

Nun konnte man auch von Orks nicht behaupten, dass sie allzu leicht zu überrumpeln waren. Wie Wasser nahmen sie jede noch so kleine Hinderung ihres Weges wahr, nur um diese aus dem Weg zu räumen oder sie zu umgehen. Meistens geschah ersteres. Aber das war nicht der Punkt.

Der Punkt war, dass ihm jetzt nur noch ein kleines Zeitfenster blieb, um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Er musste es so perfekt treffen wie Krood den Boss der Orks erledigt hatte. Ein kurzer, sauberer Schnitt. Ja, so musste es laufen.

Wenn er den Moment verpasste, ihn zu früh kalkulierte oder zu spät, war sein Plan gescheitert. Dann konnten sie nur noch das Haupttor öffnen, vor das Bollwerk ihrer Verteidigung stürmen und hoffen, dass es ihnen gelang, den Feind schneller zu töten, er sich regenerieren konnte. Sie würden alles vernichten müssen. Die ganze Stadt.

Zu groß die Verseuchung durch den Feind. Zu stark die Kontamination mit dessen Überresten.

Er hatte nicht vor, den Xenos diese Möglichkeit zum Sieg zu gewähren, noch dem Gott-Imperator die diebische Freude einzuräumen, sein ganz spezielles Lieblingsopfer bis ans Ende seiner Tage zu quälen.

Er würde sein eigenes kleines Vorhaben durchführen. Eine fast unsichtbare Gemeinheit, deren Wahnsinn methodisch war und die es ihm erlauben würden, den Gott-Imperator zumindest für eine Weile auf seine Seite zu ziehen, um ihren gemeinsamen Feind zu besiegen.

»Sind das die Rückzugsrouten des Feindes?«, erkundigte er sich bei dem anderen Offizier, einem Lieutenant mit brünetten Haaren und einen weich geschnittenen Gesicht.

»Ja, Sir«, erwiderte dieser und deutete mit seinem Finger auf einen Bezirk des ersten Rings, auf dem verschiedene taktische Symbole prangten. »Erkannte Bewegungen des Gegners, festgestellt und gemeldet durch vorgeschobene Beobachter auf dem Schutzwall und verbliebene Einheiten der dislozierten Kampfverbände.«

Natürlich stellten diese Informationen lediglich Papierwerk dar und entsprachen den Geschehnissen der Realität nur in Teilen. Es gab wohl kaum einen imperialen Soldaten, der im Angesicht des Feindes auch nur einen Deut auf das Wissen gegeben hätte, das Ekko geradewegs aus der Karte heraus in die Augen stach.

Selbst das vor den verrammelten Fenstern wütende Artilleriefeuer stellte einen deutlich besseren Indikator der aktuellen Geschehnisse dar als die taktischen Symbole, die Ekko unter anderem zeigten, dass sich eine Xenos-Horde auf dem Rückzug durch den nordwestlichen Stadtsektor befand und offensichtlich noch zwei Züge der vor dem Tor verbliebenen Einheiten aktiv in Kampfhandlungen verwickelt waren.

»M-hm«, brummte der Colonel, kratzte sich am Kopf und musterte die dargestellten Zeichen, die ihm eine ungefähre Feindlage präsentierte. Der holografische Projektor, auf den sie sich vor kurzem noch hatten verlassen können, wäre natürlich deutlich aktueller und vor allem leistungsfähiger gewesen. Aber so wie es aussah, war der Geist des Kommando- und Kontrollgeräts bereits vor geraumer Zeit desertiert und hatte seiner Nutzer ihrem Schicksal überlassen.

Dass er selbst eine Mitschuld an der überstürzten Flucht der Maschinenseele trug, blendete Ekko recht erfolgreich aus. Es hätte ihn sowieso nicht interessiert.

»Gireth«, rief er dem nach wie vor perplexen Funker zu. »Kommen Sie her.«

»Sir?«, eilte dieser an seine Seite.

»Wir haben also noch Trupps vor dem Tor?«

»Ja, Sir. Ein paar wenige Einheiten sind noch aktiv an Kampfhandlungen beteiligt.«

»Haben Sie Papier und Stift?«, erkundigte sich der Colonel, verfolgte, wie sein Untergebener beides aus seiner Drillichtasche zog und schreibbereit auf den Tisch legte, bevor er damit fortfuhr, seine Gedanken zu diktieren.

»Gut«, stelle der Colonel fest. »Schreiben Sie mit: Befehl an alle Zugkommandeure: Kampfaufnahme wenn nötig, Kampfvermeidung wenn möglich. Sobald es die Lage zulässt, sollen sich die Einheiten einen guten Schutz suchen. Keine hohen Gebäude. Am besten etwas sehr Stabiles und gut abgeschirmt. Einen Kellerraum vielleicht oder ein Erdgeschoss. Etwas, von dem aus sie ein hervorragendes Schussfeld haben, sowie eine verlässliche Deckung.«

Eilig kritzelte der dunkelhäutige Funker die Informationen mit einem abgewetzten Bleistift auf seinen kleinen Block, bevor er stirnrunzelnd aufsah. »Und wenn sie fragen, warum?«

Ekko zuckte die Schultern. »Sie werden es brauchen.

»Was haben Sie vor, Colonel?«, fragte der Regimentsfunker. In seiner leicht zitternden Stimme schwang erneut die Frage mit, ob sie nun bald sterben würden.

Zeit für Ekko, wieder auf seinen Wahnsinn zu vertrauen. »Ich will, dass sich die Grünen erst einmal voll und ganz auf sich selbst konzentrieren«, erklärte er mit freudiger Stimme, unterstrich die Worte mit einem kehligen Lachen.

Dass dabei nicht nur Gireth ein eisiger Schauer über den Rücken lief, konnte er nicht sehen. Es hätte ihn aber auch nicht wirklich interessiert.

Mit einem knappen Wink der Hand entließ er den Funker, wies ihn an, die erteilte Aufgabe auszuführen.

Während Gireth sichtlich verunsichert an seinen Platz zurückkehrte, ließ Ekko seinen Blick über das Kartenmaterial schweifen, sah schließlich auf und starrte direkt in das von Boltergeschossen und Laserstrahlen zerfetzte Gesicht einer einstmals steinernen Fratze, die ihn aufmerksam von einer der umliegenden Säulen musterte. Fast schien es, als würde ihn der Gott-Imperator durch die Reste ihrer fein geschlagener Augen ansehen, seinen Blick mit ihm messen und versuchen, in seinen Gedanken zu lesen. Er ließ es nicht zu.

»Jetzt habe ich dich, du Mistkerl«, zischte er dem entstellten Abbild stattdessen entgegen. Wen er wirklich meinte, blieb ungewiss. Vermutlich konnte er es selbst nicht erklären.

 

****

 

Ein kräftiger Donnerschlag ließ das Notlazarett erbeben. Im ersten Augenblick fühlte es sich an, als habe das sie umgebende Gemäuer der alten Priorei einen Volltreffer erhalten.

Deutliches Knirschen der steinernen Fassaden war zu vernehmen. Abplatzender Putz rieselte von der Decke.

Für einen Augenblick gingen sogar das Summen der medizinischen Geräte und das Stöhnen der Verwundeten im Hämmern des Echos unter, das durch den großen Raum hallte.

Die Erschöpfung in Marith Calgrows Geist hingegen sorgte dafür, dass die Regimentsärztin erst auf den Knall reagierte, als dieser den Raum bereits durch die leicht geöffnete Tür verlassen hatte und durch die Wandelhalle sowie die anschließenden Teile des Gebäudes tobte.

Apathisch starrte sie von den Krankenblättern auf, über denen sie gerade gebrütet hatte, nur um festzustellen, dass sie die gerade erst gelesenen Worte mit dieser Bewegung aus ihrem Kopf geschüttelt hatte, und diese dem Dröhnen der Explosion nach durch die Tür aus dem Herz der Priorei geeilt waren.

Höchstwahrscheinlich würden sie sich auf dem schnellsten Weg in das mächtige Hauptschiff der Kathedrale begeben, um dort für ihr Seelenheil zu beten.

Für einen Augenblick lang reifte in Marith Calgrows Geist die Vorstellung eines in sauberer Handschrift zu Papier gebrachten Wundbrands, der vor dem ausladenden Hauptaltar der Himmels-Kathedrale auf seine nicht vorhandenen Knie fiel und den Imperator anflehte, ihnen leben zu lassen.

Diese Überlegungen für sich allein genommen konnte bereits als perverse Fantasie eines überreizten Geistes wahrgenommen werden. Doch als die Ärztin bemerkte, wie sie dem Gedanken mit einem deutlich hörbaren: »Nein, du stirbst jetzt!«, antwortete, entschied sie, dass es Zeit war, dem für sie nicht mehr wahrnehmbaren Gestank aus Tod und Verwundung zumindest für eine Weile zu entgehen.

Wortlos erhob sie sich von ihrem kleinen Sitzplatz in der abgeschotteten Nische des Lazaretts, wo vor einigen Tagen noch Colonel Ekko über den Tod dreier Infanteristen gewettert hatte und trat durch den blickdichten Vorhang aus grünen Laken, der leise raschelnd wieder hinter ihr zu schwang.

»Ich werde kurz Luft holen«, wandte sie sich an einen Sanitäter, der gerade damit beschäftigt war, versiegelte Spritzen aus einem Karton in mehrere Bereitschaftsschalen umzuverteilen. In der bürokratischen Manier aller Administrationen, die auch das Officio Medicae von seinen Angestellten verlangte, notierte er dabei jede entnommene Spritze und deren Schicksal auf einem bereitliegenden Vordruck, welcher später seinen Weg in die düsteren Archive eines Medicae-Subsektorhauptquartiers finden würde †“ vorausgesetzt natürlich, er verbrannte nicht bei der Vernichtung des provisorischen Lazaretts oder teilte ein anderes, für ein Stück Papier schreckliches Schicksal mit den hunderten seiner Leidensgenossen, die sie seit ihrem Eintreffen auf Agos Virgil ausgefüllt hatten.

Der Mann nickte abwesend, bevor er der ersten Karton achtlos vom Tisch wischte, nur um einen neuen aus der Ablage darunter hervorzuholen.

Calgrow nahm die kurze Geste des Mannes als eine Form der Bestätigung und ließ ihn seine Arbeit tun, während sie sich ihren Weg durch das Lazarett bahnte, die Wandelhalle durchquerte und schließlich durch das hölzerne Portal an die frische Luft trat.

Das Grauen im Innern des Lazaretts stellte für sie inzwischen längst nicht mehr da als ein Beiwerk ihrer Arbeit, kaum beachtenswert und dennoch irgendwie stets präsent.

Es ermüdete sie, ließ sie nachts nur schwerlich Schlaf finden und tagsüber erschöpft zum Dienst antreten. Kurzum: Doktor Calgrow erlebte ein Phänomen, das ihr als Kommissarin sicherlich früher oder später den Tod gebracht hätte.

Hätte sie diese Entwicklung während ihrer aktiven Zeit im Kommissariat bei jemand anderen festgestellt, sie hätte ihm die Gnade des Imperators gewährt †“ sie ihm gewähren müssen. Doch wer erschoss sich schon gerne selbst?

Vor einiger Zeit noch hatte sie dieses Verhalten bei Soldat Rahael beobachtet, jedoch auf das Betreiben von Colonel Ekko nichts gegen den Jungen unternommen. Auf eine nicht näher zu definierende Weise war sie dankbar dafür. Wäre sie in dem Fall konsequent gewesen, man hätte ihr nun Feigheit vorwerfen können. Es wäre nicht einmal gelogen. Und leider kannte Marith Calgrow eine ganz bestimmte Person, die sofort unter diese Kante ihrer Persönlichkeit haken würde. Sie war nicht gewillt, dieser bestimmten Person die Genugtuung zu gönnen, sich ihr gegenüber überlegen zu geben.

Abgespannt trat sie zwischen den hohen Säulen hervor, welche die Priorei umgaben und ließ sich auf eine der aufgeschichteten Sandsackbarrieren sinken, nur um erschrocken aufzufahren.

Eine andere einzelne Person saß, teilweise in Bandagen gehüllt, als schwacher Schemen in der nächtlichen Finsternis vor der provisorischen Schutzmauer, ein glimmendes Lho-Stäbchen im Mundwinkel.

»Lenhim?«, sprach sie den Mann an, als sie näher an ihn herangerückt war und im Licht des umfunktionierten Vorplatzes der Kathedrale sehen konnte, wer dort in Gedanken versunken in den dunklen Himmel hinaufstarrte. »Was machen Sie da?«

»Ich rauche und warte auf den Morgen«, erwiderte der Sergeant mit abwesender Stimme. Seine Hand hob sich wie ein von scharfen Linien umrissener Schatten, deutete auf den von Artillerieexplosionen beleuchteten Schild, der sich weit über ihren Köpfen erhob.

Erste, violette Streifen eines nahenden Tages zogen am Horizont auf, kündeten vom baldigen Ende der ‚langen†˜ kurzen Nacht.

Calgrow verstand. Mit einem unterdrückten Ächzen nahm sie an der Seite des Infanteristen Platz.

»Wie geht es Ihrem Trupp?«, fragte sie, nachdem eine Weile lang die Stille um sie herumgetanzt war.

»Das weiß ich nicht, Ma†™am. Ich habe lange nichts mehr von ihnen gehört.« Lenhim versuchte gar nicht erst, seine geschädigten Schultern zu zucken. Nur der Imperator wusste, wie es ihm gelang, sich trotz seiner Verwundungen nach wie vor einigermaßen gut bewegen zu können. Seine Schmerzen mussten trotz der fürsorglichen Behandlung überwältigend sein. »Das Letzte, was ich weiß ist, dass sie am Rückzugsgefecht in den zweiten Ring beteiligt waren. Danach verliert sich ihre Spur.«

»Denken Sie, dass sie tot sind?«, erkundigte sich Calgrow und genoss die kalte, von Kordit, Fyzelen und Promethium geschwängerte Luft. Auch wenn es nach wie vor nach dem Toben einer Schlacht stank, so bot ihr der kühlende Luftzug eine willkommene Abwechslung zum Parfüm der Verwesung, das sie seit dem Eintreffen der ersten Sterbenden im Lazarett umwaberte.

»Ich weiß es nicht«, erwiderte der Sergeant, bevor er sich einen weiteren Zug von seinem Sargnagel genehmigte.

»Und wie geht es Ihnen?«, bohrte die Ärztin weiter.

»Ich werde überleben«, lautete die lakonische Antwort.

Eine schnelle Abfolge hell blitzender Lichter ließ das ganz allmählich heraufziehende Farbenspiel des anstehenden Tages verblassen, floh vor einer Reihe kräftiger Schläge, die über das Umfeld der Kathedrale hinwegtrommelten.

Unwillkürlich zuckte Calgrow zusammen, von den sich langsam regenerierenden Nerven ihres überreizten Körpers vor dem plötzlichen Lärm gewarnt.

Lenhim hingegen schien das farbenprächtige Spektakel auf sich wirken zu lassen. Er zog die Energie, die er zum Wachbleiben benötigte, aus dem Krachen und Donnern, das unablässig versuchte, die Barriere um das menschliche Bauwerk mit seinem überwältigen Schall zu zerschlagen.

»Hätten Sie … hätten Sie vielleicht auch eines für mich?«, fragte die Ärztin und deutete auf das Lho-Stäbchen, das aus seinem Mundwinkel hing und geräuschlos Kringel in die Luft malte.

»Tut mir leid. Das ist mein letztes«, gab er zurück.

»Ich verstehe.«

Über ihnen zerplatzten Artilleriegeschosse. Um sie herum tönte das dumpfe Wummern der Kanonen und Maschinenwaffen, mit denen die Orks die Mauer des zweiten Rings bearbeiteten, sowie das Schreien und Rufen der Soldaten, welche die nicht weit entfernt stehenden Raketenwerfer für eine weitere Salve luden.

Urplötzlich griff Calgrows Sitznachbar nach dem Genussstängel, zog ihn aus seinem Mundwinkel und hielt ihn der Ärztin hin.

Zögernd nahm die Cadianerin den dargebotenen Sargnagel an, fast als fürchte sie, sie könne sich bei einer Berührung mit einer unheilbaren Krankheit infizieren, bevor sie ihn langsam an ihre Lippen führte und einen tiefen Zug nahm.

Es war lange her, dass sie das letzte Mal geraucht hatte, doch sobald sie den ersten, nach geklärter Asche schmeckenden Rauch des Lho-Stäbchens im Mund fühlte, sich seine leicht raue, benebelnde Wirkung in ihrem Rachenraum ausbreitete und sich anschickte, auch den Rest ihres Kopfes zu überfluten, fühlte sie es plötzlich wieder. Ein Gefühl des Glücks und der Erleichterung. Es war nicht so angenehm wie das gewaltige, ekstatische Rauschen, mit dem ihr Geist in der Gefahr höchster Not überflutet wurde, aber dennoch befriedigte es sie. Entspannt blies sie den überflüssigen Rauch durch die Nase aus.

»So macht das nur eine richtige Kennerin«, stellte Lenhim unumwunden fest, während er sie beobachtete.

»Ich weiß«, reichte ihm Calgrow das Mittel ihres Genusses zurück.

Für eine Weile ließen die beiden Sitzenden die Szenerie auf sich wirken, lauschten dem Krachen der Granatexplosionen und beobachteten, wie der Schild immer wieder von zerplatzender Artilleriemunition erleuchtet wurde.

Von Zeit zu Zeit wechselte das Lho-Stäbchen den Besitzer, malte weiterhin fröhliche Kringel in die Luft. Offensichtlich war es sich der Lage nicht bewusst, in der seine Raucher †“ und es selbst †“ steckten.

Es war Lenhim, der schließlich das Wort ergriff. Wie hätte er auch wissen sollen, worüber das Lho-Stäbchen mit seinem rapide kleiner werdenden Denkapparat nachgrübelte? »Und, Doktor, was glauben Sie? Werden wir sterben?«

Nachdenklich lehnte sich die Ärztin zurück. »Ist das wichtig?«, fragte sie.

»Nein, nicht wirklich.« Das Lho-Stäbchen wechselte den Besitzer. »Mich interessierte nur, was Sie als Expertin vermuten.«

»Wie großzügig von Ihnen.« Die Ärztin ließ den benebelnden Geschmack des Stäbchens auf sich wirken. »Aber was wollen Sie von mir hören?«

Er seufzte. »Ein ‚Alles wird gut, Lenhim†˜ würde mir schon reichen.«

Calgrow schnaubte missmutig. Es sah aus, als würde ein Drache einen warnenden Stoß durch seine Nüstern ausblasen. »Damit kann ich nicht dienen. Ich glaube nämlich, dass Colonel Ekko wieder einmal einen Plan hat. Und wenn uns die Orks nicht in die Luft jagen †“ er wird es tun.«

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Das wär ja für unseren Nurin fast schief gegangen. Aber dem Orkboss konnte ja trotzdem eine Weihnachtsüberraschung vo unserem Vorzeige Casrkin überbracht werden.

Jetzt bleibt nur zu warten, welche Neujjahrsüberraschung Ekko geplant hat.

 

(ja, das passt jetzt nicht mehr so ganz, aber ich hatte den Text geschrieben.... und vergessen auf absenden zu klicken :D)

Meine bunten Allgemeinprojekte: Avalus Armeen II (aktuell), Avalus Armeen I (Geschlossen)

Spezifische Armeeprojekte: Imperiale Armee Schnelle EingreiftruppeProjekt 500: Orks (Doch nicht im Warp Verschollen)

 

Beste Beschreibung meines Malstils:

"Einen Avalus bauen: Ein Modell kaufen und jede Farbe aus dem Mega-Paintset mal dran ausprobieren, 95% davon fuers Base." Garthor

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Hi hi,

 

ein paar Tage dauert es noch, aber dann darf man sich auf die Neujahrüberraschung freuen^^

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Hallo, liebe Stargazer-Leser!

 

Tja, was soll ich sagen? Ich habe mich ja dazu überreden lassen ^^

Nach einer längeren Pause geht es weiter. Wie immer gab es viel zu tun und viel zu erzählen und den einen oder anderen Moment kopfschüttelnder Resignation †“ daher ist dieses Kapitel auch wieder eines der längeren. Da mein Plan vorsieht, dass demnächst Schluss sein wird, werden auch die noch verbliebenen Kapitel höchstwahrscheinlich länger werden. Dann aber kann endlich aufgeatmet werden und die Begeisterung einhalten.

 

Na ja †“ genügend Bla für heute.

 

Viel Spaß beim Lesen!

 

47

 

Manche Dinge änderten sich nie. Andere hingegen konnten einem wirklich sehr akuten Wandel unterliegen.

Beides traf auf das Verständnis und Meinung von Haestian Carrick in Bezug auf seinen Kommandanten zu.

Glaubte er immer wieder aufs Neue, endlich begriffen zu haben, was hinter den Gedanken seines Vorgesetzten steckte, so wurde er postwendend eines besseren belehrt.

Und hatte er sich zu Anfang ihres gemeinsamen Dienstes noch von der recht eigenwilligen Aura Colonel Ekkos einfangen lassen, so gab es nun nichts mehr, das ihn an der Seite dieses Mannes hielt. Oder sollte man besser sagen: fast nichts mehr. Denn so sehr er sich auch bemühte, seinen Kommandeur zu hassen, sein Vorgehen für einen Basteter als maßlos zu verfluchen und ihn mit all dem Bösen gleichzusetzen, das er sich vorstellen konnte, er konnte dennoch nicht anders, als den Originalität des Mannes zu bewundern.

Jetzt allerdings wollte er in erster Linie eines: er wollte endlich Klarheit.

Ekko zu durchschauen, ließ sich mit dem Versuch vergleichen, die Gleiskette eines Baneblade mit Hilfe von Kieselsteinen sabotieren zu wollen. Und doch war es nicht so sehr die Undurchschaubarkeit des Colonels, die Major Carricks Blut wieder einmal wie die Hydraulikflüssigkeit seines Zorns mit Hochdruck durch seine Adern pumpte. Nein †“ eher das Gefühl, von seinem Kommandeur verraten und um die Möglichkeit gebracht worden zu sein, seine Feinde mit größtmöglicher Wucht entgegentreten zu können. Mit zwölf Atombomben als Reserve waren sie in die Schlacht gezogen, jede von ihnen in der Lage, ganze Armeen zu vernichten. Ihr Einsatz war bereits entschieden, doch Ekko hatte sich im letzten Moment entschlossen, sie vorerst zurückzuhalten. Dass Carrick, trotz anders lautender Meinung seine Befehle ausführte, statt sich für eine andere Lösung der dahinterstehenden Frage einzusetzen, konnte man nur als Akt unbedingter Loyalität bezeichnen. Oder als Dummheit.

Nun nämlich stellte sich heraus, dass Ekko die Nuklearsprengköpfe selbst fortgeschafft zu haben schien. Der Zweck dahinter erschloss sich Carrick nicht †“ und vermutlich konnte er ihm auch egal sein.

Doch es ging hier nicht um die Frage, ob Colonel Ekko mit einem Lho-Stäbchen im Haar nackt über den Kathedralenvorhof tanzte, sondern ob ihrer aller Leben in einigen Stunden enden würde.

Während er sich unermüdlich die steile Wendeltreppe hinaufarbeitete, die, hinter teilweise zerbrochenen Fenstern liegend, in einer langen Spirale der Felsnadelspitze entgegenstrebte, wurde er des Panoramas der feindlichen Armee ansichtig. Heftige Feuer, ausgelöst von den schweren Raketensalven der Basteter, gebrochenen Gasleitungen und Fycelin, wüteten im ersten Ring der Kathedralenstadt; der Hintergrund für die von Fackeln erleuchteten feindlichen Verbände, deren Truppen wie Flutwasser durch die ehemaligen Plebejervierter schwappten. Blitze und heiße Geschosse, abgefeuert von Dutzenden Artilleriewaffen der Orks, bedrängten Mauer und Schild der Verteidiger, ließen die Himmelskathedrale ein ums andere Mal zusammenzucken.

»Was glauben Sie, was Sie hier tun?!«, zischte er einem imaginären Kommandeur entgegen. »Wir haben die Waffen †“ wir hatten Sie! Wir hätten sie lediglich einsetzen müssen!« Im flackernden Licht des feindlichen Artilleriebeschusses sah er Putz von der Decke rieseln. Staubiger Geschmack machte sich in seinem Mund breit, schien sich mit jedem erschütternden Schlag zu verstärken. »Denken Sie, dass ich mich einfach von diesem Planeten tilgen lassen?!«, knirschte er, und wusste nicht, ob er damit seine eigene Meinung wiedergab oder die seines Vorgesetzten. »Nein, niemals! Unsere Namen! Unsere Schatten! Auf ewig eingebrannt auf der Oberfläche dieses Planeten!«

Vor ihm wand sich die Treppe die letzten paar Meter an der Außenwand der Felsnadel entlang, bevor sie schließlich in einem großen, quadratischen Durchbruch endete, dessen Mündung das Dach der Himmelskathedrale bildete. Das bläulich schimmernde Licht des Schildgenerators hieß ihn an die frische Luft willkommen. Metallener Geschmack und seltsames Kribbeln machten sich in seinem Mund breit, Dinge, die ihm zuvor gar nicht so bewusst gewesen waren. Vermutlich fühlte er auch nur so aufgrund der Tatsache, dass er gerade einen fast einstündigen Marsch die über einen Kilometer hohe Felsnadel hinauf hinter sich gebracht hatte. Erschöpfung nahm sich seiner Beine an. Schmerzen, die seinen Zorn lediglich mehr befeuerten. »Colonel!«, brachte der Major hervor und atmete tief durch. »Sie sind wahnsinnig!«

Dann machte er sich auf den Weg, die Kommandozentrale des Festungskommandanten zu stürmen. Und er hatte Erfolg.

Zumindest die beiden Wachtposten vor der Tür des improvisierten Kommandozentrums nahmen unwillkürlich Haltung an, von der aggressiven Aura des stellvertretenden Regimentskommandeurs wie in eine Form gepresst. Carrick passierte sie, ohne ihre Ehrenbezeugung zur Kenntnis zu nehmen.

»Colonel Ekko!«, spie er Rang und Namen seines Vorgesetzten aus, während er regelrecht durch den blickdichten Vorhang wehte, der die Kommandozentrale vom Rest der gewaltigen Kathedralenstadt trennte.

»Major«, begrüßte ihn Ekko in jener fröhlich-naiven Art, mit der er seinem Gegenüber bereits signalisierte, dass er dessen Laune und zumindest einen Teil der Gründe dafür erfasst hatte, aber ihn das nicht wirklich interessierte. »Schön, dass Sie es rechtzeitig geschaffen haben. Ich habe mir schon Sorgen gemacht, sie würden nicht mehr rechtzeitig kommen.«

»Colonel Ekko«, knirschte der stellvertretende Regimentskommandeur und strich er sich eilig das blonde Haar aus der Stirn. »Wir müssen reden. Jetzt.«

»Später.« Ekko erhob sich zu seiner vollen Größe, bevor er sich von seinen Karten abwandte und seinen Blick auf die Funker richtete, die den Kontakt zu sämtlichen Einheiten unter dem Kommando des Festungskommandanten hielten. »Erst einmal ist es Zeit, ein wenig Licht in die Sache zu bringen.«

»Nein! Jetzt!«, schrie der Major. Schlagartig wurde es still.

Alles wandte sich dem erregten, verschwitzten Offizier zu. Ekko runzelte die Stirn. »Sie wirken gestresst. Wollen Sie einen Tee? Wir haben gerade grünen im Angebot.«

»Nein!«, presste der Major hervor. »Ich will keinen Tee.«

»Wir haben auch Kekse.«

»Ich will auch keine Kekse!«

»Gut«, zuckte der Colonel die Schultern. »Ich kann ihnen auch etwas anderes bringen lassen. Was möchte Sie denn gerne?«

»Was ist mit den Atombomben?«, erkundigte sich der blonde Basteter wütend, ohne weiter auf Ekkos abartige Art, mit der Situation umzugehen, zu reagieren.

Das zur Schau gestellte Desinteresse des Colonels bröckelte für einen Augenblick, bevor es ihm gelang, seine Fassade zu gipsen. »Tut mir leid, aber würzige Fleischklopse sind aus.«

»Ja, das habe ich gesehen.« Der bedrohliche Unterton in der Stimme des stellvertretenden Regimentskommandeurs verfehlte seine Wirkung nicht. Ekkos Miene verrutschte um keinen Millimeter, der das plötzliche Zucken, mit dem seine braunen Augen in Richtung des Majors schossen, zeugte deutlich davon, wie sehr in diese plötzliche Bemerkung überraschte. »Mich interessiert allerdings, wo sie hin sind.«

»Eine gute Frage.« Der Colonel zuckte erneut die Schultern. »Haben Sie mal auf dem Klo nachgesehen?«

»Hören Sie auf, mich zu verarschen … Sir.«

»Diese Worte aus Ihrem Mund zu hören, Carrick, ist nicht schön«, erwiderte der ranghöhere Offizier, obwohl man ihm keine Angegriffenheit ansehen konnte. »Und wäre ich nicht so eine harte Killermaschine, dann wäre ich jetzt wirklich verletzt. Glücklicherweise †“ ist es anders«, fügte er mit einem überlegenen Lächeln an.

Carrick ließ sich davon nicht beeindrucken. »Aber, Colonel! Die Atomsprengköpfe!«, brachte er hervor.

»Ja«, bestätigte der Festungskommandant. »Genau die.«

»Sie sind weg?«

»Richtig.«

Perplex blieb der Major vor seinem Vorgesetzten stehen, unfähig, irgendetwas anderes zu sagen. Die Offenheit, mit der Colonel Ekko auf die Frage geantwortet hatte, stellte wieder einmal eine für ihn vollkommen unnatürliche Verhaltens- und Kommunikationsebene dar. Was bedeutete das alles? »Aber, warum?!«

»Ich habe mir erlaubt, unseren ursprünglichen Plan ein wenig zu ändern. Es gab da eine bessere Idee als die, mit der wir Anfangs aufgewartet sind.«

»Anfangs?« Die Verwirrung des Majors vertiefte sich. »Wie … wie meinen Sie das?«

»Das, mein lieber Major, werden Sie bald erfahren!« Ekkos braune Augen flammten für einen kurzen Augenblick mit derselben Intensität auf, mit der der donnernde Abschuss einer Artilleriegranate vonstattenging.

Es dauerte einen Moment, bevor der Major verstand. Eine plötzliche Welle des Entsetzens überrollte ihn. »Sie konnten einfach nicht aufgeben!«, brachte er hervor. Dass die Worte anders über seine Lippen kamen als sie gemeint waren, fiel ihm dabei im ersten Augenblick nicht einmal auf.

Ekko nickte zustimmend. »Bingo!«, lachte er, bevor er mit einem Mal zu einer kaum vorhandenen Professionalität fand, die an ihm fast wie der Zustand einer höheren Bewusstseinsebene wirkte. Seine Stimme, nun leise und konzentriert, griff mit eisigen Klauen zu den Männern hinaus, berührte jeden von ihnen und ließ sie das Delirium erahnen, welches ihren Kommandeur ergriffen hatte. »Das wird eine strahlende Nacht.«

Der Major erbleichte, verstehend, dass es nun wirklich um ihr aller Leben ging. »Das ist Wahnsinn!«

»Nein«, schoss sein Vorgesetzter zurück. »Das ist Taktik.«

»Und wie?«

Ekko drehte seinem Stellvertreter den Rücken zu, wies auf einen Ausschnitt der gerade obenauf liegenden Karte, auf den in handschriftlichen Eintragungen Rückzugsrouten des Gegners projiziert worden waren. Carrick trat an seine Seite.

»Hier. Der Feind ist im Rückzug begriffen. Sobald seine Einheiten den äußeren Ring verlassen haben, werden wir die Cracker einsetzen. Ich habe sechs von ihnen auf etwa anderthalb Kilometer um die Kathedrale platzieren lassen, was dafür sorgen sollte, dass alles, was sich in ihrem Explosionsbereich befindet, zu Staub zerfallen sollte.« Er griff in seine Drillichtasche und zog einen länglichen, unförmigen Körper hervor, dessen schmale Oberseite von einem roten Knopf geziert wurde, der unter einer dicken Kappe verborgen lag. Ekko legte ihn auf den Tisch. »Das ist der Zünder. Es gibt noch einen zweiten. Der ist in meiner Brusttasche. Der ist dann aber wirklich für die letzte Maßnahme, wenn Sie verstehen, was ich meine. Wäre also ziemlich dämlich, mir einen Orden an die Brust zu heften.«

Der Major nickte verstehend. »Was würde passieren, wenn ich diesen Auslöser jetzt einfach betätige?«

»Sie könnten auch nach Z†™ha†™dum gehen, aber Sie würden sterben.« In einer nachlässigen Geste ließ der Colonel seine Hand durch die Luft fegen. »Und das meine ich nicht einmal scherzhaft. Die Wucht der Explosion würde Sie vermutlich wirklich bis auf einen Tau-Planeten schießen.«

»Nein †“ ich meine diesen.« Carrick wies auf den Detonator, der auf dem Plottisch drapiert lag.

Der Colonel folgte der Geste des blonden Stabsoffiziers mit seinem Blick. »Ach so, den! Der würde die Orks vor dem Tor töten«, erklärte er. Seine Hand fegte in einer nachlässigen, ausschweifenden Geste durch die Luft. »Und wahrscheinlich Krood, seine Kasrkin, Gantis, die Walküre in die Luft jagen, Teile der bereits zerstörten Außenmauer zum Einsturz bringen, vermutlich einiges im ersten Ring der Kathedrale vernichten und sich dann totlaufen.«

Carrick nickte verstehend. »Wirklich?«, fragte er mit jener Scheinheiligkeit, die auch sein dunkelhaariger Vorgesetzter an den Tag legte, bevor er mit irgendeinem tödlichen Wahnsinnsplan auf ebenjenen trat und damit nicht nur das Leben seiner Männer, sondern auch die Nerven seines Stellvertreters unzumutbaren Qualen aussetzte.

Doch dieses Mal, so entschied der blonde Major, würde es anders laufen. Etwas Heißes stieg in ihm auf, versuchte von seinem Körper Besitz zu ergreifen. Es fühlte sich an wie Magma, das sich unter seiner Haut sammelte, um schließlich durch seinen Skalp hindurch an die Oberfläche zu drängen. Er ballte die Fäuste zusammen, bemüht das Feuer unter Kontrolle zu halten, das sich anschickte, ihn mit grausamer Gelassenheit zu verschlingen. Nun bekam er die Möglichkeit, das Schicksal der Männer in die Hand zu nehmen, ohne dass es Ekko gestattet wurde, seinen eigenen kleinen, bösartigen Plan zu verfolgen.

Ekko schien es nicht zu bemerken. »Ich denke Mal.«

»Also wären die Verluste im Verhältnis zum angerichteten Schaden zu vernachlässigen?«

»Im Verhältnis?« Ekko dachte kurz nach. »Ja. Definitiv. Wenn auch nicht perfekt.«

Carrick lächelte. »Wie sagte Captain Solmaar? Die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben?« Er griff nach dem Zünder und schnippte die Detonatorkappe auf. Ekkos Augen weiteten sich in plötzlichem Verstehen.

»Nicht perfekt, sagten Sie, Colonel. Aber gut genug, um uns eine Chance zu geben? Wie auch immer …« Der blonde Basteter hob den Auslöser in die Höhe. »Ich riskiere es.«

»Nein!«, schrie der Colonel. Mit nur einem Satz war er an der Seite des Majors, griff mit beiden Händen nach dem Zünder. »Geben Sie mir das Ding wieder!«

Carrick zuckte zurück, bemüht sich aus dem Griff seines Vorgesetzten zu winden. »Niemals!«, bellte er. »Ich kann nicht zulassen, dass Sie uns mit ihrem Wahn in den Tod reißen!«

Im nächsten Augenblick waren beide in eine handfeste Rangelei verwickelt. »Lassen Sie los!«, ordnete Ekko an, riss wie ein Verrückter an dem gefährlichen Gerät in der Hand des Majors.

»Lassen Sie doch selbst los!«, gab dieser zurück.

»Ich lass mir doch von Ihnen nichts befehlen!«, antwortete der Colonel. »Geben Sie her!«

Beide Männer schwangen herum, wie gefangen in einem abartigen Ballett, das sie zum Krachen der unrhythmisch auf den Schild schlagenden Artilleriegranaten tanzten.

»Aua!«, zischte der stellvertretende Regimentskommandeur, als sich Ekkos Fingernägel in sein Fleisch gruben. Jetzt erst nahm er seine zweite Hand zur Hilfe, versuchte den Griff des deutlich kleineren Mannes zu lockern.

Vier Hände, angeschlossene Arme und Oberkörper verkrampften in seinem wilden Spektakel um den Detonator, bemüht die Oberhand im Kampf zu gewinnen. Hätten sie sich in höchster Wut über den Boden gewälzt, der Eindruck auf die Umstehenden wäre derselbe geblieben.

»Colonel!«, rief Gireth aus, teilweise alarmiert und entsetzt.

»Jetzt nicht!«, antwortete dieser, als er von seinem Major gegen den Plottisch geschleudert wurde. Kleidung und Kartenmaterial raschelten heftig. Ein schmerzhaftes Stöhnen entwich dem Festungskommandanten.

»Aber … ich habe hier eine Nachricht von …«

»Wer auch immer es ist!«, gab der dunkelhaarige Basteter zurück, stieß den Fuß in den Unterkörper seines körperlich größeren Kontrahenten. »Sagen Sie ihnen, dass ich zurückrufe!« An den Angreifer gewandt fuhr er fort: »Ich kann nicht glauben, dass Sie so neidisch auf mein Spielzeug sind!«

»Das ist kein Spielzeug«, keuchte Carrick, als würde er mit einer kräftigen Verstopfung kämpfen. Seine Hände klammerten sich stärker um das Mittel ihrer aller Vernichtung.

»Ach ja?«, schnaufte sein Gegenüber, als er erneut gegen die Projektorfläche der hololithischen Anzeige prallte. »F steht für Feuer, das wütet und lodert!«

»Sie sind wahnsinnig!«, rief Carrick aus. In einem plötzlichen Ausbruch von Kraft rammte er die Hände seines Vorgesetzten auf den Tisch. Ein durchdringendes Klicken ertönte, hallte wie das Echo einer Peitsche durch den Raum. Schlagartig wurde es totenstill.

Die beiden Ringenden starrten sich an. In der Hast des Handgemenges war keinem von ihnen aufgefallen, dass sie es versäumt hatten, den Detonatorkopf unter der Schutzkappe zu versiegeln. Fast simultan hatten sie soeben den Sprengvorgang ausgelöst.

Jedem von ihnen schoss im Bruchteil eines Herzschlags ein Gedanke durch den Kopf, doch es gab keine Gelegenheit mehr, ihn zu Ende zu denken, geschweige denn auszusprechen.

Das grelle Strahlen eines halben Dutzend Sonnen verschluckte die Ebenen von Agos Virgil. Im Viertel einer Sekunde überstrahlte gleißende Helligkeit sämtliche Feuer, Flammen und Explosionen, sättigte die leblose Steppe mit reinigendem Licht.

 

***

 

Es sollte noch etwa fünf Minuten bis zu jener Explosion dauern, als sich †“ nicht einmal weit vom improvisierten Kommandozentrum entfernt †“ zwei Männer trafen, deren Entscheidungen das weitere Schicksal des fünfhundertzwölften maßgeblich beeinflussen sollten.

Einer von ihnen war Captain Retexer, der müde und erschöpft auf einer der wenigen verbliebenen Chimären saß und an einem längst verglommenen Lho-Stäbchen kaute. Sein Gesicht, von zahlreichen Schrammen geziert und mit Dreck und verkrustetem Blut überzogen, hatte jene resignierte Starre angenommen, mit der er versuchte, durch das gesehene Leid und die erlebten Schrecken hindurch zu blicken. Irgendwo jenseits der zweitausend Yards, die dieses Entsetzen reichte, musste doch etwas liegen, dass dieser Schlacht einen Sinn verlieh.

Ruhm und Ehre hatte er bisher nicht erlangt, auch wenn er nach wie vor verzweifelt nach ihnen suchte, dafür aber gesehen, wie seine Truppe Mann für Mann, Trupp für Trupp, dezimiert wurde.

Von seinem Zug, einstmals mehr als siebzig Infanteristen stark, hatte er nicht einmal eine Handvoll wiedergefunden.

Dafür klang seit kurzem eine klagende Stimme in seinem Kopf an, die ihn fortwährend daran erinnern zu wollen schien, dass er in seinem Bestreben, sei eigenes Ziel zu erreichen, versagt hatte. Andere hätten das Geräusch wohl als Tinnitus bezeichnet.

Auch die Personen um sich herum nahm der Captain kaum wahr. Dumpfes Grummeln, das unscharfe Äquivalent redender Menschen, drang über verschiedene Umwege an sein Ohr, beruhigte seinen durchgeschüttelten Geist und ließ ihn müde werden.

