Jump to content
TabletopWelt

Moraldebatte zu WWII-Tabletop (Bolt Action)


Empfohlene Beiträge

Edit: Liebe Leserin, lieber Leser. Wenn du erst jetzt auf diesen Thread gestoßen bist, ein kleiner Rat: Lies ihn nur bis Seite 3 und erlebe eine sachliche und informative Diskussion. Das was danach kommt... äh... uff.

Hallo liebe Leute. ;) Ich wurde jetzt schon des Öfteren in meinem örtlichen Tabletop-Laden angesprochen, doch einmal "Bolt Action", ein ziemlich schick aussehendes TT-System auszuprobieren, das im zweiten Weltkrieg spielt.

Im örtlichen Store spielen die Leute also plötzlich Ardennenoffensive und Co.

Erstmal geschluckt, aber trotzdem die Sachen mal vorurteilsfrei angeguckt. Figuren sind handwerklich top, das Regelwerk soll angeblich großartig sein und Möglichkeiten für Geländebau gibt es massig. Trotzdem bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Ich weiß nicht, ich hab irgendwie keine Lust "richtigen" Krieg zu spielen. Schon gar nicht einen, von dem unsere Eltern- und Großelterngeneration noch unmittelbar betroffen war.

Ich habe nix gegen historische Tabletops im Allgemeinen, sofern die historische Distanz groß genug ist. Aber kann die Distanz zu Waffen-SS und Wehrmacht eigentlich jemals groß genug sein? Ja, Bolt Action ermöglicht (unter Anderem) das Spielen einer Waffen-SS-Armee.

Und auf der Herstellerseite bekommen wir unsere individuellen Würfelbeutel dazu. Wie wäre es mit einem Beutelchen für unser Afrika-Korps? Kommt mit Bananenpalme und dickem Hakenkreuz.

Es ist eine Sache, Miniaturen beim Zusammenbau oder der Bemalung mit irgendwelchen Symbolen oder politischen Statements zu "zieren". Aber dass die fertig vom Hersteller zu beziehen sind... Also ich weiß nicht.

Und dann dieser Titel: "Bolt Action". Schön zweideutig. Einerseits das Bolt Action Rifle, ein Gewehr, andererseits, nun ja: Bolt im Sinne von Pfeil oder Blitz. Was soll das? Blitzkrieg Action? Der zweite Weltkrieg, der 60 Mio. Menschen dahinraffte, als actionreiches Tabletop?

Mir behagt das irgendwie nicht. Ich könnte so eine Armee in meinem Schrank vor niemandem rechtfertigen. Und selbst wenn: Ist es wirklich so toll, wenn sich in einem Umfeld, wo normalerweise Space Marines und Trolle gegen andere Viecher kämpfen, die Landung in der Normandie nachgespielt wird? Folgende Situation: Kinder und ihre Eltern kommen auf eine Messe/in ein Ladengeschäft/ein Turnier oder sonstigen Berührungspunkt mit dem Tabletophobby. [Edit: Wichtige Anmerkung. Die folgenden, kursiven Sätze sind überspitzt (=ironisch) formuliert. Eine solche Situation hat so natürlich NICHT stattgefunden!] Der Verkäufer oder Gastgeber erzählt den besorgten Erziehungsberechtigten gerade was von "kreativen Aspekten, der Bemalung, den Fantasyfiguren wie bei Tolkien, dem großen pädagogischen Potential usw." während im Hintergrund am Spieltisch jemand erfreut ruft: "Ja, hab ich dich gekriegt, du Drecksack! Mein SS-Hauptmann hat wieder zugeschlagen!"

Kann unsere kleine Szene sowas gebrauchen??

Ich wünsche mir keine Debatte über die regeltechnischen Vorzüge des Spielsystems (die Regeln bei Bolt Action sollen wirklich sehr gut sein), sondern eine (nicht zu) emotionale Diskussion über Sinn und Unsinn solcher Spiele.

Was haltet ihr davon? Bin ich da überempfindlich, seltsam und langweilig? Oder sind die anderen irgendwie etwas unbedarft und naiv? Wer spielt Bolt Action vielleicht selbst und kann uns sagen, wie er oder sie es sieht?

bearbeitet von Thorus84
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Also als Kind/Jugendlicher habe ich mit Freude die ganzen Revell-Kits zusamengebaut und angemalt, ohne mir was dabei zu denken. War ne Menge Wehrmachtskram dabei. Heutzutage spiele und male ich nur Fantasysache an. Ich gebe zu, dass mir zB die Figuren des Todeskorps gefallen oder auch von Dust Tactics. Die nehmen ja in ihren Designs direkt Bezug auf 1./2.WK. Vielleicht würde ich das spielen, wenn es in meinem Freundeskreis jemand tun würde. Bolt Action würde ich nicht spielen. Einerseits interessieren mich die realsitischen Modelle heute überhaupt nicht mehr und mir wär wohl auch nicht ganz wohl bei der Sache. Dabei bin ich sonst nicht so politisch korrekt und ich möchte auch niemandem etwas vorwerfen, der Spaß mit dem Spiel hat.

Unabhängig von der TT-Szene stört mich etwas, wie sorglos mittlerweile auch in Deutschland (woanders war es da schon lange "schlimmer") mit diesen "Kapiteln der Geschichte", wie man so schön sagt, umgegangen wird. Diese populärkulturelle NS-Rezeption. Sei es nun Prinz Harry verkleidet als Nazi oder die sexy SS-Offizierin beim Incursion-Kickstarter.

Skirmisher-Malkrieg 2016 - Mortheim/Frostgrave vs. Warlord/FreebootersFate/Godslayer

 MH/FG   69 : 0   WL/FF/GS

Mortgrave-Sympathisant

Und es zogen vier Scharen gen Mortheim - Mein P500
 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Null Problem(e) damit. Mich stört eher die Dauerbetroffenheit zu/bei dem Thema. Wenn jemand Lust darauf hat, WWII zu spielen, dann soll ihm doch auch erlaubt sein, alle (!) Kampfverbände der Deutschen zu nutzen. Ich sehe da das Problem wirklich nicht. Claudia Roth wäre zwar betroffen...aber das ist sie immer. :)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Was haltet ihr davon?

Ich sehe das so ziemlich genauso wie du.