»Hey!«, traf ihn die verbale Ohrfeige eines mehrfach wiederholten Ausrufes. Retexer erwachte aus seinem Halbdelirium, starrte auf den Schemen, der sich nicht weit vor ihm an der Chimäre aufgebaut hatte, die Hände in den Taschen einer verdreckten Kampfbluse. Er brauchte einige Sekunden, bis ihm aufging, wen er da vor sich hatte.

Balgor sah zu ihm auf. »Und?«, fragte er tonlos. »Haben Sie gefunden, wonach Sie suchen? Ruhm? Ehre?«

»Was wollen Sie?«, giftete der andere Captain zurück. In seinem Mund klangen die Worte seltsam fad.

»Nur gucken, wer noch da ist«, gab Balgor zurück. »Hätte ja sein können, dass Sie irgendwo vor dem Tor an einem Spieß hängen und knusprig braun werden.

»Denken Sie, was Sie wollen.« Retexer knirschte mit den Zähnen. Am liebsten hätte er den anderen Zugführer erschossen.

Der dunkelhaarige Captain vor ihm zuckte die Achseln. »Das tue ich doch sowieso«, stellte er ganz richtig fest, doch der Führer des vierten Zugs bemerkte es nicht. Seine langsam zurückkehrenden Sinne wurden durch einen anderen Körper abgelenkt, der sich scheinbar wahllos zwischen den improvisierten Stellungen hindurchbewegte, als wenn er nach etwas suchte … etwas ähnlichem wie er selbst.

Seine Gestalt war groß, wenn auch nicht unbedingt hochgewachsen, und sein Gesicht wurde von einem inzwischen stark verschmutzten und zerzausten Backenbart geziert. Eine ebenso verdreckte Schirmmütze saß, tief in die Stirn gezogen, auf seinem Haupt. Darunter blitzten zwei dunkle Augen hervor, beobachteten die Umgebung des Mannes mit wachem Blick.

Seine dunkle, reich verzierte Uniform, eigentlich die perfekte Hülle seiner aufrechten Gestalt, war mit einer dünnen Staubschicht bedeckt.

Eine Boltpistole hing in einem zerschlissenen Gürtelholster an seiner rechten Seite.

Sein linker Arm steckte bis zum Ellenbogengelenk unter der gepanzerten Ummantelung einer Energiefaust. Wo sonst die knisternden Energien tödlicher Kraft strahlten, hing der schwere Leib der Energiewaffe wie der Überrest einer frisch zerfallenen Panzerrüstung traurig an der Seite des Imperialen herab.

»Ein Kommissar?«, fragte Retexer überrascht. »Aber ich dachte, dass wir …« Er verstummte. »Sehr schlau ausgedacht, Colonel«, bemerkte der Captain schließlich, stieß sich von der Kante des Fahrzeugs ab, auf dem er saß und sprang auf die staubige Erde. Sand wirbelte in einer schwachen Wolke in die Höhe, bedeckte seine ohnehin schmutzigen Stiefeln wie ein durchsichtiger Schleier.

Ohne auf Balgor zu achten, der einen verdutzten Schritt zurück machte, erhob er sich und marschierte strammen Schrittes auf den nicht weit entfernten Politoffizier zu.

Der schien ihn zuerst nicht zu bemerken, aber wirbelte sofort herum, als Retexers schwere Schritte an seiner Seite ertönten.

»Sie sind Kommissar?«, wollte der Captain kurz angebunden wissen.

Sein Gegenüber musterte ihn abschätzig. »Ja. Und wer sind Sie?«

»Captain Retexer, Fünfhundertzwölftes Infanterieregiment von Bastet.« In einer verzweifelten Aktion packte der Zugführer den anderen Mann am Arm, beugte sich verschwörerisch vor. »Hören Sie: hier läuft etwas ganz und gar nicht so, wie es laufen sollte«, beschwor er den Kommissar.

Der befreite sich mit einer energischen Bewegung. »Wie meinen Sie das?«

Überrascht davon, dass seine Warnung postwendend Gehör fand, geriet der Captain für einen kurzen Augenblick in einen Zustand plötzlicher Verzückung, welcher ihm die Andeutung eines erleichterten Lächelns auf die Lippen zauberte, ihn aber ansonsten vollkommen sprachlos ließ.

Wie lange er in dieser Pose verharrte, hätte er später nicht mehr sagen können. Auf eine Reaktion der Gegenseite zumindest brauchte er nicht lange zu warten.

»Sind Sie blöd?«, blaffte ihn der Kommissar an.

»Ich … nein.« Retexer zögerte kurz, bevor ihm klar wurde, dass jeder weitere Kommentar die Situation lediglich verkomplizieren würde und es das Klügste war, sich jetzt auf das Wesentliche zu konzentrieren. Mit überschlagender Stimme berichtete der Captain von den Ereignissen, die zu ihrer derzeitigen Situation geführt hatten. Kein anderer Mensch hätte es geschafft, so schnell die Geschichte der Schlacht um die Himmelskathedrale mit derart wenigen Fakten darzulegen, dass der Fokus des Kampfes von den Soldaten weg zu einem einzigen Mann getragen wurde. »Colonel Ekko ist der Grund, aus dem wir soweit zurückgedrängt wurden. Er hat sich von den Xenos beeindrucken lassen und ihnen immer mehr Boden freigegeben«, endete der imperiale Offizier, wild gestikulierend.

Der Kommissar lauschte den Ausführungen mit aufmerksam verengt Augen, schwieg jedoch. Die Energiefaust knirschte ungeduldig. Entweder stimmte sie, stellvertretend für der Politoffizier, den Ansichten des Gegenübers zu und plante bereits jenes Schicksal, das Colonel Ekko bald ereilen würde. Oder die Flut an Informationen höhlte seine Geduld wie der stete Tropfen den Stein. In diesem Fall war es dann wohl eher jenes Schicksal, das Retexer bald ereilen würde. So genau ließ sich das nicht sagen.

Doch noch bevor der Kraft imperialer Arroganz ernannte Ermittler, Ankläger, Richter und Henker seines wohlbezahlten Amtes walten konnte, wurde der Kronzeuge der Indizien durch einen kräftigen Zug daran gehindert, weitere, wohl dosierte Anklagepunkte zu präsentieren.

»Retexer«, zischte Balgor, zum anderen Zugführer vorgelehnt. »Was machen Sie da?«

»Ich verschaffe uns die Initiative wieder!«

»Lassen Sie den Scheiß! Wenn wir jetzt einen Ausbruch wagen, dann ist das unser Untergang! Sie wissen genau was passiert, wenn die Orks durch den Ring brechen.« Mit einer ausladenden Geste deutete der Captain Richtung des grell flackernden Schutzschilds. »Sie werden uns zu Tode hetzen, unser Fleisch essen und uns die Haut vom Körper ziehen. Und wir haben Glück †“ viel Glück †“ wenn sie es in dieser Reihenfolge tun.«

»Schmerz ist vergänglich«, erinnerte ihn der andere Basteter. »Ehre währt ewig!«

»Oh, Mann!« Balgor riss die Augen auf, nur um sie zu verdrehen. »Sie klingen schon fast wie einer von denen!« Er nickte in Richtung des muskulösen Kommissars, dessen freie Hand auf dem Holster seiner Boltpistole ruhte, während seine Augen die beiden Offiziere musterten. Fast so, als versuchte er die Schallwellen ihres Gesprächs aufschnappen und entschlüsseln.

»Lassen Sie mich los!«, verlangte Retexer, befreite sich mit einer energischen Geste.

»Hören Sie: wenn Sie das versauen, wird der Colonel Ihnen persönlich die Faust eines Orks in den Hintern rammen«, warnte Balgor den ranggleichen Offizier, als sich die Männer voneinander lösten. »Und Sie wissen, dass Orks sehr dicke Fäuste haben.«

So manchem hätte seine jungfräuliche Kehrseite bei dieser Aussage geschmerzt. Retexer jedoch rümpfte lediglich angewidert die Nase. »Wir werden den Xenos diese Stadt nicht kampflos überlassen, so wie der Colonel es tut.«

»Kampflos?«, bellte der dunkelhaarige Basteter, gleichermaßen entrüstet und entsetzt. Auch wenn Ekko sich seit Beginn der Schlacht um Agos Virgil kaum vorhersehbar verhalten hatte und zumeist den Weg des geringen Widerstands gegangen war, widerstrebte es ihm, ihre bisherigen Aktionen als ‚kampflos†˜ zu bezeichnen. Tatsächlich hatten sie so verbissen gekämpft wie nie zuvor in ihrer militärischen Laufbahn. Ekkos Strategie, wenn auch allgemein als undurchsichtig angesehen und von einer gewissen Instabilität seiner Persönlichkeit begleitet, hatte ihr Überleben bisher gesichert.

Es war eine Sache, die Taten des eigenen Vorgesetzten kritisch zu betrachten †“ eine andere hingegen, dieses gegenüber regimentsexternem Personal zu äußern. Besonders, wenn man sich der Konsequenzen dieser Offenlegung nicht sicher sein konnte.

Keinem Soldaten des Regiments wäre eine solch feige Vorgehensweise überhaupt in den Sinn gekommen. Allein schon, weil die Angst vor einer für das eigene Leben negativen Konsequenz ihnen im Nacken saß wie ein Parasit.

Bei Retexer hingegen schien der Parasit bereits vor langem an einer Verdauungsstörung verendet sein, die daher rührte, dass er die mörderische Selbstzentrierung eines gewissen imperialen Offiziers nicht länger ertragen konnte. In diesem Punkte sahen er und Ekko sich ungewöhnlich ähnlich †“ auch, wenn beide dies vehement bestritten hätten.

Gerade schickte sich der Wurm- und Armbefreite an, mit seinen zwangsweise unterbrochenen Ausführungen fortzufahren, als er ein weiteres Mal gestört wurde †“ dieses Mal von einem engelsgleichen Wesen, dessen nahezu desaströse Hingabe an die Macht des Imperators auf seine Weise eine parasitäre Eignung besaß.

»Captain Retexer«, begrüßte Leitis Siles erfrischende Stimme den Führer des vierten Zugs, bevor sie seinen Kameraden adressierte. »Captain Balgor.«

»Prioris Sile«, gaben beide Captains zurück. Den alarmierten Ton in ihren Stimmen ignorierte sie, als sie an die Seite der Männer trat. Ihre blutverschmierten Epitrachelien wehten in der leichten Brise, die das ständige Artilleriebombardement erzeugte.

Dabei hätte ihr Auftauchen niemanden wundern dürfen. Wo ein Kampf wartete, war die Sororita zumeist nicht weit.

Es dauerte einen Moment, bis die rot gepanzerte Ordensschwester den Politoffizier entdeckte und auch ihm Respekt zollte. »Kommissar.«

»Prioris«, nickte dieser, was in den folgenden Sekunden zu einer bemerkenswerten Entwicklung führte.

Eine weitere, noch glockenhellere Stimme als die Siles erklang. Sie wirkte fast noch kindlich, voll orgastischer Euphorie und unendlicher Dankbarkeit. »Prioris?«, trat eine andere Sororita aus der nächtlichen Dunkelheit hervor, wie Sile in die rote Rüstung und die weißen Epitrachelien des Ordens des Heiligen Geistes gehüllt.

»Ritia?«, entwich es der blonden Kriegerschwester. Der Schock, der sich ihre Stimmbänder hinaufarbeitete, zeichnete sich ab wie ein drohender Tsunami nach einem Seebeben.

»Prioris!« Überglücklich eilte die deutlich kleinere Frau †“ fast noch ein Mädchen †“ zu der größeren Adepta, wobei sie mit dem über ihre Schulter gelegten Kettenschwert zielgenau den Kopf des Kommissars traf und dessen Offiziersschirmmütze vom Haupte holte. Glücklicherweise war das Schwert deaktiviert. Andererseits hätte es ihr zu einer blutigen Trophäe verholfen.

Im Flackern des Artilleriebeschusses deutlich erkennbar sackte Sile in ihrer Servorrüstung zusammen. Ob dies nun eine Folge des Widersehens oder einfach der Erschöpfung geschuldet war, ließ sich nicht genau sagen. Zumindest der verzweifelte Unterton der Entnervung, der dem Schock folgte, bot einen kleinen Hinweis auf den Grund der plötzlichen Erschütterung. »Ritia …«

»Ritia?«, deutete Balgor auf die gepanzerte Lolita, ebenso entgeistert wie deren Prioris.

»Ja, Captain«, bestätigte Sile. Ihre eisblauen Augen funkelten gefährlich.

Ihre junge Bekannte schien dies nicht zu bemerken. »Hallo, Captain.«

»Hallo … Ritia«, winkte der Basteter abgehakt.

»Balgor!«, zischte Retexer.

Der wandte sich ihm zu. »Retexer?«

»Meine Herren!«, rief der Kommissar, nebenbei mit der vorläufigen Reinigung seiner Mütze beschäftigt, sie zur Ordnung

»Herr Kommissar?!«, gaben sie zurück.

Der fegte wütend alle Gesprächsfetzen beiseite. »Sind wir dann bald fertig?«, fragte er ungehalten, während er sich die Mütze wieder aufsetzte.

Balgor zählte die Anwesenden kurz durch. »Ja«, stellte er schließlich fest. »Ich glaube, jetzt sind alle miteinander bekannt.«

Eine Antwort blieb ihm glücklicherweise erspart. Sie hätte ihn höchstwahrscheinlich das Leben gekostet.

Stattdessen übernahm Ritia die Gesprächsführung. »Prioris, es tut mir so leid. Ich wollte die Munition holen †“ wirklich, aber dann waren da überall Orks, und ich konnte sie nicht mehr finden, aber wollte noch kämpfen und habe mich neu eingereiht. Bis dieser große Ork kam und ich geschossen habe. Er ist aufgeplatzt und umgefallen und dann war dieser starke Gestank †“ der war so eklig, dass ich in Ohnmacht gefallen bin. Bis der Kommissar kam und mich mitgenommen hat. Dann sind wir zu dieser Kathedrale gekommen und haben uns dort in die Verteidigung eingereiht, von der ich aber nicht wusste, dass Sie auch da waren und gekämpft haben. Ich hätte mich Ihnen sofort wieder angeschlossen, aber alles war so wild und so verwirrend, da habe ich …«, brach ein Schwall lose zusammenhängender Worte aus ihrem Mund hervor, den die junge Sororita vermutlich selbst nicht einmal verstand, der aber auf eine nicht näher zu definierende Weise logisch erschien. Zumindest so lange, bis ihr die gebieterische Stimme ihrer Anführerin Einhalt gebot.

»Ritia«, prallte das Echo kurzzeitiger nervlicher Anspannung von den Wänden der Kathedralenstadt ab. Ein Schneesturm, der das schneebedeckte Feld im Winter aufwühlte, bevor sich die orale Wetterlage beruhigte. »Es reicht. Danken wir dem Imperator einfach, dass du wieder hier bist.«

Die kleinere Sororita, auf ihre Weise ein fast perfektes, kindliches Ebenbild der älteren Schwester, nickte beflissen. »Amen.«

»Gut.« Sile seufzte leise. »Und nun geh, widme dich deinem Gebet. Ich werde mich dir bald anschließen.«

Für einen Augenblick herrschte angespannte Stille, dann plötzlich begann die kleine Kriegerschwester zu jubeln und zu hüpfen, als habe ihr die zweite Dienerin des Imperators eine Belohnung für braves Verhalten versprochen.

Aufgeregt mit sich selbst redend, hopste sie von Dannen, hinterließ eine sichtlich entnervte Prioris und verwirrte imperiale Offiziere.

Balgor schüttelte langsam den Kopf. »Ich wird†˜ verrückt«, brachte der Captain hervor, bevor er sich erschöpft an die Stirn fasste.

»Was ist denn?«, schoss ihn Retexer von der Seite an.

»Sile … man hat sie geklont. Nur kleiner und … redseliger.« Ein verzweifeltes Seufzen folgte. »Könnte es am Ende sein, dass dieses böse Universum, von dem alle reden, gar nicht existiert? Dass es der Marketingstrategie eines Res Lusoriae Manufactorums auf Terra entspringt?«

»Eines was?«

»Haben Sie nie mit diesen kleinen Spielzeugpanzern und Zinnsoldaten gespielt, als sie jung waren?«

»Ich war niemals jung.«

»Das erklärt einiges.« Entgeistert fuhr sich der Kommandant des zweiten Zugs über sein Gesicht. »Sie, Ekko, der Kommissar, Sile. Und dieses …«, verzweifelt wies auf die die nicht weit entfernt an einer Chimäre kniende Mini-Schwester. » … Ding. Im Grunde fehlt jetzt nur noch eines, um mein Glück perfekt zu machen.«

Im nächsten Augenblick erstrahlte die Welt in Helligkeit.

 

***

 

Auf das Licht folgte Dunkelheit. Auf den Lärm folgte Stille.

Im Bruchteil eines Zeitraums, der kleiner war als alles, was für den Menschen noch aufzunehmen gewesen wäre, lösten sich mehrere tausend Orks auf, von einem Feuerball mit der Intensität einer Sonneneruption zu etwas vaporisiert, das sich kaum noch von der verbrannten Erde Agos Virgils unterscheiden ließ.

Konzentrisch, wie bei einem Stein, den man ins Wasser warf, breiteten sich Druckwellen unglaublicher Intensität in die Steppe um die Kathedralenstadt aus, rollten auf das einst so prunkvolle Meisterwerk imperialer Baukunst zu. Wie von einer gewaltigen Flutwelle überrollt, gaben Teile der zerstörten Außenmauer nach, brachen unter furchterregendem Donnern in sich zusammen. Gebäudeblöcke und Karrees des Plebejerviertels, nicht für die Abwehr einer Nuklearexplosion errichtet, wurden von den über sie hinwegrauschenden Luftkompressionen verwüstet. Unter unmenschlichen Lauten barsten die gotischen Bauten, entließen Abertausende von pfeilschnellen Geschossen †“ Möbel, Dächer und Teile der Wände †“ in den schallschnellen Sturm, dessen Ursache menschlichen Ursprungs war.

Eine ganze Stadt zerbrach.

Anders als Ekko es geplant hatte, waren nicht einmal annähernd so viele Orks vom acht Millionen Grad heißen Feuersturm vor der Kathedralenstadt erfasst worden, wie es hätten sein müssen, um den Bastetern eine wirkliche Chance zum Sieg zu bieten. Doch auch so verbrannten genügend Grünhäute, wurden von den Druckwellen zerfetzt oder von umherfliegenden Trümmern erschlagen, dass es für sie keine Möglichkeit mehr gegeben hätte, die Kathedrale erfolgreich einzunehmen.

Die Stoßkompressionen bahnten sich röhrend ihren Weg durch die Kathedralenstadt, prallten gegen die Mauer des zweiten Rings, schwappten über sie hinweg und rasten den nun bald weiß glühenden Schild hinauf, bis sie sich am Gipfel der Felsnadel trafen und mit einem gewaltigen Knall zu Boden stürzten.

Tausende Fenster zersprangen. Hätte sich eine der verbliebenen Walküren in der Luft befunden, sie wäre von der Druckveränderung gegen den Kathedralenturm oder auf die Erde geschleudert worden.

Die Barrikaden vor den Fenstern des Kommandozentrums zersplitterten einfach, sprengten in den Raum wie Schrapnelle, auf der Suche nach unvorsichtigen Opfern, die nicht rechtzeitig in Deckung gegangen waren.

Die Landkarten wurden vom Plottisch in die Luft gewirbelt, als habe sie ein pfeifender Luftstoß erfasst. Kreischend und funkensprühend barsten Lampen und Funkgeräte, getroffen und zerschlagen von den allgegenwärtigen Trümmerstücken. Ein gutes Dutzend Offiziere und Soldaten warfen sich im Versuch, den umherzischenden Geschossen auszuweichen, zu Boden. Nicht allen gelang es rechtzeitig.

Schmerzerfülltes Schreien ging im Krachen des Detonationslärms unter.

Ekko sank auf den kalten Steinboden des Beinhauses, den Rücken an den Taktikplot gelehnt, und blickte seinen neben ihm liegenden Stellvertreter mit seinen braunen Augen an. Blut lief aus einem tiefen Schnitt in seinem Arm, tränkte seine tarnfarbene Uniform in dunkle Farben.

»Großartig. Ganz großartig. Wissen Sie überhaupt, was Sie da getan haben?«, fragte er mit ruhiger, etwas müder Stimme, auf der sich ein dünner Belag ebenjenes Staubs befand, den sie geradeeben tonnenweise in den langsam schwindenden Nachthimmel von Agos Virgil geblasen hatten. »Sie haben meinen Plan total ruiniert.«

»Ihr Plan?«, schrie der Major und richtete sich vorsichtig in eine kniende Position auf. In der Nähe brüllte einer der Funker vor Schmerzen. »Ihr Plan? Scheiß auf Ihren Plan, thronverdammt! Die haben unsere Leute einfach nur so abgeschlachtet. Und Sie reden hier davon, dass Ihr Plan nicht aufgegangen ist? Was sind Sie? Ein Inquisitor, der seine Intrigen spinnt? Verdammt, Sir! Sie sind Colonel! Sie haben das Kommando über die Feste erhalten, mit einigen tausend Überlebenden, die sich auf Sie verlassen haben!«

»Und Sie denken, ich habe das vergessen?«, wollte Ekko nachdenklich wissen. Den gefährlichen Unterton, welcher sich wie eine Haifischflosse durch den Belag auf seinen Worten schnitt, bemerkte der Major nicht.

»Sie haben es vergessen!«, giftete er stattdessen. »Ihre persönliche Fehde mit dem Universum, Ihr Versuch, dem Imperator mit all Ihrer Macht entgegenzutreten, hat sinnlos Leben gekostet. Das hatten Sie nicht tun dürfen!«

»Ich glaube, damit sind wir quitt, oder?«, gab Ekko ruhig zurück.

Diese Worte, wenn auch eher beiläufig ausgesprochen, trafen eine offene Wunde im Herzen Majors Carricks, erinnerten an jene Gelegenheiten, bei denen er das Gefühl gehabt hatte, seine Männer im Stich gelassen zu haben. »Warum haben Sie so lange gewartet?«, fragte er schließlich. Irgendwo in der Nähe wimmerte ein verletzter Offizier. Schwere Schritte trommelten auf dem Boden. Jemand rief nach Verbandsmaterial.

Ekko zuckte die Schultern. »Spielt das noch eine Rolle?«

»Warum!«, schrie der Major.

»Ich musste sicher sein, dass der Gegner keine Reserven mehr in der Hinterhand hält. Waaaghbosse sind dafür bekannt, dass sie mir nichts, dir nichts irgendwelche Boyz aus dem Boden emporsprießen lassen. Sobald ich mir sicher war, dass nun keine Feinde mehr kommen würden, sah ich die Möglichkeit, den Feind zu besiegen.«

»Nein!«, erwiderte Carrick und schüttelte den Kopf. »Das war nicht Ihr Ziel, oder? Sie konnten einfach nicht aufgeben. Sie mussten beweisen, dass Sie den Feind schlagen können, richtig?«

»Major …« Ekko seufzte leise, dankbar darüber, dass das Klingeln in seinen Ohren endlich nachließ. »Sie wissen doch, dass es auf dieser Seite niemanden mehr gibt, dem ich noch etwas zu beweisen hätte.«

Eine Weile lang tanzten die Worte in Carricks Gehirn umher, besangen die Taten seines Vorgesetzten wie eine große Komposition, deren Noten schließlich einen Sinn ergaben. Hier ging es nicht um irgendwelchen Ruhm, um Ehre oder den Wunsch zu widerstehen. Nein, hier ging es um etwas anderes. Und der Wahn, der hinter diesen Taten stand, traf das Verständnis des Majors mit einer Wucht, dass diesem nichts anderes blieb als zurückzuweichen und entsetzt die Augen zu weiten.

»Sie …« Carrick erbleichte. »Sie wollten diesen Tod. Sie wollten, dass wir sinnlos aufgerieben werden. Sie haben sich gewünscht, Ihre Armee langsam sterben zu sehen, bis sie selbst unter unvorstellbaren Qualen sterben und ins Elysium des großen Imperators eintreten können. Beim Thron …«

»Würden Sie mir glauben, wenn ich Ihnen sage, dass Sie falsch liegen?«, erkundigte sich der Regimentskommandeur des 512. »Dass ich uns eine Chance geben wollte, den Feind zu besiegen?«

»Wir hatten niemals eine Chance.«

»Ich bewundere Ihre positive Einstellung.« Ekko zuckte die Schultern. »Egal, was der Grund gewesen sein mag †“ ich hab†™s mir schließlich doch anders überlegt.«

Er erhob sich langsam, blickte auf zerfetzte Funkanlagen und benommene Infanteristen, auf deren Körper sich langsam eine dünne Schicht aus Staub niederließ.

Der verletzte Offizier, ein Lieutenant, wand sich auf dem Boden. Mehrere Soldaten umringten ihn, versuchten sein von einem Schrapnellregen durchschlagenes Bein zu verarzten. Ein anderer Offizier lag nicht weit entfernt, das Gesicht regelrecht zerfetzt. Von ihm kam kein Laut mehr.

»Ist er tot?!«, fragte der Colonel und nickte in Richtung des reglos am Boden Liegenden. Ein anderer, mit Staub bedeckter Soldat eilte herbei, prüfte den Puls des Verletzten. Nach einem kurzen Moment sah er auf. »Bewusstlos«, tat er kund.

Ekko nickte. »In Ordnung. Versorgen Sie ihn und dann sehen Sie zu, dass der Mann irgendwie runter ins Lazarett kommt. Er auch«, fügte er mit Blick auf den verletzten Lieutenant an.

»Verstanden.«

»Gireth!«

»J-ja, Sir!«, brachte der Funker zitternd hervor. Ob er durch die Explosion und deren Lärm erschüttert worden war oder der Stress der letzten Minuten ihn aus der Bahn geworfen hatte, ließ sich nicht mehr wirklich feststellen. Es war im Augenblick auch nicht wirklich wichtig.

Ekko beugte sich herab, hob eine der von Holzsplittern zerrissenen Landkarten auf. »Stellen Sie die Verbindung zu allen Stellen her und lassen Sie Schäden feststellen. Erhöhte Abwehrbereitschaft für alle Züge.«

»Ja-jawohl, Sir!«, stotterte der Funker, bevor er an seinen Platz zurückkehrte. Ein weiterer Funker löste sich aus dem Pulk der Betäubten, eilte an seinen Platz und begann, die verbliebenen Funkgeräte auf ihre Funktionsfähigkeit zu prüfen. »An alle Stellen 512, hier 5120100, Verbindungsaufnahme!«

Ekko ließ derweil die zerfetzte Landkarte auf den Plottisch fallen, bevor er an seinen lädierten Arm fasste und die blutende Wunde betrachtete. »Aua«, stellte er fest. Einen kurzen Moment lang blieb er an die Projektionsfläche gelehnt, bevor er sich wieder aufraffte, entschieden, etwas zu tun. »Ich bin mal kurz im Bad. Muss die Jacke wechseln.«

Hinter ihm tauchte Carrick aus seiner Deckung auf. Das Kratzen von Metall auf Leder erklang, als der Major seine Pistole aus dem Holster zog. »Bleiben Sie stehen!«, verlangte er und richtete die Waffe auf seinen Vorgesetzten.

Der Colonel seufzte leise und wandte sich um. »Wollen Sie das wirklich?«, fragte er.

Wieder einmal hatte der große göttliche Herr der Menschheit seinem allerliebsten Opfer in die Karten geschaut und im letzten Moment dessen Triumpf über die Bösartigkeiten des Universums verhindert.

 

***

 

Sand, durch die plötzliche Druckveränderung zu einer dünnen Mauer hochgewirbelt, schwebte über einer gespenstischen Szenerie.

Hallende Stille echote über die Kathedralenstadt hinweg. Ein unheimliches Flüstern des Nichts, das alle verbliebenen Geräusche aus dem hörbaren Bereich drückte und nicht nur sämtlichen Soldaten und Zivilisten einen physischen Schauer über den Rücken jagte, sondern auch damit beschäftigt war, durch die dreckverkrusteten Masken zu sickern, unter der sich ihre Sinne gefangen fanden.

Verwirrte und verwundete Männer, benebelt vom Lärm der Explosion, von umherfliegenden Splittern verletzt und ohne Orientierung im entstehenden Chaos, taumelten als undeutliche Schemen durch die erdfarbene Wolke. Einigen war das Trommelfell geplatzt, hatte sie als betäubte, sich vor Schmerzen wimmernde Häufchen zurückgelassen.

Funkbefehle, mit anfangs zittriger Stimme vorgetragen, forderten Gefechtsbereitschaft der einzelnen Trupps und Züge, verlangten nach Schadenmeldungen der Einheiten. Rufe nach Sanitätern und Sammelbefehle schwebten über dem Gelände, vermischten sich mit der aufgewühlten Sandwolke.

Retexer registrierte die umherfließenden Informationen nur am Rande, wie durch einen Nebelschleier.

Von einem Augenblick zum anderen hatte er sich auf dem Boden liegend wiedergefunden, trocken hustend und von einem Pfeifen gemartert, das wie ein lästiges Insekt durch seine Ohren krabbelte. Es dauerte etwas, bis er wieder auf die Beine kam, sich schwankend in die Höhe kämpfte.

»Was … beim Thron«, hustete er. »Was war das?!«

»Ein Nuklearschlag«, hörte er die Stimme Balgors irgendwo rechts neben sich, für ihn Erleichterung und Gräuel zugleich. »Er hat es wirklich getan.«

»Sind Sie sicher?«, hustete Retexer erneut. Etwas metallen Schmeckendes machte sich in seinem Mund breit, füllte ihn wie ein klebriger Sirup. Angewidert spie der Captain aus, betrachtete das Erzeugnis seiner Tätigkeit im fahlen Mondlicht. Was genau es war, hätte man nur aus dem Anblick nicht schließen können. Eine dunkle, dickflüssige Masse, die sich vom gräulichen Wüstenboden abhob wie ein Klecks in den Sand getropfte Farbe. Blut, dachte er.

»Na ja«, erhielt er zur Antwort. »Eine explodierende Gulaschkanone wird es wohl kaum gewesen sein.«

Eine verwirrende Erklärung, über die er eine Weile nachdenken musste. Als ihm aufging, dass Balgor sich auf seine Aussage bezog und nicht auf das Blut, das ihm aus dem Mundwinkle tropfte, spie er erneut aus und sah auf. Sternenklare Nacht herrschte über ihnen, ließ das grausige Gemetzel für einen Augenblick in weite Ferne rücken.

»Aber ich … ich sehe nichts!«, stellte der Kommandant des vierten Zugs fest.

»Es ist Nacht«, gab Balgor zurück. »Natürlich sehen Sie nichts.« Er hatte Recht. Abgesehen von einem grauen Schleier, der sich, weit entfernt, allmählich mit den tieferliegenden Schichten der nächtlichen Schwärze vermischte und ihnen die Sterne zu rauben schien, herrschte ewige Düsternis über der Himmelskathedrale von Agos Virgil.

Allerdings ging Retexer im selben Atemzug auf, dass der Artilleriebeschuss abrupt geendet hatte. Nur von Zeit zu Zeit stieg noch der eine oder andere Lichtschweif in der Ferne in die Höhe, schlecht gezielt und teilweise bereits vor seinem Einschlag in den Schild der Stadt zu Boden gedrückt.

Ein leise rauschender Wind strich über den energetischen Schild hinweg wie über die Saiten einer Violine, rang ihm seltsame Laute ab.

»Thronverdammt«, zischte Retexer, während er, auf seine Knie gestützt, nach Luft schnappte. Sein Leib fühlte sich wie ausgepresst an und die Erinnerung daran, wie dies geschehen war, stellte sich als ziemlich lückenhaft heraus. Zudem lärmte ein dröhnender Kopfschmerz durch seinen Schädel, vereitelte jeden Versuch einen klaren Gedanken zu fassen bereits im Anfangsstadium.

»Licht!«, rief Balgors dunkle Stimme in die Nacht hinaus. »Schieß mal einer eine Leuchtkugel!«

Dumpfes Peitschen erklang, begleitete einen schwach glimmenden Körper auf seinem steilen, sekundenlang dauernden Aufstieg in Richtung des Schutzschilds, unter dem er mit einem dumpfen Ploppen aufging. Urplötzlich fand sich die Szenerie in grelles, weißes Licht getaucht, unter dessen Schirm sich die ersten Schäden abschätzen ließen.

Erwartungsgemäß hatte die Außenmauer gehalten und die Wucht der Explosion über den Schild hinweg in die Dunkelheit abgeleitet. Ihre düstere Silhouette hob sich gut gegen scharfkantigen Schatten ab, welche von den aufgeschichteten Verteidigungswällen und Fahrzeugen der Imperialen geworfen wurden.

Auch sie schienen kaum beschädigt. Eiserne Monster, die vor aufgeschichteten Nestern schliefen.

Die hinter ihnen liegenden Gebäude, teilweise bereits von zuvor erfolgten Artillerieschlägen zerschmettert, ragten als todtraurige Gerippe auf, teilweise von den glimmenden Überresten wütender Feuer umringt, welche sich in den letzten Stunden durch sämtliches entzündliches Material gebrannt hatten. Man hätte auf den Gedanken kommen können, die ehernen Leiber der von Menschen geschaffenen Ungeheuer hätten sich in den letzten Stunden in der Kathedralenstadt ausgetobt, bevor sie erschöpft zu Boden sanken.

Gespenstische Stille erfüllte die Luft, lediglich von abgehackten Rufen und Stöhnen durchbrochen, die vor der unheimlichen Silhouette wie die Rufe der längst verschiedenen Bewohner dieser Geisterstadt anmuteten.

Mit einem leisen Seufzen erlosch die Leuchtkugel nach gut fünfzehn Sekunden Lebensdauer, bevor sie zwischen den verbliebenen Gebäuden verging, an ihrem Fallschirm allmählich zur Erde sank und dort schließlich einen einsamen Tod starb.

Dunkelheit nahm überhand, hüllten die Überlebenden in eine beruhigende Decke aus Schwarz, deren sinnesbetäubende Wirkung lediglich vom orangen Schein der im ersten Ring entfachten Feuer reduziert, jedoch nicht vollständig negiert wurde.

Eigentlich hatte Retexer vermutet, dass das Zünden des Leuchtmittels innerhalb weniger Sekunden zu einem mächtigen Gegenschlag von Seiten der Orks führen würde und war auch drauf und dran gewesen, Captain Balgor für dessen Handlung zu schelten. Seltsamerweise passierte jedoch überhaupt nichts, was für die Theorie des anderen Basteters sprach.

Höchstwahrscheinlich stellte der Einsatz der Leuchtkugel neben einer kurzen Illumination des Gefechtsfelds ebenso einen Test dar, die Theorie zu überprüfen. Nicht dumm, wenn auch nicht wirklich schlau.

»Thronverdammte …!«, ließ sich der Kommissar vernehmen, der irgendwo links neben Retexer durch den Explosionsdruck von den Füßen gehoben worden war. »Was ist denn das gewesen?!«

»Er hat den Anführer dieser Horde gekillt«, gab der Captain zu verstehen, obwohl er es selbst noch nicht fassen konnte.

»Colonel Ekko hat den Orksboss töten lassen?« Der Kommissar ließ ein kehliges Lachen erklingen. »Dieser Mann scheint mehr drauf zu haben, als ich zuerst dachte.« Seine Kleidung raschelte. Offensichtlich erhob er sich gerade. »Wie schnell können Sie Truppen für einen Gegenschlag mobilisieren?«

»Was?«, antwortete Balgors angenehm dunkle Stimme. Es klang betäubt, so als sei er soeben aus einem bösen Traum erwacht.

Kalte, harte Schläge hallten wie das Knallen von Peitschen durch die Luft. Starke Lichtkegel platzten aus dem Dunkel der Nacht, ausgehend von auf einigen der Chimären angebrachten, großen Scheinwerfern, bahnten sich ihren Weg durch die staubige Luft.

Schemenhafte Gestalten wankten durch die unnatürliche Helligkeit, wie benebelt, während sie sich bemühten, ihre Sinne zu sammeln.

»Wenn wir die Chance ungenutzt verstreichen lassen, bietet sich vielleicht keine weitere«, schwankte die muskulöse Gestalt des imperialen Politoffiziers auf Retexers Position zu.

Ein schwerer Donnerschlag erschütterte die Kathedralenstadt. Irgendwo im ersten Ring explodierte eine Artilleriegranate. Woanders rief jemand um Hilfe.

»Wenn wir jetzt einen Angriff starten, dann haben wir keine Möglichkeit, den Feind noch zu stoppen«, war ein schwache Warnung Balgors zu vernehmen.

»Ich bin Ihr Mann!«, hörte sich Retexer selbst sagen. Er meinte es ehrlich.

Eine weitere Gestalt streckte sich aus dem Boden, torkelte auf ihn zu. »Retexer, was Sie hier machen, ist Verrat!«, bemerkte sie.

»Wirklich?«, wollte der Führer des vierten Zugs rhetorisch wissen, die Stimme vor Verachtung triefend. »Ist es nicht eher Verrat, was Ihr geliebter Colonel macht?«

»Was?«, bellte Balgor und erhob sich zu seiner vollen Größe. Überraschenderweise schien er über seine moderat große Gestalt hinauszuwachsen, nur um sein Gegenüber schließlich zu überragen. »Wie können Sie es wagen, so über unseren Vorgesetzten zu reden?«

»Dieser … Mann …«, begann Retexer, zögerte jedoch postwendend, um zu überlegen, welches Wort für eine Beschreibung Ekkos wohl am passendsten wäre, »ist nicht mein Colonel! Beim Barte des Propheten †“ er ist nicht einmal ein echter Basteter! Er ist geistig dehydriert

Mit einer Bewegung, schneller als er je eine Bewegung vollführte hatte, stieß Balgor den ranggleichen Offizier zurück und zog seine Laserpistole. »Herr Kommissar«, wandte er sich an den Mann, der seelenruhig zusah, wie ein imperialer Offizier einen anderen mit seiner Waffe bedrohte. »Ich verlange, dass dieser Mann aufgrund von Insubordination und Verrat seiner Dienstpflichten festgenommen wird.«

»Dazu sehe ich keinen Grund«, ertönte die Antwort.

»Bitte, was?«

»Normalerweise würde ich Ihnen zustimmen †“ und in jeder anderen Situation hätte ich Ihrer Bitte längst entsprochen.« Der Kommissar verschränkte die Arme vor der Brust. »Doch in diesem Fall sehe ich es wie Captain …«

»Retexer«, stellte sich der Angesprochene vor.

»… Retexer«, nahm der Politoffizier den Faden auf. »Der Feind ist durch die Aktionen dieser Armee schlussendlich bis auf seine Knochen dezimiert worden. Ihm nun nicht direkt entgegenzutreten, ist eine militärtaktische Vergeudung von Möglichkeiten.«

»Was verstehen Sie von Taktik?!«, wollte Balgor zurückkeifen, verkniff sich die Bemerkung aber im letzten Moment. Stattdessen senkte er die Pistole und schüttelte den Kopf. »Sir, aus meiner Sicht machen Sie einen Fehler.«

»Ja. Aus Ihrer Sicht. Glücklicherweise kann mir die scheißegal sein.«

Er wandte sich um. »Männer dieser Feste! Soldaten! Meine Brüder! Mein Name ist Bonifatius Reit!« Seine Stimme hallte weit, erreichte in der entstandenen Stille die meisten der nahe dem Tor befindlichen Infanteristen.

Und selbst diejenigen, die von seinen Worten nicht direkt berührt worden, vernahmen dennoch den Klang seiner Stimme. Sie verstanden zwar nicht was er sagte, aber das war auch egal, denn er schrie. Und schreien war für Soldaten immer ein gutes Zeichen. Immerhin bedeutete das, dass jemand einen Plan zu haben schien und seine Truppen sammelte. Wie der Drillsergeant, der eigene Sergeant, der Zugführer, der Kompanieführer †“ und so weiter. Und wenn er wie ein Kommissar dann noch in der Lage war, eine flammende Rede zu halten, die so heiß wurde, dass man mit ihr ein gebrochenes Schwert hätte neue schmieden können, umso besser. »Der Feind, der euch zu vernichten gesucht hat, liegt am Boden. Euer Colonel, in seinem unerschütterlichen Glauben an die Macht des göttlichen Imperators, hat euch diesen Weg geschaffen, euren eigenen Glauben zu demonstrieren!«

Erstaunt musste Balgor feststellen, dass Reits Worte tatsächlich Wirkung zeigten. Während der Kommissar sein Rednerpult mit eiligen Schritten auf die ihm nächsten Chimäre verlagerte, vom Licht der Scheinwerfer wie eine Heldenstatue angestrahlt, tauchten mehr und mehr Gestalten aus den Schatten auf. Sie waren keine Dämonen, keine bösen Geister, auch wenn sich einem dieser Gedanke im ersten Augenblick aufdrängte. Sie waren nur einfache Soldaten, die aussahen wie böse Geister. Wer hätte es ihnen verdenken können?

Tagelanger Kampf hatte sie erschüttert und gebrochen. Sie klammerten sich an die letzten Strohhalme ihres Glaubens, wohlwissend, dass es keine Rettung gab.

Und nun kam er †“ Bonifatius Reit †“ dessen Stimme noch nicht verstummt war. Der noch schreien konnte, wo andere längst heiser waren. Das gab Hoffnung!

Er würde sie führen! In das Herz der Finsternis! Bis ans Ende der Galaxis und darüber hinaus!

»Kommt mit mir!«, rief er der sich sammelnden Truppe zu. »Und habt keine Furcht! Es mag der Tag kommen, da alle Hoffnung versagt und der Mensch seinen Feinden gegenüber unterliegt. Es mag der Tag kommen, an dem Treue und Ehre in Vergessenheit geraten, da der Glaube an den Imperator verlischt wie eine Kerze. Doch dieser Tag ist noch fern! Ich sage euch: Er. Ist. Noch. Fern! Denn heute kämpfen wir!«

Eine ganze Schar Infanteristen war inzwischen versammelt. Sie Unzählige zu nennen, hätte Balgor selbst in dieser Situation noch widerstrebt. Doch es ließ sich nicht verleugnen: Reits Worten hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Soldaten und Milizionäre lauschten der Rede des Politoffiziers, sammelten ihre Kräfte für den letzten, alles entscheidenden Schlag. Es mussten mindestens hundert sein †“ mehr Männer als sie in den letzten Tagen für einen gescheiten Gegenschlag ins Feld hätten bringen können. Wie schaffte er das?

»Klar machen zum Vorstoß!«, bellte der Kommissar und hob sein Energieschwert. »Jagen wir sie dahin, wo sie hergekommen sind! Für den Imperator! Öffnet das Tor!«

Röhrender Donner brandete gegen die Festungsmauern, Gebrüll und Geschrei aus etlichen Kehlen.

Dröhnenden sprangen Panzermotoren an, trugen ihren Teil der Begeisterung zur Schau.

Als würden sie Teil einer antiken Phalanx-Schlachtlinie sein, vereinigten sich Infanteristen und Milizionäre zu einer dichten Gruppe, vom Charisma ihres neuen Vorgesetzten zu einer Mauer geschmiedet. Es mochte keine große Mauer sein †“ und sie war auch nicht besonders dick †“ vielleicht zwei Reihen, durchbrochen von den bebenden Rümpfen blutdurstiger Panzerfahrzeuge, aber es war eine Gruppe.

Und es schlossen sich weitere Soldaten an.

Weit vorne an der nun entstehenden Front stampften die ehernen Körper der beiden Sororitas. Die blonden Frauen erwarteten den Kampf voller Freude, blickten auf das sich langsam öffnende Tor der Schutzmauer, als würde dahinter das ewige Licht des göttlichen Imperators erstrahlen. Sein Elysium, das sie in dem Moment betreten würden, da sie die gewaltigen Mauern durchschritten. Sein heiliges Geschenk an ihren hingebungsvollen Dienst. Von den Space Marines war nichts zu sehen.

»Fürchtet euch nicht, denn Er ist bei euch!«, rezitierte die Prioris einen alten Segensspruch des Adeptus Sororitas, bevor sie einen ebenso arkanen Kriegsgesang anstimmte. »So sprach Sein Wort Er zu uns allen! Er warnte uns, wir würden fallen! Doch sind wir stark, wir zagen nie …!« Ihre Schwester fiel ein.

Es war ein unheimlicher, zweistimmiger Chor der nicht wenigen imperialen Infanteristen einen tiefen Schauer über den Rücken jagte.

Bereits einer der blonden Todesengel hatte ihnen schreckliche Angst und einen riesigen Respekt eingeflößt.

Jetzt an der Seite zweier Adepta zu kämpfen, ließ ihre Moral in einer wilden Achterbahnfahrt umher rasen.

»Das ist Wahnsinn«, zischte Balgor, als er der vorrückenden Truppe aus dem Weg ging, an Retexer gerichtet. »Das wird uns allen den Tod bringen.«

»Falsch«, antwortete sein Gegenüber, als er seine Laserpistole in die Luft richtete, um seine berüchtigten ‚Deutschüsse†˜ abzugeben. »Es wird uns allen Ruhm und Ehre bringen!« An die Soldaten am Tor gerichtet, fuhr er fort: »Öffnen!«

»Das hätte der Stoff für einige wirklich sehr spannende Chroniken werden können«, versuchte es Balgor ein letztes Mal. Er scheiterte.

»Schade, dass es bald endet, nicht wahr?« Retexer lächelte bösartig. »Aber wie sagt man so schön? Nur im Tod beweist der Mensch seine wahre Größe.« Er marschierte los. »Auf geht†™s!«

Dumpfes, unterschwelliges Rumpeln erschütterte die die Umwelt, wuchs zu einem röhrenden Donnern an, gepaart mit dem schweren Quietschen stark belasteter Servoscharniere. Schauer ließen auf Balgors Rücken Marathon, ausgelöst von grellen Geräusch des Untergangs, der nun bald über sie kommen würde.

Sekunden der Anspannung kamen †“ und gingen vorüber. Nichts geschah. Die Toren schwangen auf.

Dahinter herrschte regelrechte Düsternis. Schwarzer Qualm waberte dicht über den Boden, kroch wie die Seele eines kleinen, verwundeten Mädchens aus dem Brunnen der Verzweiflung und arbeitete sich langsam in das ihm nun offen stehende Gebiet voller unberührter Seelen, die es zu verschlingen galt.

Dahinter wütenden Brände †“ groß und weitreichend. Ihr Schein warf unheimliche Schatten aus dem Nebel. Geisterhafte Silhouetten, die tanzten und abartig zuckten.

Die Schlachtformation geriet kurzzeitig ins Wanken.

Reit hob sein Energieschwert. Den Befehl zum Angriff konnte er nicht mehr geben.

Aus dem Nebel schoss eine Rauchwolke hervor, zeichnete den wilden Ritt einer flammenden Bestie nach. Grell heulend stürmte der metallene Cerberus auf seiner qualmenden Bahn den kampfbereiten Infanteristen entgegen, wie eine Motte angezogen vom Licht der in die Dunkelheit leuchtenden Chimären. Zielstrebig galoppierte er einem der Schützenpanzer entgegen, sprang ihn an und vergrub sich in dessen Turm.

Einen Herzschlag später flog der Kampfwagen in die Luft. Schlagartig ging das Licht aus. Splitter sausten durch die Luft, schlugen in Boden, Wände und Menschen. Die Druckwelle warf ein gutes Dutzend Infanteristen zu Boden. Ein orangeroter Feuerball stieg in den Himmel.

Balgor, nur wenige Meter entfernt, reagierte postwendend. »Ein Funkgerät!«, schrie er. »Bringt mir ein Funkgerät!«

Dann wandte er an direkt an die bei ihm stehenden, vor Schock starren Soldaten. »Ich sag†™s euch, Leute! Geht in Deckung!«

Auf der Chimäre vor ihm entgleisten die Gesichtszüge von Bonifatius Reit.

Offensichtlich hatte auf der Gegenseite jemand eine ähnliche Rede gehalten.

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Längere Kapitel sind mir ganz recht der zweite Teil war unerwartet. Ich hab irgendwie damit gerechnet das Retexer den Strahlentod erleiden würde.

Weil mir Warhammer Fantasy einfach spaß macht!

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Na ja, ich dachte mir einfach. "Die sind so verstrahlt - die merken das eh nicht."

Nein - also ganz ehrlich: Ich bin ganz einfach davon ausgegangen, dass  1.) so ein Bollwerk gebaut ist, um nukleare Detonationen abzuwehren (inklusive der Strahlung, denn soweit ich weiß, kann Strahlung einen energetischen Schutzschild nicht durchdringen), und 2.) setzt eine unterirdische Explosion - das ist ja das, was Ekko und seine Mannen gemacht haben - lediglich einen geringen Strahlungsoutput frei - bzw. einen großen Strahlenoutput, aber eben in einem verhältnismäßig kleinen Gebiet. Nun muss ich zugeben, dass mein physikalisches Wissen sich auf angelesene Theorien beschränkt und ich bisher keine Eigenerfahrung mit derartigem Gerät machen konnte.

Das heißt also: wenn das nicht stimmt - hm. Tja, dann muss ich mich entweder auf künstlerische Freiheit berufen oooooder - ihnen allen im nächsten Kapitel die Haare ausfallen lassen. Das gäbe eine Szene.

"Was denn, Doktor, bei Ihnen auch?"

Haha ...

 

bis dahin!

 

Eure Sista

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So hatte ich das garnicht gemeint. Wer weiß wie die Athombombe im 40. Jahrtausend ab geht. Ich hatte eher erwartet, das die Bände Hussa schreiender Patrioten in der Strahlenwüste vor der Festung einfach krepiert und Retexers Suche nach Ruhm ein eher belangloses und ruhmloses Ende nimmt. Die Orks waren sehr überraschend.

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Achso ist das. Ja, das wäre auch eine witzige Idee gewesen. Aber da die Gruppe erstmal durch die ganzen Schutt des ersten Rings stürmen müsste - ein Trümmerfeld, so ausladend, dass man allein für das Durchkämpfen einen eigenen Roman schreiben könnte - daher habe ich diese Idee nie wirklich in Betracht gezogen. Aber ... haha ... witzig, dass ich dich mit dem Text in eine vollkommen andere Richtung geleitet habe.

Erfolg - dein Name ist Plankton! Ich meine ... SistaMaryNapalm :-D

 

Bis zum nächsten Mal!

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Hallo liebe Stargazer-Leser,

 

Grüße aus einem weit entfernten Land, durch das ich gerade reise. Dieses Mal hat mich die Weltgeschichte lange in Atem gehalten, und auch meine eigene Geschichte entwickelte sich nicht so wie geplant †“ und so hat es wieder einmal sehr lange gedauert, dieses Kapitel fertigzustellen.

Nun aber melde ich mich †“ frisch erholt †“ aus dem Land der inzwischen allmählich verblühenden Kirschblüten, der Samurai und der Kamikaze. Perfekt also für die Stimmung des kleinen Sturmangriffs unserer Gruppe kleiner freier Männer, die gegen das übermächtige und stets explorative Bööööse antreten.

Daher wollen wir auch nicht mehr Worte verlieren als unbedingt nötig.

Eine Sache noch: Fanfiktion.de-Leser werden sich sicherlich fragen, warum das Kapitel den ganz und gar nicht passenden Titel „Wo ist meine Kuh?†œ trägt. Das hängt mit der kleinen Hommage an den kürzlich verstorbenen Altmeister Terry Pratchett zusammen, dessen Fan ich war (es immer noch bin) und der nicht nur meiner Sicht auf die Welt, sondern auch meinen Geschichten (und besonders Colonel Ekko†™s Abenteuer) zu einer humoristischen Note verholfen hat.

Und wer genau liest, wird auch die eine oder andere Anspielung auf Pratchetts Geschichten und Charaktere finden. Thank you, Sir Terry!

Damit sind wir beim vor-vorletzten Kapitel. Es dauert also nicht mehr lange bis zum Ende bis zum Ende der Geschichte. Ende April sollten wir, denke ich, durch sein. Und das ist auch wirklich kein Scherz.

Vielen Dank wie immer an Nakago, der dieses Mal †“ erstaunlicherweise (har har) †“ nichts auszusetzen hatte.

Bis zum nächsten Mal.

 

48

 

Dass die Orks mit den ihnen verbliebenen Kräften nicht mehr in der Lage waren, die Himmels-Kathedrale zu stürmen, mochte zwar stimmen †“ aber wie jedes Factum des bekannten Universums, stand auch dieses in einer Wechselbeziehung zu einem anderen. Bei dem handelte es sich um die Kampfkraft der eingeschlossenen Basteter und der ihnen angegliederten Einheiten. Genannte Gefechtsbefähigung bestand aus ihrer Einsatzerfahrung (dem sogenannten Veteranenstatus), ihrer Moral sowie der Bereitschaft ihrer Waffen und musste mit den technischen Möglichkeiten ihrer Abwehranlagen sowie ihrer Verteidigungsstellungen multipliziert werden. Der daraus entstehende Wert fasste ihre Defensivkraft zusammen. Verglichen mit den Werten, die ein erfahrener Stratege den Orks nach dem Verlust des Großteils ihrer Truppen zugewiesen hätte, hätten sich die Imperialen im Grunde nur zurücklehnen und darauf warten müssen, dass die feindliche Armee in sich zusammenbrach.

Leider sprach man jedoch von Orks, was bedeutete, dass sich die imperialen Truppen alsbald zu einem Gegenschlag entscheiden mussten, wollten sie eine erneute Erstarkung des Feindes verhindern.

Ein überlegter Gegenschlag, gesichert durch Schützenpanzer und unter Deckung der Jagdpanzer, mit den besten Veteranen und frischen Reservetruppen an der Spitze und den Flanken, während die bis vor kurzem noch im Kampf befindlichen Einheiten die das Zentrum und Rücken hielten, hätte den Bastetern in diesem Fall die Möglichkeit gegeben, den Feind zurückzuwerfen und zu vernichten.

Natürlich stellte die Organisation eines auf diese Weise gearteten Angriffs ein mehr oder weniger zeitintensives Unterfangen dar, welches im Vorherein minutiös geplant werden und †“ zumindest zu Beginn der jeweiligen Operation †“ akribisch durchgeführt werden musste.

Dafür waren allerdings ausgeruhte Infanteristen, ein vorbereitendes Artilleriebombardement und ein entsprechender Panzerschutz beim Vorrücken notwendig. Die Kampfmoral der Männer musste hoch sein, ihr Vorgehen koordiniert und gnadenlos. Jeder Widerstand hatte zwecklos zu sein.

Stattdessen gaben ermüdete und abgekämpfte Truppen, sowie wenig kampferfahrene Milizionäre ihre Stellungen auf, teilweise von der eigenen Überlegenheit überzeugt, teilweise zu schwach, um irgendwelche Einwände gegen die fanatischen Fantasien eines vorwärtspreschenden Kommissars zu erheben.

Zudem wurden zu wenige Einheiten organisiert, die einen Ausfall hätten wagen können.

Ein dilettantisch ausgeführter Sturmangriff kam in Gang, der in der Begrenzung durch die Trümmer der Stadt, der engen Straßen und den Ruinen der einstmals überwältigenden Straßenschluchten im Endeffekt zu einer Katastrophe kanalisiert wurde.

Nicht einmal in der Lage, durch die geöffneten Tore des zweiten Rings zu brechen, wurde die zusammengewürfelte Truppe gleich nach ihrem Entstehen zerschlagen.

Zwei Chimären explodierten sofort, von den Treffern orkischer Panzerabwehrraketen säuberlich durchschlagen. Munition detonierte knatternd, pfiff in Form von Querschlägern in alle Richtungen davon. Männer gingen schreiend zu Boden, von heißen Schrapnellen oder den allgegenwärtigen Projektilen niedergestreckt.

Eine Flut aus grünhäutigen Angreifern rollte durch das entblößte Bollwerk.

Wie viele Orks sich zur Zeit der Nuklearexplosion im ersten Ring befunden hatten, würde sich später nicht mehr klären lassen.

Abertausende starben. Aber Tausende waren auch noch am Leben. Und sie waren wütend.

Schon kurze Zeit nach dem Versuch eines Ausfalls brach die aufgebaute Front zusammen.

Einzelne Überlebende, vom Schrecken der in so kurzer Zeit erlebten Dinge aus der Schockstarre in einen panischen Überlebenswillen übergewechselt, verschanzten sich unter der Leitung von Captain Retexer und Kommissar Reit in einem nahe der Mauer liegenden Gebäude, erwehrten sich verbittert der feindlichen Übermacht.

Die Stimme des Captains, trotz der feindlichen Überlegenheit präsent, bellte seinen Männern das alte Gedicht von Ruhm und Ehre vor, und das heiße Zischen seiner Laserpistole malte fehlfarbene Kaskaden aus Licht in die Reihen der Angreifer.

Die Sororitas gingen regelrecht im Ansturm der Xenoflut unter, bevor sie nach einiger Zeit aus dieser wieder hervortauchten. Die blutgetränkten Epitrachelien ihrer Kampfrüstungen wehten zwischen den Orks umher, als die Imperator-treuen Dienerinnen mit ihnen den grausamen Tanz von Leben und Tod tanzten, sich mit der Inbrunst einer Kompanie Steroidsüchtiger Catacher durch die anstürmenden Feinde sensten.

Weit dahinter jedoch, auf jenen Terrassen, auf denen Jaorah Nurins Jagdpanzer gerade wieder Leben eingehaucht wurde, rechnete niemand mit einem Großangriff der Orks.

Natürlich hatte der Nuklearschlag die dort in Stellung gegangenen Soldaten ebenso erschreckt wie ihre Kameraden und Zivilisten anderswo in der Stadt. Und auch das von weiter unten urplötzlich einsetzende Schießen, dessen überraschend nah klingende Kulisse sich in die nächtliche, gespenstische Stille bohrte, war ihnen nicht entgangen.

Allerdings waren sie nach den Tagen des Kampfes zu erschöpft, dem noch irgendeine große Bedeutung beizumessen. Ein Teil von ihnen wachte nicht einmal auf, als eine kleine Gruppe weniger Basteter die ansteigende Pflastersteinstraße hinaufhetzte, deren Belag bereits vor Tagen durch die Panzerfahrzeuge der Imperialen Armee aufgerissen und zermalmt worden war.

Husten und keuchend, erschöpft und gerädert von den Strapazen, torkelten die Männer in die improvisierte Verteidigungslinie, wo sie einfach zu Boden sanken.

Zwei der Ankömmlinge fielen auf die Knie und erbrachen sich ins nasskalte Gras. Angestrengtes Würgen zwängte sich zwischen das hinter den Häuserruinen umherspringen Knattern von Geschosswaffen und geisterhafte Zischen der Lasergewehre.

Einzelne der zur Wache eingeteilten Infanteristen, selbst von heraufdämmerndem Schlaf umwölkt, erhoben sich und gingen den Verzweifelten entgegen, gaben ihnen Wasser und kleine Rationssnacks.

Lediglich ein Mann der Gruppe genehmigte sich keinen Schluck des stärkenden Wassers, nahm keines der dargebotenen Lho-Stäbchen an oder gestattete es sich, für einen Augenblick Atem zu schöpfen.

Captain Balgor war konzentriert. Zumindest so konzentriert, wie es sein ermatteter Geist gestattete. Leicht humpelnd †“ ein Automatikgeschoss hatte sich seinen Oberschenkel entlanggearbeitet †“ fragte er sich zu einem recht flachen Schützenloch durch, das sich hinter zerbrochenen und durch Bulldozerschaufeln aufgeschichteten Pflastersteinen verbarg, und in dem Captain Greij in einen unruhigen Schlaf gefunden hatte.

Im Angesicht der nahenden Formation Umherirrender war bereits einer von Greijs Infanteristen zu seinen Vorgesetzten geeilt, um ihn zu wecken.

So kam es, dass der Captain gerade den aufgewirbelten Staub von der Uniform klopfte, als Balgor ihn erreichte.

»Captain Balgor?«, erkundigte er sich ein wenig überrascht.

»Greij«, begrüßte ihn sein Gegenüber atemlos.

»Was soll der Mummenschanz?«

»Die Orks kommen.«

»Aber …« Die Stimme des gerade erwachten Zugführers klang überrascht. In seinem Gesicht spiegelten sich Unverständnis und müdigkeitsumnebelte Verwirrung wieder. »… wie?«

»Tür auf, Orks rein«; erwiderte Balgor kurz angebunden, während er sich gehetzt umsah. »Ich konnte keine Verbindung zur Kommandozentrale aufbauen. Wissen Sie, was da los ist?«

»Nein«, musste der andere Basteter zugeben. Er schien nicht sonderlich beunruhigt zu sein. »Seit dem großen Knall vorhin ist es insgesamt etwas schwierig geworden, Kontakt zu irgendwem aufzunehmen.« Er machte eine besänftigende Geste, die ihm allerdings selbst ein wenig zu aufgeregt geriet. »Wo genau sind die Gegner jetzt?«

»Überall.« Balgor stieß gepresst Luft aus. »Hören Sie, Greij: Wir haben keine Zeit für lange Diskussionen. Die Orks sind durch das Tor. Und Sie werden nicht Halt machen, bevor Sie alles Leben ausgelöscht haben. Sorgen Sie dafür, dass sich unsere Truppen in den dritten Ring …«, versuchte er eilig zu erklären, auch wenn sein von Müdigkeit und Adrenalin benebelter Verstand sich fröhlich bemühte, ihm in der Dunkelheit irritierende Schattenbilder vorzuspielen. Er beendete den Satz nicht mehr.

Irgendwo links neben ihnen setzte plötzlich Schießen ein. Grelles, stroposkopartiges Leuchten strahlte im Dunkeln der Nacht. Heftiges Knattern orkischer Wummen, beantwortet vom giftigen Zischen imperialer Lasergewehre.

Markdurchdringendes Brüllen mischte sich in den Waffenlärm, versuchte die ebenso aufbrandenden, schreienden Stimmen menschlicher Gegner niederzuringen.

Die Orks waren mitten unter ihnen!

Nicht weit von ihnen entfernt schreckten Soldaten aus ihrem Erschöpfungsschlaf, kämpften sich aus diffusen Träumen, in denen sie die letzten paar Tage zu verarbeiteten versucht hatten.

»Oh, thronverdammt!«, zischte Greij, griff neben sich und hob sein Lasergewehr auf. »Alarm!«, hallte seine durchdringende Stimme über das einst fruchtbare Gelände hinweg. »Wir werden angegriffen!«

Eilends pflanzte sich der Ruf fort, nahm die Last der Meldung von seinen Schultern. Gleich einer Flutwelle schoss adrenalingepumptes Blut durch seine Adern, wusch die Müdigkeit fort wie eine Hafenstadt und ließ nichts als unbebautes Land, auf der sich Gedanken zur Koordination der Verteidigung ansiedeln konnten.

»Wie gehen wir vor?!«, schoss es aus ihm heraus, ein Versuch einer Absprache mit dem Captain an seiner Seite.

»Organisieren Sie den Rückzug in den letzten Ring!«, befahl Balgor, bevor er sich abermals suchend umwandte. »Ich muss irgendwie Colonel Ekko informieren.«

»Verstanden«, rief der Führer des fünften Zugs, lud sein Lasergewehr durch und schickte sich an, den Auftrag an seine Untergebenen weiterzuleiten, bevor er sein eigenes Davonstürmen mit einem schnellen Ausfallschritt bremste. »Warten Sie«, forderte er den anderen Zugführer auf, um seinen Arm in die Dunkelheit auszustrecken. »Wenn Sie noch etwa hundertfünfzig Meter in die Richtung laufen, dann treffen Sie auf einen der Jagdpanzer. Vielleicht haben Sie da mehr Glück.«

»Danke«, erwiderte Balgor und humpelte von Dannen.

Greij nickte, bevor er sich vollends von seinem Gesprächspartner löste und zwischen die Männer eilte, um seine zu Tode erschöpften Infanteristen aus dem Dunkel ihrer Albträume zu reißen und sie in neue zu stoßen.

 

***

 

Wie ein seltsam geformter Fels schälte sich der Rumpf von Enforcer eins aus der Dunkelheit der Nacht, ein eigenartiges Ritusobjekt, umschwärmt von den berobten Gestalten eines archaischen Kults.

Hätte man verschiedene Beobachter gefragt, wie lange sich die spirituelle Kenntnis der Männer bereits mit dem opponierenden Geist der Maschine maß, die Antworten wären nur wenig einhellig gewesen.

In der angespannten Stille der relativen Kampfpause erschienen Sekunden wie Minuten, diese wiederrum wie Stunden.

Der tatsächliche Zeitbedarf für die verschiedensten Rituale der Reinigung, des Treibstoffwechsels und der externen Starthilfe und deren offensichtliches Fehlschlagen, ließ sich nicht mehr ermitteln. Hinzu gesellten sich das ebenso zeremonielle Nachschlagen möglicher Lösungen, die Unauffindbarkeit ebendieser und die damit einhergehende, bald schon lethargische Verzweiflung.

Zusammengenommen ergab sich daraus eine lange Kette von Maßnahmen, Entwicklungen und darauffolgenden Gegenmaßnahmen, die nicht nur ungemein aufregend zu betrachten waren, sondern vor allem bei hohem Zeitaufwand relativ wenig Effektivität vorzeigen konnten.

Doch dieser eher hilflosen Symptombekämpfung einer unwissenden, partiell technophobischen Gemeinschaft von Halbmenschen wurde nun ein jähes Ende bereitet.

Verwirrte Adepten des Mechanicus blickten auf, ließen ihre Augen im gleichen Rhythmus zu dem nahenden Schießen flackern, in dem neue Feuersalven ihren dumpf dröhnenden Hall über das Schlachtfeld warfen.

Das chorale Summen der Halbmenschen nahm zu, beschleunigte sich auf die gleiche Weise wie ein junges Mädchen, das in einer dunklen Seitengasse am Rand einer Makropole den rapide länger werdenden Schatten zu entkommen suchte.

Eine besondere Aufregung erfuhr ihr unseliges Wesen, als sich eine dunkle, humpelnde Gestalt aus dem verblassenden Schwarz der Nacht schälte.

Wie jenes kleine Mädchen, das sich in den Untiefen des Molochs geballter menschlicher Psychopathie wiederfand, stockten auch Herzen der weitestgehend kampfunerfahrenen Techpriester. Die Dunkelheit höchst selbst hatte ihre Sinne vom Rest der Welt abgeschnitten wie die Sense von Gevatter Tod.

Dass sich nun, inmitten des farblosen Wahnsinns, ein Geist aus der Bösartigkeit fehlfarben flackernder Reflektionen manifestierte, erschien ihnen wie ein fauler Zauber.

Der einzige Anwesende, den die plötzliche Erscheinung im Angesicht aufbrandender Gefechtstätigkeit nicht beunruhigte, war eine kleine Gestalt, die sich knapp über dem Rumpf des Jagdpanzers abzeichnete.

Selbst wie ein lebendig gewordenes Periskop aussehend, wie das alles sehende Auge des Jagdpanzers auf der Suche nach neuen Zielen, machte die Gestalt dieser Verstellung alle Ehre und beugte sich zu den überraschten Maschinenpriestern herab: »Hey! Wer hat euch erlaubt aufzuhören? Seht zu, dass der Maschinengeist endlich wieder kooperiert!«

Derweil war die Erscheinung nähergekommen, löste sich in die wohlbekannten Formen von Captain Balgor auf.

»Nurin!«, rief er, ignorierte die murmelnden und betenden Maschinenseher, die sich bemühten, den verstimmten Maschinengeist des Destroyer-Jagdpanzers mit Hilfe mehrerer Liter geweihten Maschinenöls wiederzuerwecken, aber von Zeit zu Zeit zu ihm herüberschielten. Höchstwahrscheinlich wollten sie sichergehen, dass er sich nicht einfach in einen Ork verwandelte, während sie nicht aufpassten. »Haben Sie eine Verbindung zu Azrael?!«

»Wir haben es nicht versucht«, musste der Captain zugeben. »Was ist denn los?«

So schnell es sein angeschlagenes Bein erlaubte, humpelte der Basteter zu dem desposianischen Kampffahrzeug, atmete tief durch und unternahm einen Versuch, dessen linke Seite über die freiliegende Kette zu erklimmen. Trotz der Kettenscharten, welche nicht nur dem Fahrzeug auf ungewissem Boden Halt geben sollte, sondern auch ein schnelles Aufsteigen ermöglichten, gelang es ihm nicht, sich auf das Fahrzeug zu hieven. Nach kurzem Ringen mit der eigenen Stabilität gab er es auf und blieb schnaufend an dem hochaufragenden Kampffahrzeug stehen.

»Warten Sie!«, forderte ihn der untersetzte Desposianer auf. »Ich komme zu Ihnen runter.« Er wies auf eine der Rettungsluken auf der linken Seite des Panzerjägers.

Der standardisierte Kampfpanzer des Leman Russ-Typs verfügte auf jeder seiner gut sieben Meter langen und dreieinhalb Meter hohen Flanken über insgesamt zwei Seitenluken, durch die einerseits der Kampfraum erreicht werden konnte, andererseits der Motorraum für kleinere Notreparaturen oder Rituale.

Normalerweise reichte die Größe dieser Einstiege lediglich, um die Besatzung des Fahrzeugs oder die Techpriester einsteigen oder aussteigen zu lassen. Für einen längeren Aufenthalt in duckender oder liegender Haltung waren sie nicht gedacht.

Nurin allerdings war bereits lange genug Panzerkommandant, um sich an die beengten Verhältnisse im Rumpf des Destroyers gewöhnt zu haben.

»Platztausch«, ordnete er mit knappen Worten an, als er in den Kampfraum abtauchte.

Redek reagierte wortlos. Er griff an eine kleine Haltestange über seinem Kopf, mit Hilfe derer er sich aus seinem Sitz heben konnte und, soweit es ihm die engen Platzverhältnisse erlaubten, in der Lage war, sich durch den engen Kampfraum zu winden.

Ein wenig ungalant verharrte der Richtschütze von Enforcer eins, halb hängend, halb stehend, in dem engen Kampfraum an seine Gerätschaften gepresst, um den Fahrzeugkommandanten verbeizulassen.

Als würde er sich in ein Torpedorohr schwingen, rutschte Nurin hinter seinem Stellvertreter vorbei, die über ihren Köpfen in die Decke des Kampfraums gelassenen Handgriffe als Schubhilfe nutzend. Mit einer fließenden Bewegung tauchte er linkerhand von Redeks Sitz in einen gut anderthalb Kampfstiefellängen breiten Freiraum, durch den sich die Besatzung des Kampfraums geduckt zur Notluke bewegen konnte, aber gleichzeitig von möglichen Gefechtsschäden im Innenraum abgeschirmt wurde.

Jetzt diente diese kleine Gasse aus geringer Privatsphäre dem Panzerkommandanten dazu, schnell und effektiv mit seinem infanteristischen Counterpart zu kommunizieren.

Mit einer schnellen, kräftigen Bewegung zog er an dem kleinen Hebel, mit dem sich der seitliche Ausgang verriegeln und entriegeln ließ. Die Notluke schwang auf.

Captain Balgors Gesicht wartete dahinter, blickte dem Kommandanten von Enforcer eins mit drängender Miene entgegen.

»Wie sehen Sie denn aus?«, verlangte der Panzerführer zu wissen, nachdem er die Silhouette des Infanterieoffiziers im fahlen Mondschein und den kleineren, wenngleich helleren Lichtern der Techpriester gemustert hatte.

»Wie jemand, dessen Stellung gerade von Orks überrannt wurde«, erhielt er zur Antwort und konnte nicht anders, als die Augenbrauen hochzuziehen. »Wie kam es denn dazu?«

Balgor rümpfte die Nase. »Kurze Version oder lange?«

Heftiges Maschinengewehrfeuer setzte ein, sandte im Rhythmus von über fünfhundert Schlägen in der Minute lange Leuchtstreifen in die Stellungen der Imperialen. Lasergewehrfeuer zuckte heiß den steil ansteigenden Hügel herab.

»Die kurze Version. Für die lange bleibt uns keine Zeit«, schlussfolgerte der Desposianer ganz richtig aus dem Anblick.

»Rette niemals einen Kommissar, den du eigentlich auch liegen lassen könntest«, gab der Captain zurück.

»Das könnte man für Blasphemie halten«, stellte Nurin fest, auch wenn er begriff, was geschehen war.

»Können Sie mir jetzt eine Verbindung zu Colonel Ekko herstellen?«, hakte der bastetische Infanterieoffizier abermals nach.

»Warten Sie«, wollte der Fahrzeugkommandant gerade sagen, um seinen untersetzten Körper zurück in den Rumpf seiner stählernen Festung zu wuchten, doch er kam nicht mehr dazu.

Urplötzlich nahm der nicht weit entfernte Infanteriekampf eine neue Dimension an. Die Schlagartigkeit, mit der das Knallen, Rattern und Zischen der verschiedenen Waffen an die Flanke des Jagdpanzers klopfte, überraschte nicht nur die Techpriester, sondern ließ auch Balgor und Nurin aufblicken.

Schemenhafte Gestalten begannen, im blitzenden Flackern von krachenden Handgranaten und grellem Mündungsfeuer um die Schützengräben und Schützenlöcher der imperialen Verteidiger zu tanzen, wuchsen in die Höhe, taumelten zu Boden.

»Wir weichen aus!«, gellten Rufe über das sich neu entwickelnde Schlachtfeld. »Rückzug! Zieht euch sofort zurück!« Wie ein organisiertes Ausweichen wirkte die Szenerie nicht gerade.

»Thronverdammt!«, knirschte Balgor. »Was machen die da?«

»Das, was wir jetzt auch machen«, gab Nurin zurück.

Balgor starrte ihn erstaunt an.

»Sehen Sie zu, dass Sie wegkommen!«, befahl der Desposianer, bevor er Balgor mit einer energischen Geste von der Flanke seines Fahrzeuges scheuchte.

»Und Colonel Ekko?«, wollte der Basteter wissen.

Nurin biss sich beinahe auf die Lippe. Als wenn Colonel Ekko nicht längst wusste, was hier gerade geschah. Aber das sagte er dem ranggleichen Offizier nicht, sondern sah sich kurz um. »Hey!«, rief er einen der Techpriester zu sich heran.

Die berobte Gestalt glitt unwillig näher, als sie den Ruf des imperialen Soldaten vernahm. »Ja«, knirschte sie durch ein ihr Gesicht bedeckendes Sprechgitter.

»Wir schmeißen die Kiste jetzt an und sehen zu, dass wir wegkommen. Ihr macht, dass ihr zurück in den letzten Ring gelangt †“ und nehmt ihn mit!« Er wies auf Balgor. »Es ist dringend!«

Der Maschinenseher blickte erst Nurin, dann Balgor mit einem Gesichtsausdruck an, der eindeutig verriet, was er von dieser Idee und ihrem Ursprungort hielt, doch nach einem weiteren, heftigen Schlag, der die Luft um den Panzer erzittern ließ, ergab er sich in sein Schicksal.

»Ich verstehe.«

»Gut«, nickte Nurin anerkennend. Hätte der Techpriester sich anders entschieden, der Desposianer hätte ihm höchstwahrscheinlich mit einem beherzten Griff an den Panzer gezogen und die Luke zugeknallt. Gewisse Manieren gehörten sich einfach. Auch für Adepten des Mechanicus. »Viel Erfolg. Möge der Imperator mit Ihnen sein.«

»Mit Ihnen auch.«

Nurin langte nach dem Griff der Luke und schlug sie hinter sich zu. Mit einem metallenen Rumpeln rastete die Verriegelung ein.

»Was ist denn los?«, wollte Redek wissen, als er seinem zurückkehrenden Kommandanten abermals den Weg freimachte und dabei so eng an sein Sichtgerät geriet, dass dieses vermutlich (wäre es denn lebendig gewesen) eine Anzeige wegen sexueller Belästigung erstattet hätte.

»Da sind gerade ein paar Steine ins Rollen geraten«, erklärte der Captain, während er auf seinem Sitz Platz nahm.

»Rollende Steine?« Redek rümpfte die Nase †“ eine recht untypische Reaktion für ihn †“ und langte nach seinen Kopfhörern. »Nicht so schön wie rasselnde Ketten.«

»Ves wird Ihnen sicherlich zustimmen.« Nurin griff nach seinen eigenen Kopfhörern, bevor er den Mikrofonschalter aktivierte. »Ves †“ klar machen für Motorstart.«

»Geht wieder los, eh?«, schnodderte der Fahrer in altbekannter Manier.

Nurin ignorierte ihn.

»Oh, Geist der Maschine, vergib mir †“ aber du solltest jetzt besser kooperieren«, sprach er ein leises Gebet, bevor er sich in den Kampfraum beugte. »Motor an!«

»Motor an!« Der Jagdpanzer bockte kräftig, als Ves das Fahrzeugtriebwerk anließ. Wimmernd, so als würden sie Schmerzen erleiden, bemühten sich die Anlasser, die große Turbine in ein Bewegungsmoment zu versetzen. Der Geist der Maschine hustete und würgte, durch die gewaltigen Massen von Sand in den Staubfiltern des Motors zu großen Teilen von der Luftzufuhr abgeschnitten.

Für mehrere Dutzend Herzschläge stand ihr Überleben auf der Kippe, kämpfte der Destroyer mit seinen inneren Dämonen. Schließlich schaffte es die Fahrzeugseele, sich freizukämpfen.

Der Panzer brüllte auf.

Nurin schloss die Augen und atmete tief durch. »Vielen Dank für Ihre Kooperation«, flüsterte er in Richtung der substanzlosen Entität.

»Test im inneren Funkkreis«, sprach er in sein Mikrofon. Die Schlacht ging weiter.

Während Redek und Ves ihre Bestätigungen ins interne Funksystem murmelten, voll auf ihre Aufgaben konzentriert, sah Nurin bereits die deutlichen Feuerscheine automatischer Projektilwaffen durch die sich langsam lichtende Düsternis blitzen. Stakkatoartiges Laserfeuer antwortete in grell flackernden Kaskaden.

»Restlicht an«, gab er sich selbst den Befehl, betätigte einen Schalten am Sichtperiskop des Auspex-Scanners. Mit einem leisen Pfeifen sprang die zuvor von grellen Blitzen erfüllte Dunkelheit aus seinem Blickfeld, wurde ersetzt von den scharfen, bald schon schmerzenden Grüntönen der Restlichtverstärkerfunktion.

Urplötzlich schrie ihm der Krieg ins Antlitz.

Schemenhafte Gestalten tanzten mit geisterhaften Lichtreflexen. Kaskadierende Strahlen stocherten wie energetische Nadeln in der Dunkelheit umher, blitzten auf, verloschen wieder.

Dumpfes Knattern und Dröhnen, vor wenigen Momenten noch undenkbar im Angesicht des relativen Schutzes der Kathedralenstadt, bahnte sich seinen Weg in den Kampfraum. Heiße, metallene Peitschen trommelten gegen die Außenpanzerung.

»Feind links von uns«, informierte der Captain seine Besatzung. »Infanterie im Kampf auf kurze Entfernung. Ves †“ eine Drehung rechts neunzig, dann rückwärts den Hügel hoch. Langsam. Nicht zu schnell.«

»Verstanden.«

Mit einem kräftigen Ruck setzten sie sich in Bewegung.

Nurin ließ das Periskop nach links schwenken, dann nach rechts. Rund um Enforcer eins befand sich Infanterie begriffen in der grausamen Schlacht eines schweren Rückzugsgefechts.

Leider gab es nichts, mit dem der Destroyer das Feuergefecht zu Gunsten der Imperialen hätte entscheiden können.

Das Destroyer-Lasergeschütz †“ der Schnitter, wie man im Jargon des imperialen Panzercorps von Zeit zu Zeit zu sagen pflegte †“ war eine Distanzwaffe, deren Schlagkraft sich im relativ engen Bereich der Kathedralenstadt nur bedingt bis gar nicht zu entfalten vermochte.

Und über ein Maschinengewehr oder einen schweren Bolter verfügte der Jagdpanzer vom Werk her nicht. Natürlich war es möglich, nachträglich eine solche Nahverteidigungswaffe zu installieren †“ aber wofür? Ein normaler Destroyer kam kaum bis gar nicht in eine Situation wie diese hier †“ und zusätzliches Gerät am Fahrzeug behinderte es bei dessen Aufgaben wie ein mehr oder weniger großer Zementklotz am Bein.

Im äußersten Notfall musste sich der Captain aus der Kommandantenluke wuchten und die Nahverteidigung des Fahrzeugs mit Hilfe einer leichten Infanteriewaffe übernehmen.

So hatte er es stets gehalten und war auch stets damit durchgekommen.

Doch leider †“ das war selbst ihm inzwischen aufgegangen †“ durfte man in diesem Regiment nicht rational denken. Zumindest nicht, so lange Colonel Ekko der Kommandeur dieses Haufens von … in Ermangelung einer besseren Bezeichnung dachte er an Soldaten … war.

Vielleicht wäre es sogar besser gewesen, wenn er eine Infanterieabwehrwaffe auf Drehkranzlafette hätte installieren lassen. Doch dafür war es jetzt zu spät. Nun galt es, den Xeno-Abschaum so lange wie möglich abzuwehren.

Grade befand sich Nurin in der Überlegung, einen seiner Energiestrahlen in eine erkannte Gruppe feindlichen Grünhäute zu brennen, als er etwas anderes entdeckte, das das Blut in seinen Adern in die Höhe trieb. »Direkt voraus †“ fünfzig Meter! Feindlicher Pikk-Up!«, schrie der imperiale Panzerkommandant in Eile.

»Erkannt!«, bestätigte der Richtschütze.