Für mich ist die Thematik 2. Weltkrieg wegen der verhältnismäßig geringen historischen Distanz kein Unterhaltungsmaterial und ich verstehe nicht, warum es gerade das sein muss, wenn es doch an Alternativen nicht mangelt.

Mir ist bewusst, dass meine Position letzten Endes inkonsequent ist, da Krieg immer schlecht und folglich Krieg spielen immer problematisch ist, aber das ändert nichts an meiner Haltung.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Vorweg: Ich selbst spiele noch kein Bolt Action, liebäugel aber schon seit ein paar Monaten mit dem System.

Nur gerade ein paar Gedanken meinerseits:

Und dann dieser Titel: "Bolt Action". Schön zweideutig. Einerseits das Bolt Action Rifle, ein Gewehr, andererseits, nun ja: Bolt im Sinne von Pfeil oder Blitz. Was soll das? Blitzkrieg Action?

Hier geht Warlord Games einfach nur konsequent ihren Weg bei der Benennung der Regelsysteme bzw. Epochen: Pike & Shotte, Black Powder, Bolt Action.

Hier ein Wortspiel sehen zu wollen, halte ich für zu sehr an den Haaren herbeigezogen. Zumal die Engländer selbst den BEgriff Blitzkrieg verwenden oder eben Lightning War (zumindest laut Leo Dictionary für eine erste Übersetzung)

Der zweite Weltkrieg, der 60 Mio. Menschen dahinraffte, als actionreiches Tabletop?

Ich sag nur 40K. Was ist mit Exterminatus? Eine Welt mit Abermilliarden Menschen wird durch orbitale Angriffe mit Chemiewaffen ausgelöscht. Die Menschheit wird von einem Gottkaiser regiert, dem jeden Tag hunderte von Astropathen geopfert werden. Ein faschistoides Regierungssystem, dass alle Andersartigen Lebewesen und entgegengesetzte Überzeugungen mit gnademlosen Hass und Intoleranz begegnet. Und das sind noch die "Guten" bei 40K.

Klar, es ist nur Fiktion. Aber nach meinen bisherigen Erfahrungen gehen historische TT'ler reflektierter und kritischer mit den Inhalten ihrer Spielsysteme um als Leute, die Fantasy oder SciFi Systeme spielen.

Ich habe nix gegen historische Tabletops im Allgemeinen, sofern die historische Distanz groß genug ist. Aber kann die Distanz zu Waffen-SS und Wehrmacht eigentlich jemals groß genug sein? Ja, Bolt Action ermöglicht (unter Anderem) das Spielen einer Waffen-SS-Armee.

Und auf der Herstellerseite bekommen wir unsere individuellen Würfelbeutel dazu. Wie wäre es mit einem Beutelchen für unser Afrika-Korps? Kommt mit Bananenpalme und dickem Hakenkreuz.

Für mich kämen solche "Devotionalien" auch nicht auf den Tisch, historisches System hin oder her.

während im Hintergrund am Spieltisch jemand erfreut ruft: "Ja, hab ich dich gekriegt, du Drecksack! Mein SS-Hauptmann hat wieder zugeschlagen!"

Kann unsere kleine Szene sowas gebrauchen??

Sehe ich ähnlich, aber da sehe ich auch die Mitspieler bzw. LAdenbesitzer in der Pflicht sowas nicht kommentarlos hinzunehmen, sondern solche Spieler in die Schranken zu verweisen.

Der Verkäufer oder Gastgeber erzählt den besorgten Erziehungsberechtigten gerade was von "kreativen Aspekten, der Bemalung, den Fantasyfiguren wie bei Tolkien, dem großen pädagogischen Potential usw."
Ich würde bei meinen Eltern mit einem historischen System eher auf VErständnis stoßen als mit dem ganzen fiktionalen Kram.

Das waren gerade meine ersten Gedanken...

Fazit: insgesamt ein schwieriges und emotionsbeladenes Thema. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber ich würde es niemandem absprechen oder ausreden wollen, wenn er oder sie ein historisches System spielt. Und wenn ich mich mit dem Setting unwohl fühle oder ich meine Probleme damit habe muss ich es ja auch nicht spielen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hollywood und Computer-Spiele haben das Thema doch ebenfalls schon tausende male behandelt und durchgekaut.

Davon ab, ich hatte zuerst auch so meine Bedenken...darf man das?

Aber einfach mal ein kurzer Realitätscheck zeigte mir dann das die meisten Leute das Thema bei weitem mit weniger Betroffenheit behandeln als man denken könnte.

Ohne das da eine Verherrlichung oder so stattfindet.

Ultra Within, Ultra Without!

**Runenprophet

Hauclir Fan

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich sehe das ähnlich. Mich stößt das aber auch bei historischen Tabletops abseits vom 2. Weltkrieg ab. Ich möchte auch keine Zulukrieg, 30jähriger Krieg, Bauernkrieg oder afrikanische Kriege der Neuzeit spielen.

Das häufige Gegenargument "Warhammer ist aber genauso schlimm!" kann ich nicht aktzeptieren. Das ist eine fiktive Ebene und nicht eine historische Begebenheit.

Davon ab, sind vergleichbare Gräueltaten auch dort nicht als "gut" (innerhalb des moralischen Kompasses des Settings) bewertet. Sprich Dinge wie Todeslager, Euthanasie, Eugenik, Menschenversuche oder ethnische Säuberungen werden auch da von den "Bösen" begangen und nicht von den Sympathieträgern.

Beispiel:

Der krude Chaos Todeskult von Sholen Skara auf Sapiencia, wo gezielt ein (Auto-)Genozid betrieben wird. Da es sich dabei um das Chaos handelt, was mordet, ist da wenig Sympathie vorhanden und es ist vor allem "Guck mal wie böse die sind!".

Die Deportation und Sterilisierung der Einwohner von Armageddon nach der 1. Schlacht um Armageddon gegen Angron und die World Eaters um die Kenntnis um das Chaos gering zu halten.

Moralisch mehr als fragwürdig, wird aber dann auch durch einen Protagonisten (Logan Grimnar) dann auch entsprechend verurteilt.

Ebenso mag ich das Argument "PC-Spiele sind aber genauso schlimm!" nicht hören. Wieviele PC-Spiele gibt es in denen man SS spielen kann? Oder Achsenmächte generell? Mir fallen da nur sehr wenige ein (Company of Heroes, Panzer General und ein paar andere Rundenstrategiespiele vielleicht noch). Aber die SS?

Ich verstehe, dass es eine differenzierte Wahrnehmung in anderen Ländern gibt (kenne ich selber als dem Living History Bereich, wo wir in Belgien oder Polen ganz alltäglich WWII Reenactment erlebt haben) und dort die Befindlichkeit eine andere ist.

Das ist vermutlich den ungleichen Anteilen der Kriegsparteien am Leid und Tod des Krieges und der - wesentlich genaueren und furchtloseren - Aufarbeitung in Deutschland geschuldet.

Zuletzt kann ich teilweise verstehen, dass man da eine ungleiche Wahrnehmung fühlt, was die Toten des 2. Weltkriegs und dieToden der 50.000 Jahre vorheriger Menschheitsgeschichte angeht.

Das Problem erlebe ich regelmäßig im Living History (Römer? Ok! Wikinger? Top! Ritter? Toll! Musketier? Romantisch! Kings German Legion? Militarist! Preußischer Soldat an der Westfront? Ewiggestriger! Wehrmachtssoldat? Faschist, runter von meinem Land!).

Man kann sich da als “Tabubrecher” stilisieren und diesen “Missstand” anprangern, muss dann aber damit leben, dass man Beifall aus einer Ecke bekommt, die man normalerweise noch nichtmal im gleichen Raum haben möchte.

Zum Beispiel ist unseren befreundeten Napoleonikern es passiert, dass aus der bisher recht entspannten Borodino-Reenactment-Veranstaltung dieses Jahr eine wirklich fiese, von Einiges-Russland und dem Innenministerium zu Propagandazwecken (“Überlegenheit des Russentums, Berechtigung der Vorherrschaft in ganz Osteuropa) genutzte Klamotte wurde, bei der sie die Jubeltruppe und Kulisse für eine Putin-Rede waren.

Und als wir 2008 zum Thema WK1 Bekannte auf einer Veranstaltung in den Niederlanden besucht haben, waren da auch Leute aus der französischen FN und der niederländischen NVU die unter dem Motto “Märtyrer für unsere Freiheit – wer Asylanten ins Land lässt, beschmutzt ihre Gräber” ordentlich Werbung machten.

Mir persönlich macht es keinen Spaß, in dieser Zeit zu spielen (obwohl ich auch zwei Flames of War Armeen habe und mit meinen Schweden aus dem 30. jährigen Krieg auch nicht gerade eine unkritische Epoche bespiele), wenn dann bespiele ich das mit Freunden, denen ich eine ähnliche Reflektionsfähigkeit und kritischer Distanz zutraue und ansonsten meide ich den Bereich eher - und spiele Freebooters Fate.

Früher war Warhammer mehr Lametta!

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Jeder wie er will! Dies ist ein freies Land, das Zeug ist nicht verboten - also mußt Du das für Dich selbst entscheiden und zum Glück vor niemandem rechtfertigen! Ist doch toll: Deine Entscheidung!

Fühlst Du Dich dabei schlecht - lass' es!

Gefällt es Dir - dann: "Feuer frei!"

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Was haltet ihr davon? Bin ich da überempfindlich, seltsam und langweilig...?!

Ersteres...! ;)

Vielleicht hättest Du uns noch etwas mehr Daten über Deine Person vermitteln sollen, aber ich wage mal zu behaupten, dass Du (wie viele von uns) in der 20-40er Range liegst. Damit hast Du den Krieg selber nicht und wenn überhaupt nur noch die Erbschuld Deiner Eltern (also das emotional über die Generationen hinweg weitergetragene Nachbeben des Krieges) miterlebt. Hinzu kommt eine sehr intensive Indoktrination unseres Schulsystems, die darauf abzielt, fortwährend die Verbrechen unserer Vorväter im Bewustsein (tatsächlich mitunter sehr ausdauernd und intensiv zu behandeln) zu halten, generell Skepsis zur "diplomatischen Methode" Krieg zu nähren (was nicht schlecht ist) aber auch bis zu 13 Jahre lang aufkeimendes Nationalbewustsein oder einfach nur Nationalstolz - der für anderen Nationen kein so schwerwiegendes moralische Problem darstellt - zu dämpfen.

Von daher läßt sich Deine Distanz zu Spielen mit 2.WW-Setting durchaus nachvollziehen.

Ich halte sie persönlich aber für schlichtweg übertrieben und gelinde gesagt unnötig.

Das Ende des 2.WW liegt mittlerweile ein Menschleben zurück - 68 Jahre, wenn man es genau nimmt. In der Zeit ist mit Deutschland und den Deutschen viel passiert und es hat eine moralische Entwicklung stattgefunden, die im Verhältnis zu vielen anderen westlichen Nationen im Positiven ihres Gleichen sucht - und ihren Pazifismus für meinen Geschmack manchmal etwas zu weit treibt.

Mit der zeitlichen Distanz zu den Verbrechen des zweiten Weltkriegs und den mit dem Krieg verbundenen demographischen und wirtschaftlichen Erschütterungen wird es meines Empfindens nach auch mal Zeit sich emotional distanzierter mit dem 2.Weltkrieg allgemein und der Duetschen Rolle darin an sich zu befassen; sich gewissermaßen als Deutscher von dem ewigen indoktrinierten Schuldgefühl zu emanzipieren.

Denn bei all dem Schrecklichen, was dort geschah, sollte man (vor allen Dingen als Deutscher) nicht vergessen, dass das tatsächlich nur EIN 12jähriger Abschnitt einer unglaublich reichhaltigen fast 1600jährigen Geschichte Deutschlands war - mit bahnbrechenden politischen, militärischen, philosophischen und wissenschaftlichen Errungenschaften.

Die Emanzipation gerade zum 2.Weltkrieg ist meines Erachtens ein wichtiger Schritt zur Weiterentwicklung des eigenen und kollektiven Gedankenguts und damit einer Ausrichtung des Blicks nach Vorne in die Zukunft (statt mit der Bürde ewig zurück). Man kann dabei seine Geschichte (und zwar die Ganze) distanziert beurteilen, hoffentlich die richtigen Schritte ziehen und damit gemachte Fehler vermeiden.

Die Distanzierung kann und sollte z.B. über Komödien mit Geschichten im oder mit Protagonisten aus dem dritten Reich erfolgen, um dieses zu entmystifizieren (und ihm damit eine - für Nazis - manchmal heilige Verklärtheit zu nehmen). Walter Moers "Adolf, die Nazisau" oder Dani Levys "Mein Führer" waren da schon der rechte Schritt.