»Feuer!«

Aus der Rückwärtsbewegung blies der mächtige Haufen Panzerstahl einen seiner gewaltigen Laserstrahlen auf das feindliche Gefährt. Urplötzlich brannte eine neue, gerichtete Sonne in der Kathedralenstadt, blitzte wie ein mehrere zigtausend Volt starker Blitze über die Ebene. Ein kräftiger Donnerschlage prallte von den umliegenden Anwesen, den Stadtmauern und Obstgärten ab, erschütterte Körper und Trommelfelle gleichzeitig. Daneben!

»Thronverdammt!«, zischte Nurin. »Verfehlt! Ves, rechts zwanzig!«

»Drehe rechts zwanzig!«, bestätigte Ves. Das Fahrzeug ruckte herum.

»Laser lädt †“ Laser klar!«, meldete Redek.

»Neuer Versuch«, befahl der Fahrzeugkommandant, der das abartige Xenofahrzeug in seinem Auspex näherkommen sah. »Ich bin raus! Kommuniziert direkt!«

»Verstanden!« Redeks Gesicht verschwand hinter der Zieloptik. »Weitere zehn rechts.«

Eine scharfe Kurve nehmen, drehten sie weiter, nach wie vor in einer Rückwärtsbewegung begriffen. »Achtung, Feuer!«, bellte Redek.

»Achtung, Feuer!«, wiederholte die Besatzung. Ein metallenes Gellen hallte durch den Panzer, als dieser an seinem Generator sog und dann einen weiteren Strahl konzentrierter Energie auf den Feind blies.

Dieses Mal saß der Treffer direkt. Vom tausende Grad heißen Energiestrahl säuberlich durchschlagen und die eigene Bewegung in den energetischen Schuss getrieben, verschwanden das orkische Äquivalent zu einem Führerhaus und der dahinter befindliche, offene Kampfraum mitsamt Insassen, von der hochenergetischen Kraft regelrecht vaporisiert.

Vom Tod seiner Besatzung wie gelähmt, rollte das rauchende Gefährt weiter, holperte über einen Granattrichter, wobei es einen Achsbruch erlitt und sich schließlich, wie der fünfte Elefant, tot auf die Seite legte. Erde spritzte in die Höhe.

Nurin selbst sah es nicht. Er ließ das Sichtperiskop auf der Suche nach neuen Gegnern weiter rotieren. Er brauchte nicht lange suchen.

Überall um sie herum tauchten die fleischigen Körper grünlich dargestellter Orks auf, vom plötzlichen Energieeinsatz des Jagdpanzers auf diesen aufmerksam geworden. Tatsächlich, so stellte Nurin fest, veränderte sie das nicht wirklich. Grünlich wabbelnde Berge aus einer fleischähnlichen Substanz, hässlich und ekelerregend zugleich.

Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass diese hässlichen und ekelerregenden Grünhäute derzeit damit beschäftigt waren, seinen Jagdpanzer von der zurückweichenden, imperialen Streitmacht zu trennen, um ihren gewalttätigen Spieltrieb zu befriedigen.

So waren nun einmal Orks. Sie suchten sich das in dem Moment interessanteste und gefährlichste Objekt aus, mit dem es zu kämpfen galt.

Nicht umsonst sagte ein bösartiges Sprichwort der Imperialen Armee: ‚Was machst du, wenn du verhindern willst, dass Grünhäute eine Menschenfrau vergewaltigen? Wirf ihnen eine Eldar zu!†˜

Und auch, wenn die Verstellung, dass ein Ork eine Eldar vergewaltigte, im Rahmen der rassischen Vorstellung des Imperiums durchaus passend war, so besaß das Sprichwort nicht umsonst einen bitteren, warnenden Beigeschmack.

»Zurück!«, befahl Nurin, als die Xenos näherkamen. »Weiter zurück †“ schnell!«

Das Panzertriebwerk heulte protestierend. Sie nahmen Fahrt auf.

»Sobald eine Zielgelegenheit: Freies Feuern!«, ordnete der Captain an, während er nach der Laserpistole in der Halterung an seiner rechten Seite griff.

Redek neben ihm nickte. »Verstanden.«

Die Orks wussten davon natürlich nichts. Sie gingen den imperialen Jagdpanzer nun direkt an.

Ein Raketengeschoss löste sich als grell flackerndes Licht der Phantasie aus dem Nichts, ritt dem Kampffahrzeug auf seinem Feuerschweif entgegen und traf dieses. Ein scharfes „Klonk!†œ ertönte, als das Projektil vom der Kettenabdeckung abgelenkt wurde und harmlos abseits des Destroyers detonierte.

Heißes, metallenes Reißen erklang.

Wie Jäger, die ein Mammut in die Enge trieben, kreisten die feindlichen Kräfte Enforcer eins ein, schnitten das Panzerfahrzeug von der Herde der imperialen Kräften ab.

Natürlich hätte Ves bremsen und vorwärtsbeschleunigen können. Die Orks niederzuwalzen stellte kein Problem dar. Leider jedoch gehörte der Destroyer nicht zu jener Art von rollender Festung, mit der man sich inmitten einer feindlichen Horde aufhalten sollte. Und vor allem zum Heck hin besaß der Jagdpanzer die eine oder andere Schwachstelle, mit der der gewiefte Ork in der Lage war, das ganze Fahrzeug kampfunfähig zu machen.

Wieder kam Nurin in den Sinn, dass ein Maschinengewehr zur Nahbereichsverteidigung vielleicht doch keine schlechte Entscheidung gewesen wäre.

Sein Gedankenfaden wurde abrupt zerschnitten.

»Entschuldigen Sie, Captain. Wo fahren wir eigentlich hin?«, wollte Redek wissen,

Nurin sah alarmiert auf, wandte sich um, als hoffte er, durch einen nichtexistenten Rückspiegel blicken zu können, dann besann er sich und ließ seine Augen an das das Sichtgerät des Auspex wandern.

In seinem Blickfeld gähnte schwarze Leere.

»Oh, Thronverdammt!«, zischte der Captain. »Links!«, bellte er in sein Mikro.

Im nächsten Augenblick heulte das Triebwerk des Jagdpanzers auf. Die rechte Kette ratterte verdächtig laut, verlor den Gegendruck der normalerweise unter ihr residierenden Erde.

Ein dumpfer Ruck ging durch den Kampfraum.

»Stopp!«, wollte Nurin noch schreien. Er kam nicht mehr so weit.

Mit einem trockenen Knirschen gab der Erdboden unter Enforcer eins nach.

Für einen kurzen Augenblick blieb die Zeit für Jaorah Nurin stehen, hielt die Waage zwischen festem Halt und plötzlicher Bodenlosigkeit seinen Körper in einer schier himmlischen Schwebe. Er nahm es gar nicht bewusst wahr. Lediglich ein leichtes Ziehen in der Magengegend verriet ihm, dass sich die ihm angestammte Masse gerade aus einer horizontalen Bewegung in eine vertikale begab. »Festhalten!«

Jeder, der schon einmal irgendwo abgerutscht ist, kann sicherlich das Gefühl nachempfinden, das zwischen der plötzlichen Schrecksekunde, wenn der eigene Halt verloren geht und dem entsetzten Verstehen, dass man sich gerade hingelegt hat, entsteht.

Nicht nur die Crew von Enforcer eins fiel gerade diesem Gefühl anheim, sondern auch ihr Gefährt mitsamt dem ihm innewohnenden Maschinengeist.

In dem Versuch, den anrückenden Gegnern erfolgreich auszuweichen, hatte die kleine Gruppe tollkühner Männer in ihrer ratternden Kiste diese zu nahe an die mehrere Meter tiefe Mauer gesteuert. Und als sie schließlich in den Nahkampf verwickelt wurden, blieb ihnen kein Raum mehr zum Manövrieren.

Folglich verlor der Panzerjäger beim eilig eingeleiteten Ausweichmanöver den Boden unter der rechten Kette, prallte mit seinen gut zweiundfünfzig Tonnen auf schmaler Unterbodenfläche gegen die ohnehin bereits losen Steine. Einige von ihnen splitterten, andere rutschten unter dem schweren Gefährt einfach weg. Polternd fielen sie zu Boden. Enforcer eins folgte ihnen.

Für einen oder zwei Herzschläge versuchte der Panzerjäger, dem ihm angestammten Schicksal zu entkommen und wie ein gewisser Colonel beim Absturz hängen zu bleiben. Doch leider unterschied sich nicht nur ihr Gewicht, sondern auch die ihnen zugedachte Menge Glück deutlich voneinander.

Hilflos griffen die Gleisketten in die Luft, versuchten irgendwie, den Sturz abzuwenden. Vergebens.

Polternd und dröhnend rutschte das mächtige Kampffahrzeug Heck voran von der Mauer.

»Nein

Mit ohrenbetäubendem Lärm stürzte das in die Enge getriebene Mammut in die Dunkelheit.

Nun handelte es sich bei dem Abgrund nicht unbedingt um eine tiefe Schlucht. Vor allem nicht, wenn man es mit der Gewalt der Himmelskathedrale verglich. Vielleicht zwei, zweieinhalb Stockwerke tief stürzte der große, imperiale Panzer, die rückwärtige Steuerbordseite voran.

Fauchend und brüllend beklagte sich das Haupttriebwerk über den plötzlichen Verlust des Bodendrucks. Die Ketten drehten frei.

Unter dem Knirschen von beanspruchtem Metall glitten sie an der Mauer abwärts, rissen Steine, Sand und Erde mit sich, bevor sie schließlich mit schrecklichem Getöse auf den Boden prallten. Von der Wucht des Aufschlags erschüttert, ging der Panzerjäger in die Knie, kippte zur Seite und rollte schließlich aufs Dach.

Im Innern des Fahrzeugs herrschte pures Chaos. Nurin und Redek, beide nicht angeschnallt, wurden von den plötzlich auf sie wirkenden Kräften erschüttert und umhergewirbelt. Ihre Kopfhörer wurden ihnen von den Ohren gerissen, flogen wie Pendel im Kampfraum umher. Gefährliche Pendel

Ves, in seiner Fahrerkabine noch stärker beengt, wurde aus seinem Sitz gehoben und gegen die Winkelspiegel geschleudert.

Als das Fahrzeug nur kurze Zeit später zum Liegen kam, herrschte eine unheimliche Stille.

Wie bei einer umgekippten Schildkröte ragte der Bauch des Jagdpanzers in die Höhe. Knirschend liefen die breiten Gleisketten einige letzte Umdrehungen. Bevor sie vom eigenen Gewicht und dem Druck der gegen sie arbeitenden Triebräder zum Stillstand gebremst wurden.

»Ai!«, ließ sich die Stimme Redeks vernehmen, dem der Kopf so sehr auf die Brust getrieben worden war, dass er den Reißverschluss seiner Panzermontur wohl mit denen Zähnen hätte öffnen können †“ wenn er es denn gewollt hätte. »Das tat weh.«

Nurin, der sich in dem Prozess wieder einmal den Schädel an seinem Sichtperiskop malträtiert hatte, spürte Blut über seine Stirn laufen, während er sich bemühte, seinen Körper, der eigentlich aus nichts anderem mehr als Schmerzen bestand, in eine aufrechte Position zu hieven.

Entnervt stieß er Luft aus. Teilweise, weil er hoffte, dass sich sein Körper dann weiter verbiegen ließ. Hauptsächlich jedoch, weil es ihn einfach störte, dass er sich von einer seiner Hauptaufgaben (der sicheren Navigation durch feindliches Territorium) hatte abbringen lassen und in der Folge verantwortlich für ihr Unglück war.

Freundlicherweise forderte im Augenblick niemand dafür Rechenschaft. Höchstwahrscheinlich war die Besatzung selbst noch viel zu perplex.

»Und was machen wir jetzt?«, wollte Ves†˜ schnodderige Stimme dumpf durch die Schutzwand zwischen Fahrerkabine und Kampfraum  wissen.

Nurin rieb sich den malträtierten Kopf. Langsam, fast schon zeitlupenartig, reagierte sein Gehirn auf die Worte, suchte in den Schubladen des Sprachzentrums nach geeigneten Worten für eine intelligente Erwiderung.

Es dauerte einige Zeit länger, bevor es sie fand und dem motorischen Zentrum signalisierte, dass es nun Zeit war, den Mikrofonschalter des Kehlkopfmikrofons zu betätigen. Dass die Anlage bereits nicht mehr funktionierte, ging ihm erst später auf.

Der Captain brauchte noch drei Anläufe, bis sein benebelter Kopf ein paar zusammenhängende Worte zuließ. »Wir machen das Licht aus und tun so, als wenn wir nicht da wären.«

 

***

 

Heftiges Sturmwaffenfeuer fraß sich in die Außenmauern des Generatorgebäudes, als Sergeant Trad das Handgerät der Funkanlage senkte, über die er in den letzten Momenten 0072 Azrael zu kontaktieren versucht hatte.

Sein verdrecktes Gesicht, zerschunden und verschwitzt von den Stunden ermüdender Kämpfe, verdüsterte sich mit derselben Geschwindigkeit, mit der die Nebelwerfer Raketen und Granaten in die vorrückenden Reihen des Gegners bliesen.

Ihm fehlte lediglich das dunkelrote Glühen der heißgeschossenen Batterierohre.

»Leff!«, bellte er einem der Untergebenen zu, der mit den meisten der anderen Infanteristen seines Trupps die Fenster des Hilfsgeneratorraums verteidigte und anstürmenden Gegner mit Lasergewehrfeuer eindeckte.

Der Angesprochene rutschte zur Seite, um einem anderen Soldaten Platz zu machen und lehnte sich gegen die Wand, welche seit geraumer Zeit dem feindlichen Beschuss standhielt.

Blick des Basteters huschte zu seinem Vorgesetzten, quittierte den Ruf in stummer Eile.

»Status?«, wollte der Truppführer wissen.

»Der Feind hat uns umgangen«, berichtete der Infanterist und deutete mit der ausgestreckten Hand begleitend in die entsprechenden Himmelsrichtungen. »Hauptangriffsrichtung ist die Nord-Süd, Süd-Ost-Achse. Zudem kommen leichtere Kräfte aus dem Westen. Unsere Panzerunterstützung nahe der Kreuzung westlich von uns wurde vernichtet. Wir sind abgeschnitten.«

Dumpfes Brüllen klang zu ihnen hinauf, begleitet von der grellen Kulisse des heftigen Raketenbombardements, mit dem sich die Verteidiger des Ansturms erwehrten.

Das Generatorgebäude erbebte. Putz sprang von den Wänden und der Decke. Staub tanzte in dünnen Schwaden durch die Luft, rieselte zu Boden und setzte sich auf den zerrissenen Uniformen der Männer fest.

Trad wünschte, er hätte derartig viel Feuerkraft besessen.

»0072 Azrael, 0072 Azrael, hier 5121104«, sprach er in das Funkgerät. »Wir sind eingeschlossen. Kein Entkommen möglich.«

Keine Antwort. Lediglich atmosphärisches Knirschen tönte aus den Lautsprechern am Funktornister, untermalte aufgeregte Gefechtsmeldungen mit eigenwillig verfremdender Dramatik.

In der Ferne erklang das dumpfe Donnern eines Schweren Bolters.

Die Augen seines Funkers huschten kurz in seine Richtung und Trad glaubte, ein unsicheres Flackern in seinem Blick zu erkennen. Gewiss war er sich da nicht, denn die Miene des Mannes war unter verkrustetem Dreck verborgen, sodass eine genaue Deutung der Gefühle seines Untergebenen nicht möglich war.

»0072 Azrael, 0072 Azrael, hier 5121104«, wiederholte er. Dann ließ er die Sprechtaste los. Konnte es sein, dass die Kommandozentrale vernichtet worden war? Ein Artillerietreffer? Eigentlich war dies unmöglich, denn wie der Großteil des von Menschen gehaltenen Bereichs befand sich auch die Kommandozentrale unter den knisternden Energien des Schutzschilds. Ein Angriff der Grünhäute? Einen plötzlichen Einfall der Grünhäute in einen von Ekkos vorgeschobenen Kommandoposten hatte es zuvor bereits gegeben. Lediglich dem entschiedenen Einsatz der zu dem Zeitpunkt in der Reserve befindlichen Einheiten war es zu verdanken gewesen, dass der Colonel und zumindest ein Teil seines Stabes den Angriff überlebt hatten.

Nicht auszudenken, was bei einem erfolgreichen Schlag gegen Ekko geschehen wäre.

Aber konnte wirklich sein, dass die Orks inmitten der Kathedralenstadt auftauchten †“ jenem Ort, an dem sich die größte Ballung ziviler und militärischer Elemente des Imperiums auf diesem Planeten befand und ungebremst durch die Kathedrale in den Turm hinaufstürmten? Würde man es soweit kommen lassen?

Natürlich: möglich war alles. Wer wusste schon, in welcher Verfassung sich das Zentrum ihrer Verteidigung befand? Dennoch konnte †“ und wollte sich Trad nicht ausmalen, dass der Feind sich ungestört am Leib aus Stein, Metall und dämpfendem Fleisch vorbei in Herz und Kopf dessen gebohrt hatte, was ihnen eigentlich den Halt gab.

Aber welchen anderen Grund mochte es sonst geben, aus dem  er keine Antwort für seine wirklich dringende Kontaktaufnahme erhielt?

Es war wie verhext. Total verhext.

»5121104 ruft alle 512 im dritten Ring. Erbitte eine Kommunikationsbrücke zu 0072 Azrael

Dieses Mal ließ die Antwort nicht lange auf sich warten.

Atmosphärisches Knacken, begleitet von sich entfernt überlagernden Funksprüchen, wich dem elektrisch dumpfen Grummeln eines auf seiner Frequenz abgegebenen Rufs. »Hier ist 5120100 †“ Balgor. Wie ist Ihre Lage, Sergeant

»Captain«, erwiderte der Sergeant, froh endlich irgendeinen höherrangigen Offizier zu fassen gekriegt zu haben. »Wir sind abgeschnitten. Ich denke nicht, dass wir uns noch lange halten können. Ich versuche Colonel Ekko zu erreichen, um die Sprengung des Hilfsgenerators zu initiieren, damit mein Zug den Ausbruch wagen kann.«

»Ich verstehe«, ertönte die Antwort einige Zeit später. »Es wird schwierig, einen Entsatz zusammenzustellen, aber wir werden versuchen, Sie irgendwie in Sicherheit zu bringen.«

»Danke, Sir«, erwiderte der Sergeant, nicht ahnend, dass sich eine unterschwellige Bitte in dem Versprechen verbarg, seinem Gegenüber kein utopisches Ehrenwort abzuverlangen.

Auf der anderen Seite wurde tief eingeatmet. »Sind Sie bereit, auf meinen Befehl die Zündung einzuleiten?«

»Ja, Sir. Wir sind bereit.«

»Gut. Sollte es für Sie unhaltbar werden, dann melden Sie diese Information sofort weiter. Hiermit ermächtige ich Sie, die Sprengung zu initiieren, sobald sie gezwungen sind, Ihre Stellung aufzugeben. Diese Information wird sobald möglich an Colonel Ekko weitergeleitet. Balgor, Ende

Das Gespräch war beendet. Zögernd nahm Trad das Handgerät vom Ohr, dann reichte er es an Soldat Wenda zurück.

»Und?«, fragte der Funker, als er den Sprecher in Empfang nahm.

Der Sergeant warf ihm einen kurzen Blick zu. »Wir warten auf den Befehl.«

Unvermittelt setzte heftiges Schießen ein. Es war weder das dumpf knatternde Sturmwaffenfeuer, das wie ein mittlerer Regenschauer gegen die Fassaden prasselte, noch das heiße Rauschen der Lasergewehrsalven, mit denen die imperialen Verteidiger auf den Beschuss antworteten.

Nein. Es waren die Schwingungen eines scheppernden Dröhnens. Ein unheimliches Vibrieren, getragen durch die bösen Geister eines schweren Feuergefechts aus den Tiefen einer längst verwaisten Fabrikhalle.

»Feindkontakt!«, gellte ein ferner Ruf durch das Gemäuer. Kurz darauf geriet der Funktornister auf Wendas Rücken in Aufregung. »Hier dritter Trupp! Wir werden angegriffen! Sie sind überall!« Ein wütendes Fauchen erklang, dann brach die Aufnahme ab.

Wenda und Leff tauschten einen kurzen Blick mit Trad, dann fuhr der Sergeant herum. »Schwerer Bolter!«

Zwei Soldaten, die große Maschinenwaffe und zwei Gurtkästen voller Munition in den Händen, lösten sich aus dem Pulk der verteidigenden Soldaten, rutschten mehr, als dass sie gingen, an die Trads Seite.

»Positioniert euch im Flur an der Tür. Blast alles weg, was die Treppe hochkommt«, befahl der Truppführer.

Die Männer nickten und machten sich auf den Weg vor den Kontrollraum, wo sie damit begannen, die Waffe in routinierter Geschwindigkeit aufzubauen.

Trand griff derweil nach dem Auslöser, mit dessen Hilfe sie den Generator notsprengen würden, damit das Energiefeld der Kathedrale in den dritten und letzten Verteidigungsring zurückgezogen werden konnte.

Vorsorglich hatten sie die Drähte und den Zünder bisher nicht miteinander verbunden. Wer konnte schon wissen, ob die Maschinengeister plötzlich verrücktspielten und sie mit einem gewaltigen Schlag vorzeitig ins Elysium des Imperators geprügelt wurden.

Jetzt allerdings mussten sie schnell handeln.

Ruhig Blut, dachte er sich. Du hast alle Zeit der Welt.

Natürlich stimmte das nicht. Das wusste er. Aber wenn er es jetzt fertigbrachte, sich selbst nervös zu machen, dann war ein Fehler fast schon vorprogrammiert.

Eilig drehte er die Drähte um die dafür vorgesehenen Kontakte.

»Feindkontakt! Geradeaus, fü†™m†™un†™zwanzig!«, gellte die Stimme des Bolterschützen. Einen Augenblick später trommelte seine Waffe los, spie mächtige Patronenhülsen in Gang und Raum, wo sie, metallen klirrend, über den Boden rollten. Lange Feuerstöße leckten aus Trads Sichtbereich, verbrannten das vor dem Bolter liegende Gebiet.

Das lärmende Donnern der Waffe erschütterte die umliegenden Wände, ließ Putz und Staub vom Gemäuer platzen, um sie wie eine große, sandige Wolke in den Raum zu stellen.

Trad griff nach dem Sprechgerät des Funkers, brüllte einen letzten, verzweifelten Spruch hinein: »Hier 5121104! Generatorgebäude wird gestürmt! Ich wiederhole: Generatorgebäude wird gestürmt! Wir können nicht warten! Wir sprengen jetzt

Er ließ den Apparat fallen und wandte sich um, bereits nach dem Elektrozünder greifend.

Noch in der Bewegung sah er, wie der Körper des Bolterschützen aufplatzte wie eine zu heiß gebratene Wurst. Innereien und Blut spritzten über die hinter ihm liegende Wand, während sich der Ladeschütze entsetzt zur Seite warf. »Um des Imperators Willen!«

Die ganze Szene nahm nur wenige Augenblicke in Anspruch, doch für Sergeant Trad und seine Männer blieb die Welt in diesen Augenblicken stehen.

»Es sind zu viele!«, schrie ihnen der im Flur befindliche Soldat noch zu, bevor auch er sich in einer Fontäne aus Blut und zerrissenen Organen auflöste.

Dann waren die Orks bereits heran. Brüllend und fauchend brach eine Horde grünhäutiger Bestien durch den Eingang, sichtlich unbeeindruckt von der Kaltherzigkeit, mit der der Imperator seine Untergebenen verlassen hatte. Mit der Zielstrebigkeit einer Gruppe Boden-Luft-Flugkörper stürzten sie sich auf die Überlebenden, die nun plötzlich gegen Feinde in ihrem Rücken kämpfen mussten.

In den weit aufgerissenen Augen, den entsetzten Blicken und Mienen seiner Soldaten, unfähig, sich zu wehren und somit zu Zuschauern ihres eigenen Untergangs degradiert, entdeckte der Unteroffizier das Wissen, dass ihre Leben verwirkt waren. Sie konnten ihrem Vorgesetzten lediglich ein paar letzte, entscheidende Sekunden verschaffen, damit er den letzten Auftrage, den finalen Dienst, erfüllte.

Und er würde ihr Opfer nicht vergebens sein lassen.

»Ich befehle meinen Geist in deine Hände«, sprach er einen kurzen Vers einer bekannten imperialen Litanei, während sich die noch lebenden Infanteristen mit ihren Lasergewehren und Kampfmessern auf den Gegner stürzten, dann betätigte er den Auslöser.

 

***

 

Gut einen Kilometer über diesem Massaker grassierte eine vollkommen andere Form von Wahnsinn.

Dort hielt eine einzelne Laserpistole die Welt in Atem.

Ekko lächelte freundlich. »Sie können mich nicht töten, Major.«

»Oh doch, ich kann! Dieses Mal sind Sie eindeutig zu weit gegangen.« Metallenes Klicken erklang, als der Major den Sicherungshebel am Griffstück in die Feuerstellung drückte. Leise pfeifend lud die Waffe ihr Energielevel auf.

Der dunkelhaarige Basteter, der direkt in die Mündung †“ oder besser gesagt: die Augen dahinter †“ blickte, schien davon seltsam unberührt zu bleiben. »Ich bin bereits tausend Tode gestorben. Sie können mich höchstens erlösen.«

»Wo Sie hingehen, kann es keine Erlösung geben«, erwiderte der Major, dessen Miene den Eindruck erweckte, als würde er sich gleich in einen Werwolf mit blonder Mähne verwandeln.

»Sie können mich ja begleiten«, bot Ekko an, »und sich selbst davon überzeugen.«

Der blonde Basteter ging nicht auf die Herausforderung ein. »Sie haben die Moral dieses Regiments lange genug untergraben.«

»Es tut mir wirklich weh, das aus Ihrem Mund zu hören, Carrick.«

»Wir können dem sofort ein Ende machen«, unterbreitete der stellvertretende Regimentskommandeur jenen Vorschlag, den Ekko normalerweise nicht ablehnen konnte. »Schmerzen sind lediglich eine temporäre Erscheinung.«

»Was soll das, Carrick? Was erhoffen Sie sich davon? Groß, blond, blauäugig †“ da mach ich's wie Krood und werde Kasrkin? Der Preis ist einer kleiner Aufstand?« Blauäugig war nicht auf die Augenfarbe des Majors bezogen. »Sehen Sie ihn sich an: er hat gar keine Haare mehr. Und so wird es Ihnen auch ergehen!«

Vor dem Fenster strahlten die Farben der Magie. Fehlfarbene Fantasterei, die einen Menschen wahnsinnig werden lassen konnte †“ wenn er es nicht bereits schon war.

Gireth sah so plötzlich auf, als habe diese Erfahrung soeben gemacht und wolle sich seinen Vorgesetzten nun anschließen auf ihrer Reise in die geistige Umnachtung.

»Colonel?! Colonel Ekko!«, rief der Funker entsetzt. »Eine Meldung von Captain Balgor!«

Ohne den Blick voneinander zu lösen, antworteten die im stummen Duell begriffenen Stabsoffiziere gleichzeitig. »Was will er?«

»Die Orks sind in der Stadt.«

Ekko nickte anerkennend, wenn auch kaum merklich. »Ich freue mich, dass er diese Tatsache endlich erkannt hat.«

»Nein«, präzisierte der Funker. »In unserem Teil der Stadt.«

Das wiederrum ließ beide Offiziere die Stirn runzeln. »Wie haben sie denn das geschafft?«, wollte Carrick wissen.

»Es war wohl dieser Kommissar Reit. Er hat die Miliz zusammengerufen und versucht, aus den Stellungen auszubrechen.«

»Er hat was?«, fragten Colonel und Major ungläubig, die Blicke nach wie vor fest ineinander verkrallt.

»Ja, Sir«, bestätigte der Funker. »Offensichtlich hat er alle ihm verfügbaren Truppen zusammengerufen und einen Angriff gestartet, um die in der Stadt befindlichen Einheiten des Feindes zu eliminieren.«

Jetzt endlich lösten sich die beiden Duellanten voneinander. Carrick senkte die Waffe.

»Wer hat ihm denn Tür und Tor geöffnet?«, wollte Ekko wissen.

»So, wie es der Captain beschrieb, er sich selbst.«

»Bitte, was?«

»Er hat sich Retexer und dessen verbliebene Männer sowie Teile der Miliz und angeschlossene Truppenteile gegriffen, dann hat er das Tor öffnen lassen und ist rausgestürmt.«

»Sie meinen: überrannt worden«, korrigierte der Colonel die Beschreibung des Funkers.

Gireth nickte, sagte jedoch nichts und senkte den Kopf.

»Das ist ein Scherz«, brachte Carrick hervor.

»Vertrauen Sie mir«, brummelte der Colonel. »Das ist so bitterernst wie eine traurige Zitrone.«

Wie die Orks es geschafft hatten, so schnell über die verbliebenen Verteidigungsstellungen der Imperialen Armee hinwegzufegen, wurde nun klarer, auch wenn sich das Ausmaß ihres Angriffs längst nicht ermessen ließ.

Hätte Ekko noch einen Holoplot und die uneingeschränkte Unterstützung seiner Untergebenen besessen, er wäre wohl besser über das informiert worden, was sich weit unter ihnen zutrug. So aber sprachen lediglich die panischen Funksprüche und der tobende Schlachtenlärm zu ihm.

Die Frage, woher der Gegner dermaßen viele Truppen zusammenrotten konnte, dass er damit die Einheiten der imperialen Verteidiger regelrecht überrannte, blieb dennoch ein Rätsel. Aber stellte sie sich überhaupt?

Im Augenblick brauchten sie nicht wissen, woher der Gegner seine Einheiten organisierte, sondern nur, wie Ekkos Leute es schafften, diese wieder zu dezimieren.

Ihr Überleben zu sichern, war inzwischen schwierig genug geworden. Diese neue Entwicklung machte es nicht unbedingt leichter.

Die Funker, kreidebleich und zutiefst erschüttert †“ immerhin wurden sie gerade Ohrenzeuge bei etwas, vor dem jeder Televid-Horrorfilm in Ehrfurcht zurückgewichen wäre †“ nahmen wieder die zuvor zwangstechnisch bedingt pausierte Arbeit auf, versuchten, Ordnung in das zwischenzeitlich entstandene Chaos zu bringen.

»Meldung von Captain Retexer: Zug eingeschlossen! Keine Möglichkeit zum Ausbruch! Kämpfen bis zur letzten Ladung! Für der Imperator!«

»Meldung von Sergeant Senib: Captain Greij gefallen. Vier Trupps aufgerieben. Keine Munitionsreserven mehr.«

Der Tod schrieb in Kapitälchen. Zumindest konnte jemand auf den Gedanken kommen, wenn er den wilden, kaum verständlichen Meldungen lauschte, die den Untergang des letzten auf dieser Welt existierenden Regiments der imperialen Armee beschrien.

»Noch irgendetwas von Captain Balgor?« Schwerfällig ließ sich der Colonel gegen den Rand des Taktikplots sinken, verschränkte die Arme und betrachtete einen leeren Punkt, der langsam über den Fußboden kroch.

»Nein, Sir.«

Sein Blick schweifte zu Major Carrick, der ihn erwartungsvoll ansah.

Für eine Weile kreuzten sich ihre Blicke, tauschten wortlos jene Informationen aus, die auszusprechen niemand gewagt hätte, aber die jeder Tatsache geworden waren: es ging zu Ende.

»Wo kommen die denn her?«, verlange der Major die volle Wahrheit zu wissen. »Vielleicht aus den Katakomben?«

Ekko schüttelte den Kopf. »Nein †“ das heißt: nicht unbedingt.« Er zuckte die Achseln. »Wir haben lediglich nicht alle erwischt, Major.«

»Und wie viele sind jetzt unterwegs?«

»Mehr als genug.«

»Wussten Sie das?«, spie Carrick aus, indem er die Stirn runzelte. »Woher?«

»Es ging mir auch erst auf, als ich mich an ein Gespräch mit der alten Ekklesiarchin erinnerte, das wir vor einiger Zeit führten. Sie sagte mir, dass jemand kommen und mich erlösen wird.« Der Blick seiner braunen Augen richtete sich auf den Major, als er mit eindringlicher Stimme fortfuhr. »Und doch …«. Er atmete tief ein, um seine Überlegung zu Ende zu führen. In der Kommandozentrale war es abermals totenstill geworden. » … habe ich ihre Worte nicht verstanden. Bis mich eine Erinnerung aus meiner Kindheit einholte. Die Erlösung. Auch wenn es nicht die Erlösung ist, die ich mir wünsche, wurde mir klar, dass es nicht soweit ist. Der Imperator wäre nicht so fair zu mir.«

»Sie sind komplett wahnsinnig geworden«, erwiderte der blonde Basteter. »Vollkommen umnachtet.«

Ekko zuckte die Schultern. »Sind wir nicht alle ein bisschen Luna?«

Schließlich lächelte der Colonel abwesend, stieß sich vom Darstellungstisch der hololithischen Anzeige ab und richtete sich auf.

»Wir sprachen gerade von Moral und wer sie unterminiert«, wandte er sich an seinen Stellvertreter. »Wollen wir das Gespräch an dieser Stelle fortführen?«

Carrick öffnete den Mund zu einer Erwiderung, fand jedoch keine Worte, die diesen Irrsinn negiert hätten.

Also war es abermals Ekko, der die Nase rümpfte und mit in den Hosentaschen versenkten Händen zur nächsten Idee ansetzte. »Von hier oben lässt sich das nicht mehr regeln. Da müssen wir persönlich runter.« Er ließ einen Moment verstreichen, bevor er seinen Stellvertreter ansah. »Soll ich das erledigen? Oder wollen Sie rausgehen und die Katastrophe abwenden?«

Noch immer die Laserpistole in den Händen, aber nicht sicher, was er damit jetzt tun sollte, blieb Carrick unschlüssig stehen.

Eigentlich war er entschlossen, die Armee vom seiner Meinung nach größten Übel für den Moment zu befreien. Wenn der Fisch vom Kopf her stank, dann war es nötig, diesen abzuschneiden.

Aber die Situation hatte sich soeben geändert.

Die alleinige Verantwortung für den Zug der Überlebenden †“ oder besser gesagt: der noch Lebenden †“ zu übernehmen, das wollte der Major dann doch nicht. Er wusste genau, dass es ihm in der Folge genauso ergehen würde wie seine Vorgesetzten.

Und sich mit dem Wahnsinn, der den Colonel in jeder wachen Minute seines Lebens umwölkte, auseinanderzusetzen, dazu war Haestian Carrick nicht bereit. Zumindest noch nicht.

Nach einiger kurzen Weile senkte er die Waffe.

Ekko atmete tief ein. »Danke. Danach können Sie mich immer noch erschießen, wenn Sie denn möchten.«

Der blonde Major antwortete nicht.

Mit schnellen Schritten marschierte sein Vorgesetzter am Taktikplot vorbei zur Funkstation, wo die verzweifelten Funker nur noch damit beschäftigt waren, die sich anhäufenden Puzzlestücke zur Vernichtung ihrer Armee zusammenzutragen und daraus ein Bild zu formen, das es ihnen möglich machte zu verstehen, wie schlecht es eigentlich um sie stand.

Vollkommen unberührt trat der Colonel an ihre Seite. »Noch irgendeine Möglichkeit, mit den anderen Stellen von hier aus eine Verteidigung zu organisieren?«

»Nein, Sir«, erhielt er zur Antwort. »Überall herrscht totale Verwirrung. Ich glaube nicht, dass wir uns noch bei irgendjemanden Gehört verschaffen könnten.«

Ekko nickte.

»Wissen Sie noch, wie ich Ihnen sagte, wir würden nicht sterben?«, wandte er sich an seinen Regimentsfunker.

Gireth nickte, die Furcht vor dem Kommenden in den entsetzt geweiteten Augen.

»Ich sage das nicht gerne«, korrigierte sich der Colonel. »Aber ich könnte mich dieses Mal geirrt haben.«

Schließlich sah er auf. »Also gut. Geben Sie durch: ‚Regimentskommando nicht mehr einsatzfähig! Feuer frei für alle Einheiten! Nehmen Sie so viele mit, wie Sie können! Für Bastet! Für unsere Lieben! Für den Imperator!†˜. Danach sind Sie frei in Ihrer Bewegung, meine Herren. Möge die Heilige Bastet Sie begleiten!«

»Sie auch, Sir!«, erwiderten die Männer. Wer konnte, nahm Haltung an.

Die ersten Soldaten griffen bereits ihre Waffen und machten sich auf den Weg nach draußen.

Niemand sollte sagen, sie hätten nicht gekämpft.

Ekko wandte sich an seinen Stellvertreter. Ein mildes Lächeln adressierte den Mann. »Major Carrick, begleiten Sie mich? Ich würde mir gerne ansehen, was wir angerichtet haben.«

Der hochgewachsene Basteter zog seine Laserpistole und überprüfte den Ladezustand der Waffe. Dann ließ er sie zurück in das Holster gleiten. »Liebend gern, Colonel.«

Er hatte sowieso nichts Besseres mehr vor.

Als sie in die morgendliche Dämmerung hinaustraten, um das letzte Gefecht zu bestreiten, konnte Ekko nicht anders als sich über seine eigene, ganz und gar nicht wahnsinnige Dummheit zu ärgern. »Das Script gelesen … das Script gelesen«, brummte er entnervt. »Ich hätte das Script zu Ende lesen sollen.«

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Ich bin aus dem wunderschönen Nagano zurück, habe ein wenig Rundreise im Land der Samurai betrieben †“ und damit kommt es, das unweigerliche Ende.

 

Stemmen wir also das Ende dieses Werks. Kapitel 49!

 

Wie immer Dank an Nakago, der wieder einmal drüber gelesen hat.

 

 

49

 

Als Balgor von den wild in Binärsprache diskutierenden Maschinensehern im letzten Ring der Kathedrale abgesetzt wurde, hatten sich die Orks bereits durch den Großteil der Verteidigungsanlagen der Imperialen Armee gearbeitet.

Auf dem Weg war der kleinen Gruppe von Männern, die sich alle auf ein nicht näher zu definierendes Gefährt des Adeptus Mechanicus gedrängt hatten, die eine oder andere abgeschossene Chimäre begegnet, deren schwelende Rümpfe sich wie metallene Grabsteine gegen das langsam aufziehende Licht ausmaßen.

Doch während diese Opfer des Kampfes, drohende Zeichen des baldigen Untergangs, lediglich ein unheimliches Requiem darstellten, ein Zeugnis verlorener Gefechte, wurde die dahinter tobende Schlacht in all ihrer Grausamkeit bald darauf ersichtlich.

Heftiges Waffenfeuer umstrahlte den dritten Ring wie die Schläge zweier Boxer, die in einem eng umschlungenen Kampf miteinander rangen.

Irgendwo im noch immer hart umkämpften zweiten Ring flammte die an eine Schlachtschiffbreitseite erinnerte Feuerwand eines improvisierten Raketenwerfers auf, spie ungelenkte Geschosse in Richtung der angreifenden Horde.

Lange Rauchfahnen zogen in den morgendlichen Himmel davon, breiteten sich wie ein Grabtuch über die Toten. Mächtige Explosionen ließen die riesige Stadt erzittern.

Der Lärm war ohrenbetäubend.

Mit höchstmöglicher Geschwindigkeit lenkte der Fahrer des Mechanicus-Gefährts dieses die steile Straße hinauf, quälte den Maschinengeist bis nahe an die Überbeanspruchung und schaffte es schließlich, an einer aufgeschichteten Sandsackbarriere vorbei, das Tor zum dritten Ring zu erreichen.

Es war zerstört.

Wie, das sollte Balgor nicht mehr herausfinden und im Augenblick war es auch nicht wichtig. Wichtig war nur, dass dahinter die blanke Panik herrschte.

Menschen †“ eine schier unglaublich große Menge an imperialen Bürgern †“ seien sie nun in Uniform oder zivil unterwegs †“ drängte sich auf dem Vorplatz der Kathedrale, versuchte dem rapide näher rückenden Feind zu entkommen.

Kopflose Furcht trieb den unbändigen Lebenswillen in jedem vom ihnen, ließ die von mehr oder weniger gutem Hause anerzogene imperiale Standhaftigkeit wie Schmutz von einem Tuch wegwischen.

Menschen stürzten, wurden zwischen hunderten Füßen zertreten, zwischen drückenden Leibern zerquetscht, von umherirrenden Geschossenen und Granaten getroffen oder zerrissen.

Dazwischen ragten die Rümpfe schießender Panzerfahrzeuge auf, hämmerten auf den näherrückenden Feind ein wie auf unliebsames Getier, das man aus dem eigenen Garten zu vertreiben suchte.

Maschinengewehrfeuer betäubte die Ohren, übertönte das Schreien, Stöhnen und Jammern, während Multilaserkanonen die Luft mit dem für sie typischen, ozonartigen Geruch schwängerten.

Und über all dem starb der energetische Schutzschild einen langsamen Tod, zeichnete das Zurückweichen der menschlichen Enklave auf Agos Virgil mit schrecklicher Präzision nach.