Was "Bolt Action" betrifft, geht es bei einem Strategie-Spiel mit 2.WW-Setting halt eben nüchtern betrachtet darum, militärische Leistungen der seinerzeit beteiligten Parteien zu simulieren - und vielleicht andere Lösungswege zu wählen. Der Ansatz, dies als Spiel zu tun, ist mittlerweile fast 200 Jahre alt und eben mal mehr oder weniger salonfähig gewesen. Damit ist das reine Kriegsspiel - egal welche Epoche gewählt wird - in meinen Augen überhaupt nicht anrüchig. Es ist eben nur das: eine Simulation.

Von daher hätte ich auch prinzipiell keine Skrupel "Swastika" auf meine Modell zu packen, wenn ich Interesse an der Epoche oder auch nur an dem Spiel hätte (habe ich aber nicht). Alles andere würde mein Gefühl für Authentizität, Ästhetik (im Sinne eines Modellbauers) und Atmosphäre verletzen.

Die Grenze zwischen Atmosphäre und Pietätlosigkeit wäre aber dann für mich verletzt, wenn sich die im System verwendeten Missionen nicht mehr um das reine Kriegführen, sondern auf den systematischen Genozid richten würden.

Würde mir also ein Kampagnenleiter mit der tollen Idee kommen, meine Elite-Waffen-SS in das Warschauer Ghetto zu schicken, um dieses von seine Bewohnern zu säubern oder eine "Verwaltung eines KZs" mit Erfahrungspunkten für jeden getöteten Juden aufzuzwingen, wäre bei mir die Grenze überschritten.

(Der Aufstand in jenem Ghetto wiederum betritt eine Grauzone - einer muss ja halt den Bösen spielen.) :nachdenk:

Genozid oder Verbechen am Feind und an der Zivilbevölkerung geschehen leider sehr schnell in einem großangelegten Krieg:

Vietnam (Agent Orange, das Auslöschen ganzer Dörfer), der Völkermord der Türken an den Armeniern, Japans Übergriffe auf gefangene Soldaten oder Chinesen in Nanjing, römischer Intellektizid an der keltischen Bevölkerung Frankreichs und Britanniens (generell die Eskapaden römischer Soldaten bei Besiegen einer feindlichen Stadt), die Kreuzzüge (inklusive der Fall Konstantinopels oder die Jagd auf Kartharer), Wikinger-Streifzüge, der Feldzug der Deutschritter gegen die Prussen, die Holländer auf Borneo, der erste Burenkrieg, Britannien in Indien, Jugoslawien, die "Magdeburger Hochzeit", "Shermans Marsch zum Meer" (als Episode eines brutal geführten Bürgerkriegs), die SPANIER oder karibische Piraten oder generell das gesamte Piratengenre und so weiter, sind alles Ereignisse äußerster Brutalität gegen Zivilisten.

Und trotzdem gibt es Möglichkeiten, Armeen aus diesen Zeitaltern in Kampagnen auf dem Brett gegeneinander zu führen, auch wenn es aus den von Dir genannten Gesichtspunkten bei diesen eigentlich moralisch verwerflich sein müsste, das zu tun.

:ka:

Meinem Empfinden nach ist hier eine mittlerweile anachronistische "Political Correctness"-Haltung, wie ich sie durchaus noch öfters mitbekomme, einfach nicht mehr notwendig.

Die Welt dreht sich weiter und ist im Wandel. Das sollte unser Umgang mit unserer gesamten Geschichte - von einem emanzipierten Standpunkt ausgehend - auch sein dürfen...!

:nachdenk:

bearbeitet von John Tenzer

Armeeprojekte: INFINITY: Haqqislam, JOHN'S INFORMATION GROUP: All The Worlds Models, Warmachine/Hordes: Circle Orboros (erfolgreich abgeschlossen), X-Wing (beendet)

 

"(...) Träume ergeben erst einen Sinn, wenn man in der Realität für sie kämpft. Wer sich aber nur in fremden Träumen bewegt, statt sein eigenes Leben zu leben, ist so gut wie tot...!" GitS - Stand Alone Complex Ep.12
 

"You mustn't let mistakes weigh you down. Acknowledge them and take what you've learned to move on. That is the privilege of being a man." Full Frontal  - Gundam Unicorn

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Um mal einen Freund von mir zu zitieren:

"Ich könnte beim Tabletop niemals ein menschenverachtendes, massenmordendes Regime wie die Nazis spielen. Gib mir die Russen. ;)"

Jede Fraktion in jedem historischen Setting hat "gute" und wirklich schlimme Personen. Kriegsverbrecher gibt es !!!immer!!! auf beiden Seiten. Meist ist nur eine Seite ("die Gewinner") nicht daran interessiert das auch so darzustellen.

Wenn man sich im Rahmen eines Tabletops (Rollenspiel etc.) von der Idee lösen kann, diese Dinge nach zu erleben kann es eine spaßige Erfahrung sein. Wenn man dabei anstrebt sich mit seiner Armee zu identifizieren (wie durch oben genannte Devotionalien), halte ich es schon für bedenklich. Da geht einem die Distanz, die man zum reflektieren benötigt, schnell verloren. Es geht ja bei einem historischen Tabletop nicht darum, als cooler Nazi die Untermenschen Russen zu vernichten (Vergleicht das Bild aber mal mit der Idee von genetischen Super Space Marine, der mutierte Chaosverräter vernichtet. Da wird mir auch schon mulmig.) sondern eher darum die beherrschenden Konflikte nach zu erleben und wirklich rein strategische und taktische Entscheidungen zu treffen. Das wirkliche Gefühl Menschen in den Tod schicken zu müssen wird hoffentlich niemand von uns erleben müssen.

Insgesamt können auch historische Tabletops einen Lerneffekt haben, wenn sie einen dazu bringen sich mehr mit der Epoche und den Gründen für Feldzüge und Kriege auseinander zu setzen. So kann besonders historisches Tabletop auch zur Erziehung und Bildung beitragen, besonders da es durch die Teilnahme auch auf Seiten der, vermeintlich bösen, den Horizont erweitert.

Wenn man also Spaß am System hat, mit der nötigen Distanz rangeht und mit den Mitspielern klarkommt, gibt es meiner Meinung nach kaum einen Grund nicht auch historische Systeme zu spielen.

Hat man aber permanent Bauchschmerzen sollte man einfach die Finger davon lassen.

Das muss jeder für sich selbst entscheiden und auch der Umwelt gegenüber vertreten können. Kann man das nicht, lass es. Würde es dich bei Historischen Settings stören, auch mal als Amerikaner/Engländer/Russe etc. gegen Deutsche zu spielen, frag dich ob die Distanz hast. Und dann mach es mit dir selbst aus, der Rest der Welt wird damit klarkommen.

Meine 2 Cents

Enttäuscht von AoS? Hier findest du Hilfe: https://manticforum.com/forum/kings-of-war

http://moseisleyraumhafen.forumieren.com/
Zitat vom AKLXXII:"Du kommst aus Berlin? Aber wir hatten doch ein so entspanntes Spiel."
Keinen Bock auf 40K und du willst trotzdem Panzer? http://www.flamesofwar.de/

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Und dann dieser Titel: "Bolt Action". Schön zweideutig. Einerseits das Bolt Action Rifle, ein Gewehr, andererseits, nun ja: Bolt im Sinne von Pfeil oder Blitz. Was soll das? Blitzkrieg Action?

Nee. Die Spiele von Warlord sind nach den Ordonnanzwaffen der jeweiligen Zeit benannt, und das ist im 1. und 2. Weltkrieg eben Gradzugverschlussgewehre gewesen mit Ausnahme der Amerikaner (das Garand ist ein Halbautomat). Wenn die ein "modernes"

System rausbringen heißt das dann vermutlich Fully Automatic oder Assault Rifle&RPG. :). Zweideutig ist das nicht, den Schluss, den du da gezogen hast, zieht ein native speaker nicht.

Davon abgesehen teile ich einige deiner Vorbehalte, ich spiele auch nichts, was nicht mindestens 100 Jahre her ist.

Megamek-Kampagnen online spielen: www.mekwars.org
Jetzt einsteigen. Kostenlos, es gibt auch nichts zu kaufen, wir handeln nicht mit euren Daten.

 

Mein aktuelles Plog: Bad Moons

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Also grundsätzlich sollte es kein Problem sein, so ein Spiel als en taktisches/strategisches Spiel zu spielen, das zum Setting den 2ten Weltkrieg hat.

Es erinnert mich an alte Zeiten, in denen ich mit Freunden viele Abende damit verbracht habe, Axis and Allies zu spielen. Ein Kumpel und ich haben bevorzugt die Deutschen gespielt, nicht weil wir uns mit dem Nazi-Regime oder der Wehrmacht identifizieren, sondern weil es spieltechnisch und herausforderungstechnisch eine interessante Seite war. Sobald Du aber anfängst, Dich mit einer Seite zu identifizieren, wird es dann natürlich mit den Deutschen im Zweiten Weltkrieg unangenehm, den welcher vernünftige Mensch identifiziert sich schon gerne mit SS und Nazis?

Ich denke im Gegensatz zu Axis and Allies ist das Problem, dass eine Tabletopstreitmacht, in die man nämlich Zeit, Geld und Kreativität (Basteln und Bemalen) investiert einfach zur Identifikation einlädt und eine solche auch benötigt. Wenn Dir die Thematik aufgrund des realhistorischen Hintergrundes dann nicht zusagt oder ein komisches Gefühl hinterlässt, würde ich die Finger davon lassen!

"Er trägt nicht umsonst den Titel 'Elefanten-Terrine'. Da muss man als Porzellanladen gut aufpassen."

     - Herr Sobek

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das Ende des 2.WW liegt mittlerweile ein Menschleben zurück - 68 Jahre, wenn man es genau nimmt. In der Zeit ist mit Deutschland und den Deutschen viel passiert und es hat eine moralische Entwicklung stattgefunden, die im Verhältnis zu vielen anderen westlichen Nationen im Positiven ihres Gleichen sucht - und ihren Pazifismus für meinen Geschmack manchmal etwas zu weit treibt.

Die Entwicklung ist aber gerade Ergebnis der Entwicklungen auf diese Zeit, die man nur hat WEIL man eine sehr kritische und schmerzhafte Analyse und Geschichtsforschung betreibt und die Erkenntnisse daraus auch breit veröffentlicht (Wehrmachtsausstellung als deutlichstes Merkmal, Stolpersteine, Denkmäler).

Offen gesagt finde ich den Pazifismus durchaus schätzenswert und halte ihn neben der Aussöhnungspolitk mit Frankreich, der Deutsch-Französischen Freundschaft, dem Kniefall von Warschau und vielen anderen diplomatischen und wirtschaftlichen Engagements in Europa für einen der Gründe, dass wir seit 68 Jahren keinen Krieg mehr in Europa oder zwischen europäischen Mächten hatten - vom Balkankrieg und dem jugoslawischen Bürgerkrieg mal abgesehen.

Mit der zeitlichen Distanz zu den Verbrechen des zweiten Weltkriegs und den mit dem Krieg verbundenen demographischen und wirtschaftlichen Erschütterungen wird es meines Empfindens nach auch mal Zeit sich emotional distanzierter mit dem 2.Weltkrieg allgemein und der Duetschen Rolle darin an sich zu befassen; sich gewissermaßen als Deutscher von dem ewigen indoktrinierten Schuldgefühl zu emanzipieren.

Was für Schuldgefühle genau? Mir wurde nie vermittelt: "Du bist Schuld, weil Deutscher und damit mitschuld am Holocaust!"

Die "offizielle" sprich aktzeptiere und im Bildungswesen auch hin und wieder vermittelte Ansicht ist eher:

"Du bist Deutscher, aufgrund der deutschen Geschichte hast du eine besondere Verantwortung dein Handeln und das Handeln anderer moralischen und ethischen Gesichtspunkten zu unterwerfen! Sei kritisch und aufmerksam, hinterfrage Militarismus, Nationalismus und politische Manipulation und Anzeichen von Totalitarismus!"

Daran sehe ich nicht umbedingt etwas schlechtes, klar führt dies immer wieder mal zu moralischen Zeigefingern - die manchmal durchaus fragwürdig ob der eigenen Haltung sind - und nervigeren Debatten.

Aber ansonsten?