Jeder, der schon einmal in einer vom Feind belagerten Frontstadt versucht hatte, die einzige noch verteidigte Bootsanlegestelle am rettenden Fluss zu erreichen, wo sich Soldaten, Verletzte und Zivilisten drängten, entweder mit der Verteidigung beschäftigt waren oder versuchten, jene Stadt zu verlassen, der konnte die Panik und das eilende Gedränge nachvollziehen, dem sich Balgor nun gegenüber sah.

Alternativ reichte auch der Ausflug an einen zur Stoßzeit belebten Schwebebahnbahnhof einer Makropole, um ein Gefühl für die Aufregung und das Gedränge von abertausenden zu erhalten, die sich bemühten diesen einen Zug zu kriegen, da das Hinweisschild darauf hinwies, dass der nächste erst in fünf Minuten eintraf.

Eine Erfahrung übrigens, zu der nicht jeder Makropol-Reiseführer rät.

Andere Menschen hingegen strömten als dichter, unorganisierter Mob dem Tor entgegen, von Gildenführern, Werksmeistern und Puffmüttern geführt, bewaffnet mit allem, wessen sie habhaft werden konnten und traten den Orks entgegen. Wer nichts mehr besaß, der gab eben auch noch sein Leben. Ein Volkssturm †“ wenn auch vollkommen sinnlos. Hätten sie sich lieber aus dem Weg des Militärs begeben.

In dem Moment, da das Fahrzeug durch das Tor rollte, prallte es fast postwendend in einen in eiliger Hast abgestellten LKW, wurde von dessen Seite abgelenkt und rutschte in eine Gruppe Flüchtender.

Sicher in dem Wissen, dass sie den gerade überfahrenen Seelen nicht mehr helfen konnten, lösten sich die Maschinenseher von ihrem Gefährt, trennten sich in heilloser Flucht und ließen die Verletzten und Sterbenden zurück.

Immerhin waren sie keine ausgebildeten imperialen Soldaten, und wo der imperiale Soldat von seiner Furcht vor den in seinem Rücken stehenden Truppen zeigte und lieber an der Front starb, wandten sich die Zivilisten ab, flohen, blind wie Tiere in die nächste Ecke, wo man sie zusammenpferchen und massakrieren oder andere, ganz schlimme Dinge mit ihnen anstellen konnte. Ganz so, wie es dem Feind beliebte.

Das Häuten bei lebendigem Leibe stellte dabei nur eine der möglichen Maßnahmen dar, allerdings wohl eine der humansten.

Balgor, von dem Aufprall betäubt, benötigte länger als die binär Kommunizierenden, um zu Sinnen zu kommen und über die niedergefahrenen Körper wie über Wolken aus dem schlichten Transportvehikel zu steigen.

Er griff nach dem an seiner Seite deponierten Lasergewehr, tastete verwirrt herum und musste schließlich feststellen, dass es durch den Aufprall aus dem Wagen geschleudert worden war.

Ihm blieb lediglich die Laserpistole, die in ihrem Holster an seinem Gürtel geduldig auf den Einsatz wartete.

Langsam, bald schon apathisch, griff er nach dem Verschluss des Holsters, das die Waffe vor dem Herausfallen schützte, öffnete es und zog die Laserpistole heraus. Dann stürzte er sich zwischen die Fliehenden.

Als würde er in einem von Stromschnellen durchzogenen Fluss fallen, riss ihn die Masse mit ungeheurer Wucht mit sich.

Ohne die Chance, sich wirklich zu orientieren, geschweige denn seinen Weg zu lenken, konnte der Captain nicht anders als sich durch die Menge panischer Gesichter zu kämpfen, so fremd und dennoch so nah wie es ihm zuvor wohl nie ein Menschen gewesen war.

Ungalant strauchelte er und schaffte es, seinen Sturz abzufangen, indem er jemand anderen zu Boden riss. Etwas schob ihn über die Gefallene †“ eine junge Hure, die den Regimentstross von Iglianus Armee begleitet hatte †“ hinweg, dann verschwand die gestürzte Frau unter den Füßen hunderter Nachfolgender. Ihr angstvolles Kreischen verhallte ungehört.

Übelkeit begehrte in Balgor auf, zwang ihn zu würgen und trieb ihm die Tränen in den Augen.

Den Griff der Pistole als Werkzeug nutzend, schlug er auf die um ihn befindlichen ein, kämpfte sich aus der Umklammerung etlicher Dutzend Körper frei und erreichte schließlich den Rand des Stroms, der ihn über den Kathedralenplatz bis nahe an das Lazarett getragen hatte, dessen Umfeld aus mächtigen Sandsackwällen bestand, aufgeschichtet in mehreren, Gruppen, verstärkt mit den Körpern der Gefallenen und bemannt von verletzten, aber dennoch kampfbereiten Soldaten.

In ihrer Mitte entdeckte Balgor einen alten Bekannten, der sich in all dem Chaos wie der Fels in der Brandung ausmaß.

»Solmaar«, grüßte der humpelnde Captain ohne Kommando. Wo seine eigene Truppe sich befand, hatte er seit dem Einbruch der Orks in den zweiten Ring nicht mehr herausfinden können.

Womöglich kämpfte sie irgendwo verstreut in einigen der wenigen verbliebenen Widerstandsnestern im zweiten Ring oder lag als Opfer der Schlacht bereits tot im Staub.

Er wusste es nicht. Und so sehr er sich auch um seine Männer sorgte, er konnte ihnen nicht helfen. Im Augenblick zumindest gab es keine Hoffnung für sie †“ jedoch für all diejenigen, die nach wie vor so etwas wie eine Organisation besaßen.

Sie brauchten lediglich eine gute Führung. Und auch, wenn Ekko in den letzten Tagen sehr rapide an innerer Stabilität eingebüßt hatte, so konnte Balgor nicht umhin zuzugeben, dass er ihre beste, ihre einzige Chance war, dies alles vielleicht doch zu überleben.

Als wenn er selbst daran geglaubt hätte.

»Balgor«, antwortete Solmaar und beugte sich über die Wehr, das in den Händen befindliche Lasergewehr auf einem aufgerissenen Leichnam abgelegt.

»Wo ist Ekko? Wir brauchen einen neuen Schlachtplan. Außerdem benötige ich einige Männer. Wir müssen es irgendwie schaffen, das Tor zum dritten Ring zu schließen.«

»Wissen Sie es noch nicht?«, wollte der auf trainierte Weise massige Captain erstaunt wissen. Seine Stimme, eigentlich weit tragend und von überraschender Klarheit, ging im tobenden Lärm des Untergangs zu Boden wie einer der niedergetretenen Zivilisten. »Sie haben vor kurzem das Regimentskommando aufgegeben. Wir sind ohne Führung.«

Die Worte unternahmen zwei Anläufe, bevor sie sich durch den arg in Mitleidenschaft gezogenen Denkapparat des dunkelhaarigen Basteters gearbeitet hatten und dort ein verständnisloses »Wie?« auslösten.

»Aufgrund der allgemeinen Paniksituation und des Zusammenbruchs der Kommunikationsdisziplin wurde das Regimentskommando als nicht mehr einsatzfähig erklärt«, brüllte Solmaar gegen das Getöse an.

Balgor nickte, als würde er sich mit jemandem vom anderen Ende des Planeten unterhalten und der Zeitverlust bei der Übertragung ließe die Worte erst Sekunden später bei ihm eintreffen. »Und wo ist Ekko?«, wollte er wissen.

»Ich habe keine Ahnung«, musste Solmaar zugeben. »Ich denke mal, er und die anderen werden sich den kämpfenden Truppen anschließen«, verlieh er seiner Hoffnung auf ein Wunder Ausdruck.

Wenn sich einer der führenden Offiziere inmitten der Truppen zeigte, würde es ihnen vielleicht den Ansporn geben,

In der Geschichte des Imperiums hatten bereits andere Leute mit Divisionen gekämpft, die gar nicht existierten. Zumeist mit mäßigem Erfolg. Aber was bedeutete das schon? Immerhin sprach man hier von Colonel Ekko. Wenn ihm keine Möglichkeit zur Lösung der Situation einfiel, dann konnte es keine geben.

Balgor hingegen kannte Ekko lange genug, um eine andere Vermutung zu hegen. »Wenn sie eine Leiche finden, drehen sie sie am besten nicht um«, hätte er am Liebesten gesagt. In Anbetracht der Hoffnung (die auch er sich zu einem kleinen Teil machte) tat er es jedoch nicht, sondern nickte stattdessen. »Das hoffen wir alle«, brachte er hervor, um wenigstens etwas gesagt zu haben.

Solmaar rümpfte grimmig die Nase, bereit, nicht nur seinem Colonel zu zeigen, aus welchem Holz er geschnitzt war, sondern auch dem Imperator zu beweisen, dass er sich seinen Platz in dessen Elysium teuer erkaufen würde.

»Und was machen Sie jetzt?«, bellte ihm Balgor entgegen.

»Ich habe nicht vor, diesen Dreckssäcken das Feld zu überlassen. Wir kämpfen bis zur letzten Patrone.«

Ganz allmählich kehrte auch Balgors Lebenswille zurück, stellte sich der Betäubung und angehenden Verzweiflung mit einer Armee aus flüssigem Adrenalin zurück, das jede Furcht und jeden Zweifel in einem Meer aus Entschiedenheit und Hass ertränkte. »Ich bin dabei. Leider gibt es niemanden mehr, den ich kommandieren könnte.« Auch im Kampf mussten bestimmte Prinzipien gewahrt bleiben.

Solmaar lächelte grimmig, als er seine Hand vom Handlauf des Lasergewehrs löste und seinem Gesprächspartner bedeutete, die ihm angewiesene Richtung einzuschlagen. »Ich habe weiter hinten eine Truppe, die von einem Veteranen geführt wird. Ich glaube, die würden sich sehr über einen Captain freuen.« Die Geste empfahl Balgor, sich zu einem anderen Verteidigungsfeld in Bewegung zu setzen, dessen Zentrum der Eingang zur Himmelskathedrale bildete, wo Soldaten damit beschäftigt waren, die Fliehenden wie Schafe in die relative Sicherheit des Ekklesiarchiepalastes zu leiten, die Kampffähigen auszusondern und in ihre Reihen zu integrieren.

Genug, um den dunkelhaarigen Führer des ersten Zugs zu überzeugen.

»Ich übernehme«, gab er lakonisch zurück, klopfte auf Solmaars Schulter und humpelte los.

»In Ordnung, Jungs!«, gellte die Stimme des anderen Captains in seinem Rücken. »Blast sie weg!«

Ein schwerer Bolter eröffnete das Feuer. Abermals ging ein Ruck durch die Gruppe der Überlebenden, die dem gewaltigen Leib der Kathedrale entgegenstrebten, als würde sie sich in das schützende Innere dieser Riesin wünschen, wo sie nicht nur Wärme, sondern auch der Schutz vor dem explorativen Bösen erwartete, das hier draußen seine Schergen wie Geier über der Furcht der Menschen kreisen ließ.

Für einen Augenblick lang überlegte Balgor, wie er es am besten vermied, sich abermals durch den Strom kämpfen zu müssen, denn er war sich nicht sicher, ob er es schaffen würde, sich erneut aus der mahlenden Masse zu befreien.

So schnell es sein malträtiertes Bein erlaubte, eilte er parallel zur nach Sicherheit strebenden Herde Überlebender auf die Flanke des ekklesiarchischen Baus zu.

Er sollte ihn nicht mehr erreichen. Zumindest nicht so, wie er es geplant hatte.

In seinem Augenwinkel eine Bewegung wahrnehmend, wirbelte er herum, und schaffte es gerade noch, einer nach ihm geschwungenen Nahkampfwaffe auszuweichen. Die Orks waren im letzten Ring.

Eine gewaltige Grünhaut spie ihm stinkenden, speichelhaltigen Atem ins Gesicht. »Oh, Scheiße.«

Weit über ihnen erstrahlte der Himmel wie bei einem Meteoritenschauer.

 

***

 

Wie einst in Selukreh, stürmten die Orks nun auch auf die Hauptspindel der Himmelskathedrale zu.

Spätestens jetzt wurde selbst den hartnäckigsten Verteidigern klar, dass sich die wenigen Widerstandsnester der imperialen Armee, der Miliz und das Lazarett nicht mehr lange würden halten können, geschweige denn, einander ihren Entsatz schicken konnten.

Doch das war auch nicht mehr länger wichtig. Es hatte sowieso keine Überlebenschance für sie gegeben.

Galardin Alberic Ekko lehnte sich gegen die Mauer des Beinhauses und beobachtete hilflos, wie die letzten Bastionen der Menschheit langsam, aber allmählich vor seinen Augen ausgerottet wurden.

Die Schlacht hatte sich bereits so dicht an die Himmelskathedrale heranbewegt, dass ihr Schwerpunkt unter den Rand des Dachplateaus, und somit aus dem Fokus seiner weit übermüdeten Augen, glitt.

So konnte er auch keine genaue Aussage über den Stand der Schlacht treffen. Aber war das überhaupt noch nötig?

Die Fakten standen geschrieben: Es ging zu Ende.

Allgemeine Panik grassierte unter den Adepten, Administraten und Zivilisten, die hinter den imperialen Truppen Deckung gesucht hatten.

Wer konnte, floh in die schwer verteidigte Bastion des Lazaretts, suchte Deckung hinter dem Altar der Heiligen im Hauptschiff der Himmelskathedrale oder floh die lange Wendeltreppe hinauf, die sich eng am natürlichen Hauptturm des Ekklesiarichiepalastes emporwand.

Wie man es drehte und wendete †“ schlussendlich war jeder Weg eine Sackgasse; jedes Rennen gegen die Zeit bereits verloren; und jeder Versuch, das Unvermeidliche hinauszuzögern nur ein Weg, sich selbst zu belügen.

Das grelle Donnern schnell expandierender Luft schepperte durch die von mannigfaltigem Waffenlärm beherrschte Umgebung der Himmelskathedrale. Ein Panzermotor röhrte auf.

Wenigstens schien einer der Jagdpanzer noch zu leben. Als wenn das einen Unterschied gemacht hätte.

Der Besatzung blieb auch nicht mehr, als ihre letzten Energiereserven auf willkürlich auftauchende Gegner zu verschwenden, danach die in ihrem Fahrzeug angebrachten Laserkarabiner zu nehmen und sich in das letzte Gefecht zu stürzen.

Vermutlich würde der Jagdpanzer das Einzige sein, was von ihnen übrig blieb.

Sie hatten es zumindest versucht. Würdig einer Erwähnung in den Lexicani des Imperiums. ‚Gefallen beim Versuch, Agos Virgil zu verteidigen! Es blieb beim Versuch! Häretiker!†˜

Ja, das wäre ein passendes Ende gewesen †“ zumindest für ihn.

Wobei er sich fragte, ob die kleine Kommandoeinheit um Krood und Gantis das Feuerwerk in der Steppe überlebt hatte.

Vielleicht würde es ihnen gelingen, dem Massaker zu entkommen. Aber was dann? Agos Virgil war eine tote Welt.

Hier zu leben †“ oder zumindest zu überleben †“ würde in den nächsten Jahren zumindest außerordentlich schwierig werden.

Und vier Mann, vielleicht weniger, mit einer beschädigten Walküre in dieser Einöde auf der Flucht vor den Orks? Das mochte eine gute Geschichte für ein Buch sein, aber keine, die man einem Menschen wünschte.

Auch wenn sie nicht seine Männer waren, sie waren dennoch seine Kameraden. Und als Basteter hätte er ihnen die Chance geben sollen, die er sich selbst stets verwehren würde: einen ehrlichen Tod im Dienste des Imperators.

»Wissen Sie, was mir fehlt, Carrick?«, merkte der Colonel an, als sei es nebensächlich.

»Sir?«

»Ein Flieger. Hier müsste eigentlich eine Walküre stehen, mit der ich mich auf das Schlachtfeld begeben und dort eine angemessene Verteidigung organisiere könnte.« Er wandte sich um. »Aber … hier steht keine Walküre.«

»Nein, Sir«, musste der Major zugeben.

»Wo steht sie dann?«

»Sie ist … kaputt.«

»Ja, das bin ich auch. Ich stehe trotzdem hier.« So viel also zu der Frage, wie er schnell aufs Schlachtfeld gelangen konnte. Der Fußweg kam nicht in Frage. Viel zu viele Feinde zwischen ihm und den verbliebenen Einheiten der Verteidigung. Zudem würde ihn die Strecke den Turm herab deutlich zu lange in Anspruch nehmen, als dass er damit noch eine einigermaßen effiziente Bewertung der Situation und Reaktionszeit hätte bewerkstelligen können.

Natürlich blieb ihm dann der Sprung in die Tiefe †“ ein Vorhaben, das im Angesicht zuvor gesammelter Erfahrungen bereits so gut wie ausgeschlossen werden konnte. Selbst, wenn er es schaffte, die Wasserspeier zu vermeiden, so blieb am Ende der sich dann wenig elliptisch entwickelnden Flugbahn die unabänderliche Tatsache eines sehr harten Erdbodens, auf dem sein Kopf wie eine überreife Wassermelone …

Im Grunde war die Idee gut †“ aber nicht, so lange es noch jemanden gab, der sich auf seine Führung verließ.

»Na ja«, zuckte der Colonel die Achseln. »Wenigstens können Sie es dann zu Ende bringen.« Ob er sich damit auf die Grünhäute bezog oder auf Carricks Vorhaben, ihm die Gnade des Imperators zu gewähren, blieb ungeklärt.

Eine Weile lang tanzten die Worte mit dem abseits des mächtigen Turms dröhnenden Crescendo der Schlacht, ließen sich von einer abartigen Aussagekraft über die Gemüter der Offiziere ziehen wie Geigenbögen. Es gab nichts, das die Männer dagegen hätten tun können.

»Colonel«, sprach Carrick den dunkelhaarigen Offizier neben sich schließlich an.

Ekko ließ ein brummiges Geräusch ertönen, das man gleichermaßen als ‚Ja, Major?†˜, wie auch als ‚Halten Sie die Klappe und lassen Sie mich in Ruhe†˜ deuten konnte.

Der hochgewachsene Basteter entschied sich für die erste Möglichkeit. »Ist es das nun wirklich gewesen?«

Der Colonel wandte ihm den Kopf zu, bedachte ihn mit einem langen Blick aus seinen dunklen Augen. »Was soll ich darauf antworten?«, fragte er rhetorisch und ließ die Worte in die warme Luft entweichen. Was hätte er auch weiter sagen sollen?

Eine Situation wie diese gehörte zu den hochgesteckten Zielen eines jeden imperialen Regiments: eingeschlossen vom Feind das größte Opfer zu bringen, das der Imperator von einem verlangen konnte.

In der Doktrin der imperialen Streitkräfte war es dieses endgültige Ziel, dieser ‚allerhöchsten†˜ Dienst, das schlussendlich von jedem Soldaten erwartet wurde.

Kampf bis aufs Messer. Bis zum letzten Magazin. Bis zur letzten Granate. Bis einer weinte.

Und für diesen Fall hatte Ekko auch die letzten sechs Atomwaffen in der Hinterhand gehalten. Die Orks mochten sich den Sieg teuer erkauft haben, aber Galardin Ekko war niemand, der sich seinem Feind jemals geschlagen gegeben hätte.

Der Zünder für die verbliebenen Sprengköpfe ruhte locker in seiner linken Hand, bereit, sie alle zum Imperator zu blasen. Beinahe schon in Gedanken verloren hatte er ihn aus der Brusttasche gezogen und wog ihn nun wie eine Münze, mit der er sich demnächst ein nicht gerade billiges Getränk kaufen wollte.

Und wie meistens schien er sich dieser Wirkung auf den Betrachter gar nicht wirklich bewusst zu sein.

»Wissen Sie, was mir Calgrow erzählt hat?«, begann er ein zwangloses Gespräch mit seinem Stellvertreter, was diesen vollkommen aus der Bahn warf. Drei oder vier Mal öffnete und schloss der Major seinen Mund, was den Colonel an einen Fisch auf dem Trockenen erinnerte. Einen zweibeinigen Fisch.

»Als Krood die Orks in den Katakomben in die Luft jagte, sagte er: ‚Komm gut heim, Xeno†˜.«

Carrick überlegte für eine Weile. Schließlich nickte er zustimmend. »Passend«, bemerkte er.

Die beiden Männer lachten auf.

»Die Männer haben sich gut gehalten«, lobte der stellvertretende Regimentskommandeur seine Untergebenen, nicht ohne ein wenig dieses Stolzes für sich zu behalten. Immerhin war er derjenige gewesen, der die Männer seit ihrer letzten, verlustreichen Schlacht geführt und bis zur Auffrischung mit neuen Verbänden kommandiert hatte. Bis zu dem Punkt, an dem er ein noch gut bataillonsgroßes Regiment an seinen Nachfolger und neuen Vorgesetzten Galard Ekko übergeben hatte.

»Ja«, bestätigte Ekko. »Wirklich eine verrückte kleine Truppe, die Sie mir angedreht haben, Major.«

Carrick sah ihn an. In seiner Miene standen Verwirrung und Überraschung wie ein einzelner Satz, der unausgesprochen in die von Qualm und Rauch geschwängerte Luft entwich: ‚Ich bin überrascht, dass gerade Sie das sagen, Sir†˜.

»Denken Sie, dass diese Schlacht irgendwann in irgendeiner Chronik erwähnt wird?«, erkundigte sich der blonde Basteter stattdessen.

Ekko runzelte die Stirn. »Nein. Nur ein einsamer Vollidiot würde sich mit einem so unbedeutenden Gefecht wie diesem beschäftigen. Es gibt wichtigere Geschichten zu erzählen. Und auch, wenn Sie das nicht gerne hören, bin ich dankbar dafür.«

»Sie haben Recht, Sir. Das höre ich wirklich nicht gerne«, erwiderte Carrick mit merkwürdig desillusionierter Stimme, die ganz und gar nicht zu seinem sonst so akkuraten und militärischen Wesen passte.

Ein kurzer Moment der Stille kehrte ein, gefüllt vom Donnern und Grummeln der weit unter ihnen tobenden Schlacht.

Es war der Major, der sich dazu durchrang, als erster nach dem Strohhalm der letzten Worte zu greifen. »Aber man kann nicht behaupten, dass es die Sache nicht wert gewesen ist.«

»Klar kann man«, erwiderte Ekko, was den verdutzten und ein wenig missgünstigen Blick des anderen erneut auf ihn zog, »aber das heißt nicht, dass es keinen Spaß gemacht hätte.«

Er wandte sich um. »Wollen Sie noch schießen?«

Der Major rümpfte die Nase. »Hätte das einen Sinn?«

Die Laserpistole verblieb ungenutzt im Holster.

»Ich freue mich, das zu hören. Wäre es anders gewesen, hätte ich Sie nach all dem hier ersetzt.« Ekko lächelte melancholisch. »Es tut mir nur leid um die Männer, die für diesen Blödsinn mit ihrem Leben bezahlen.«

Das Brüllen der anstürmenden Grünhäute hallte durch den Wendelgang, der sich die Felsnadel gleich einer Kletterpflanze hinaufwand. Nun, nachdem sie die Schlacht beinahe verloren hatten, brachten sie es doch noch zu Ende.

Ein wütend geschriener Befehl antwortete. Kurz darauf trommelte ein Schwerer Bolter los. Noch waren die Imperialen nicht ganz besiegt. Und so lange noch ein Fünkchen Widerstand in ihren Reihen existierte, würden sie ihre Seelen teuer verkaufen.

»Aber, Sir«, erinnerte Carrick seinen Vorgesetzten. »Ist nicht das unsere Aufgabe? Das Einzige, was wir dem Gott-Imperator geben können †“ unser Leben?«

Der Colonel wandte seinen Kopf schwerfällig in Richtung des Majors. Er konnte nicht verhindern, dass er abfällig auflachen musste. »Glauben Sie das wirklich?«, wollte er wissen. »Der ‚wahre†˜ Dienst, den wir zu leisten haben?«

Carrick überlegte eine Weile, bevor er bedächtig den Kopf schüttelte. »Wenn man lange genug unter Ihnen dient, beginnt man daran zu zweifeln.«

»Wie wahr, wie wahr«, seufzte der Regimentskommandeur und lehnte sich wieder zurück.

Mörsergranaten jaulten träge über sie hinweg, vom Gasdruck ihrer Treibladungen mit relativ niedriger Geschwindigkeit in einem äußerst steilen Winkel in die Luft getrieben und nun dem Ringen von Schwerkraft und Bewegungsenergie ausgeliefert. Unfähig, ihre Fluglage selbst zu stabilisieren und lediglich durch kleine Stummelflügel einigermaßen auf Kurs gehalten, blieb ihnen nichts anderes übrig als der Dinge zu harren und auf das lenkende Wirken ihrer Götter zu vertrauen.

Ekko sah ihnen nach, auch wenn die Geschosse wegen ihrer immer noch erstaunlich hohen Geschwindigkeit optisch nicht zu verfolgen waren und nur der klagende Klang ihres Fluges eine ungefähre Positionsbestimmung zuließ.

Es war nicht schwer, ihre Resignation nachzuvollziehen. Wie der Menschen besaßen sie nur ein Ziel. Sie existierten, um irgendwann zu vergehen.

Und wie jedem Menschen stand es ihnen lediglich offen, in einem strahlenden Licht oder als Blindgänger zu enden.

Allerdings unterschieden sie sich von den Humanoiden dadurch, dass es in ihren Reihen deutlich mehr strahlende Lichter als Blindgänger gab. Hier lang der Knackpunkt †“ denn im Gegensatz zu den meisten Menschen gefiel es einer Mörsergranate deutlich besser, wenn sie nach einer langen, hochaufgerichteten Flugbahn irgendwann auf den Boden knallte und später mit Kopfschmerzen erwachte, anstatt unvermittelt zu explodieren.

Weit darüber schleppte sich der unwirksam gewordene Schutzschild einem qualvollen Ende entgegen.

Der Anblick, wenn auch als finaler Federstrich unter ihrem eigenen Todesurteil, hatte etwas Faszinierendes. Wie Wasser von einem starken Magnetfeld abgelenkt, floss die energetische Barriere in den Himmel davon, nicht mehr länger von den regulierenden Generatoren und Schildkonvertern in Form gehalten.

Die unkontrollierte Energiemenge, die so in alle Richtungen davonströmte, ließ die Zähne in Ekkos Mund vibrieren und knisterte wie zerknülltes Zeitungspapier durch seinen Kopf.

Einige Zeit lang saßen Ekko und Carrick lediglich da und verfolgten, wie die wild umherschlagenden Tentakel der Energiebarriere nach dem regulierenden Halt eines Transformatorennetzes suchten.

Das Schauspiel dauerte eine halbe Ewigkeit, dann jedoch kapitulierte der Hauptgenerator vor den Energien, die er selbst freigesetzt hatte. Ohne die Möglichkeit, die von ihm erzeugte Kraft irgendwohin abzuleiten, ging der Maschinengeist einfach ein und starb.

Die langen, ausgestreckten Tentakel brachen geräuschlos in sich zusammen. Urplötzlich hörten Vibrieren und Knistern gleichermaßen auf.

»Hat sich gerade unser Schutzschild aufgelöst?«, fragte der Major mit jener fassungslosen Stimme, mit der man ein Erlebnis anschneidet, das gerade passiert ist, aber doch nicht wahr sein kann.

Unter ihnen intensivierte sich das Feuergefecht.

Der fehlgeleitete Schall wütender Schreie, gebellter Befehle und ohrenbetäubenden Brüllens eilte die Fassade der Kathedrale hinauf, um dort über dem Rand der Dachplattform zu balancieren. Und anders als Colonel Ekko blieb er dabei auch nicht an einem der Wasserspeier hängen.

Glühende Kaskaden aus energiereichem Laserfeuer strahlten in die kalte Morgenluft hinaus, begegneten flach über das Schlachtfeld hinwegzischender Leuchtspurmunition in einem wirren Lichterspiel.

Handgranaten explodierten mit trockenem Krachen, bellten die immer wieder einschlagenden Artilleriegeschosse mit unerschütterlichem Mut an.

Aber es gab nichts, das sie für die Reste der imperialen Streitmacht noch hätten tun können.

Die Himmelskathedrale erschauderte, von der dargebotenen Gewalt zutiefst erschüttert.

Carrick atmete tief durch. »Zeigen wir ihnen, wo die Goldenen Totenköpfe wachsen«, schlug er vor und meinte damit eine der höchsten Auszeichnungen, die von der Imperialen Armee vergeben wurden †“ natürlich immer posthum.

»Ein strahlendes Leuchtfeuer †“ einsam in der Dunkelheit des Alls.« Ekko seufzte melancholisch. »Am Ende verglüht es doch.«

Er hob den Auslöser und schnippte die Schutzkappe vom Detonationsknopf.

Das Vorfeld der Kathedrale ging in Flammen auf. Lange Lanzen aus hellorangem Feuer sprangen in die Reihen der Orks, fraßen Grünhäute und Material gleichermaßen begierig.

Scheppernder Überschalldonner ließ den massiven Turm in seinen Grundfesten erbeben.

Eine zweite Feuerwand stürzte sich in den äußersten Ring der Kathedrale, das brennende Schwert einer Heiligen, die für die erlittenen Opfer grausame Rache nahm.

Über ihnen kreischten die Todesengel des Imperators. Ekko und Carrick warfen sich zu Boden, als das schrille Heulen naher Turbojettriebwerke über sie hinwegkrachte. Vultures stürzten sich wutentbrannt auf die lichterloh entzündeten Viertel der Kathedralenstadt, begleitet vom keuchenden Husten ihrer lodernden Raketenpods und dem donnernden Knattern ihrer Maschinenwaffen. Heißes Zischen und Knistern nahm überhand, ein Stakkato hunderter Raketen, Laserstrahlen und Boltgeschosse, die gnadenlos auf den Gegner niederhagelten.

Es schien, als hätte der Gott-Imperator alle seine verfügbaren Kräfte gesammelt, um den Xeno-Abschaum mit einem Schnippen seiner Finger aus dem Universum zu tilgen.

Und er war noch lange nicht fertig.

 

***

 

Captain Balgor prallte von einer gewaltigen Mauer ab, die ihm mit Wut vor den Brustpanzer seiner Armaplast-Weste geschlagen hatte. »Herr auf dem …!«, konnte er noch ausrufen, dann krachte er in die steinerne Außenwand der Himmelskathedrale. Schmerzen explodierten vor seinen Augen.

Durch die wirkenden Kräfte all seiner Atemluft beraubt, konnte er nichts anderes mehr tun, als verzweifelt um Atem zu ringen, während sein Körper von der Gravitation zu Boden gezogen wurde.

Mit dem dumpfen Geräusch eines weichen Körpers fiel er auf den sandigen Erdboden, ohne dass er die Chance gehabt hätte, den Sturz abzufangen.

Ein ermattetes Stöhnen presste sich aus seinen Lungen.

Staub wirbelte auf, sprang dem Captain sofort in Nase und Mund, arbeitete sich Speise- und Luftröhre gleichermaßen hinab.

Er fühlte sich, als würden sämtliche Lebensgeister seinen Körper verlassen, durch den großflächigen Kontakt mit dem Boden von ihm abgeleitet wie ein Blitz von einem faradayschen Käfig.

Langsam, von der Zeitlupe der Reglosigkeit beschränkt, rollte sich der imperiale Offizier auf die Seite und bemühte sich, wieder auf die Beine zu kommen.

Der fleischige Berg des Orkkörpers stampfte grunzend auf ihn zu, eine schwere Nahkampfwaffe in den Händen. Was genau das klobige, unförmige Ding war, das sich über seinen Kopf erhob, konnte er nicht erkennen, doch die Trophäen und das noch frische Blut, in dem der Körper der Waffe erst vor Kurzem gebadet zu haben schien, ließen den Schluss zu, dass es sich reger Benutzung erfreute.

Und das Wissen, als nächster Bekanntschaft mit der wenig freundlich aussehenden Apparatur zu machen, machte Balgor auch nicht unbedingt glücklicher.

Es war kein guter Tag zum Sterben.

Gerade, als er es geschafft hatte, sich dem Gegner wieder zuzuwenden, setzte der Ork zum Todesschlag an … und explodierte. Ein fleischfarbener Eimer voller Orkblut, dessen Inhalt nun über den Captain spritzte.

Triumphierendes Singen schwoll an, umhüllte den Vorhof der Kathedrale mit einer Decke aus Schall. Schwerer Atem rasselte durch die Luft, die Folge eines irren Gelächters. Finger trommelten stakkatoartig gegen das Mauerwerk.

Balgor ließ die Geräuschkulisse gewähren und lauschte ihr für eine Weile, bis ihm aufging, dass sein vollkommen erschöpfter Geist ihm einen Streich spielte.

Langsam sah er auf.

Der eherne Rumpf eines imperialen Sturmtransporters fauchte ihn an, blies ihm Dreck und Staub ins Gesicht.

Heiße Triebwerksabgase umstrichen den Captain, betäubten seine Sinne mit dem glühenden Lohen ihrer Flammen.

Bolterfeuer brach durch die geöffneten Seitentüren, zerriss den gegnerischen Ansturm in einem Strom heißen Metalls.

Mit einem dumpfen Rumpeln, das eher an das Geräusch eines einschlagenden Blindgängers erinnerte, setzte die gut dreizehn Tonnen schwere Maschine auf.

Eine wild aussehende Gruppe imperialer Soldaten sprang aus dem Fahrzeug, muskelbepackte Hünen mit Hochenergielasergewehren, Boltern und Flammenwerfern. Eher den Eindruck einer zufällig zusammengewürfelten Gruppe aus Unterstadt-Söldnern verbreitend, gingen die Männer sofort auf die vollkommen überrumpelten Orks los.

Wildes Geschrei, gebrüllte Befehle und Meldungen sprangen die Xenos an und machten sie nieder, während die Infanterietruppe vorwärtsstürmte.

Fast wollte es einem vorkommen, als wenn die Männer den Grünhäuten die Hälse eher durchbissen, denn durchlöcherten.

Hinter ihnen erhob sich die Walküre wild kreischend zurück in die Luft, räumte den Platz für den nächsten herandonnernden Sturmtransporter.

Heißer Steppensand wirbelte auf, legte sich als grober Schleier über den Captain und nahm ihm die Luft zum Atmen.

Balgor spürte seine Lungen nach Sauerstoff lechzen, aber in der Agonie, die seinen Geist umfing, schaffte er es nicht einmal, verzweifelt um Luft zu ringen.

Apathisch nahm er seine Lage hin, ließ das letzte bisschen Oxygenium aus seinem Körper entweichen und erwartete den langsam heraufdämmernden Nebel der Bewusstlosigkeit.

Ein mächtiger Schatten zog über ihn hinweg, senkte sich als in unauffälligen Tarnfarben gemusterter Angriffstransporter des STK Vendetta auf die Stelle, an der zuvor die Walküre Infanteristen ausgespien hatte.

Mit dem Geräusch von einer halben Million aufgezogener Reißverschlüssen öffneten sich die Seitentüren, entließen weitere imperiale Soldaten in die vom Staub beherrschte Luft.

Wild geschriene Befehle, teilweise in fremden, nicht-gotischen Sprachen ausgestoßen, hallten über das Gefechtsfeld, vermischten sich mit dem Siegesgebrüll der Männer und dem mannigfaltigen Waffenfeuer, das das eintönig-prävalente Tackern der orkischen Sturmwaffen allmählich zurückdrängte.

Glühend heiße Triebwerksabgase bliesen in Balgors Richtung, wehten den Körper des Captains einfach um. Der Gestank von unsauber verbranntem Promethium biss ihm in die Nase.

Überrascht stellte er fest, dass er wieder atmen konnte, auch wenn sein Körper sich wie eine Fußpumpe anfühlte, die gerade von einem besonders großen Stiefel bedient wurde und sich bei jedem Atemzug zusammenkrümmte.

Einige Zeit lang beschäftigte er sich damit, stockend Luft in seinen malträtierten Leib zu befördern, um wenigstens einen kleinen Teil seiner Kraft zurückzuerlangen, bevor es ihm gelang, sich an der zertrümmerten Mauer soweit in die Höhe zu schieben, dass er wieder sitzen konnte.

Ein wuchtiger Schemen baute sich in seinem Gesichtsfeld auf, verdeckte den blauen Himmel mit den unheimlichen, diffusen Konturen eines nicht näher definierbaren Schleiers aus Bewegungen und beißenden Gerüchen.

Balgors Augen tränten, hauptsächlich aufgrund seiner Anstrengungen beim Atmen, und so dauerte es eine Weile, bis er den Schatten näher identifizieren konnte.

Aber es wäre auch nicht unbedingt nötig gewesen, sein Gegenüber erkennen zu müssen. Der penetrante Gestank, der den Leib des Ankömmlings umwaberte, manifestierte sich beinahe selbst zu einer greifbaren Gestalt. Es war ein warmer, ekelhaft schweißiger Geruch, dessen Einzigartigkeit zu nur einer einzigen Spezies in der Galaxis passte.

Kein Mutant, kein Xeno, kein Dämon wäre zu solch einem herben, wenn auch natürlichen Zeugnis menschlichen Seins im Stande gewesen.

»Ich lebe noch«, tat er erschöpft kund, was bei dem anderen eine beinahe überschwängliche Reaktion auslöste.

»Yah, bro†˜!«, rief der lumpig gekleidete Soldat aus und reichte dem Captain seinen Arm, damit er sich daran hochziehen konnte. »Unterstützung gefällig?«

Balgor lachte, soweit es ihm mit seinem schmerzenden Brustkorb möglich war, als er den dargebotenen Arm ergriff. »Immer gern willkommen.«

Ein kräftiger Zug wanderte durch seinen Körper, zwang ihn zurück auf wackelige Beine. Die plötzliche Bewegung tat seinem malträtierten Leib nicht gut, und so fiel der Captain ungelenk gegen die steinerne Mauer. Kräftiges Husten quälte sich aus seinen Lungen, die Reaktion seines Körpers auf die plötzliche Mischung aus Kälte und Härte, mit der ihn die Quader begrüßten.

»Mann, bro†˜, euch haben die aber ordentlich den Arsch aufgerissen, oder?«

»Nicht den Arsch«, erwiderte Balgor matt. »Eher den Rücken.«

Tiefes Brummen durchdrang sein Mark und Bein, arbeitete sich Wirbelsäule hinauf und bahnte sich seinen Weg in Balgors umwölkten Kopf. Sogar die Zähne im Mund des Captains vibrierten.

Hätte er es nicht besser gewusst, er wäre auf den Gedanken gekommen, der ungeschlachte Riese vor ihm brumme gerade ein Lullaby. Doch als sich seine Augen klärten und spätestens, als ihm der Blick des Soldaten auffiel, wurde ihm klar, dass das Geräusch von einer anderen Quelle stammte. Schwerfällig wandte er sich um.

Mächtige Landeschiffe der imperialen Armee, beeindruckend große Konstruktionen mit Platz für mehrere Bataillone, stießen wie riesige Dolche aus den Wolken hervor, bereit den Tod aus ihrem Innern in Form von Soldaten, Panzern und Fliegern nahe der Himmelskathedrale zu entfesseln.

Fünf Regimenter hatte die Imperiale Armee entsandt, um die Feinde des Imperators zu zerschmettern, zehn weitere waren bereits ausgehoben und auf dem Weg durch den Warp in das Kampfgebiet. So hatte ihre erste Einsatzbesprechung zu Beginn der Schlacht um Golgarad gelautet. Schließlich waren sie doch eingetroffen. Zehn Regimenter. Zehn ganze Regimenter.

Der Anblick löste in Balgor ein Glücksgefühl aus, das unbeschreiblich war und das Freudentränen in seine Augen trieb. Am liebsten hätte er jeden der nach Schweiß und Testosteron stinkenden Muskelberge persönlich umarmt.

In Anbetracht der Situation ließ er es allerdings sein. Außerdem hatte er einen Ruf zu verlieren.

Dennoch ließ er es sich nicht nehmen, seinen Ausdruck der Dankbarkeit zu wiederholen: »Ihr seid wahrlich willkommen.«

Der hünenhafte Soldat vor ihm lachte herzlich und klopfte dem Captain auf die Schulter, eine Bewegung, die Balgor beinahe das Skelett aus dem zerstörten Körper trieb. »Also dann, Leute! Lasst uns das Gemüse auskochen!«, trieb er seine Kameraden an.

Mehr vor Freude johlend denn vor Wut und Verachtung brüllend, stürmten die Männer von Dannen.

Balgor blieb zurück, von den Eindrücken der letzten Tage und den unmittelbaren Geschehnissen gelähmt. Fassungslos sah er den Infanteristen dabei zu, wie sie mühelos den unter hohem Blutzoll allmählich verlorenen Boden zurückeroberten.

Ihre Waffen schwangen großzügig umher, spien lange Lanzen aus Feuer mit derselben tödlichen Endgültigkeit aus, mit der die Klinge einer Sense durch Gras schnitt.

Sie sensten sich regelrecht durch die Grünhäute. Welch passender Vergleich.

Aber wo waren diese Sensen gewesen, als die Armee General Iglianus†˜ ihren Angriff auf die Orks geführt hatte? Wo hatten die Feuerlanzen gewütet, als die Orks die Himmelskathedrale einschlossen?

Zugegeben, Iglianus mochte seinen Untergang beschlossen haben, indem er direkt nach seiner Landung gegen den Gegner vorging, anstatt die Verteidigung der zerstörten Makropole Golgarad so lange aufrecht zu erhalten, bis genügend Verstärkung für einen umfassenden Schlag gegen die Xenos eingetroffen war. Und auch Colonel Ekko hatte seinen Teil dazu beigetragen, dass Iglianus seinen Vormarsch deutlich früher begann als eigentlich vorgesehen.

Aber das Material. Die Soldaten. Fünf Regimenter und deren Ausrüstung. Vernichtet. Einfach so. Sinnlos verschwendete Ressourcen.

Wie konnte man eine solche Ignoranz entwickeln, dass der eigene Ruhm mehr Raum einnahm als das klare Denken eines rationalen Strategen?

Vielleicht konnte Retexer diese Frage beantworten.

Immerhin hatte er bewiesen, dass er ein Virtuose des vergeblichen Ruhms war. Ein Meister darin, sich so in einen bestimmten Vorgang hineinzusteigern, dass es fast einer Form von Wahnsinn gleich kam.

Konnte Wahnsinn die Erlösung sein? Der Weg aus der Grausamkeit, mit der sich die Wirklichkeit ihnen präsentierte?

Vielleicht konnte Colonel Ekko diese Frage beantworten.

Oder war die Antwort, dass es keinen Weg gab, der Grausamkeit zu entfliehen? Dass man sich immer weiter um sich selbst wand wie die gehäutete Schlange, deren unsägliche Schmerzen ihren Leib zu unwillkürlichen Zuckungen zwangen.

Vielleicht sollte er sich selbst fragen.

Er hatte seinen Vorgesetzten bedingungslos gehorcht. Hatte seine eigenen Männer geopfert, sie weggeworfen wie Schlachtabfall, um Befehlen zu gehorchen, die jeder Offizier der Obrigkeit an seiner Stelle abgelehnt hätte.

Wohl wahr: sein Vertrauen in die Fähigkeiten seiner Truppführer und der ihnen unterstellten Soldaten war berechtigt gewesen †“ sie hatten in vollster Tradition basteter Kampfverbände dem Feind die Stirn geboten †“ und dennoch: Wer aus seinem Zug war jetzt noch übrig?

Es waren seine Männer gewesen. Seine Kameraden, seine Untergebenen. Die Männer, mit denen er jahrelang gedient hatte. Die seine Freunde gewesen waren. Seine Familie. Thronverdammt.

Und er hatte sie verschwendet, was sich ganz und gar nicht mit der Tradition basteter Kommandeure vereinbaren ließ.

War das die Wahrheit des Imperators? Jenes Wissen, dass schon vor langer Zeit etwas in Colonel Ekkos Seele zerbrochen hatte?

Er selbst war immer der Meinung gewesen, der offensichtliche Schaden im Kopf seines Vorgesetzten sei eine selbstzerstörerische Art, mit seinen eigenen Verlusten umzugehen. Jetzt wusste er es besser.

Sein alter Freund hatte es immer versucht, ihm klarzumachen. Er selbst hatte es nie verstanden.

Sie hatten gewonnen †“ und zugleich alles verloren. Wofür lohnte es sich, jetzt noch zu leben?

Eine Weile lang rasten die Gedanken unruhig durch seinen Kopf, zogen umher wie die über seinem Haupt kreisenden Walküren, bevor sie allmählich in seine Eingeweide einsickerten.

Mageninhalt und Gedärme entschlossen sich gleichermaßen zum Auswandern, und schließlich konnte er nicht mehr an sich halten.

 

***

 

Zur gleichen Zeit senkte sich der von heulenden, Hitze verbreitenden Turbinen angetriebene Rumpf einer weiteren Walküre auf das Plateau, das die Spitze der Kathedrale bildete.

Die Seitenluke des Truppenraums wurde zur Seite gezogen und entließ einen schwer bewaffneten Trupp bunt gekleideter Infanteristen in die zerstörte Welt.

Schnell schwärmten die Soldaten über das Dach aus und sicherten das bis auf zwei erschöpfte imperiale Offiziere absolut leere Gebiet.

»Mordianische Eiserne Garde?«, erkundigte sich Ekko bei seinem Stellvertreter, während sie die sich auffächernden Infanteristen beobachteten, die schnell und diszipliniert in die Innereien des Beinhauses und der der Kathedrale vordrangen.

»Ja, Sir«, murmelte Carrick erschöpft.

Das passte. Die mordianische Eiserne Garde war ohne Frage die wohl gegensätzlichste Armee, die man für die Bodentruppen der Heiligen finden konnte.

Wie der Name bereits erahnen ließ, stammten die ‚Eisernen Gardisten†˜ von Mordian, einem Planeten, dem irgendwann in seiner langen Entstehungsgeschichte die Fähigkeit abhandengekommen war, sich um die eigene Achse zu drehen. Dank dieses Umstandes mit einer nahezu messerscharfen Tag- und Nachtgrenze versehen, fristete die der Sonne zugewandte Seite des Planeten ein elendes Dasein in der glutheißen Hölle eines nie wollenden Tages, während das verbliebene Leben auf der Nachtseite einen ewigen Kampf gegen die Dunkelheit und Kälte focht.

Die Mordianer machten da keinen Unterschied. Mit eiserner Disziplin und wütender Verachtung trotzten sie den Gegebenheiten ihrer Welt, rangen ihr selbst das kleinste Bisschen bewohnbaren Landes ab, während sie sich allmählich mit deren dunkler Seele assimilierten.

Ohne Frage war das der Grund, aus dem die Mordianer ein von Grund auf dunkles Gemüt besaßen, manifestiert in endlos schlechter Laune und sprichwörtlicher Griesgrämigkeit.

Ein Planet, so dunkel wie die Herzen seiner Bewohner.

Nein, eine gegensätzlichere Armee hätte man im Imperium vermutlich vergebens gesucht (nahm man einmal gewisse Offiziere außen vor).

Der Colonel nickte verstehend. Dann brach es aus ihm heraus. »Ach, jetzt kommen Sie!«, sagte er wütend. »Hätten Sie nicht noch länger warten können?« Er meinte es ehrlich. »Und erzählen Sie mir nicht, Sie wollten den Überraschungseffekt wahren.«

»Wir mussten unsere Truppen taktisch klug in Position bringen«, schnauzte ihn ein Mordianer von der Seite her an. „Als wir Sie davon in Kenntnis setzten, erhielten wir die Meldung: Lage kritisch! Stellung überrannt! Landet sofort! Ekko, Festungskommandant.†œ

„Aber das kann doch gar nicht …†œ, murmelte der Colonel, bis ihm plötzlich in den Sinn kam, dass sehr wohl jemand versucht hatte, ihn von der Ankunft imperialer Truppen zu informieren. Vielleicht war es doch nicht so gut, stets jemanden ‚zurückzurufen†˜, wenn man gerade keine Zeit hatte. Es konnte ja auch wichtig sein. Sollte Gireth die Schlacht überlebt haben, dann würde Ekko ihn gleichzeitig umarmen und würgen.

Ekko wandte sich dem Neunankömmling zu. »Etwas weniger Taktik und etwas mehr Initiative hätte uns sicherlich eher geholfen.«

»Das können Sie halten, wie Sie meinen. Und wie ich sehe, sind Sie auch ohne uns recht gut zurechtgekommen.« Der Offizier baute sich vor Ekko und Carrick auf und grüßte in Erwartung, dass die beiden Basteter nun aufspringen und seinen Salut erwidern würden. »Colonel, ich bin Major Iodakas der 259. Eisernen Garde.«

Er wurde enttäuscht.

Ekko hob lediglich die Hand nachlässig an den Rand seiner verrutschten Kopfbedeckung, bevor er sie wieder fallen ließ und sich zurücklehnte. Carrick starrte apathisch auf die tadellos geputzten Stiefel des vor ihm stehenden Offiziers. Fast so, als fehlte ihm der militärisch straffe Formaldienst, der eine derart einwandfreie Uniform zur Folge hatte.

»Entschuldigen Sie, dass wir nicht aufstehen«, erklärte Ekko ihre Reglosigkeit. »Wir sitzen gerade sehr bequem.«

Der mordianische Offizier riss die Augenbrauen hoch, von der Missachtung seines Ranges offensichtlich in Rage gebracht. Sein Mund öffnete sich bereits zu einer entsprechenden Maßregelung, bevor ihm der ruhige Blick des verdreckten Colonels auffiel.

Sein Mund schloss sich mit vernehmlichem Geräusch.

»Natürlich, Sir«, erinnerte er sich an seinen Platz im imperialen Ranggefüge.

Ekko nickte gnädig. »Gut.« Erst jetzt fiel ihm auf, dass er noch immer den Auslöser in der Hand hielt, mit dem er um ein Haar die kläglichen Reste seiner Armee in die Atmosphäre des Planeten gesprengt hätte. Langsam, vollkommen konzentriert, als halte er ein Gegenstand von besonderem Wert, löste er seine bereits verkrampften Finger um den Körper, dessen Macht ihn beinahe mit seiner Liebe vereinigt hätte.

Sein gebrochenes Herz zögerte für einen Augenblick, fragte sich, ob es nicht vielleicht einfacher war, wenn er seinen Daumen einfach auf den Detonator senkte und sich somit den Weg ins das Elysium des Imperators öffnete. Sein Verstand war geneigt, dem zuzustimmen und sich in einem letzten verzweifelten Opfer mit dem zu vereinen, was vor einer Lebenszeit seines gewesen war. Aber er begriff auch, dass sowohl das Universum, als auch der Gott-Imperator dergleichen höchstwahrscheinlich von ihm erwarteten und es ihnen eine Freude sein würde, ihn mit einem weiteren Fehlschlag zu traktieren.

Wieder einmal hatten sie ihn um einen sinnlosen Tod betrogen.

Ekko seufzte schicksalsergeben, winkte den Offizier heran und reichte ihm dann den Zünder, der †“ nach wie vor scharf †“ nur auf den finalen Tastendruck wartete, um mit einem kleinen Funksignal die gesamte Kathedralenstadt zu Asche zu verbrennen. »Hier. Damit wollte ich eigentlich ein paar böse Geister verscheuchen. Aber da Sie ja nun hier sind …« Er ließ den Rest des Satzes in die aufgeheizte Luft entschwinden, ohne ihn wirklich zu beenden. »Damit gehört dieses fantastische Gerät nun ihnen. Aber passen Sie auf, dass sich niemand drauf setzt.«

Der Offizier runzelte fragend die Stirn, bevor er sich den Auslöser etwas genauer besah und begriff. Seine Augen weiteten sich, während sein Gesicht einen weißlichen Farbton annahm.

»Man kann Sie nur bewundern«, stellte der Mann kopfschüttelnd fest, während er den Zünder mit einem Knopfdruck entschärfte und in seiner Uniformtasche verstaute. »Sie waren wirklich zu allem entschlossen.«

»Ob das stimmt, hätte sich erst gezeigt, wenn Sie nicht rechtzeitig erschienen wären.« Der imperiale Colonel lächelte müde. Dieses Mal hatte er sich selbst um einen sinnlosen Tod betrogen.

Weit unter ihnen zerfetzte imperiales Trommelfeuer den letzten Versuch der Orks, die Himmelskathedrale doch noch zu nehmen.

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50

 

Die lange Nacht war vorüber.

Erste, zögerliche Sonnenstrahlen krochen über die leblosen Ebenen von Agos Virgil, erkundeten den Ausgang der Schlacht für einen Himmelskörper, der sich nicht mehr sicher war, ob seine wärmende Energie überhaupt noch auf dieser gemordeten Welt benötigt wurde.

Vorsichtig folgte das blutrote Gestirn seinen Aufklärern, zog sich über den Horizont und erklomm langsam die lange Himmelsleiter in Richtung Zenit.

Letzte Schatten, lang und scharfkantig, rangen mit dem steigenden Licht um die Vorherrschaft auf dem Gefechtsfeld, mussten sich jedoch bald der übermächtigen Energie beugen, mit der neugierige Helligkeit in Winkel und Spalten kroch, und schließlich jede Ecke der einst mächtigen Himmelskathedrale zurückeroberte.

Ganz allmählich offenbarte sich das Ausmaß des furchtbaren Gemetzels, in dem die imperialen Soldaten ihre Herzen und Seelen auf einen Feind geschossen hatten, dessen Masse sie trotz aller Raffinesse schließlich doch erdrückt hatte.

Die Schlacht hatte nur wenige Tage gedauert †“ in der Spanne eines Menschenlebens nur wenige Sekunden, im Angesicht des allmächtigen Universums ein unbedeutender Bruchteil eines Augenblicks †“ und doch hatten der Kampf und seine Nachwirkungen Narben hinterlassen, welche nicht nur das Angesicht dieses Planeten für ewig zeichnen würden, sondern auch stets ein Teil der Männer und Frauen blieb, die an diesem Ort gekämpft und gelitten hatten.

Vom Feuer der völligen Vernichtung aufgezehrte Gebäuderuinen reckten sich hilfesuchend der aufgehenden Sonne entgegen, schwelten gleich riesigen, ausglimmenden Öfen nach, die Krematorien für die Hoffnungen und Wünsche einer ausgebluteten Welt.

Und, als hätte das nicht gereicht, schickte sich neues Feuer an, selbst die letzten verbliebenen Oasen von Leben in reinigender Glut zu verbrennen.

Noch während der Horizont sich an seine Geliebte klammerte und versuchte, sie nicht in die Weiten des blauen Himmels entgleiten zu lassen, eroberte der imperiale Entsatz die Stellungen zurück, welche von den Orks in mühsamen Tagen blutiger Eroberung genommen worden waren.

Wie zuvor die grüne Flut über die Verteidiger des Planeten gerollt war, walzten nun die Truppen der Befreiungsstreitmacht über die Planetenoberfläche, prägten der leblosen Erde das Profil der Rückeroberung auf.

Die schwarz verbrannten Außenmauern der Kathedrale, von abertausenden Einschlägen vernarbt, badeten bereits im Blut tausender vernichteter Leben, als Prioris Leitis Sile endlich die Zeit und Ruhe fand, sich aus dem Strudel des Kampfes zu lösen und für einige Zeit einfach nur auf die zurückweichende Front der Xenos zu blicken, vor der die neu angelandeten imperialen Truppen ausschwärmten. Obwohl die Welt um sie vor Lärm dröhnte, fühlte sie eine befreiende Stille in ihrem Innern.

Dieser Sieg war nicht nur ein Sieg des Imperiums über seine Feinde. Er war ein Wunder, geboren durch die schiere Großartigkeit des Imperators und geformt mit dem Blut und Schweiß der Männer und Frauen, die auf dieser Welt gelebt und gekämpft hatten.

Ihr Opfer, erfolgt im größten Zeitpunkt der Not, hatte der imperialen Streitmacht die Möglichkeit gegeben, auf Agos Virgil anzulanden.

Über siebzehn Millionen, die zum Imperator hinaufgestiegen waren †“ für eine Schreinwelt wie diese fast noch wenig †“ das zeugte von wahrer Hingabe an Seine Idee.

Dagegen maßen sich die Leistungen der Space Marines und des Adeptus Sororitas beinahe kläglich aus. Und selbst das Opfer der Imperialen Armee ließ sich nicht verleugnen, auch wenn ihr heldenhafter Kampf im Endeffekt gar nicht so bedeutend gewesen war, wie es den Anschein haben mochte.

Sie hatten ihre Stellungen nicht bis zum letzten Mann, zur letzten Granate, zum letzten Energiemagazin gehalten, sondern waren zurückgewichen, geflohen wie Abschaum, der sich der Gerechtigkeit des Imperators zu entziehen versuchte.

Dass Colonel Ekko es schlussendlich geschafft hatte, das Blatt zu wenden und die verbliebenen Männer zu einer Front aus Panzerstahl, Leibern und Waffen zu schmieden, welche eine Reliquie des Imperators bis zur eigenen Vernichtung verteidigte, sprach für ihn als wahren Krieger des Imperiums. Als Mann, dessen eigene Vorstellung von Ehre und wahrem Dienst über die Opferbereitschaft seiner Untergebenen weit hinausging und deren Einzeltaten relativierte.

Die Prioris seufzte.

Ohne Colonel Galard Ekko †“ hätten sie da überhaupt den Hauch einer Chance gehabt, diese Welt dem Imperator zu erhalten?

Es war nur schade, dass er nicht die Möglichkeit genutzt hatte, die letzte Maßnahme der Verteidigung einzuleiten. Sie hätte ihn gerne dabei begleitet, wenn er den finalen Dienst am Imperator leistete und dann in dessen Elysium aufstieg, um sich Seiner Armee gegen die Mächte des ewigen Erzfeindes anzuschließen.

Wieder keimte in ihr die Frage auf, ob Ekko in seinem Leben jemals zuvor jemanden als Partnerin in Betracht gezogen hatte.

Sein hingebungsvolles Wesen und seine Art, die Dinge aus einem eigenen, pragmatischen Blickwinkel zu betrachten, prädestinierten ihn doch für eine Partnerschaft unter dem Segen des Imperators.

Oder hatte er lediglich bisher keine für würdig erachtet, ihr Leben mit ihm zu teilen?

Ob sie in seinen Augen wohl würdig wäre?

Der Gedanke sprach für sich, und Sile konnte nicht umhin, sich wieder einmal der Träumerei hinzugeben, wie sie mit dem imperialen Offizier Nachkommen für den Imperator zeugte, bevor er und sie gemeinsam in Seinem Namen starben und ihre Kinder in einer der unzähligen Scholas aufwuchsen und zu ergebenen Dienern Seiner Sache wurden.

Ach, wie wäre das romantisch gewesen. Doch leider gehörte diese Vorstellung in das Land der verbotenen Früchte, ebenso wie der von Zeit zu Zeit in ihr aufbegehrende Gedanke nach einem Leben abseits des Grauens, mit dem das Imperium Tag für Tag konfrontiert wurde.

Es stand im Gegensatz zu dem Gelübde, das sie der Schwesternschaft, dem Imperium, dem Imperator geleistet hatte.

Und selbst wenn dem nicht so gewesen wäre. Sie hätte niemals zugelassen, dass irgendetwas mit ihrem Dienst für den Imperator kollidierte. Und Ehe … Kinder … Frieden … das war etwas, das sich mit ihrer Aufgabe nicht vereinbaren ließ.

Sile atmete tief ein. Ihr Kopf, schwer und schmerzend nach all dem pausenlosen Kampf der letzten Tage, verlangte flehentlich nach einer Stütze, und sie gab der verzweifelten Bitte nur allzu gern statt. Behutsam ließ sie ihr malträtiertes Haupt gegen die stark mitgenommene Mauer sinken, um für eine kurze Weile ihren Stress und ihre Empfindungen an den Stein abzugeben. Es grenzte fast an ein Wunder, dass er unter der Spannung nicht barst.

Erst jetzt ging ihr auf, dass sie nicht die einzige Person war, die die zweifelhafte Aussicht genoss.

Captain Balgor, den Rücken gegen den verbrannten Wall gelehnt, saß im langsam warm werdenden Sand der Steppe und betrachtete die vorrückende Armee, der sich im Minutentakt weitere Einheiten anschlossen.

Der ungesund graue Qualm eines geräuschlos vor sich hin glimmenden Lho-Stäbchens schwelte gedankenverloren in den azurblauen Himmel.

»Captain Balgor?!«, brachte sie hervor, mehr von ihrer eigenen Unachtsamkeit überrascht als von seinem schieren Dasein. Weshalb hatte sie ihn nicht eher bemerkt?

Der Captain, offensichtlich bereits über einen längeren Zeitraum tief in seinen Gedanken versunken, ruckte hoch und wandte ihr den Kopf zu.

»Ich … es tut mir leid.« Entschuldigend senkte sie ihr Haupt. »Ich wusste nicht, dass Sie hier sind.«

Der Captain winkte müde ab. »Schon in Ordnung. Für mich macht das jetzt keinen Unterschied mehr.«

Die Sororita runzelte die Stirn. Ihr Gegenüber klang verbittert. Ja, beinahe gebrochen. So, als hätte er den Glauben an die Ideale des Imperiums verloren.

Sie löste sich von dem beruhigenden Druck, mit dem das Gemäuer sie tröstete, und setzte sich in Richtung des Basteters in Bewegung. Zeit, selbst jemandem eine Stütze zu sein. Im Namen des Imperators!

»Sie klingen nicht sehr zuversichtlich«, ermahnte sie ihn mehr Begeisterung. »Es gibt Leute, die so etwas als Häresie auslegen könnten.«

Er nickte, ging aber nicht auf die Behauptung ein. »Haben Sie jemals in einer Schlacht einen Gegner besiegt und später trotzdem das Gefühl gehabt, der eigentliche Verlierer zu sein?«, brummte er, um seine Worte mit einem tiefen Zug am Lho-Stäbchen zu untermalen.

Sile nickte andächtig. Dieses Gefühl war ihr nicht fremd.

Tatsächlich hatte die Erfahrung, all ihre Schwestern auf Agos Virgil verloren zu haben, stark an ihrem Glauben gerüttelt. Zwar nicht an ihrer Frömmigkeit gegenüber dem heiligen Imperator, aber doch an ihrem Glauben in sich selbst. Wie hatte sie, eine einfache Dienerin Seiner Großartigkeit, sich erdreisten können zu glauben, sie sei erwählt, einen Trupp Celestias zu führen? Wie nur hatte sie sich verleiten lassen können anzunehmen, sie wäre seinen Prüfungen gewachsen gewesen?

Sie hatte dieses Befinden stets hinter die Fassade aus Hass und glühender Verachtung zurückgedrängt, mit der sie die Feinde des Imperiums bekämpfte.

Anmaßung war der erste Schritt auf dem Weg in die Häresie, einem Weg, den zu versperren das Adeptus Sororitas eigentlich existierte.

In Hass hingegen fand man einen verlässlichen Führer und im Zweifelsfall einen Schild für den Geist. Denn wer einen Feind aus Inbrunst hasste, lief keine Gefahr, den feigen Versprechungen arglistiger Niedertracht zu erliegen.

Und wer seine Verachtung auf ein einziges Ziel lenkte, blieb fokussiert und folgte dem strikten Ziel, seinen Gegner zu vernichten.

Es gab keine Gnade. Es würde nie Gnade geben. Es gab nur Krieg. Und im Krieg überlebte nun einmal nicht, wer an sich selbst zweifelte.

Es verwunderte sie, dass die imperiale Armee diesen Grundsatz auf Bastet nicht auszubilden schien.

Allerdings †“ wenn man Offiziere wie Colonel Ekko als Beispiel heranzog †“ konnte sie das im Grunde gar nicht glauben. Die Hingabe, mit der der Regimentskommandeur seine Einheit durch diese Schlacht geführt hatte, ließ es unmöglich erscheinen, dass er nicht auf die Eigenschaften vertraute, die jedem guten imperialen Bürger innewohnen sollten.

Aber vielleicht, kam es ihr in den Sinn, lag es nicht so sehr an der Doktrin, mit der die Soldaten in ihrer Ausbildung konfrontiert wurden, sondern daran, wie sie diese für sich adaptierten.

»Unser ganzes Regiment †“ einfach weg.« Mit einer ausladenden Geste untermalte der Captain seine Worte, ohne sich im Klaren darüber zu sein, dass die Prioris soeben einen ähnlichen Gedanken gehabt und ihn verworfen hatte. Der Rauch seines Lho-Stäbchens malte flüchtige Muster in den Himmel. »Wir sind mit der Stärke von vier Bataillonen nach Agos Virgil gekommen. Davon ist lediglich ein halbes geblieben. Nicht einmal das. Vier Kompanien haben wir noch. Vier geschwächte Kompanien.« Die Hand wanderte gedankenverloren durch die Luft. »Ein bisschen vom Stab und ein wenig Tross. All die Kameraden. All die Freunde. All die Männer, die mich bis hierher begleitet haben, sind fort.«

Fassungslos schüttelte der Basteter den Kopf und wandte sich der Sororita zu. Mit Schrecken musste sie erkennen, dass ein leerer Ausdruck hinter seinen nachdenklichen Augen tanzte. Einen solchen Ausdruck fand man normalerweise bei Willenlosen, bei Gebrochenen, die unter dem Bann eines Dämons standen. Sile hatte solche Blicke zur Genüge gesehen, und erkannte die Anzeichen für eine geistige Resignation, ein Abweichen vom rechten Weg.

Es war traurig mitzuerleben, wenn ein Mensch seinen Fokus verlor, in seiner eigenen Verzweiflung dümpelte und irgendwann in die Häresie abrutschte. Besonders Soldaten, die das Grauen gesehen hatten, erleben mussten, wie ihre Freunde und Kameraden starben, fielen einer solchen Verdüsterung mehr als oft genug anheim.

Und leider, das war als Tatsache so wahr wie der Ewige Krieg des Imperators, ließ sich jemand, der vom Weg abgekommen war, im Allgemeinen nicht mehr retten. Schlimmer noch: in der Regel war er oder sie dann bemüht, andere mit seiner (oder ihrer) †“ vom Chaos vernebelten †“ Ansicht zu infizieren, um diese wie einen Virus über die Planeten des Imperiums zu verbreiten.

Beim Adeptus Sororitas gab es unmissverständliche Regeln, die den Kontakt mit solch einem Individuum steuerten: Endgültige Läuterung.

Üblicherweise hätten in diesem Moment Siles Ausbildung und ihr Glaube an die Richtigkeit ihres Tuns überhandgenommen und dafür gesorgt, dass sie dem unglücklichen Soldaten den Weg ins Elysium des Imperators wies. Es wäre ihr ein Leichtes gewesen, an seine Seite zu treten und ihm mit einer kurzen Handbewegung ihres durch Servomotoren verstärkten Kampfanzugs das Genick zu brechen.

Doch aus irgendeinem unbestimmten Grund schaffte sie es nicht sofort, sich dazu zu überwinden. Zwar traten ihr Gewissen und ihr Versprechen gegenüber dem göttlichen Imperator sofort aus dem Schatten ihres Geistes und forderten, dass sie der Inquisition Genüge tat, aber eine andere Kraft trat diesem Wissen entgegen, warnte sie mit einem leisen Flüstern davor, vielleicht einen schrecklichen Fehler zu begehen.

Mit einem derart exotischen Verhalten ihres Bewusstseins konnte die Prioris nicht auf Anhieb umgehen. Es war ihr unverständlich, dass sich ihre stets zu Mord und Totschlag bereite Seele urplötzlich weigerte, dieses unreine Individuum vor ihr vom Antlitz Agos Virgils zu tilgen.

Sie konnte es einfach nicht.

»Es war nicht umsonst«, hörte sie sich stattdessen in dem Versuch sagen, ihn aufzumuntern. »Wir werden die Kathedrale wieder aufbauen. Dieser Ort soll dem Imperium erhalten bleiben.«

Der Versuch misslang spektakulär †“ und das nicht allein wegen dem Umstand, dass sie selbst daran zu zweifeln schien.

»Na, großartig. Das wird sicherlich strahlende Gesichter geben.« Balgor nahm einen letzten Zug, dann schnippte er das Lho-Stäbchen in die Steppe. Die durch den Qualm nachgezeichnete Flugbahn erinnerte verdächtig stark an die Spur eines der Artilleriegeschosse, die gerade zu hunderten auf die Orks niedergingen.

»Lange genug in Gedanken versunken«, verkündete der Basteter feierlich und sprang zurück auf die Füße. Sein Blick klärte sich, befreit von dem nebelgrauen Vorhang des Zerbrechens. »Wir haben überlebt. Und wir werden abgelöst.«

Sie schwieg über seine Worte, nickte nur.

»Sie scheinen nicht wirklich erfreut«, stellte der Offizier mit ärgerlich gerunzelter Stirn fest. Man hätte seine Bemerkung auch als Frage deuten können.

»Ich zeige mich beeindruckt«, antwortete sie lakonisch. »Das muss reichen.« Wie konnte man einen Ort wie diesen nur verlassen wollen?

Darauf fiel Balgor keine Antwort ein. Wie hätte er auch wissen sollen, was sie empfand? Wie hätte er verstehen können, welche Gefühl in ihr tobten, sie an diesen Ort gefesselt hielten wie den Imperator an den goldenen Thron?

Im selben Augenblick, in dem der Gedanke durch ihre Hirnwindungen schlüpfte, jagte ein eiskalter Schrecken den Rücken der Sororita hinauf. Hatte sie sich wirklich gerade mit dem Imperator verglichen? Schnell bekreuzigte sie sich mit dem Aquila, in der Hoffnung, er möge ihr ihre Vermessenheit vergeben.

»Ja«, brummte die Stimme des Basteters neben ihr. »An Begeisterung kaum zu überbieten.«

Das dumpfe Rumpeln einer vorbeirollenden Leman Russ-Kolonne stimmte ihm zu.

»Und was ist mit Ihnen?«, wollte Balgor wissen.

Sile wandte sich ihm zu und verschränkte die Arme vor der Brust. Versuchte der imperiale Offizier etwa, ihr auch irgendeine Verfehlung vorzuwerfen? »Was soll mit mir sein?«, knirschte sie.

Offensichtlich entging ihm die deutlich unterstrichene Warnung in ihrer Stimme, denn er fuhr mit einer nachlässigen Geste fort, seinen soeben ausgebrüteten Gedanken in die Welt zu setzen. »Begleiten Sie uns eigentlich? Nun, da Ihr Auftrag an diesem Ort beendet ist?«

Das ließ die Prioris stutzig werden. Einmal abgesehen davon, dass ihr Auftrag wirklich beendet war (und zwar schon seit geraumer Zeit) †“ woher wusste der imperiale Offizier davon? Und vor allem: was ging ihn das an?

Die Sororitas unterlagen einem vollkommen anderen Codex als die Imperiale Armee. Sie kümmerten sich um Dinge, über die sich ein einfacher Infanterist nicht verstand, und die selbst Generalstabsoffiziere bisweilen nicht nachvollziehen konnten.

Weshalb glaubte dieser Captain, dass gerade er begriff, welche Aufgaben sie erfüllte und wo und wann ihr Auftrag erledigt war? Vor allem an diesem Ort?

Was glaubte ein Soldat von Religion zu wissen?

»Ich werde meinen Schwestern eine Nachricht zukommen lassen. Höchstwahrscheinlich wird man dann ein Schiff senden, das Schwester Ritia und mich abholt«, stellte sie in Aussicht.

Balgors steigende Hoffnung fiel in sich zusammen, von den versteckten Zweifeln in Leitis Siles Stimme regelrecht gesteinigt. »Und was, wenn nicht?«

»Dann werden wir solange an Ihrer Seite reisen müssen, bis uns die Möglichkeit gegeben ist, uns an ein anderes Konvent der Schwesternschaft zu wenden, und dort um Aufnahme oder Unterstützung zu bitten.«

Nun war es Balgor, dem es schwer fiel, sich über diese Information zu freuen. »Na, fantastisch.«

Und wie zuvor der Captain war es jetzt Sile, welche die versteckte Ablehnung in der Stimme ihres Gegenübers falsch deutete. »Denken Sie, Colonel Ekko wird es akzeptieren?«

»Colonel Ekko wird begeistert sein.«

»Wirklich?«

»Natürlich. Dann sind Sie endlich wieder bei Ihresgleichen und gehen ihm nicht …« Er brach ab und überlegte scharf. »Hm. Wie drücke ich das jetzt am besten aus?«

Er meinte es ehrlich.

Es war wirklich schwierig, sich aus dieser Situation zu winden, ohne dass ihn die Prioris röstete, flambierte oder auf andere, äußerst grausame Weise zu Tode brachte †“ eine Aussicht, auf die Captain Balgor gut und gerne verzichten konnte.

»Sagen wir es so: er muss sich dann keine Sorgen mehr über Ihren Verbleib machen …«, rettete er sich schließlich.

Sile runzelte die Stirn. »Nein«, bemühte sie sich, das Missverständnis zu klären. »Ich meinte viel mehr, ob er akzeptiert, dass wir Sie begleiten, bis wir zurück zu einem Orden der Schwesternschaft gelangen kann?«

»Das kann ich Ihnen nicht sagen, Schwester«, gab er ehrlich zu, offenkundig erleichtert, dass nicht er gezwungen war, ihr eine Antwort auf diese Frage zu geben. »Da müssen Sie den Colonel selbst fragen.«

Die Prioris nickte nachdenklich. Ihr Blick glitt in weite Ferne, noch weit über die tobende Schlacht hinaus an einen Ort, den nur sie sehen konnte.

Einen Ort, an dem der Imperator ihren Dienst als erfüllt ansah und sie entließ, in Seinem Namen ein anderes Leben zu führen.

Ein Leben, in dem sie Seiner Herrlichkeit eine Familie schenkte. Kinder, die in Seinem Namen große Taten vollbringen würden.

Die Kinder eines Helden. Eines Helden wie dem Retter von Agos Virgil.

Sie hatte schon viele Männer als mögliche Väter einer Leibesfrucht in Betracht gezogen und verworfen.

Die ruchlose Zielstrebigkeit eines Kommissars, die gebieterische Überlegenheit eines Admirals, die raubtierhaften Reflexe eines Gardisten oder die genetisch aufgewerteten Fähigkeiten eines Space Marines stellten nur einige der erwogenen Fähigkeiten da.

Doch bisher hatte Sile noch keinen anderen als Ekko erlebt, dessen Wesen so viele imperiale Eigenschaften miteinander verband, dass es schien, als sei er die Inkarnation urimperialer Prinzipien.

Sein Charisma, seine Intelligenz, seine Fähigkeit zu List ebenso wie zu roher Gewalt, seine Entschlossenheit, seine Umsicht ebenso wie sein unerschütterlicher Glaube an die Richtigkeit seines Tuns suchten ihresgleichen unter den ihr bekannten Vertretern terranischen Rechts.

Und außerdem schien der Imperator seine schützende Hand über die Geschicke Galard Ekkos zu halten. Eine Tatsache, die sie mehr überzeugte als jedes Charisma, jede Intelligenz und jeder Glaube. Denn wo der Imperator wirkte, stand jeder Zweifel außer Frage.

Ihr war natürlich bewusst: es war nur eine Träumerei, ein Trugbild ihrer Hoffnung, doch wem sollte es schaden, wenn auch Sie sich ein kleines Stückchen Frieden wünschte, angeleitet von der Großartigkeit Seines Reiches?

Und vielleicht empfand Ekko das genauso.

»Denken Sie denn, dass der Colonel noch einmal Zeit für mich hat?«, wandte sie sich an Balgor, ohne ihn allerdings direkt anzublicken.

Es war nicht notwendig, dass er ihren Blick sah und darin den urmenschlichen Wunsch nach mehr erkannte, als das Universum zu geben bereit war. Es hätte ihm lediglich ein falsches Signal vermittelt.

Doch so konnte auch sie nicht sehen, wie der Captain alarmiert aufblickte, das Gesicht in plötzlicher Sorge um seinen Vorgesetzten und Freund verzogen.

Die Schnelligkeit, mit der die Miene des imperialen Offiziers entgleiste, hätte sie sicherlich stutzig gemacht.

***

Panzer um Panzer dröhnte aus den mächtigen Landungsschiffen der imperialen Raumflotte, kroch auf klirrenden Gleisketten den überrumpelten Xenos entgegen, flankiert von den gesungenen Lobhymnen aberhunderter imperialer Infanteristen und dem rhythmischen Stampfen der sie begleitenden Sentinels.

Walküren und Vultures kreischten über die Bodentruppen hinweg, ebneten den Weg für die sich entfaltende Front aus Menschen und Material.

Das dumpfe Krachen schwerer Hauptgeschütze echote unregelmäßig über die Kathedralenstadt hinweg, untermalt vom Stakkato, mit dem die Maschinenwaffen der Leman Russ tödliche Geschosse in die gegnerischen Reihen spien.

Doch davon waren Enforcer eins und zwo weit entfernt.

Melancholisch, ja, beinahe traurig, verfolgten die beiden verbliebenen Jagdpanzer der Kampfgruppe Enforcer, wie ihre Brüder auf rasselnden Ketten gen Feind rollten. Fast hätte man zu der Einsicht gelangen können, die beiden Kampffahrzeuge sehnten sich danach, durch ihre Besatzungen erneut in Marsch gesetzt zu werden, um ihrem Ruf als Scharfschützen des Panzerkampfs gerecht zu werden.

In diesem Kampf allerdings würde man sie nicht mehr einsetzen.

Nicht, dass Enforcer zwo nicht mehr in der Lage gewesen wäre, in die Schlacht zu ziehen. Abgesehen von einigen Lackschäden und einem zerstörten Auspuff wies der Panzer keine signifikanten Schäden auf.

Lieutenant Rand und seine Besatzung hatten ihre Stellung während der Endphase der Schlacht mehrmals verlegt, und waren schlussendlich bis in die zerstörte Himmelskathedrale zurückgewichen, wo sie mit dem Destroyer hinter dem aufragenden Sockel der Heiligen Janaͯs Deckung gesucht hatten. Deutlich über diese Respektlosigkeit erbost, hatte die Heilige während des feindlichen Sturms auf das sakrale Gebäude ihren Schwertarm fallen lassen, um den Jagdpanzer in Zwei zu schneiden. Dass das Schwert dabei von der Motorabdeckung abprallte und der Arm somit lediglich den linken Auspuff zerdrückte, war eine glückliche Fügung des Imperators.

Enforcer eins hatte es da deutlich schwerer getroffen.

Sämtliche Torsionsstäbe, über die die Laufräder der Gleisketten mit dem Rumpf verbunden wurden, waren durch Ves†˜ wilde Fahrmanöver während ihrem Kurvenkampf mit dem Ork-Fahrzeug und dem darauffolgenden, unsanften Absturz in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Kugellager mehrerer Schwingarme hatten in Erfüllung ihres Auftrages den Dienst quittiert, was zur Folge hatte, dass acht Laufrollen nicht mehr drehten. Zwei der Laufrollen waren angebrochen und die rechte Gleiskette wies mehrere Risse auf, von denen einer in Verdacht stand, sich bei weiteren übermäßigen Fahrmanövern zu einem Kettenbruch ausweiten zu können.

Die linke Kettenabdeckung war von der Explosion einer abprallenden Rakete eingedrückt und durch die schnell drehende Kette zerfetzt worden. Mehrere Abpraller hatten die Ausstiegsluken der rechten Seite blockiert.

Der Maschinengeist des Motors war irgendwann während der Schlacht zu dem Entschluss gelangt, sich tiefer in die Eingeweide des Triebwerks zurückziehen zu müssen, weswegen die Staubfilter ihre Befähigung einbüßten, den Motor vor dem übermäßigen Konsum von fein gemahlenem Steppensand zu schützen. Kurzum †“ sie waren total verstopft.

Zwei Durchschüsse, die den Motor und den Hauptgenerator penetrierten, verhinderten einen erneuten Einsatz des Hauptgeschützes, was allerdings in der derzeitigen Situation auch keinen großen Unterschied machte, denn drei unglückliche Treffer saßen direkt auf der Kanonenblende, sodass sich das Lasergeschütz in Seite und Höhe nicht mehr richten ließ.

Zudem schaffte der Panzer keine vierzig Kilometer pro Stunde mehr, sondern konnte höchstens auf fünfzehn beschleunigen. Eine weitere Nachwirkung des Durchschusses.

Selbst das Sichtperiskop hatte die wüste Fahrt nicht unbeschadet überstanden. Beim Absturz eingedrückt und von Zzzapwaffentreffern teilweise geschmolzen, stand es in einem Winkel von sechzig Grad zum Fahrzeug verklemmt.

Um diesen Panzer wieder kampfbereit zu machen, würde nicht nur eine ganze Menge geweihtes Maschinenöl fließen müssen, sondern vor allem ein teilweise vergessener Brauch, nämlich das Ritual der Reparatur, nötig sein.

Tatsächlich fragte man sich im Angesicht der Schäden, warum der Jagdpanzer beim Aufrichten durch einen Atlas-Bergepanzer nicht, wie in einer schlechten Komödie, einfach auseinander gefallen war.

Ob man es der Konstruktion oder einer weiteren Fügung des Imperators zuschreiben sollte, ließ sich im Nachhinein nicht mehr wirklich feststellen, und selbst die Mannschaft von Enforcer eins ging so weit, ihre eigenen Geschicke während der Schlacht als das Wirken göttlicher Führung anzusehen.

Doch göttliche Führung hin oder her: während die Soldaten die Schlacht so gut wie unbeschadet überstanden hatten (sah man von einigen Beulen im Stirnbereich ihres Kommandanten ab), war von ihrem Fahrzeug nicht viel mehr als ein Haufen durchlöcherter Panzerung mit einem zerschossenen Motor übriggeblieben, ein trauriger Schatten einer Kriegsmaschine.