Besteht innerhalb Deutschlands deswegen eine Minderung an Lebensqualität, Glück, Freiheit, Wohlstand oder Kultur?

Die Forderung §86 (Verbot von NS-Symbolen und Zeichen) abzuschaffen, weil das eine Zensur ist, kann ich nachvollziehen, wenn man gegen Zensur generell ist, da das aber sofort Zuspruch aus der finstersten Ecke nach sich zieht, würde ich nie sowas unterstützen.

Davon ab, finde ich den aus dem Verbot solcher Symbole den zugrundeliegenden Respekt und Rücksicht auf die Opfer des Krieges und die Gefühle der Hinterbliebenen ziemlich großartig.

Gerade diese empathische Haltung und Dinge wie Respekt und Rücksicht sind für mich Dinge, die ich als großen Gewinn für die Deutsche Gesellschaft ansehe.

Denn bei all dem Schrecklichen, was dort geschah, sollte man (vor allen Dingen als Deutscher) nicht vergessen, dass das tatsächlich nur EIN 12jähriger Abschnitt einer unglaublich reichhaltigen fast 1600jährigen Geschichte Deutschlands war - mit bahnbrechenden politischen, militärischen, philosophischen und wissenschaftlichen Errungenschaften.

Das Problem an dieser Argumentation ist, dass sie im Kern folgendes heißen kann:

"Ein Beethoven erlaubt einen Eichmann, ein Kant erlaubt einen Heydrich! Eine Reformation erlaubt ein Auschwitz!"

Und sie wurde lange Jahr von DAP und NPD aktiv genutzt und steht deswegen auf der - im wissenschaftlichen Kontext sehr kritisch gesehen - Liste der Geschichtsrevisionsten.

Die Emanzipation gerade zum 2.Weltkrieg ist meines Erachtens ein wichtiger Schritt zur Weiterentwicklung des eigenen und kollektiven Gedankenguts und damit einer Ausrichtung des Blicks nach Vorne in die Zukunft (statt mit der Bürde ewig zurück). Man kann dabei seine Geschichte (und zwar die Ganze) distanziert beurteilen, hoffentlich die richtigen Schritte ziehen und damit gemachte Fehler vermeiden.

Eine Meinung innerhalb der Historiker ist, dass die emotionale Betrachtung von Geschichte und die Wiedergabe von Einzelschicksalen und der Sozialgeschichte (genauer Alltagsgeschichte) gerade wesentlich besser ist um Geschichte nachvollziehbarer und erfassbarer zu machen.

Da bin ich als LH'ler vielleicht etwas befangen, ich teile diesen Ansatz jedoch vorbehaltlos.

Die Distanzierung kann und sollte z.B. über Komödien mit Geschichten im oder mit Protagonisten aus dem dritten Reich erfolgen, um dieses zu entmystifizieren (und ihm damit eine - für Nazis - manchmal heilige Verklärtheit zu nehmen). Walter Moers "Adolf, die Nazisau" oder Dani Levys "Mein Führer" waren da schon der rechte Schritt.

Der Punkt ist, dass keiner sagen kann ob die Entmystifizierung funktioniert. Der Untergang beispielsweise hatte das Problem, dass viele Statisten und ziemlich harten Neonazikreisen kamen und vor allem deswegen da waren um Wehrmachtsuniformen zu tragen und sich dabei zu photographieren. Und wenn in einer Vorstellung von "Stauffenberg" (Meine Meinung zum Film mal außen vor gelassen) ein ganzer Rang aufsteht und applaudiert wenn Stauffenberg erschossen wird, dann bezweifle ich dass die Entmystifizierung da gelungen ist.

Früher war Warhammer mehr Lametta!

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

@ Tobias 2nd: Ich würd dir für den Beitrag auch zehn Danke geben, wenn das ginge! Da muss ich selbst nicht mehr so viel kommentieren, sondern kann mir noch ein paar Sachen raussuchen.

... die SPANIER oder karibische Piraten oder generell das gesamte Piratengenre und so weiter, sind alles Ereignisse äußerster Brutalität gegen Zivilisten

Schön, dass die Piraten genannt werden. Das ist doch mal eine Überleitung zu diesem Internetfundstück, mein Beitrag zum Thema Entmystifizierung:

post-25270-13949273217127_thumb.jpg

Was hier für die Ganster vorhergesagt wird, könnte so ähnlich auch mal für die NS-Zeit passieren. Vielleicht nicht "niedlich", aber doch "cool". Ich hoffe, dass es noch ne Weile hin ist, aber wenn ich mir die Rolle von Waltz in Inglourious Basterterds so angucke...

Was das vom Staat verordnete Schuldbewusstsein angeht: Ich als (zugegeben noch recht junger) Geschichtslehrer kann zwar nicht für alle meine zehntausenden Kollegen sprechen, aber für mich, meine mir bekannten Kollegen und auch den Lehrplan: da versucht keiner irgendwie (bewusst) Schuldgefühle zu vermitteln. Kann ich auch gar nicht. Der Umgang in der Schule mit der NS-Zeit mag schwächen haben (zB lernen Schüler das Judentum nur im Zusammenhang mit den Kreuzzügen und eben dieser Zeit kennen, Bilder von Juden in Schulbüchern sind IMMER die Bilder von Opfern von Gewalt). Das ist aber keiner.

Mich kotzt political correctness ja auch oft genug an (Veggie-Day, anyone?) Trotzdem bin ich froh, wie im Allgemeinen mit diesem Thema umgegangen wird und Aussagen wie (und ich weiß, dass ich jetzt 2-3 Usern etwas auf den Schlips trete) "Ist doch schon 68 Jahre her", "waren doch nur 12 Jahre" und "lasst mich doch in Ruhe, ist doch schon tausend Mal durchgekaut worden" nicht von jedem vertreten werden.

Und um zum TT-Bereich zurückzukehren: ich persönlich würde nicht nur keine Wehrmachts- oder SS-Truppen spielen wollen, sondern gar keine "Fraktion" aus der Zeit. Und ich behaupte, dass es mir auch so ginge, wenn ich nicht Deutscher wär, sondern Däne, Türke oder Chilene. Das hat also mehr mit der zeitlichen Nähe generell zu tun, als "speziell deutschen" Befangenheiten.