Blieb nur zu hoffen, dass sich der Laser Destroyer, das Hauptgeschütz des Jagdpanzers, reparieren ließ. Anderenfalls sah es schwarz aus für die Zukunft des Kampffahrzeuges. Da die Waffe eine echte Antiquität, und somit eine Rarität war, ein spezielles und schwer zu fabrizierendes Stück Technologie, gab es nur noch wenige Fabrikationsstätten, in denen das Wissen zu seiner Konstruktion wandelte.

Und, soweit sich Jaorah Nurin erinnern konnte, gab es auch keine Möglichkeit, einen Destroyer bei einer Instandsetzungskompanie des Imperiums zu reparieren, wenn er Fehlfunktionen oder größere Schäden aufwies. Da die Rümpfe der Jagdpanzer allerdings ebenso begehrt waren wie ihre Waffen, rissen die Maschinenseher in der Folge das Destroyer-Geschütz mitsamt seiner Kondensatoren, Generatoren und Akkumulatoren aus dem Fahrzeug, um somit Platz für eine konventionelle Waffe zu schaffen, zumeist eine Thunderer-Belagerungskanone oder (wenn möglich) ein Vanquisher-Panzerabwehrgeschütz.

Der Captain konnte ohne Scham zugeben, dass er den Gedanken, den effizienten und tödlichen Laser Destroyer gegen eine kinetische Bewaffnung zu tauschen, nicht wirklich als prickelnd empfand.

Zum einen verlor das Fahrzeug damit seine Präzision und einen gewissen Teil seiner Schlagkraft, zum anderen machte die Konversion weitere Crewmitglieder und einen Laderaum für die Munition notwendig, was den wenigen verbliebenen Platz zusätzlich reduzierte.

»Wissen Sie, was das Schlimmste daran ist?«, erkundigte sich Lieutenant Rand, zog seinen Vorgesetzten so aus dessen trübsinnigen Gedanken.

Nurin wandte sich den anderen Panzerkommandanten zu, nur um zu sehen, wie der in Richtung der vorgehenden imperialen Truppen wies.

»Ich habe keine Ahnung mehr, wie viele Feindfahrzeuge wir eigentlich abgeschossen haben.«

Diese Aussage überraschte den Captain. Kurz wusste er nicht, wie er darauf antworten sollte und blieb verblüfft neben dem anderen Kommandanten stehen, dann jedoch begriff er. Seine Miene verfinsterte sich. »Sagen Sie mir nicht, Ves hat Sie mit der Abartigkeit, für jeden Abschuss kleine weiße Striche auf den Panzer pinseln zu wollen, angesteckt.«

Dabei schwenkten seine Augen zum Dach des Destroyers, wo sein Fahrer und der Richtschütze saßen und die Beine über die Flanke des schwer zugerichteten Stahlmonsters baumeln ließen. Während sich Redeks Stiefelabsätze dabei immer wieder mit der Seitenpanzerung duellierten, achtete Ves sehr darauf, den Jagdpanzer nicht zu berühren. Wahrscheinlich aus Angst, sein geliebter Enforcer könne nach einem Tritt an die falsche Stelle lautstark auseinanderfallen.

Die Vernarrtheit des Fahrers in seinen Jagdpanzer mochte ja vielleicht irgendwo verständlich sein, nach der Tortur der letzten Wochen mehr denn je, aber von einem Fahrzeugkommandanten wie Lieutenant Nesil Rand konnte man erwarten, dass er über eine derart kindisch anmutende Begeisterung erhaben war.

Und normalerweise †“ das bedeutete: vor dieser Abnutzungsschlacht †“ hätte sich Nurin auch nicht träumen lassen, dass der Befehlshaber von Enforcer zwo solch ein Thema anschnitt.

Gewöhnlich war Rand dafür bekannt, seinen Panzer als Panzer zu betrachten, nicht als Wohnung. Aber wie die meisten Soldaten, die an diesem Kampf teilgenommen hatte, schien auch ihn die Schlacht von Agos Virgil geändert zu haben. In welche Richtung, das würde man noch feststellen.

»In dem Fall wäre es unter Umständen intelligent, gleich den kompletten Panzer weiß zu bemalen«, murmelte der Captain. Eine wortkarge Anerkennung der eigenen Leistungen.

»Das heißt also, wir haben dafür Ihre Erlaubnis?«, hakte der Lieutenant vorsichtshalber noch einmal nach.

»Nein«, gab Nurin eindringlich zurück. »Natürlich nicht. Machen Sie meinetwegen eine interne Strichliste, aber fangen Sie nicht an, das Tarnschema Ihres Panzers zu ändern.«

»Verstanden, Boss.«

Eine Rotte Vultures kreischte über sie hinweg, die Waffenstationen unter den Flügeln voll tödlicher Fracht und bereit, Tod und Verderben zu säen. Als würden die Erdkampfflieger einen Schlussstrich unter ihr Thema setzen, fand Rand sofort einen neuen Punkt, über den zu sprechen sie sich bisher nicht getraut hatten.

»Und was passiert jetzt mit uns?«

Nurin nahm die Frage in sich auf, drehte und wendete sie, und bemühte sich, eine zufriedenstellende Antwort für den anderen Panzerkommandanten zu finden. Doch die Wahrheit war: er wusste selbst keine.

Seit dem Eintreffen der imperialen Truppenverbände und dem Abflauen des Kampfes in der Kathedralenstadt, so wie der unmittelbaren Nähe des Bollwerks, warteten die Panzerjäger auf neue Befehle. Bisher hatte man sie geflissentlich ignoriert.

Zugegeben: der Wandel des Schlachtenglücks hatte sich vor nicht einmal drei Stunden ereignet, aber dennoch empfand Nurin diese Verdammung zur Untätigkeit belastend.

Er versenkte die Hände in den Taschen seines Panzerkombis und wandte sich der dritten Person zu, die bei ihnen stand.

Gren Krood verfolgte das beeindruckende Schauspiel des Truppenaufmarsches, den Griff seiner gehalfterten HE-Laserpistole mit der Hand fest umschlossen. Wie für einen Kasrkin üblich, ignorierte der imperiale Grenadier die belanglose Diskussion der ‚Normalen†˜, wie die Eliteinfanteristen andere Soldaten abwertend zu bezeichnen pflegten. Als wären sie von höherer Geburt oder besserem Stand gewesen.

Vielleicht sah er sich nach wie vor in der Wüste, wo er und seine Männer nur knapp den glühend heißen Energien der gewaltigen Nuklearexplosion entgangen waren †“ vermutlich hatten sie sich bei Sichtung des blendenden Aufflackern nuklearer Energie blitzschnell eingegraben. Zuzutrauen war es ihnen.

Schon vor langer Zeit hatte sich Nurin entschieden, über die unerfreuliche Eigenheit des Kasrkin, andere wie Zweitrangige zu betrachten, hinwegzusehen. Jetzt war er froh, dass es ihn inzwischen nicht mehr interessierte. Andernfalls hätte er dem Cadianer nun kräftig ins Gesicht gelangt, nur um danach von diesem auf die Größe einer Briefmarke reduziert zu werden.

»Was denken Sie, Krood?«, wollte er stattdessen wissen.

Der Kasrkin hielt seine Augen weiter auf die gewaltige Armee gerichtet, unwillig, den Panzerkommandanten auch nur mit einem Blick zu bedenken. Seine dunkle Stimme, von der Erschöpfung seines Körpers aufgeraut, transportierte eine tiefe Verachtung gegen die Frage und ihren Steller. »Gibt es überhaupt einen Gedanken daran zu verschwenden? Wieder in die Schlacht!«

Nurin seufzte. Wieder in die Schlacht … als wenn die kläglichen Überreste des 35. Desposia noch dazu in der Lage gewesen wären.

»Sie ziehen also wirklich wieder in den Kampf?«, erkundigte sich eine starke, weibliche Stimme.

Wie elektrisiert wandten sich beide Panzerkommandanten und der Kasrkin-Sergeant um.

Nurin kniff die Augen zusammen. Gegen das Licht der bereits vom Horizont gelösten Sonne ließ sich die Silhouette der Nahenden zur undeutlich ausmachen, und irgendwie vermutete er, dass sie gezielt auf diesen Effekt hingearbeitet hatte.

Nichtsdestotrotz ließ sich erkennen, dass unter ihrer Uniform eine gute Figur lauerte, und die Reife ihrer Bewegungen ließ eine unheimliche Eleganz erkennen, mit der sich normalerweise eine ausgebildete Tänzerin bewegte. Diese Frau war nicht, was sie zu sein vorgab, notierte er sich in Gedanken. Es war besser, wenn er sich vor ihr in Acht nahm.

»Natürlich«; beantwortete Krood die Frage mit einer Selbstverständlichkeit, dass es Nurin kalt den Rücken herunterlief und sein gedankliches Notizheft zuklappte. »Das ist unsere Aufgabe.«

»Mit zwei Männern?« Der beißende Sarkasmus ihrer Worte schallte wie eine Ohrfeige über die Ebene. Sie nickte zu Nurin hinüber. »Und zwei Panzern?«

»Mir ist nicht mehr geblieben«, zwang er sich zu sagen. Viel lieber hätte er den Kopf in den Sand gesteckt.

»Colonel Ekko ist ein guter Mann, der sicherlich niemals vorgehabt hat, Sie in eine derartige Lage zu bringen. Er ist nun einmal etwas eigen, was seine Leute angeht«, erklärte die Frau und bedachte die Männer mit scharfen Blicken aus ihren grünen Augen. Es war ein analytischer Blick, kein stechender. Passend dazu wogte ihr perfektes Gotisch immer wieder zwischen Begriffen und Ausdrucksweisen des Niedergotischen und des Hochgotischen hin und her, pendelte sich allmählich auf die imperialen Soldaten ein. Fast so wie eine Mischung aus einem Kommissar, der die Ausrede eines Soldaten überprüfte und einem Wissenschaftler, der eine neue Subspezies studierte. Oder, um bei Begriffen des imperialen Panzerkorps zu bleiben: Wie das Fadenkreuz eines Beobachtungsperiskops, das den Geschützlauf eines Kampfpanzers führte. Nicht so penetrant wie ein Ziellaser, aber allein schon durch die spiegelnde Optik der klare Indikator einer unmittelbaren Gefahr.

Einmal mehr entschied Nurin für sich, niemals in den Weg dieser Frau zu geraten.

Krood, ebenso Soldat wie er, brach hingegen in einen passiven Widerstand aus. »Er wird dafür sterben«, nahm er die letzten Worte der Besucherin auf.

»Tapfere, aber sinnlose Worte, Sergeant. Das haben schon ganz andere gesagt und versucht. Finden Sie sich damit ab, oder gehen Sie daran zugrunde, Krood.«

Von der in arrogantem Hochgotisch erschallenden, verbalen Ohrfeige direkt im Gesicht getroffen, riss Krood die Augen auf. »Was?!«, rief er aus.

»Es war immer Ekkos Bestimmung, sich selbst umzubringen mit seinem Verhalten«, ergänzte die Frau und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. »Sie brauchen uns nur begleiten, um Augenzeuge dessen zu werden«, lockte sie die Männer erneut.

Nurin, von der Eigenart ihres Vorschlags alarmiert, runzelte die Stirn. »Das klingt wie ein Angebot, das man nicht ablehnen sollte.«

»Ob Sie es annehmen oder ablehnen, bleibt Ihnen überlassen«, erwiderte die Frau, bestrebt, sich selbst aus der Pflicht zu halten, eine Entscheidung für die Soldaten zu treffen. »Ich kann Ihnen nur die Tür aufhalten.«

»Und die Rechnung kommt dann später?« Nurin schnaubte vergnügt. Diese Art der militärischen Taktik war ihm bekannt. In der Tactica Imperalis hieß es: Verleitest du deinen Gegner dazu, einen entscheidenden Fehler zu begehen, besitzt du die Initiative und kannst ihn vernichten.

Ein gewisser General hatte vor kurzem für das Ignorieren dieser Regel nicht nur mit seinem eigenen Leben, sondern mit seiner gesamten Streitmacht bezahlt.

Dass die Taktik auch bisweilen von den eigenen Leuten untereinander angewandte wurde, war Nurin ebenfalls bekannt. Allerdings hatte er stets vermutet, dass nur Kommissare so tief sanken, ihre Untergebenen in eine solch hinterhältige Falle zu locken. Aber wie es schien, waren auch manche Offiziere sehr versiert darin, ihren Kameraden den Erdboden unter den Füßen weg zu graben.

»Wer sind Sie eigentlich wirklich?«, fragte er skeptisch.

»Nur eine Freundin, die glaubt, dass dieses Regiment Männer wie Sie braucht.«

»Als könnten Sie das entscheiden!«, wandte Rand bissig ein. Bisher hatte er es für besser gehalten, sich nicht in das inzwischen wenig subtile Säbelrasseln der drei anderen einzumischen, doch jetzt platzten seine Gedanken einfach aus ihm heraus.

Die Entgegnung sprang ihn postwendend an, verbiss sich mit kalten, nüchternen Worten in der Skepsis des Panzerkommandanten. »Darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Mir ist lediglich Ihre Antwort wichtig.«

Rand verstummte. Darauf konnte er nichts erwidern. Ratlos sah er seinen Vorgesetzten an.

Auch Krood ließ seinen Blick zu Nurin schweifen. In seinen Augen stand nach wie vor das Feuer der Sturheit, mit der er sich in seiner Ablehnung gegenüber Colonel Ekko festgekrallt hatte. Allerdings zeigte er ebenso eine stumme Zustimmung, eine überraschende Reife gegenüber dem Vorschlag ihrer neuen Gönnerin. Ihnen wurde eine interessante Möglichkeit geboten, sich für den Verlust all ihrer Freunde und Untergebenen zu revanchieren. Sie so einfach vergehen zu lassen, wäre purer Dummheit gleich gekommen.

Nurin wandte sich kurz um, blickte hinter sich und erkannte, dass seine Besatzungen aufmerksam geworden waren. Kein Wunder. Bei der Heftigkeit, mit der Rand auf die Bemerkung der Frau reagiert hatte, wäre er vermutlich bereits alarmiert vom Fahrzeug gesprungen, um seinen Vorgesetzten beizustehen.

Dass Ves und Redek sich anschickten, ebenfalls von der Flanke des Destroyers zu rutschen, unterband der Captain mit einem kurzen, abweisenden Wink seiner Hand.

Er wandte sich wieder der Frau zu. »Das lässt sich nicht einfach entscheiden«, wehrte er eine direkte Entscheidung ab. Ihr eine verbindliche Antwort zu geben, sich in Gegenwart seiner Männer auf eine Richtung festlegen, das wollte er wirklich nicht.

Die Frau nickte verstehend. »Wie gesagt: Ich halte Ihnen nur die Tür offen. Hindurchzugehen ist Ihre Aufgabe«, lächelte sie finster und wandte sich zum Gehen. »Aber warten Sie nicht zu lange. Mein Angebot gilt nicht ewig.«

»Nein«, beendete Nurin die Unterhaltung. »Natürlich nicht.« Ob sie seine letzten Worte überhaupt noch mitbekommen hatte, sollte er nie erfahren.

»Eine unheimliche Dame«, murmelte Rand, merklich ruhelos. Der Lieutenant verschränkte die Arme vor der Brust und trat an die Seite seines Schwadronsführers.

Krood nickte zustimmend, während er der Besucherin nachsah. »Was, beim Thron, hat das alles zu bedeuten?« Seine Augen schweiften zu Nurin.

Der konnte lediglich die Schultern zucken.

Was genau die Frau mit ihrem Angebot hatte bezwecken wollen, ließ sich einfach nicht ergründen. Fest stand: es hatte weder mit ihrer Beziehung zu den Truppen des 512. Regiments zu tun, noch mit der Frage, ob er und seine Männer in ihrer nächsten Schlacht in den Tod gingen. Dafür hatten die Worte viel zu berechnend geklungen.

Nein, es war etwas, das er bisher noch nicht wirklich durchleuchten konnte.

Höchstwahrscheinlich stand hinter all dem ein taktisches Kalkül ungeahnten Ausmaßes. Eine ihm ferne, geheime Strategie, deren Auswirkungen sich höchstwahrscheinlich erst auf lange Zeit gesehen erkennen lassen würden.

Nurin ging auf, dass weder ihm, noch einem seiner Männer je eine Chance geblieben war. Wie im Netz einer Spinne hatten sie sich in einem Machtspiel verfangen, dass zwischen dem Colonel des 512. Sera und seinen Offizieren ausgefochten wurde.

Thronverdammt. Sie waren mit der Geschwindigkeit einer abstürzenden Walküre in die Falle geflogen, hatten sich einfangen lassen und waren nun ein Spielball, der zwar noch ziellos hin und her rollte, aber bald den ersten Anstoß bekommen würde.

So viel war sicher.

Allerdings gab es keine wirklich Alternative, denn wenn er ehrlich sein wollte, musste er zugeben, dass ihm auch nicht viel daran lag, sich in einer weiteren Schlacht verheizen zu lassen. Vor allem nicht, wenn ihm vorher nicht die Gelegenheit gegeben wurde, seine Wunden zu versorgen und auszuruhen.

»Ich weiß es nicht«, verbalisierte er seine Ratlosigkeit, wohl mehr, um die eigenen Gedanken zu ordnen, als sein Schulterzucken gegenüber den Männern zu erklären. »Aber mit dem, was sie gesagt hat, hat sie definitiv recht.«

Er drehte sich um.

Die Besatzungen beider Jagdpanzer waren inzwischen von den Fahrzeugen abgesessen und nähergekommen, selbst Kroods Kasrkin waren von irgendwoher aufgetaucht und zu ihnen gestoßen. Höchstwahrscheinlich hatten sie sich direkt aus dem Sand unter ihren Füßen vergegenständlicht, ähnlich wie ein Golem aus Lehm geformt wurde.

»Was uns hier erwartet«, eröffnete ihnen der Captain, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, »ist das alte, wohlbekannte Spiel von töten oder getötet werden.« Er deutete hinter sich, wo die Schlacht einen neuen Höhepunkt erreichte. Inzwischen hatten imperiale Artilleriegeschütze mit dem Beschuss der fliehenden Feinde begonnen. Dumpfes, dröhnendes Husten rumorte über die Kathedrale hinweg, begleitete die dünnen, steil in den Himmel steigenden Rauchfahnen der Tremorgeschosse wie das Donnern den Blitz bei einem Gewitter.

»Dann heißt es wieder: entweder sie« †“ er meinte die Orks †“ »oder wir.«

»Keine wirklich guten Aussichten«, sinnierte Redek ungebetener Weise.

Einer der Kasrkin zischte verächtlich.

»Denken Sie, was sie wollen«, eilte Ves seinem Richtschützen zur Hilfe. Der Fahrer blaffte den Grenadier an. »Ich will Sie sehen, wenn Ihre Rüstung beschädigt und ihre Waffen funktionsunfähig sind!«

Der Cadianer streckte sich zu seiner vollen Größe, erinnerte den Panzersoldaten überdeutlich daran, seine Zunge doch eher im Zaum zu halten. Etwas erwidern konnte er jedoch nicht mehr.

Nurin hob beschwichtigend die Hand. »Gehen wir allerdings mit den Überresten des 512«, fuhr er mit deutlich betonter Stimme fort, um eine drohende Konfrontation weiter zu deeskalieren (wenn das nicht bereits sein Rang tat), »dann …«

»Werden wir höchstwahrscheinlich unseren Verstand verlieren«, beendete Ves den Satz.

Die Panzerjäger lachten verhalten.

»Vielen Dank, Ves«, wandte sich der Captain an seinen Untergebenen, von der Unterbrechung sichtlich genervt. »Aber, nein. Viel eher glaube ich, dass wir dann in ein Machtspiel geraten werden, das zwischen Colonel Ekko und seinen Offizieren ausgefochten wird. Und egal, auf wessen Seite diese Dame steht … sie will uns auf jeden Fall hineinziehen. Aber wir hätten die Gelegenheit, endlich von diesem thronverdammten Aschehaufen zu verschwinden. Somit ist es also unsere Wahl.« Der Desposianer nahm sich einen Moment Zeit, diese verstreichen zu lassen und seine nächsten Worte sorgfältig zu wählen. Doch so sehr er auch nachgrübelte, ihm wollte einfach kein passender Abschluss einfallen. Vielleicht, weil das hier kein militärisches Briefing war, sondern eine Angelegenheit persönlicher Natur. »Das geringere Übel«, sprach er schließlich seine letzte Überlegung aus.

Die Soldaten nickten verstehend, in den Gesichtern von Kareem, Redek und Dilla ließ sich sogar grimmige Zustimmung erkennen.

»Fragt sich nur, was, beim Thron, das geringere Übel ist«, gab Ves in seiner betont lässigen Art zu bedenken.

»Das stimmt«, pflichtete Cedd, einer von Kroods Grenadieren, bei. »Was ist, wenn es sich bei all dem nur um eine Falle handelt, mit der man unsere Loyalität prüfen will?«

Rand schnaubte missvergnügt. »Sehen Sie sich um, Grenadier«, erwiderte er, bevor Nurin es konnte. »Wir haben alles gegeben, um diese Kathedrale zu verteidigen. Kennen Sie eine bessere Möglichkeit, unsere Loyalität zu prüfen?«

»Das sind starke Worte, Panzerkorps«, gab Cedd zurück. »Ich will nur hoffen, dass Sie Recht behalten.«

»Also gut. Ich bin wirklich nicht begeistert von der Art, wie Sie Ihr Spiel spielt«, stellte Nurin klar, um eine erneute Eskalation zwischen seinen Untergebenen und den Infanteristen zu unterbinden. »Aber sie versteht es, ohne Frage.« Er zögerte kurz. »Daher †“ und weil ich ganz genau weiß, dass sich Enforcer eins an diesem Ort nicht reparieren lässt, und ich definitiv nicht mit einen anderen Panzer oder als Infanterist zurück ins Gefecht gehen will †“ denke ich, werde ich für meinen Teil akzeptieren.«

»Wenn Sie gehen, dann gehen wir mit, Boss«, erklärte Rand. Die Männer nickten.

Der Captain nickte dankbar. »Das weiß ich zu schätzen, Lieutenant. Krood?«

»Wenn sie wirklich das kann, was sie behauptet zu können, dann ist sie eine mächtige Frau«, musste der Elitesergeant zugeben. »Es wäre unklug, sich ihrem Willen zu widersetzen. Wenn nicht, dann wird sie als Häretikerin sterben.«

Der Schwadronskommandant verstand. Er nickte lediglich, bevor er es zuließ, seinen Blick über jeden seiner Kameraden schweifen zu lassen. In ihren Augen stand die feste Zustimmung der Dankbarkeit, dass er ihnen eine Entscheidung abgenommen und die Last der Verantwortung auf sich geladen hatte.

Und obwohl es keiner von ihnen aussprach, stand zweifellos fest, wohin sie ihr Weg von nun an führen würde: auf jeden Fall erst einmal runter von diesem thronverdammten Aschehaufen.

»Ich frage mich, ob sie verheiratet ist«, überlegte Ves laut.

Rand runzelte die Stirn. »Warum denn das?« Er war nicht der Einzige, der sich diese Frage stellte.

Der Panzerfahrer zuckte die Schultern. »Mich würde einfach interessieren, ob ihr Mann das vor der Hochzeit auch gesagt hat.«

Auf eine Reaktion brauchte er nicht lange warten. Die Anderen tauschten kurze, resignierte Blicke, dann wandten sie sich ab und trennten sich.

»Hey, Kameraden!«, rief der imperiale Soldat der sich auflösenden Runde hinterher. »Ach, kommt schon! Das war doch witzig, oder?« Sein Blick huschte hilfesuchend zu Nurin. »War es doch, oder?«

Der Captain gab seinem Untergebenen keine direkte Antwort, doch die Art, mit der er sich entnervt über das Gesicht wischte, sagte bereits alles, was es eventuell zu sagen gegeben hätte.

***

Der Stargazer stand auf der verbrannten Erde von Agos Virgil und verfolgte emotionslos, wie die Überlebenden des 512. Regiments Sera über die breite Rampe auf das Truppenschiff marschierten.

Sie sahen schrecklich aus, vollkommen abgekämpft und erledigt. Wer konnte es ihnen verdenken?

Ohne Unterlass hatten die Infanteristen, Panzerbesatzungen und Flieger auf diesem trostlosen Rest einer ehemals zivilisierte Welt gekämpft, ihr Leben und ihre Kameraden für das gegeben, was einst des Imperators gewesen war.

Dreck starrende und von Blut verkrustete Gesichter blickten apathisch an ihm vorbei, konzentrierten sich auf Schmerzen, die tief in ihrem Innern rumorten.

Nicht weniger als ihre Seelen hatte sie verkauft im Tausch gegen das Überleben. Ihre Seelen †“ und ihre Herzen.

Mit gut dreitausend Soldaten waren sie nach Agos Virgil gekommen †“ mit nicht einmal fünfhundert gingen sie von hier wieder weg. Eine traurige Bilanz, auch wenn man den Abwehrkampf, den sie geliefert hatten, als durchaus heldenhaft hätte bezeichnen können. So gut wie ohne schwere Waffen, nur mit selbstgebauten Kampfmitteln und der Hilfe einiger Schützenpanzer, zweier Jagdpanzer und dreier Walküren hatten sie eine ganze orkische Armee aufgehalten und schlussendlich in die Flucht geschlagen.

Auf einer belebten Welt wäre das 512. so in die Geschichte des Imperiums eingegangen. Auf einer vernichteten Schreinwelt wie Agos Virgil hingegen bedeutete dieses Opfer rein gar nichts. Es war wertlos, vollkommen vergebens und niemand würde sich daran erinnern. Also eigentlich genau das, auf das der Stargazer gehofft hatte.

Doch der Blutzoll, den die Basteter dafür zu zahlen gehabt hatten †“ und das Wissen, dass das Universum ihn wieder einmal betrogen hatte †“ ließen den säuerlichen Geschmack des Triumphs nur noch bitterer schmecken.

Er fand nicht einmal die Kraft, eine siegessichere Miene aufzusetzen, um den am Boden zerstörten Soldaten als Vorbild zu dienen.

Wie sollte er auch? Er konnte ihre Empfindungen nachvollziehen, ja, fühlte sogar dasselbe.

Auch wenn sie dem Imperium einen weiteren, glorreichen Sieg über die verbrannte Erde einer einstmals zivilisierten Welt erkämpft hatten †“ für sie war es eine Niederlage ungeahnten Ausmaßes.

Besonders für ihn, der er als ihr Colonel vor ihnen stand und dem sie ihr Leben anvertrauten, wie er ihnen die Ausführung seiner Befehle anvertraute.

Captain Balgor und Captain Solmaar marschierten an der Seite der verbliebenen Truppen vorbei. Es war erschreckend zu sehen, wie stark ihre Verbände in den wenigen Tagen des Feldzugs zusammengeschrumpft waren. Der kurze Blick, den Balgor ihm zuwarf, zeigte seine Gedanken auf. Sie unterschieden sich nicht groß von denen Ekkos. Allerdings stand hinter den dunklen Augen der Schmerz eines anderen Verlustes †“ der einer Freundschaft. Es tat dem Stargazer beinahe weh zu sehen, dass nicht mehr als ein dünner Faden verblieben war, wo einst ein starkes Band existierte.

Es hatte sich aufgerieben wie die Ressourcen des Regiments, war Strick für Strick gerissen, bis schließlich nicht mehr als ein schmaler Grat zwischen Überleben und Vernichtung verblieb.

Aber ging es hier wirklich um Freundschaften, um Ressourcen oder um seine Männer? Ging es nicht viel eher um die Tatsache, dass er in dieser Schlacht die Erfüllung seines Wunsches gesucht und nicht gefunden hatte?

Er hatte einen Teil von ihnen durchgebracht. Sie waren noch am Leben. Doch wie stand es mit ihm?

War nicht er es, der nicht nur mit seiner Seele und seinem Herz, sondern vor allem mit seinem Verstand bezahlt hatte?

Wieder einmal hatten ihn der göttliche Imperator und das Universum auf beinahe groteske Weise um seinen Wunsch betrogen, ihn im Angesicht des Feindes gerettet und somit wieder einmal zu einem Helden gemacht, zum gefeierten ‚Retter von Agos Virgil†˜.

Wäre es nicht so traurig gewesen, er hätte vermutlich resigniert gelacht.

»Ich bin beeindruckt. Dank Ihnen haben wir Seine Prüfung bestanden«, strebte ihm die starke, weibliche Stimme entgegen, riss ihn aus seinen Gedanken wie ein Halsband, an dem gezogen wurde.

Doktor Marith Calgrow stand neben ihm, das silberne Haar streng nach hinten gekämmt.

Sie sah gut aus, musste er sich eingestehen. Trotz der tiefen Augenringe, die sich ihr in den vergangenen Tagen eingebrannt hatten, machte sie nach wie vor einen fitten und unnahbaren Eindruck. Ob Aufputschmittel oder Drogen Grund für diese überraschend unnatürliche Widerstandsfähigkeit waren oder reine Willenskraft, konnte er nicht sagen.

Aber es war auch nicht wichtig. Auf seltsame Weise war er dankbar dafür, dass sie nicht lebte. Ein Grund mehr für ihn, selbst vom Schlachtfeld zurückzukehren.

Er zuckte die Achseln. »So lange Sie nicht vor mir auf die Knie fallen.«

Sie ließ ein entnervtes Seufzen erklingen. Ein Ächzen der Ermattung, das ihre Gedanken wie in einem Prisma widerspiegelte. »Keine Sorge. So beeindruckt war ich dann doch nicht.«

Dann ging sie.

Der Stargazer sah ihr nach, bevor er eine weitere Frau entdeckte, die sein Leben in den letzten Tag stark bestimmt hatte.

Die Sororita †“ Leitis Sile †“ und ihre Schwester standen nicht weit entfernt, sprachen ein lautloses Gebet in Richtung der schwelenden Ruinen, die einst die Kathedralenstadt von Agos Virgil gewesen waren.

Widerwillig nickte er ihnen im Geiste zu, zollte ihnen Respekt für die geleistete Arbeit.

Besonders Sile hatte gut gekämpft und bewiesen, dass sie ihn und seinesgleichen ebenso akzeptierte wie ihre Schwestern. Aber auch ihre Brutalität hatte ihn überrascht. Der junge Soldat Rahael hatte schon ganz richtig gesagt: Sie war ein Engel des Imperators - ein Todesengel.

Abgesehen von den Space Marines, den gewaltigen Golems, die irgendwann im Getümmel der Schlacht verschwunden waren †“ höchstwahrscheinlich überrollt von der Masse der angreifenden Kräfte, hatte sie wohl das größte Wunder dieses Kampfes vollbracht: überall da zu sein, wo sie gebraucht wurde und immer dann einzutreffen, wenn die Not am Größten war.

Und nicht einmal der Hass auf sie und ihresgleichen, der in ihm tobte, konnte ihn davon abhalten, ihr dankbar zu sein.

Und doch: bei der Erinnerung daran, was Leitis Sile für ihn getan hatte, fiel ihm eine weitere, unangenehme Pflicht ein, die es noch zu erledigen galt.

Wortlos griff er das kleine, schwarze Büchlein aus der Brusttasche seines Drillichs, schlug es auf und blätterte bis zum Ende der in ihm enthaltenen Liste.

Die Schlacht von Agos Virgil mochte vorbei sein, doch er selbst war noch lange nicht fertig.

Nach wie vor gab es Namen auf der Liste. Offene Rechnungen, die zu begleichen er leider bisher nicht die Gelegenheit gehabt hatte.

Das sollte ihn nicht stören. Es gab Zeiten, Mittel und Wege. Wie man auf Bastet sagte: Wo ein eiserner Geist, war auch meist ein gepflasterter Weg. In diesem Falle ein Pflaster aus Leichen.

Und wo ein eisernes Herz aus dem Himmel fällt, wird kein Feind mehr stehen.

Mit einem kurzen Blick vergewisserte er sich, dass er nichts übersehen hatte, dann suchte er nach einem Stift, zog ihn ebenfalls hervor und strich den letzten Namen auf seiner Liste durch: Del Mar.

Der Kommissar-General hatte sich schlussendlich doch nicht als der Feind erwiesen, für den er ihn gehalten hatte, auch wenn er ein vom Imperator verfluchtes Arschloch war. Doch konnte der Stargazer von sich sagen, dass er das nicht auch war?

Ohne Frage. Vielleicht sogar noch schlimmer. Allerdings hatte ihm das Universum stets vorgehalten, wie viel Macht es über sein Leben ausübte. Und dies hier war seine kleine Revanche, sein Widerstand gegen Erbarmungslosigkeit und den Zynismus, mit der ihn der Gott-Imperator umherstieß. Lektionen, die er in den vielen Jahren des Schmerzes gelernt hatte.

Und solange sich der Gott-Imperator und das Universum an seinem Schmerz belustigten, würde er weiter Namen notieren und sie bei Gelegenheit tilgen. Und wenn die Heilige Bastet ihren grausamen Humor irgendwann einmal nicht mehr auf ihn, sondern auf den Rest des Universums dirigierte, dann würde er zurückkommen, würde an all die Eingänge, all die Türen klopfen und blutige Ernte halten.

Für den Moment allerdings fand sich sein Hass befriedigt.

»Einer weniger«, stellte er sinnend fest und blätterte zurück.

Es waren noch viele Namen, die er aus seiner Geschichte zu tilgen hatte †“ aus der Geschichte, deren Mittelpunkt er war.

Namen von Brüdern, Schwestern, Progena, Drilläbten, Erziehern, Lehrern, Freunden, Soldaten, ehemaligen Kameraden, Offizieren, Vorgesetzten, Angestellten des Munitoriums und verschiedener anderer Institutionen, Arbites, Söldnern, Sororitas. Namen von Menschen, die um ihn und mit ihm gelebt hatten und dennoch niemals in seinem Leben hätten auftauchen dürfen.

Namen wie Horatius Iglianus, Kolwa Ligrev, Del Mar, Xaja Leren, Kortessa …. Galardin Ekko.

Nein, er war noch lange nicht fertig.

Eine Gestalt trat auf ihn zu. Im ersten Moment war es noch ein schemenhafter Umriss in seinem Blickwinkel, in der nächsten Sekunde jedoch hatte der Mann bereits zu ihm aufgeschlossen und gab sich zu erkennen. Es war Major Carrick.

»Was gibt es?«, fragte der Stargazer, während er Stift und Büchlein zurück in die Brusttasche gleiten ließ.

»Wir sind fertig«, meldete der Major. »Sämtliche Einheiten sind an Bord verlegt und bereit zum Abflug.«

Ein letztes Mal passierten die Erinnerungen Revue, spielten sich als schemenhafte Szenen auf dem zerschlagenen Körper der Himmelskathedrale ab. Von dem Tag, als sie hier gelandet waren, über die Schlacht von Golgarad, den Marsch durch die Wüste, die Panzerschlacht vor den Toren der Himmelskathedrale und den anschließenden Abnutzungskampf, der sie bis in den letzte Ebene der Kathedralenstadt getrieben hatte. Und ihre Rettung durch die Imperiale Armee, als bereits alle Hoffnung verloren war.

Mit gut dreitausend Mann waren sie nach Agos Virgil gekommen. Mit nicht einmal fünfhundert verließen sie diese Welt wieder.

Allmählich wachte der Stargazer aus seiner Abwesenheit auf, nickte abwesend mit Blick auf den vernichteten, schwelenden Bau der einstmals großartigen Himmelskathedrale. »Sehr gut. Dann lassen Sie uns gehen. Es gibt hier nichts mehr für uns zu tun.«

Wie zur Bestätigung sprangen die Triebwerke des Truppenschiffs an, ein markerschütterndes Dröhnen in der leblosen Einöde, das die neu aufbrandende Schlacht dominierte.

Der Major nickte finster, marschierte die Rampe ins Innere des riesigen Raumfahrzeugs hinauf.

Der Stargazer blieb zurück und sah ihm nach. Das also war die Schlacht von Agos Virgil gewesen, der Kampf, bei dem sich sowohl sein Schicksal als auch das seines Regiments entschieden hatte.

Ein enormer Blutzoll †“ und doch: Was seine Liebe ihm prophezeit hatte, war nicht diese Schlacht gewesen. Es war nicht seine Aufgabe, nicht sein wahrer Dienst gewesen. Wieder einmal hatten ihn der göttliche Imperator und das Universum um einen sinnlosen Tod betrogen.

Er ließ sich noch einige Sekunden Zeit und ordnete seine Gedanken.

Ein letzter Blick auf die tote Welt folgte, dann betrat der Stargazer das Landungsschiff als letzter Mann seines Regiments.

Hinter ihm gingen die Ebenen Agos Virgils zu den Klängen der Vierten Imperialen Sonate in Flammen auf.

 

ENDE

 

 

Und damit endet Stargazer nach auf den Schlag genau 400 DinA 4 Seiten, 293.470 Wörtern und fast 2 Millionen Zeichen (MIT Leerzeichen).

Ein Part kommt jetzt noch. Das Nachwort. Das ist mir auch fast so lang geraten wie ein Kapitel. Macht aber nichts. Das ist ja auch nur optional.

Also lehnt euch zurück, zieht euch eine Runde „Space Lion†œ von den Seatbelts rein und genießt es einfach. Wir haben überlebt. Und wir werden abgelöst.

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Stopp! Noch nicht weglaufen! Einen habe ich noch!

*Räusper*

Und so endet die Geschichte, wo sie begonnen hat: In den Ebenen von Agos Virgil, dieser trostlosen Einöde einer von Orks vernichteten Welt.

Damit ist Stargazer beendet, eine Geschichte, die mich seit Mitte 2009 beschäftigt hat. Sie ist recht umfangreich und ausladend geworden, was wohl auch der Tatsache geschuldet ist, dass ich generell sehr umfangreich schreibe.

Es war nicht gedacht, dass sie so endet, denn eigentlich hatte ich geplant, Ekko (wieder einmal) überleben und in späteren Geschichten auftreten zu lassen, aber die Entwicklungen im 40k-Bereich und auch einige eigene Erlebnisse haben mich davon überzeugt, das Abenteuer zu Ende zu bringen und sämtliche Brücken dazu hinter mir zu verbrennen wie Cortez, als er in die neue Welt kam. Dass mir das jetzt nicht ganz so gelungen ist, lassen wir mal außen vor.

Da ich in dieser Zeit viele Eindrücke gesammelt habe, vor allem in meiner Eigenschaft als Autor und Kritiken-erhaltender, der natürlich auch verfolgt, was die Fans, bzw. die Leser seiner Geschichte sagen, möchte ich noch mal ein paar abschließende Worte an euch richten, in denen ich etwas zu der Geschichte, meinen Gedanken, einigen Fragen und schließlich der Leserschaft sagen will. Von daher: Wenn ihr euch das Folgende nicht antun wollt, dann ist ein sehr guter Punkt, um an dieser Stelle aufzuhören und meinen Dank dafür entgegenzunehmen, dass ihr bis zu diesem Zeitpunkt bei mir geblieben seid.

Vielen Dank.

 

Das Werk allgemein:

 

Stargazer war neben meinen anderen Schreibprojekten †“ namentlich drei Freie Arbeiten †“ das Hauptprojekt meiner schreiberischen Tätigkeiten der letzten paar Jahre. Die Geschichte hat mich viele Stunden (und vor allem viele Nerven und einige sehr schlaflose Nächte) gekostet, mir beim Schreiben aber genauso viel Spaß gemacht. Wie bei allen meinen Geschichten haben sich für mich einzigartige Charaktere entwickelt, die sich so und in dieser Form nur in diesem Universum so entwickeln konnten.

Stargazer ist beileibe keine Geschichte, die man als perfekt bezeichnen könnte. Wäre die Geschichte perfekt, wäre ich inzwischen vermutlich bei Black Library angestellt und würde mich darüber ärgern *lach* … oder hätte bereits eine Abmahnung von GW erhalten.

Tatsächlich habe ich viele Fehler gemacht und mit dem Entstehungsprozess teilweise Änderungen und Konzeptumschwünge durchgezogen, die, wenn ich sie mir heute durchlese, mir teilweise falsch vorkommen. Vieles von dem, was Ekko und seinen Leuten passiert ist, würde ich am liebsten überarbeiten oder einfach löschen, weil es meiner heutigen Sicht nach nicht mehr in die Geschichte passt.

Und doch bin ich sehr froh, dass Stargazer geschrieben wurde, denn so habe ich einen Weg gefunden, einen Stil zu entwickeln, der mir nicht nur Spaß macht beim Schreiben, sondern der mich auch über Jahre hinweg motiviert genug gehalten hat, um trotz aller Fehlschläge, Unzufriedenheit und Zweifel an so mancher Idee und manchem Fortschritt in der Geschichte am Ball zu bleiben und weiterzuschreiben.

Für mich waren es vor allem die Charaktere, Männer und Frauen wie Ekko, Sile, Balgor, Rahael, Retexer und andere, die den Reiz an der Geschichte ausgemacht haben. Denn seien wir mal ehrlich: jeder hat schon man mit und gegen Orks gekämpft. Das ist also nichts, was die Welt der WH40k-Geschichten revolutioniert.

Die Charaktere, vor allem die Art, wie sie untereinander und miteinander agieren, ist †“ auf jeden Fall aus meiner Sicht †“ hingegen doch irgendwie einzigartig und war über lange Strecken das Einzige, was mich noch ein wenig an die Welt von 40k gefesselt hat.

Natürlich wurde mir bereits vielfach vorgeworden, Ekko wirke mehr wie ein deutscher Abklatsch von Ciaphas Cain, den ich auch kenne, aber der wohl den wenigsten Einfluss auf meine Geschichte genommen hat.

Also noch einmal: Ekko ist nicht Cain, Cain ist nicht Ekko.

Auch wurde mir vorgeworfen, meine Charaktere arbeiteten mehr wie eine moderne Armee, die ins Warhammer40k-Universum gepresst worden ist, wo eigentlich unsägliche Schrecken herrschen. Wo die schlimmsten Diktatoren unserer Zeit nichts sind. Wo das Grauen unvorstellbar ist.

Ich weiß ja nicht, wie es mit euch steht, liebe Leser, aber was zumindest ich mir nicht vorstellen kann, kann ich auch nicht beschreiben. Was ich nicht sagen kann, kann ich auch nicht erzählen.

Allerdings †“ und das habe ich recht schnell festgestellt, konnte das bisher auch kein anderer Schreiber oder Geschichtenerzählen, von den Fan-Geschichten bis hin zu den ‚fluffiziellen†˜ Autoren. (Also von denen, die ich gelesen habe).

Und wenn es jemand geschafft hat, dann war es so distanziert oder unglaubwürdig beschrieben, dass es schon die Grenzen des guten Glaubens überschritt und so dermaßen unglaubwürdig wurde, dass ich irgendwann aufgehört habe zu lesen. (Und in diesem Satz war jetzt so viel „Glauben†œ drin, dass mich das Ministorum eigentlich zum Priester machen müsste)

Aber ist das nicht irgendwo natürlich?

Wenn ich mich mit Freunden zum Warhammern getroffen habe, dann hörte man auch immer diese Space Marine Kiddies (Nicht böse sein, liebe Kinder), die mit leuchtenden Augen erzählen, dass jeden Tag über 1000 Psyoniker geopfert werden, um den Goldenen Thron am Laufen zu halten.

Also wenn ich versuche mir vorzustellen, wie meine Heimatstadt in gut 3 Wochen leergeräumt wird, dann bleibt mein Kopf irgendwo in einer Schleife hängen. Wenn ich versuche, mir einen Exterminatus vorzustellen, die Energien, die dabei frei werden, dann passiert etwas Ähnliches.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich kann nun einmal nur mit dem arbeiten, was ich kenne; heißt also: Bücher, Codizies und meine eigene Erfahrung, meine Vorstellung und natürlich dem Spannungsbogen, mit dem man ja auch irgendwie arbeiten muss.

Von daher möge man mir verzeihen, wenn die Geschichte nun nicht der Vorstellung dessen entspricht, was sich der geneigte Leser von einen „richtigen†œ 40k-Geschichte vorstellt.

 

Die Charaktere:

 

Hingegen viel Anklang haben Charaktere und Setting gefunden.

Besonders zu Ekko, Sile, der Beziehung zwischen ihnen, Balgor, Ligrev und Carrick fanden an einigen Stellen doch recht kontroverse Wandlungen und Diskussionen statt. Es hat mich wirklich sehr gefreut, dass die Leser (fast durch die Bank weg von dem was an Kommentaren abgegeben wurde), mit Ekko und den meisten anderen Charaktere sympathisieren, bzw. sich identifizieren konnten und ihren Werdegang verfolgt haben.

Um ehrlich zu sein: Ich stehe auf verschrobene Charaktere. Ich arbeite sie gern aus und lasse sie mit der Umwelt zusammenprallen, in der sie leben. Das macht Spaß, ergibt oftmals sehr lustiges Kopfkino und ermöglicht auch ganz unterschiedliche und manchmal unorthodoxe Arten der Lösungsfindung in der Geschichte.

Zudem kann man mit ihnen schnellere und extremere Situationen darstellen als mit einem 08/15-Charakter möglich wären, besonders in Bezug auf ihre Interaktion mit anderen Charakteren. Allerdings macht es das auch schwieriger, sie weiterzuentwickeln und als die Personen zu erhalten, die sie sind.

Tatsächlich bin ich sogar einige Male gefragt worden, ob Ekko bestimmte Anleihen an anderen Figuren aus Büchern, Film oder Fernsehen genommen hat. Das kann ich mit einem definitiven Jein beantworten.

Weshalb Ekko so geworden ist, wie er geworden ist, kann ich eigentlich selbst nicht genau sagen. Ich hatte eine Vorstellung, wie der Charakter aussehen, wie er wirken sollte †“ so wie es bei den meisten meiner Charaktere ist.

Allerdings hatte ich dabei eher ein genaues Bild von der Person, wie sie aussieht, wer sie im Fall einer „filmischen Umsetzung†œ spielen würde. (wer mich in diesem Fall nicht kennt †“ ich gehe immer an eine Geschichte heran, als würde ich sie filmisch umsetzen wollen.)

Während der Zeit, die sich Stargazer hinzog, verwandelte sich der Colonel allerdings sehr viel mehr in eine Idee, die sich schließlich irgendwo zwischen meinem eigenen Irrsinn und einem Mix aus Darstellern und Synchronsprechern einpendelte. Ekko wurde zu etwas eigenem, gebildet aus einer Mischung von John McGinley (der Typ von Scrubs, auch wenn ich Scrubs eigentlich HASSE), Mr. Garibaldi aus Babylon 5, Captain Goto aus Patlabor (wer Patlabor kennt, wird da gewisse Parallelen finden ;-D) und der deutschen Synchronstimme von Nicolas Cage und Sam Fisher: Martin Kessler (bei dessen Stimme ich irgendwie immer zu den besten und coolsten Ekko-Aktionen fand).

Und natürlich Lethal Weapon †“ aber mal ganz ehrlich †“ wem wäre das nicht aufgefallen? ;-D

Nakago hat es einmal ganz gut getroffen, als er Actionszenen mit einem 80ger-Jahre Actionfilm verglich. Nicht, dass es hundert Prozent stimmen würde, aber ein kleiner Funken Wahrheit steckt schon drin.

Schlussendlich sind das aber alles nur Gedanken, denn das, was aus der in den ersten drei Kapiteln noch recht ernsten Geschichte dann so eine verrückte Arbeit hat werden lassen, war eindeutig und definitiv die Zeit, in der ich vermehrt Bücher von Terry Pratchett gelesen habe, der ja auch vor kurzem verstorben ist.

Allein die Idee, in einer für sich selbst funktionierenden Welt derart viele Elemente einzubauen, bei denen sich der Charakter †“ oder vielmehr „die Charaktere†œ †“ entwickeln, aber gleichzeitig so viele Seitenhiebe auf die Genres und die Vorstellung der Leser zu platzieren, ist einfach großartig und hat mir so viel Freude gemacht, dass sie sich von ganz allein in meine Arbeit geschlichen hat.

Ähnlich war es bei sämtlichen Charakteren. Jeder der Hauptcharaktere hatte bereits seinen Platz  eine Besetzungsliste, noch bevor der eigentliche Auftritt der Figur feststand: Captain Balgor, verkörpert von Jeremy Irons, Krood von Armand Assante (nur OHNE HAARE), Retexer von Robert Davi usw.

Das soll keine Festlegung für die Leser sein, sondern nur zeigen, woran ich mich beim Schreiben orientiert habe, bevor mir diese ganze plastische Vorstellung wieder einmal entglitten ist und ich letztendlich nur noch mit Fantasie gearbeitet habe.

Bitte habt trotzdem alle eure eigene Vorstellung der Charaktere. Anders wäre es ja sonst langweilig.

Sile hingegen blieb selbst für mich ein Mysterium, was unter den Charakteren, die normalerweise auf meinen Papieren und am Computer entstehen, eine Besonderheit darstellt, da normalerweise jeder meiner Charaktere von mir gekannt wird.

Allerdings will es mir auch so vorkommen, als wenn gerade das diese unheimliche, undefinierbare Ausstrahlung gestaltet hat, mit der die Sororita ihre Umwelt und die Leser polarisiert hat.

Andere Charaktere haben nicht diesen Erfolg erzielt, besonders das „Infernalische Trio†œ, Gireth, Rahael und Itias haben irgendwie ins … Braune getroffen. Woran genau es lag, kann ich nicht sagen, aber von dem, was ich mitbekommen habe, war es wohl diese Unerfahrenheit, die auf schnelle und brutale Weise „vergewaltigt†œ wird und die Jungs desillusionierte, die nicht zugesagt haben; eben dass die Jungs solche „Heuler†œ sind.

Wobei ich mich da nur wieder Frage, was da von mir erwartet wurde. Die meisten Menschen verzweifeln bereits, wenn ein Verwandter stirbt (man nennt es traurig sein und weinen) †“ wie mag es da sein, wenn das eigene Weltbild zerbricht?

Wie Ekko bereits sagte: Menschen sind keine Helden †“ sie werden lediglich durch die Umstände dazu gemacht.

Und die meisten imperialen Soldaten sind das auch nicht. Es gibt nur ein paar von ihnen. Daher denke ich doch, dass den drei damit Unrecht getan wurde (aber natürlich werde ich mich gern der Leserschaft beugen).

 

Das Setting:

 

Ähnlich wie bei den Charakteren verhielt es sich auch beim Setting.

Wüste und Steppe waren für mich als Schauplätze schon immer interessant, vor allem, da ich mich sehr für Antike, besonders das alte Ägypten, Rom und die Karthager interessiere (später kam dann auch das alte China hinzu)

Zudem haben mich der Wüstenkrieg, sprich also Rommel und Montgomery und Desert Storm, bzw. heutige Nah-Ostkonflike (Golanhöhen, Syrien, etc), schon immer fasziniert.

Daher war es für mich recht reizvoll, eine verbrannte, steppenartige Welt zu kreieren, auf der die Charaktere nicht nur gegen den Feind, sondern auch die Natur kämpfen mussten. Irgendwann trat diese Front zunehmend in den Hintergrund, blieb aber trotz allem als Feind erhalten.

Natürlich haben hier auch wieder Film, Musik und Fernsehen in meine Ideenwelt Einzug gehalten. Ich kann nicht sagen, wie viele Stunden oder Tage ich vor Google gesessen habe, mir Bilder von gotischen Kathedralen, von Wüsten und Steppen angesehen habe, Filme und Dokumentationen zu dem Thema geschaut oder Bücher gelesen habe, um ein Gefühl für das zu bekommen, was dort mit „meinen†œ Leuten passiert.

Und wie die leblose Steppe war auch die Himmelskathedrale ein Traum, ein Gebilde, das über die Jahre, die die Geschichte sich fortführte, zu einem Konstrukt der Macht wurde, einer Hommage an die Urgewalt des Imperators. Ich glaube, ich habe noch nie so gerne ein Gebäude entwickelt wie die mächtige Kathedrale, deren Hauptturm gleich Minas Tirith in die Höhe reicht.

Insgesamt war also diese trostlose, wüstenartige Tundra-Steppe das perfekte Gegenstück zum quirligen Leben, mit dem die verrückten Charaktere die Geschichte gefüllt haben.

 

Dumm gelaufen:

 

Aber leider war es nicht immer der Spaß am Bauen und Entwickeln, der mich beim Schreiben gehalten hat. Nein †“ ich habe auch für mich persönlich mehr oder weniger schlimme Rückschläge erlitten, die nicht nur mit persönlichem Umfeld und Beruf, sondern teilweise auch mit der Sicht auf das Werk und diesem direkt zu tun haben.

Fantastisch wurde es zum ersten Mal, als ich bei einer Website, wo ich die beiden ersten Kapitel eingestellt hatte, nach der Info diese auch in anderen Foren zugänglich zu machen, bezichtigt wurde, das Projekt von jemand anderem gestohlen zu haben.

Nachdem ich mir dort so die eine oder andere Beschuldigung und Vermutung anhören musste, stellte ich die Veröffentlichung dort ein. Man findet die Fragmente des ersten und zweiten Kapitels nach wie vor auf der Seite.

Im Anschluss setzte ich die Arbeit bei Fanfiktion.de, Tabletopwelt.de und GW-Fanworld.de fort.

Während der Zeit ist auch mein Vater gestorben, Freunde sind gekommen und gegangen †“ ebenso wie mein Spaß am Schreiben, an Beruf und Hobby. Man kennt das †“ es heißt Leben.

Ganz spannend wurde es allerdings noch einmal †“ okay, den muss ich jetzt erzählen †“ als ich um das Ende 2012 in einem GW-Laden in meiner Gegend darauf hingewiesen worden (natürlich spiele ich meine Schlachten auch immer mit den entsprechend dargestellten Charakteren und erzähle davon), dass sich sowieso keine Sau für die Arbeit interessiert und ich mir dann doch eher ein Leben suchen sollte, anstatt eine Fangeschichte zu schreiben.

Eine Feststellung, die schon ein wenig wie ein Schlag in die Magengrube wirkt.

Ich weiß natürlich †“ schreiben sollte man für sich und aus Spaß, nicht für andere. Aber mal wirklich … wer schreibt schon zu 100 Prozent für sich selbst? Ein kleines Prozent externer Anerkennung möchte man sich schon einverleiben.

Aber wenn ich von Hinweisen lese, dass gegenüber anderen Fanwerken Aussagen getroffen werden, die sinngemäß lauten, dass sie (GW) es nicht zulassen können, dass ihnen das eigene Universum aus den Händen genommen wird, dann wird man selbst schon nachdenklich. Vor allem, wenn einem dann im GW-Laden so etwas mitgeteilt wird.

Ich schreibe ja im Grunde für sie. Ich bewege mich in ihrem Universum, fülle es (wie aberhunderte andere) mit meinen Ideen, obwohl immer wieder der Eindruck entsteht, dass in jeder neuen Version Fluffangaben revidiert werden, gleichzeitig ständig der Preis erhöht wird und sonst nichts anderes passiert, als dass einem selbst der Spaß am Tabletop flöten geht.

Es ist ja nicht so, als würde ich die Geschichte allen Ernstes verkaufen wollen. Beileibe nicht.

Auch ist mir klar, und vollkommen respektiert, dass dies eine Fanarbeit ist, die in einem Universum spielt, das nicht meines ist †“ und ich werde einen Teufel tun und das negieren wollen. Immerhin stellt GW mir mit der eigenen Erfindung all die Grundlagen bereit, mit denen in dieser Geschichte gearbeitet wurde und ja, das ist auch gut so. Sie mögen ihnen gehören.

Aber mit dieser Arbeit stelle ich meine Sicht auf das Universum von 40k dar. Und von jemandem, der ein so umfangreiches Universum bereitstellt, kann man, glaube ich, erwarten, dass er die Beschäftigung der Fans mit der Materie anerkennt und auch zulässt, nicht nur duldet, bis sie „zu intensiv†œ wird. Diesen Eindruck habe ich allerdings in der Zeit und dem Lesen der Reglements und Geschehnisse erhalten †“ und auch den eigenen Erlebnissen in dem Thema.

Natürlich ist der Verkauf und der Kommerz solcher Fanwerke eine eigene Sache, aber hey †“ mal ganz ehrlich: In anderen Franchises klappt das doch auch. Und bei dem, was bei manchen Black Library-Veröffentlichungen rauskommt, bin ich der Meinung, dass etliche Fanwerke das DEFINITV toppen.

Vor allem aber will ich nicht in einem Games Workshop Laden hören müssen, dass sich für meine Arbeit sowieso keine Sau interessiert und ich mir doch eher ein Leben suchen sollte.

Ich denke nicht, dass das die richtige Art ist, mit Leuten umzugehen, die sich mit den Produkten beschäftigen, die man selbst vermarkten will.

Anstatt also den Fans, die wirklich etwas für das Hobby tun und es mit ihrer eigenen Interpretation füllen, zwischen die Beine zu treten mit dem kindisch anmutenden Gejammer „Das ist mein Universum†œ sollte man sich lieber darauf besinnen, was Warhammer einst groß gemacht hat: Nämlich der Spaß am Hobby. Wenn man das Universum bereitstellt, dann muss man auch damit rechnen, dass jemand anderes damit „spielt†œ und sollte es anerkennen †“ vielleicht sogar gutheißen. Aber nicht auf diese Weise mit Füßen treten.

Und dass ich DAFÜR meine erarbeiteten Charaktere und Standorte hergebe, hat mich mit der Zeit immer mehr demotiviert, wirklich noch etwas an diesem Werk zu machen. Hinzu kamen Änderungen an dem Universum selbst, für die ich mir wieder neue Regeln und Supplements hätte holen müssen, um weiter im Fluff zu bleiben. So macht mir Schreiben keinen Spaß, und das hat wirklich dazu geführt, dass mein Interesse an 40k ganz allmählich zu einem Ende fand.

Ich habe das Thema sogar einmal in einem meiner meist doch sehr langen Kapitelkommentare angesprochen und damit viele Leser vergrault. Mir ist dies sogar persönlich gesagt worden und ich gebe zu: Ja †“ ich bedauere es zutiefst. Nicht nur, dass ein Werk, dass mir so wichtig geworden ist, nach fast dreieinhalb Jahren der Entstehung wie bei einem Börsencrash regelrecht in sich zusammen gebrochen ist, sondern vor allem, dass mich diese „Katastrophe†œ das Vertrauen der Leser gekostet hat.

Das tut mir wirklich sehr leid und ich entschuldige mich bei allen, die dies zum Anstoß genommen haben, ihre Lesetätigkeit einzustellen.

 

Aufgeben oder Beenden?

 

Eine lange Zeit über hatte ich den Spaß an Stargazer verloren, denn dafür, dass diese Geschichte eine freie Fan-Arbeit ist und meine ganzen anderen Projekte, hauptsächlich die über 12-jährige Entwicklung meines eigenen Universums regelrecht weggeschoben hat, habe ich viel zu viel Zeit und Arbeit in die Geschichte investiert.

Daher habe ich auch sehr lange überlegt, Stargazer und dieses gesamte „Ekko-Epos†œ auf mein eigenes Universum zu übertragen, aber bald schon wieder aufgegeben, denn Ekko ist nun einmal Ekko und inzwischen ein fester Bestandteil meiner Sicht auf 40k. So dauerte es bis ins Jahr 2013, bis es mir endlich gelang, einen Ekko ebenbürtigen Charakter zu entwickeln, der die Rolle des Colonels in meinem eigenen Universum übernehmen und mit demselben Mix aus Irrsinn und Genialität operieren konnte, mit dem Ekko sich seine Freunde und Feinde geschaffen hat.

Wer jemals in die Situation kommen sollte, über diesen Offizier zu lesen, wird fraglos viele Parallelen erkennen, denn viel aus meinem eigenen Universum (vor allem Planetennamen und Orte) hatte ich aus purer Faulheit für Stargazer adaptiert, und den verzweifelten Humor und die Action zurück in meine eigene Story importiert.

Aber selbst, wenn sich viel ähnelt, bin ich froh, dass ich keine Kopie von Ekko geschaffen habe, sondern einen eigenen, selbstständigen Körper, der gut in meine Ideen passt und es daher nicht nötig macht, Ekko irgendwann zu eliminieren.

Zudem konnte ich Stargazer nicht einfach abbrechen, denn dafür, dass ich zu dem Zeitpunkt bereits bald 4 Jahre an dem Werk gearbeitet habe, war es mir doch zu teuer.

Und das war/ist auch gut so, denn:  Von Zeit zu Zeit überkommt es mich auch immer wieder, dass ich dieses undefinierbare Gefühl habe, die Geschichte sei nicht abgeschlossen. Charaktere und Ideen für die eine oder andere Geschichte als Fortsetzung existieren mehr als genug, und wäre mein Interesse an 40k mit der Zeit nicht immer mehr erloschen, so würde ich vermutlich gleich mit dem nächsten Abenteuer beginnen.

So aber habe ich wertvolle Erfahrungen gesammelt, mit denen ich mich selbst verbessern kann und die mir helfen, keine Furcht mehr davor zu haben, sich kopfüber in ein neues Projekt zu stürzen. Denn mal ganz ehrlich: Nach sechs Jahren ein Werk fertiggestellt, das für mich so etwas wie ein Begleiter war, das ist schon ein Meilenstein, der mich stolz macht.

Andere Leute schaffen sich für eine so lange Zeitperiode einen Hund an.

 

Weitere Pläne:

 

Stargazer ist vorbei und die Schaffenskrise droht. Was also tun?

Nun werde ich neu beginnen müssen mit einer neuen Geschichte, mit neuen Ideen und neuen Charakteren. Die Entwicklungen laufen, aber aktuell bin ich viel mit den Planungen zu einem Werk beschäftigt, das im Universum von Valkyria Chronicles spielt.

Nebenbei möchte ich die eine oder andere alte Geschichte von mir entstauben und zu Ende führen, sowie einige eigene Ideen verwirklichen.

Warhammer wird kein Teil dieses Fortgangs sein. Zumindest ist es nicht geplant. Ich glaube, wenn ich mich noch mal eine derart epische Aufgabe wage, dann wird es mich wohl genauso alle Sinne kosten wie Colonel Ekko. Haha †“ aber genug davon.

Wie gesagt: Valkyria Chronicles ist mein nächstes größeres Fanfiktion-Projekt. Außerdem habe ich noch den einen oder anderen Reisebericht zu schreiben, den ich auch gerne veröffentlich sehen würde.

Und dann folgen natürlich auch meine eigenen Pläne. Man darf also gespannt bleiben, was noch kommt.

 

Danksagungen

 

Stargazer †“ also nicht nur Ekko himself, sondern die ganze Geschichte †“ hat sich über die Zeit einen eigenen kleinen „Fandom†œ angeschafft, und auch, wenn es jetzt wie pathetischer Stolz klingt … allein auf Fanfiktion.de hatte ich gut 60 regelmäßige Leser, auf Tabletopwelt.de und GW-fanworld.de waren es ein paar weniger. Sogenannte „Schwarzleser†œ, also Leser, die nicht kommentieren, einmal nicht eingerechnet. Insgesamt kommt die Geschichte dabei auf gut 85000 Zugriffe in den 6 Jahren.

Das mag manchem nicht viel erscheinen. Mich allerdings macht es stolz. Vielen Dank! Ich bin wirklich sehr froh, dass die Geschichte trotz der langen Entstehungszeit und den vielen Worten, die zu überwinden waren, solch eine Resonanz hervorgerufen hat.

Das ist für mich wie Standing Ovations für einen Jungregisseur, der sein Debüt vorstellt.

Es war nicht immer leicht mit mir, denn auch ich kann von Zeit zu Zeit mehr oder weniger unausstehlich sein.

Das hat man vor allem in den „schreibdepressiven†œ Phasen gemerkt, in denen ich mich zu drängenden Kommentaren oder eben dem Ausbleiben dieser dann doch recht … deutlich geäußert habe.

Aber vor allem das erhaltene Feedback oder das Ausbleiben dieses haben mich mit der Zeit reifen lassen.

Angefangen als ungeduldiger, leicht reizbarer Hobbyautor, der sich über UNBEDINGTES Feedback gefreut hat, Leute mit seinen Antworten erschlug und sarkastisch, ja sogar BISSIG wurde, wenn es ausblieb, habe auch ich mich entwickelt und mit der Zeit erkannt, wie wichtig der Leser ist (selbst, wenn man nur für sich schreibt).

Ich habe nette Bekanntschaften gemacht, habe mich gefreut, geärgert, aber auch immer über das nachdenken müssen, was man mir gesagt hat.

Ich glaube, es gibt so viele Leute, die mich mit Ideen bombardiert haben, die sich mit bestimmten Kritiken den Weg in meine wunden Punkte ebneten und damit nicht nur den einen oder anderen Kommentar von mir, sondern auch in der Geschichte von Colonel Ekko erleben durften, dass es unmöglich ist, sie alle aufzuzählen. Daher möchte ich hier einigen Stellvertretern danken.

Danke erst einmal an alle Leser, ob sie nun lediglich gelesen oder auch kommentiert haben. Vielen Dank für die lange Zeit, die ihr diese Geschichte ausgehalten habt.

Ich danke euch allen dafür, dass ihr am Werden von Stargazer teilgenommen habt, ich entschuldige mich bei denjenigen, denen ich nicht nur mit meinen manchmal sarkastischen Kommentaren, sondern auch mit anfangs immer wieder fordernden Aufrufen nach Kommentaren auf die Nerven gegangen bin, und bei jenen, die ich mit meiner Entscheidung, Stargazer abzuschließen und die Geschichte dann zu beenden, die Lust am Lesen genommen habe.

Ich möchte auch den Kommentatoren danken. Ich habe über die Zeit so viele Kommentare von Lesern wie Avalus, Burnz, Duniash, Sarash, Daniel Baas, Haran, DerVertrauter6, Shadowrunnersan, SanShine, Maitre, Elixier, llaasam, Schneeelfe, Darth Sinn und anderen erhalten, dass ich mich nur verneigen kann und möchte vor der Bereitschaft, sich auch zu dem Geschrieben zu äußern und es nicht nur zu genießen.

Danke an diejenigen, die Stargazer zum Anstoß genommen haben, eine Imperiale Armee auszuheben. Ich muss jedes Mal lachen, wenn ich das höre, weil ich mir wirklich nicht vorstellen kann, dass meine Geschichte jemanden so beeindruckt, dass er seine Eldar zur Seite legte und ein Regiment imperialer Truppen aushebt. Aber es scheint wirklich so zu sein, daher ziehe ich meinen Hut vor solchem Mut und sage: Danke! Vielen Dank!

Danke auch an diejenigen, die mir von Zeit zu Zeit wieder einmal auf die Finger geklopft haben und nicht immer mit mir und meiner Arbeit zufrieden waren, dies aber immer auch kundgetan haben und mir die Möglichkeit gaben, gegenzusteuern und nicht nur die Geschichte, sondern auch mich zu entwickeln.

Euch allen gebührt mein Dank für die lange Zeit, die ihr in dieser wirklich epischen Entstehungszeit an meiner Seite geblieben seid und euch habt leiten lassen durch den Blödsinn, den ich manchmal fabriziert habe.

Danke!

Außerdem richte ich meinen Dank an Susanne Habermann, die ich irgendwann in den 2010ern kennengelernt habe, und die für mich zu einer, wenn auch eher unbekannten, Freundin geworden ist.

Als Zeichnerin, die zuerst Rollenspielcharaktere für mich zeichnete, später aber auch Charaktere für meine Projekte (so auch Stargazer), hat sie mir immer ein wenig mehr gedankliche Arbeit abverlangt, als ich ursprünglich in die Charaktere und deren Aufmachung investiert hatte, hat mir Fragen gestellt und mir auch die eine oder andere Idee beigebracht.

Sie war irgendwie auch mitverantwortlich dafür, dass ich immer wieder fortgeschritten bin mit meiner Arbeit an Ekko, denn irgendwo brauchte ich ja auch selbst eine kleine Motivationsbasis, um die Beschreibung der Charaktere und bestimmter bildlicher Vorstellungen genügend Wirklichkeit werden zu lassen, dass sie sich darin einfand und schließlich auch etwas zu Papier bringen konnte, mit dem ich zufrieden war.

Vielen Dank, Susanne! Und auf viele weitere Jahre voller verrückter Schriftwechsel und viel Spaß, sowohl beim Zeichnen als auch beim Schreiben!

Dann muss ich auch ein Wort an Nakago richten, der hier natürlich nicht fehlen darf. Seit 2010 hat er mich als regelmäßiger Fluffinator begleitet und mir in den Nacken geklatscht, wenn ich es mal wieder zu bunt trieb mit der Ausschmückung der Welt - oder nicht bunt genug.

Lieber Thomas †“ wir sind teilweise wirklich stark aneinander gerasselt. Nicht nur bei Stargazer, sondern auch bei so manchem anderen Werk, über das uns dünne Fäden gemeinsam gezogen haben. Man denke nur mal an die Gavri-Geschichten, die ich immer stets ein wenig kritisch gesehen habe, oder aber die Lone-Wolf-and-Cub-Story, die du zum Universum von Walking Dead geschrieben hast.

Es war nicht immer leicht, für mich nicht mit dir, für dich nicht mit mir †“ aber ich behaupte einfach einmal, dass es immer Spaß gemacht hat. Und ich hoffe, dass du mir auch über Stargazer hinaus als Kommunikationspartner erhalten bleibst, wenn auch nicht als Fluffinator.

Du hattest (und hast immer noch) stets irgendwo noch eine Idee in der Hinterhand, die mir in jenen Momenten, wo so mancher das Buch zur Seite legt und sich stattdessen an einen Wasserspeier hängt, wieder die Möglichkeit gegeben haben, meine gerade bröckelnde Fassade zu gipsen und weiterzumachen. Und dabei kennen wir uns gar nicht einmal so gut.

Ich danke dir sehr für die Zeit und den Spaß, für die ernsten Schriftwechsel und auch den Blödsinn, der dabei rausgekommen ist. Vielen Dank!

Zu guter Letzt danke ich demjenigen, der meine Arbeit wohl am meisten beeinflusst hat: Jax von Fanfiktion.de. Wir beide haben uns über Geschichten zu Honor Harrington kennengelernt und am Anfang darum gewetteifert, wer welche Bücher schneller durchhatte.

Irgendwann habe ich verloren †“ ja, auch weil die Werke (ich sprach es oben im Rahmen 40k an) für mich so an universumsbezogenem Realismus verloren haben, dass sie lächerlich wurden und ich den Spaß daran verloren habe.

Aber darüber haben wir auch unser Interesse für viele Dinge wahrgenommen. Zusammen gezockt, gequatscht †“ ich habe ihm in schweren Zeiten geholfen, er wiederrum mir über so manche Schaffenskrise.

Er war immer mein Testleser. Wenn Jax sich vor Lachen nicht mehr halten konnte, dann wusste ich, dass ein neues Ekko-Kapitel bereit war, auf die Welt losgelassen zu werden. Und wenn er murrte, tja … dann musste ich noch einmal über den Irrsinn rüber.

Er war nie so der Fluffpast wie Nakago, aber er war etwas, das für mich stets genauso wichtig war: Er war ein Ekko-Versteher. Er konnte immer nachvollziehen, wieso ich etwas geschrieben hatte, wie ich es geschrieben hatte, und wenn es „Thronverfluchte Scheiße†œ war, dann hat er es mir gesagt.

Mit Kommissar Reit hat er sogar seinen eigenen Charakter in die Geschichte eingeführt, und auch, wenn er diesen später selbst nicht mehr verfolgt hat, so hat sich im Rahmen von Stargazer damit ein eigenes kleines Denkmal gesetzt †“ der Schlingel!

Über die letzten Monate hat sich unser Kontakt schließlich nach vielen Jahren der Freundschaft allmählich zur Ruhe gelegt und jeder geht jetzt seiner Wege. Dennoch möchte ich mich vor der Geduld und der Weisheit verneigen, mit der Jax die vielen Jahre ausgehalten hat, wo andere bereits kopfschüttelnd abgerückt wären. Vielen Dank!

Das heißt aber auch: Die Geschichte von Reit wird, wie viele andere, nicht von mir aufgelöst, denn auch die Leser dürfen sich ihrer Vorstellung ergeben, was mit einigen Charakteren während des Abenteuers geschehen ist.

Doch da Reit nach wie vor Jax†™s Charakter ist, möchte ich ihm die Verantwortung nicht aus der Hand nehmen. Wer also wissen will, wie es um Reit, Jenkins und Ritia steht, was sie vor der Schlacht von Agos Virgil gemacht haben, oder zu welchen Abenteuern sie danach aufbrechen, der möge Jax Löcher in den Bauch fragen!

Diesen Leuten danke ich, stellvertretend für all jene, die sich an der Entstehung dieses Werkes beteiligt haben, sei es nun, weil sie mehr oder weniger aktiv daran beteiligt waren oder einfach nur, weil sie mir als Leser stets einen kleinen Schritt in Richtung Fertigstellung dieses Werkes ermöglicht haben.

Und zu guter Letzt †“ und trotz allem … muss ich auch Games Workshop danken. Immerhin ist Warhammer 40k ihre Erfindung und damit ihr Universum, in dem sich Colonel Ekko bewegt. Und auch, wenn ich von vielem enttäuscht bin, was ich mir so habe anhören und erleben müssen, bin ich doch froh, dass so etwas wie das Universum von Warhammer 40.000 existiert. Denn mal ganz ehrlich … wer von uns kämpft nicht von Zeit zu Zeit mit seinem recht explorativen Bösen?

Es macht mich froh, dass ich so viele Wegbegleiter hatte für meinen eigentlich fast schon ersten richtigen Versuch eines großen, zusammenhängenden Werkes hatte und ich hoffe, dass mir der eine oder andere auch nach Abschluss dieser Arbeit vielleicht bei der einen oder anderen Geschichte als Leser oder Helfer erhalten bleibt.

Und selbst, wenn nicht: Wenn ihr mögt, empfehlt mich oder die Geschichte weiter, verlinkt Stargazer, lasst mir Favos da und gebt es zu: Ihr mögt Ekko! :-D

In diesem Sinne noch einmal ein ganz herzliches Arigatou Gozaimasu, auf bald in einer neuen Geschichte in einem anderen Universum und viele weitere Stunden Spaß und Wahnsinn!

 

Ghostleader/Stargazer/SisterMaryNapalm/Michael Minden (sucht euch einen aus)

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Also ne kleine Träne verdrück ich ja schon weils vorbei ist. Allerdings hast du die Geschichte sehr rund und sauber zum Abschluss gebracht. Eigentlich war es bei Eckos glück im Unglück ja nicht anderst zu erwarten. Ihm wird auch immer der Imperiumstypische Patos verwehrt. Ich stelle mir den Heimflug auch als sehr lustig vor, in dem Ecko von Sile gestalked wird, Kroot die Nase über jeden rümpft und Carrick vermutlich davon träumt selbst ein Regiment zu führen wenn er groß ist. :)

Deine Einstellung zu GW kann ich im übrigen unterschreiben. Wenn man mal bedenkt, dass die einen ano 2006 noch ermutigt haben seine eigenen Geschichten und Regimenter zu erfinden... Naja lassen wir das.

Über das Danke hab ich mich besonders gefreut. :)

Ich hoffe du stellst deine zukünftigen Werke auch wieder online. Das hier fand ich sehr unterhaltsam und gerade dadurch, dass sie nicht so überzogen war, fand ich es auch durchaus stimmig.

bearbeitet von Burnz
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Weil mir Warhammer Fantasy einfach spaß macht!

Meine Abenteuer durch Necromunda

Kreuz und Quer durch die Alte Welt mein Mortheim Projekt

+++ Schüler des Todesstoßkults +++

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Hey Ghostleader/Stargazer/SisterMaryNapalm/Michael Minden (ich nehm einfach alle)

 

Danke für das schreiben der Geschichte.

 

Ich habe die letzten beiden Kapitel und das Nachwort gelesen und wie immer am ende einer guten Geschichte, bin ich froh und traurig darüber, dass sie zu Ende ist.

Und bei aller Kritik von uns Lesern und auch besonders .. naja von dir selbst im Nachwort, Ekkos geschichte gehört definitv zu den Guten Geschichten.

Ich bin für ein richtiges zusammenfassen gerade noch etwas mitgenommen, sorry. Ich werd da denke ich noch mal was schreiben. Allein schon für die Spannung, mit der ich jedem neuen Teil entgegengefiebert habe. Die Charakterentwicklung und die ausladende Beschreibung der Schauplätze waren auf jedenfall die DInge, die mich wirklich an die Welt in der Geschichte gebunden haben, das hast du finde ich einfach großartig hinbekommen.

 

Zu Kommentaren: Es fällt mir schwer, konstruktiv zu Kommentieren aber deine ... Forderung nach Kommentaren hat mich dazu gebracht, jedes kapitel sorgfältiger zu lesen. Viele Anspielungen haben mich auch zum Schmunzeln gebracht, aber die wollte ich dann nicht anmerken, um es nicht für andere Leser kaputt zu machen. Überhaupt finde ich es immer schwierig, in eine laufende Geschichte zu kommentieren, das unterbricht irgendwie den Fluss. (das Problem habe ich auch bei Nakagos Geschichten ... ).

Hm das ist jetzt alles etwas inkohärent ... ich sollte besser schlafen und dann denken und dann kommentieren... .

 

Viele Grüße

Avalus / Maximilian

 

Ps: Wenn du eine neue Geschichte, auch auf einer anderen Plattform beginnst, lass es uns wissen. Ich mag deinen Schreibstil. Und ich würde auch Bücher von dir kaufen (Besser als Black Library bist du ja sowieso ;D)

 

PPS:  Verdammt, da hat mich Burnz mit seiner Antwort geschlagen.

 

Also ne kleine Träne verdrück ich ja schon weils vorbei ist. Allerdings hast du die Geschichte sehr rund und sauber zum Abschluss gebracht. Eigentlich war es bei Eckos glück im Unglück ja nicht anderst zu erwarten. Ihm wird auch immer der Imperiumstypische Patos verwehrt. Ich stelle mir den Heimflug auch als sehr lustig vor, in dem Ecko von Sile gestalked wird, Kroot die Nase über jeden rümpft und Carrick vermutlich davon träumt selbst ein Regiment zu führen wenn er groß ist.

Genau diese Szene hatte ich auch im Kopf, nur das Nurin im hintergrund versucht einen neuen Jagdpanzer zu stehlen. (Und mit dem Unterschied, dass ich sie beim besten willen nicht ausformulieren konnte!)

bearbeitet von Avalus
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Meine bunten Allgemeinprojekte: Avalus Armeen II (aktuell), Avalus Armeen I (Geschlossen)

Spezifische Armeeprojekte: Imperiale Armee Schnelle EingreiftruppeProjekt 500: Orks (Doch nicht im Warp Verschollen)

 

Beste Beschreibung meines Malstils:

"Einen Avalus bauen: Ein Modell kaufen und jede Farbe aus dem Mega-Paintset mal dran ausprobieren, 95% davon fuers Base." Garthor

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So, da ich endlich wieder im eigenen Thread posten kann, schreibe ich hier auch noch mal hin. Nicht, dass nachher noch jemand meint, ich würde meinen Lesern nicht antworten :-D

@Burnz:

Danke für die kleine Träne. Sie bedeutet mir sehr viel! Schön, dass du dich über das Danke gefreut hast. Das gilt natürlich für alle †“ auch für diejenigen, die ich nicht aufgeführt habe, da es einfach so viele waren, die öffentlich oder per PN kommentiert haben.
Ich bin froh, dass dir die Entwicklung des Endes gefallen hat. Es gab eine viel düstere, in der Ekko mitten im Kampf gestorben wäre und die Geschichte mittendrin einfach geendet hätte, aber wie damals Kennedys Redenschreiber bei der Kuba-Krise die Kriegserklärung gegen Kuba nicht schreiben konnte, konnte ich auch Ekkos Ende für mich selbst nicht gerade überzeugend rüberbringen.
Daher habe ich mich für die (eigentlich für die Fortsetzung) geplante, originale Endung entschieden.
Schön, dass sie sich nahtlos in das bisherige Werk einfügt.
Ja †“ die Fortsetzung. Was du (und auch Avalus) als Ideen eingeworfen habt: So ähnlich wäre es wirklich gewesen. Bezeichnendes Zitat von Ekko und Balgor: „Warum schmeißen wir ihr nicht einfach einen Jagdpanzer auf den Kopf? Bei den Orks hat es doch auch funktioniert!†œ †“ „Ich glaube nicht, dass Nurin davon begeistert sein wird … jetzt, wo sie die Kiste gerade ausgebeult haben.†œ
Und wenn ich mal wieder ein Werk vom Stapel lasse (das hoffentlich nicht 6 Jahre dauert), dann werde ich euch gerne informieren :-D

@Avalus

Ich kann mich nur widerholen: Vielen Dank für†™s Lesen.
Was die Kommentare betrifft: Natürlich ist es schwer, in ein laufendes Werk zu kommentieren. Das verstehe ich gut. Ich habe auch mal andere Werke kommentiert. Aber genau deswegen weiß ich auch, dass ein fehlendes Feedback beim Schreiben ebenso hinderlich sein kann wie ein zu starkes Feedback. Die ersten Wochen, in denen ich die Geschichte hochgeladen hatte, kam rein gar nichts zurück, was in mir als Schreiber die Frage aufkommen lässt, ob sich überhaupt jemand damit beschäftigt, oder ob das Werk nicht gut ist, da die „Viewerzahlen†œ steigen, aber die Rückmeldung ausbleiben.
Na ja †“ wie auch immer: Neue Werke kommen von mir †“ wohl hauptsächlich  - auf Fanfiktion.de, da es schwierig ist, auf meinen nun angepeilten „Fandoms†œ und freien Arbeiten in einem 40k Forum aufzubauen. Aber natürlich werde ich euch gerne informieren und vor allem dann auch informiert halten.
 

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