Skirmisher-Malkrieg 2016 - Mortheim/Frostgrave vs. Warlord/FreebootersFate/Godslayer

 MH/FG   69 : 0   WL/FF/GS

Mortgrave-Sympathisant

Und es zogen vier Scharen gen Mortheim - Mein P500
 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

"lasst mich doch in Ruhe, ist doch schon tausend Mal durchgekaut worden"

Naja, hoffentlich hat das in der Schule mal ein bisschen abgenommen im Vergleich zu vor 20 Jahren. Wenn ich zurückblicke und sehe, was für einen brutalen Mist wir teilweise als Fünftklässler (10-jährige, meine Güte) schon im Deutschunterricht vorgesetzt bekamen und sich das durch verschiedene Fächer durchzog bis in die Oberstufe (mit ein bisschen Pausewangschem faktenbefreitem "aaah aaah Atome! Mutanten ohne Augen!! Papa hat sich umgebracht!!!" in der Mittelstufe zur Abwechslung), kann ich vollkommen verstehen, wenn irgendwann einer sagt: "ja, kenn ich schon, ist gut jetzt".

Ich denke, dass man es da einfach übertrieben hat und aus einem wichtigen Thema ein Frustthema durch Überexposition gebastelt hat - ich glaube, wir hatten nicht ein nazifreies Jahr im Gymnasium, erst in Deutsch, dann in Geschichte, in Sozialkunde, in Reli, in Ethik...nicht mal in Erdkunde gibt's keine Nazis. Vor allem, wenn dem Schüler irgendwann auffällt, dass das gerade in Deutsch und Geschichte so gut wie alles über die Moralschiene läuft statt über Wissensvermittlung, ist das frustig; ich bin mir nicht sicher, ob junge Teenager nun unbedingt ständig emotional angegriffen werden sollten und dafür auch noch benotet werden.

ich persönlich würde nicht nur keine Wehrmachts- oder SS-Truppen spielen wollen

Ich auch nicht. Erstens fehlt mir die geschichtliche Distanz und zweitens kotzt mich die historisch gesehen abwegige angelsächsische SS-Glorifizierung bei einigen historischen TTs an.

Megamek-Kampagnen online spielen: www.mekwars.org
Jetzt einsteigen. Kostenlos, es gibt auch nichts zu kaufen, wir handeln nicht mit euren Daten.

 

Mein aktuelles Plog: Bad Moons

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Meiner Meinung nach ist es die größte Leistung der BRD, die NS-Zeit so aufgearbeitet zu haben. Das ist der Grund dafür, dass es im Westen nach dem Krieg so schnell wieder aufwärts ging, dass wir uns binnen 20 Jahren von einem barbarischen Regime zu einer einigermaßen aufgeklärten Demokratie gewandelt haben. Das hat so in keinem anderen Land der Welt stattgefunden und ist einzigartig. Sei es in den USA (Vietnam, Korea, etc.), der Türkei (der Genozid an den Armeniern), Frankreich (die Revolution, Kolonialzeit, etc.), usw.usw. Fast jedes Land hat eine düstere Vergangenheit. Das ist auch der Grund, wieso in den meisten Ländern Debatten wie diese kaum geführt werden können.

Die österreichische Rap-Kombo "Texta" fragt in einem Lied: "...wieso wurde so schnell rechts aus links nach der Wende?" Die Antwort ist einfach: Weil diese detaillierte wissenschaftliche Aufarbeitung in der DDR nie stattgefunden hat. Das Schweigen und das Vergessen macht Historie zu einer romantisierten Version ihrer selbst und verführerisch für Menschen, die sich in der Gegenwart unwohl fühlen.

Das Argument, dass größtenteils us-amerikanische Videospielschmieden schon seit Jahren immer wieder WKII-Bezüge einbauen, oder gar Nazicharaktere spielbar sind, kann daher nicht gelten, weil der Nationalsozialismus in den USA stets mit einer Art fasziniertem Ekel betrachtet wurde. Ähnlich wie Zombies, Massenmörder und das Militär ist der Nationalsozialismus in die amerikanische Popkultur aufgenommen und teils zu einer augenzwinkernden Parodie, teils zu einem Übel unter vielen verkommen.

Warlord Games, der Hersteller von Bolt Action, sitzt in den USA, insofern würde ich das eben unter Popkultur verbuchen. Viel bedenklicher finde ich, dass ein deutscher TT-Laden dieses Spiel einkauft und vertreibt. Wenn, dann ist dieser TT-Laden zu hinterfragen, bzw. die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften müsste den Vertrieb hinterfragen.

DER ASSASSINE, es heißt DER Assassine verdammt.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bin ich da überempfindlich, seltsam und langweilig?

Ich denke zu empfindlich. Die Vernichtungslager haben mit dem WK ja eher wenig zu tun, bzw. genau so viel wie Autobahnen, Kirchensteuer und Reichstierschutzgesetz... Damit will ich die Vernichtungslager nicht verharmlosen, aber man sollte diese etwas losgelöster vom Krieg ansich betrachten.

Ich liebe es in Egoshootern, Rollenspielen oder eben auch im TT die Bösen zu spielen. Da fällt es viel leichter im Alltag der Brave zu bleiben.

Armeeprojekte - WM/H Schlachtberichte

Es gibt Menschen und es gibt Menschen die man liebt.
Ewigheim - ...
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Vorweg: Ich selbst spiele noch kein Bolt Action, liebäugel aber schon seit ein paar Monaten mit dem System.

Nur gerade ein paar Gedanken meinerseits:

Hier geht Warlord Games einfach nur konsequent ihren Weg bei der Benennung der Regelsysteme bzw. Epochen: Pike & Shotte, Black Powder, Bolt Action.

Hier ein Wortspiel sehen zu wollen, halte ich für zu sehr an den Haaren herbeigezogen. Zumal die Engländer selbst den BEgriff Blitzkrieg verwenden oder eben Lightning War (zumindest laut Leo Dictionary für eine erste Übersetzung)

Ich sag nur 40K. Was ist mit Exterminatus? Eine Welt mit Abermilliarden Menschen wird durch orbitale Angriffe mit Chemiewaffen ausgelöscht. Die Menschheit wird von einem Gottkaiser regiert, dem jeden Tag hunderte von Astropathen geopfert werden. Ein faschistoides Regierungssystem, dass alle Andersartigen Lebewesen und entgegengesetzte Überzeugungen mit gnademlosen Hass und Intoleranz begegnet. Und das sind noch die "Guten" bei 40K.

Klar, es ist nur Fiktion. Aber nach meinen bisherigen Erfahrungen gehen historische TT'ler reflektierter und kritischer mit den Inhalten ihrer Spielsysteme um als Leute, die Fantasy oder SciFi Systeme spielen.

Für mich kämen solche "Devotionalien" auch nicht auf den Tisch, historisches System hin oder her.

Sehe ich ähnlich, aber da sehe ich auch die Mitspieler bzw. LAdenbesitzer in der Pflicht sowas nicht kommentarlos hinzunehmen, sondern solche Spieler in die Schranken zu verweisen.

Ich würde bei meinen Eltern mit einem historischen System eher auf VErständnis stoßen als mit dem ganzen fiktionalen Kram.

Das waren gerade meine ersten Gedanken...

Fazit: insgesamt ein schwieriges und emotionsbeladenes Thema. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber ich würde es niemandem absprechen oder ausreden wollen, wenn er oder sie ein historisches System spielt. Und wenn ich mich mit dem Setting unwohl fühle oder ich meine Probleme damit habe muss ich es ja auch nicht spielen.

Erst einmal dafür ein dickes +1.

Ansonsten ist in den "Anschuldigungen" soviel so falsch und so verquer.

Warlord Games beweist mit wenigen Ausnahmen, eine vor allem für Briten, beachtliche Sensibilität für das Thema 2. Weltkrieg. Auf der Fallschirmjägerbox wurde das Hakenkreuz entfernt und im Regelwerk findet sich genau 1 (im Rahmen eines Dioramenbildes hängt).

Auch das überzogene "Man kann eine Waffen SS spielen", das sind bei Bolt Action nicht die überzogene Space Marine des 2. Weltkriegs wie bei anderen Systemen. Das ist einfach eine Auswahl mit Option auf Fanatismus und besseren Zugang zu Ausrüstung.

Die Würfelbeutel für das Afrikakorps sind natürlich diskutierbar. Aber die sind nicht als Propaganda gedacht, sondern einfach nur der Fraktionsbeutel der Gegenspieler der Desert Rats. Für Nicht-deutsche ist das nun mal einfach ein Truppenabzeichen und als solches behandelt das eben auch Warlord Games. Das es in Deutschland eine Sonderregelung gibt bzgl. Verfassungsfeindlicher Symbole ist eben so. Das Produkt wird hier nicht beworben und somit hält sich Warlord Games dort auch an den rechtlichen Hintergrund.

Die restlichen Punkte stören sich grundsätzlich an der Thematik Krieg. Tabletop, oder besser gesagt Wargaming, ist aber nun mal Krieg. Da sind in den napoleonischen, punischen und dupzig Unabhängigskeit- und Bürgerkriegen über all Menschen gestorben. Somit fällt nach der Definition jegliches historisches Szenario heraus. Wer damit ein Problem hat, sollte etwas anderes machen oder nur noch sammeln und nicht mehr spielen.

Die Geschichten in Codices und Armeebüchern sind teilweise, gerade bei den bösen Armeen, deutlich gewaltverherrlichender als das was ich in jedem Armies of Band zu Bolt Action gelesen habe.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich frage mich, ob diese Diskussion auch so heiß kochen würde, wenn es gar keine Deutsche Fraktion zu spielen gäbe, dafür aber die kaiserlich-japanische Armee oder das Britische Militärkorps im Kampf gegen die Buren.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hmm...die ewige Diskussion, schon tausend mal geführt auch hier auf dem Board. So eine Diskussion kann und wird nie Zielorientiert geführt werden. Meistens endet sie in einem Schlagabtausch.

Um die Eingangsfrage zu antworten: Das kann man pauschal nicht beurteilen. Jeder hat durch seine Sozialisation einen anderen Zugang, eine andere Wahrnehmung und eine andere Bindung an diverse sozio-historische Themen. Ganz besonders trifft das auf den WW2, der bis heute viele Gesellschaften auf die eine oder andere weise prägt. Insofern muss das jeder für sich entscheiden, wie es schon weiter oben geschrieben wurde.

Wichtig finde ich aber, sich mit der Thematik auseinander zu setzen, anstatt sie zu entrücken, so dass sie in das Reich der Mythen und Legenden eingeht. Das Wargaming Hobby bietet auf jeden Fall einen Zugang sich mit Geschichte zu befassen.

In der deutschen Gemeinde des historischen Wargaming geht man auch sehr reflektiert und sensibel mit dem Thema um.

So etwas:

"Ja, hab ich dich gekriegt, du Drecksack! Mein SS-Hauptmann hat wieder zugeschlagen!"

habe ich noch nie an einem Spieltisch vernommen. Ich glaube um die Sozialkompetenz von historischen Spielern muss man sich viel weniger Gedanken machen, als und die Sozialkompetenz von Spielern diverser fiktiver Systeme ;)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich glaube um die Sozialkompetenz von historischen Spielern muss man sich viel weniger Gedanken machen, als und die Sozialkompetenz von Spielern diverser fiktiver Systeme

Würde ich so pauschal nicht sagen, die damalige FoW Diskussion hat sich gerade an einem passenden Gegenbeispiel entzündet.

Schlussendlich dürfte ebenfalls bei der FoW Diskussion schon alles wichtige gesagt sein, das kann man dort auch nochmal alles nachlesen, die Diskussion hier nochmal zu beginnen ist irgendwie müßig, denn eine abschließende Antwort darauf gibt es nicht. Für mich kommen aus verschiedenen Gründen keine WW2 Spiele in Frage, warum kann man im anderen Threat nachlesen, ich copypaste hier jetzt hier nix dazu. die Meinungen dazu sind sicher zu persönlich und zu tiefgrewifend als dass man die eine Seite von der Meinung der anderen Seite überzeugen könnte, dementsprechend kann ich nur sagen, jeder muss es schlussendlich mit sich selbst ausmachen. wenn dich das spiel nicht direkt angeht ist es vielleicht nix für dich (bei mir zumindest entscheidet eigentlich immer der allererste Eindruck ob ich eine Armee/System haben will), aber es gibt es ja genügend Alternativen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde dich hier an.

Jetzt anmelden
×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Wir haben Cookies auf Ihrem Gerät platziert, um die Bedinung dieser Website zu verbessern. Sie können Ihre Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass Sie damit einverstanden sind.